(19)
(11) EP 0 059 909 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
15.09.1982  Patentblatt  1982/37

(21) Anmeldenummer: 82101530.2

(22) Anmeldetag:  27.02.1982
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C14C 1/08
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE FR GB IT LI SE

(30) Priorität: 06.03.1981 DE 3108428

(71) Anmelder: BASF Aktiengesellschaft
67063 Ludwigshafen (DE)

(72) Erfinder:
  • Hahn, Erwin, Dr.
    D-6900 Heidelberg (DE)
  • Lach, Dietrich, Dr.
    D-6701 Friedelsheim (DE)
  • Schneider, Kurt, Dr.
    D-6702 Bad Duerkheim (DE)
  • Strickler, Rainer, Dr.
    D-6900 Heidelberg (DE)
  • Streicher, Rolf
    D-6520 Worms (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Entkälken von Häuten


    (57) Verfahren zum Entkälken von in üblicher Weise geäscherten Häuten unter üblichen Entkälkungsbedingungen hinsichtlich Flottenlänge, Temperatur und pH-Wert der Flotte über ein bis sechs Stunden, wobei man als wirksames Agens das cyclische Carbonat eines mehrwertigen aliphatischen Alkohols mit 2 bis 6 Kohlenstoffatomen einsetzt.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Entkälken von Häuten, bei dem als "Sicherheits-Entkälkungsmittel" cyclische Carbonate mehrwertiger aliphatischer Alkohole eingesetzt werden. Dadurch werden die mit einer überdosierung der bekannten Entkälkungsmittel verbundenen Nachteile vermieden.

    [0002] Das Äschern von Häuten zum Zweck der Enthaarung und des Hautaufschlusses im Rahmen der Lederherstellung erfolgt im alkalischen Medium, meist mit Hilfe von anorganischen oder auch organischen Sulfiden. Als alkalisches Agens wird normalerweise Kalk, in der Regel allein, gelegentlich aber auch in Mischung mit Ätznatron oder Soda, eingesetzt. Anschließend muß das Material zur Vorbereitung für die weitere Verarbeitung von den Äscherchemikalien, insbesondere dem Kalk, befreit, also "entkälkt" werden. Das geschieht üblicherweise mit Säuren oder sauren Salzen, z.B. Phthalsäure, Sulfophthalsäure, Ameisensäure, Essigsäure, Borsäure, aliphatischen Dicarbonsäuregemischen, Salzsäure, Schwefelsäure und deren Ammoniumsalzen. Die dabei üblichen Bedingungen sind:

    Ein gravierender Nachteil der bisher bekannten Entkälkungs- ' verfahren beruht auf folgenden Umständen:

    [0003] Die zum Entkälken erforderliche Chemikalienmenge hängt stark vom Gehalt der Häute an Kalk und gegebenenfalls anderen basischen Verbindungen, z.B. Natriumsulfid und Natriumhydroxid, ab. Da dieser stets schwankt, ist eine exakte Dosierung der Entkälkungschemikalien in der Praxis kaum möglich. Es kommt daher leicht zu einer überdosierung. Diese hat zur Folge, daß der pH-Wert zu Beginn der Entkälkung bis auf oder sogar unter den isoelektrischen Punkt des Eiweißes (pH ca.5) sinkt. Dabei werden beim Äschern in Lösung gegangene Eiweißsubstanzen, gegebenenfalls zusammen mit anderem gelöstem "Schmutz" ausgefällt. Sie schlagen sich auf der Oberfläche des Hautmaterials in schwer entfernbarer Form nieder, machen es unansehnlich und stören bei späteren Verarbeitungsgängen, insbesondere beim Färben. Auch der Griff wird ungünstig beeinflußt. Dieses Problem versuchte man bisher zu lösen, indem man Ammoniumsalze als sogenannte "Sicherheitsentkälkungsmittel" verwendete. Da aber der pH-Wert wäßriger Ammoniumsalzlösungen unter 5 liegen kann, bieten auch diese Mittel nicht die erwünschte Sicherheit. Außerdem ist der Einsatz von Ammoniumsalzen auch aus ökologischer Sicht problematisch. Ammoniumsalze werden in Kläranlagen nur unvollständig abgebaut und erhöhen somit den CSB-Wert des Ablaufwassers.

