[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung von Halbzeugen und Fertigteilen
aus einer AlMnSi-Legierung, die bei Raumtemperatur eine Zugfestigkeit von mindestens
120 N/mm
2 und eine elektrische Leitfähigkeit von mindestens 29 m/Ω mm
2 aufweisen und bei denen diese Mindestwerte im Anwendungsbereich bis 450°C reversibel
erhalten bleiben.
[0002] Für Leitzwecke werden in Deutschland die genormten E-Al und E-Al-Mg-Si Standardwerkstoffe
eingesetzt. E-Al besitzt im Zustand F 16 nach DIN 40 501 zwar eine für Aluminiumwerkstoffe
sehr hohe elektrische Leitfähigkeit von mindestens 34,5 m/Ω mm
2, andererseits aber nur eine sehr geringe Festigkeit. Durch starke Kaltverfestigung
lassen sich bei diesem Werkstoff zwar Zugfestigkeitswerte von ca. 180 N/mm
2 (im Zustand F 17 nach DIN 40 501) erreichen, diese Festigkeit kann jedoch nur in
einem Temperaturbereich bis höchstens 80°C wirklich ausgenutzt werden, da bei höheren
Temperaturen je nach Einwirkungsdauer mit einer Entfestigung bis in den vollständig
weichen Zustand gerechnet werden muß. Aus diesem Grund ist der Anwendungsbereich für
E-Al bei Freileitungen beispielsweise auf eine Grenztemperatur von höchstens 80°C
eingeschränkt.
[0003] Bei dem zweiten gebräuchlichen Werkstoff, E-Al-Mg-Si, können durch Aushärtung zwar
Mindestzugfestigkeitswerte von 215 N/mm
2 erreicht werden, wobei gleichzeitig aber die elektrische Leitfähigkeit auf einen
Mindestwert von 30 m/llmm2 reduziert ist. Aber auch bei diesem Werkstoff besteht bei
längerdauernder Erwärmung auf Temperaturen über 80°C die Gefahr einer allmählichen
Erweichung durch Überalterung, wobei die Zugfestigkeit im vollständig weichem Zustand
bis auf 100 N/mm
2 absinken kann.
[0004] Ferner ist zu berücksichtigen, daß eine Anwendungsgrenztemperatur für einen Werkstoff
zugleich bedeutet, daß schon bei der Herstellung und Weiterverarbeitung daraus hergestellter
Gegenstände sorgfältig darauf geachtet werden muß, daß die Grenztemperatur nicht überschritten
wird. So ist es beispielsweise bei Werkstoffen mit einer Grenztemperatur von 80°C
nicht möglich, eine Kunststoffisolierung aufzubringen, deren Verarbeitung höhere Temperaturen
erfordert. Ferner ist es nicht möglich, solche Werkstoffe zu emaillieren oder zu löten.
[0005] Daraus resulti erte die Aufgabe, einen Aluminiumwerkstoff bereitzustellen, der hinsichtlich
der Zugfestigkeit und der elektrischen Leitfähigkeit mit den bekannten Werkstoffen
vergleichbar ist, bei dem diese Eigenschaften aber bis zu einer wesentlich höheren
Anwendungstemperatur reversibel erhalten bleiben. Angestrebt wird in erster Linie
also nicht eine Verbesserung der Zugfestigkeitswerte bzw. der elektrischen Leitfähigkeit
als solcher, sondern die Bereitstellung eines Aluminiumwerkstoffs mit vergleichbaren
Mindestwerten, dessen Verarbeitungs- und Anwendungsbereich aber nicht wie bei den
bekannten Werkstoffen auf Temperaturen bis höchstens 80°C eingeschränkt ist.
[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß aus einem Gußblock folgender
Zusammensetzung

Rest Aluminium, einschließlich insgesamt höchstens 0,2 % nichtvermeidbare, herstellungsbedingte
Verunreinigungen
nach der üblichen Glühung des Gußblocks bei 400 bis 620
0C durch Warm- und/oder Kaltumformung die gewünschten Halbzeuge oder Fertigteile hergestellt
werden und daß diese abschließend bei 300 bis 450°C einer Glühung bis zur vollständigen
Rekristallisation unterworfen werden.
[0007] Die nach diesem Verfahren hergestellten Halbzeuge oder Fertigteile haben den Vorteil,
daß sie sich in einem thermodynamisch stabilen Zustand befinden und daß daher die
eingestellten Festigkeits- und Leitfähigkeitswerte mit Sicherheit auch bei einer Temperaturbeanspruchung
oberhalb 80°C zumindest bis zu der jeweils angewendeten Temperatur der Rekristallisationsglühung
reversibel erhalten bleiben.
[0008] Das Verfahren hat den weiteren Vorteil, daß es wahlweise die Einstellung optimaler
Leitfähigkeitswerte oder optimaler Festigkeitswerte erlaubt. Für optimale. Leitfähigkeitswerte
wird die Rekristallisationsglühung vorzugsweise bei 300°C oder kurz darüber durchgeführt,
während für die Einstellung optimaler Festigkeitswerte die Rekristallisationsglühung
vorzugsweise bei 450°C oder kurz darunter durchgeführt wird.
[0009] Weitere Einzelheiten und Vorteile werden anhand des in Figur 1 dargestellten Diagramms
näher erläutert. Darin sind die bei Raumtemperatur gemessenen Werte für die Zugfestigkeit
und die Leitfähigkeit eines erfindungsgemäß hergestellten Halbzeug in Abhängigkeit
der bei einer zweistündigen Rekristallisationsglühung jeweils angewendeten Temperatur
aufgetragen. Im kaltverfestigten Zustand hat der Werkstoff eine Zugfestigkeit von
annähernd 250 N/mm
2 bei einer elektrischen Leitfähigkeit von knapp 30 m/Ωmm
2. Mit diesen Werten ist der erfindungsgemäß behandelte Werkstoff durchaus vergleichbar
mit E-Al-Mg-Si in ausgehärtetem Zustand. Nach einer Rekristallisationsglühung bei
300
0C sinkt die Zugfestigkeit auf den vorgegebenen Mindestwert von 120 N/mm
2, während die elektrische Leitfähigkeit auf 30,7 m/Ω mm
2 ansteigt. Bei einer Rekristallisationsglühung von 300 bis 500°C steigt die Zugfestigkeit
etwa stetig bis auf über 160 N/mm
2, während die elektrische Leitfähigkeit ebenfalls nahezu stetig auf unter 28 m/Ωmm
2 absinkt. Der unter den vorgegebenen Bedingungen ausnutzbare Temperaturbereich für
die Rekristallisationsglühung wird daher zweckmäßigerweise nach oben auf 450°C beschränkt,
um ein zu starkes Absinken der elektrischen Leitfähigkeit zu vermeiden. Bei dieser
Glühtemperatur liegt die Leit- fähigkeit noch bei knapp 29 m/nmm2, während die Zugfestigkeit
bereits auf über 140 N/mm
2 angestiegen ist. Das Diagramm läßt erkennen, daß für den jeweiligen Anwendungsfall
durch Variation der Temperatur der Rekristallisationsglühung eine optimale Kombination
von Zugfestigkeit und elektrischer Leitfähigkeit eingestellt werden kann. Es sei noch
einmal wiederholt, daß die so eingestellten Eigenschaften unabhängig von der Temperatur,
bei der die Halbzeuge oder Fertigteile eingesetzt werden, reversibel erhalten bleiben,
weil sich das Werkstoffgefüge in einem thermodynamisch stabilen Zustand befindet.
[0010] Das Diagramm läßt weiter erkennen, daß der Werkstoff selbstverständlich auch ohne
vorherige Rekristallisation eingesetzt werden kann, wenn es auf eine besonders hohe
Zugfestigkeit ankommt und bei der Anwendung die Raumtemperatur mit Sicherheit nicht
wesentlich überschritten wird. Insoweit würde der Werkstoff aber den gleichen einschränkenden
Bedingungen unterliegen, wie die eingangs erwähnten bekannten Werkstoffe.
[0011] Bei Halbzeugen und Fertigteilen, die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt
wurden, liegt man stets auf der sicheren Seite; die sich nach vollständiger Rekristallisation
einstellenden Mindestwerte für Festigkeit und elektrische Leitfähigkeit sind auch
dann noch gewährleistet, wenn bei deren Verarbeitung wie Aufbringen einer Isolierung,
Emaillieren, Löten etc. höhere Temperaturen angewendet werden müssen.
1. Verfahren zur Herstellung von Halbzeugen und Fertigteilen aus einer AlMnSi-Legierung,
die bei Raumtemperatur eine Zugfestigkeit von mindestens 120 N/mm
2 und eine elektrische Leitfähigkeit von mindestens 29 m/Ωmm
2 aufweisen und bei denen diese Mindestwerte im Anwendungsbereich bis 450°C reversibel
erhalten bleiben, dadurch gekennzeichnet, daß aus einem Gußblock folgender Zusammensetzung

Rest Aluminium, einschließlich insgesamt höchstens 0,2 % nichtvermeidbare, herstellungsbedingte
Verunreinigungen
nach der üblichen Glühung des Gußblocks bei 400 bis 620
0C durch Warm-und/oder Kaltumformung die gewünschten Halbzeuge oder Fertigteile hergestellt
werden und daß diese abschließend bei 300 bis 450°C einer Glühung bis zur vollständigen
Rekristallisation unterworfen werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Rekristallisationsglühung
zur Erzielung optimaler Leitfähigkeitswerte bei etwa 3000C durchgeführt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Rekristallisationsglühung
zur Erzielung optimaler Festigkeitswerte bei etwa 450°C durchgeführt wird.