    [0004] Die Verwendung von Butyrolacton als Entkälkungsmittel ist aus der DE-PS 804 827 bekannt. Dieser innere Ester hydrolysiert unter den üblichen Entkälkungsbedingungen jedoch sehr langsam. Die notwendigen Entkälkungszeiten sind deshalb sehr lang. Wahrscheinlich hat Butyrolacton aus diesem Grunde auch keinen Eingang in die Praxis gefunden. Schließlich werden gemäß der DE-PS 28 25 081 unter den Entkälkungsbedingungen hydrolysierende Ester eingesetzt. Sie überwinden die obengenannten Nachteile der üblichen Entkälkungsmittel, indem sie den pH-Wert nicht unter 5 fallenlassen und zudem ammonsalzfrei sind. Doch können auch sie nicht verhindern, daß bei ihrer überdosierung Schwefelwasserstoff freigesetzt wird. Diese Möglichkeit stellt aufgrund der hohen Toxizität von Schwefelwasserstoff eine ständige latente Lebensgefahr für das Personal dar, abgesehen von der Geruchsbelästigung.

    [0005] Der Erfindung lag daher die Aufgabe zugrunde, ein Entkälkungsverfahren zu entwickeln, das nicht nur die oben genannten Nachteile der üblichen Entkälkungsmittel, sondern auch die Entwicklung von Schwefelwasserstoff mit Sicherheit vermeidet.

    [0006] Die Lösung dieser Aufgabe besteht in dem erfindungsgemäßen Verfahren. Es wurde überraschend festgestellt, daß von allen untersuchten Estern nur die cyclischen Ester (5- und 6-Ringe) mehrwertiger aliphatischer Alkohole und der Kohlensäure zur Lösung der oben genannten Aufgabe geeignet sind. Mit ihnen fällt der pH-Wert auch bei grober überdosierung nicht unter 7,5, so daß Schwefelwasserstoff nicht in gefährlicher Menge freigesetzt wird, während er mit anderen Estern durchaus unter 7,5 sinken kann, wobei Schwefelwasserstoff in solchen Mengen entweicht, daß über der Entkälkungsflotte oft HZS-Konzentrationen von 2000 ppm gemessen werden können. Unter den erfindungsgemäß einzusetzenden cyclischen Carbonaten mehrwertiger aliphatischer Alkohole werden diejenigen bevorzugt, deren Äquivalentgewicht (bezüglich der Kohlensäure-, nicht der Alkohol--Komponente) unter 150, vorzugsweise unter 100 und insbesondere unter 60 liegt. Geeignete Carbonate sind dementsprechend die - gegebenenfalls noch freie Hydroxylgruppen' enthaltenden - Kohlensäurediester von mehrwertigen, das heißt mehr als eine, vorzugsweise 2 bis 3, insbesondere 2 Hydroxylgruppen enthaltenden aliphatischen Alkoholen mit 2 bis 6, vorzugsweise 2 bis 3 Kohlenstoffatomen, wobei mindestens 2 Hydroxylgruppen zueinander in 1,3- oder vorzugsweise 1,2-Stellung angeordnet sind, also beispielsweise die cyclischen Carbonate von 1,2-Butandiol, 2,3-Butandiol, Neopentylglykol, Glycerin, das Dicarbonat von Pentaerythrit (Spiro-Verbindung), vorzugsweise das cyclische Carbonat von Ethylenglykol und 1,2-Propylenglykol.

    [0007] Die Herstellung der Carbonate erfolgt in bekannter Weise, z.B. durch Umsetzung der Alkohole mit Phosgen oder vorzugsweise von Epoxiden mit Kohlendioxid.

    [0008] Das Carbonat wird durch den im Äscher enthaltenen Kalk soweit hydrolysiert, bis ein pH-Wert im Bereich von - je nach Carbonatüberschuß - 7,8 bis 7,5 erreicht ist. Der Kalk wird dabei als Kalziumbicarbonat gelöst. Dann bleibt die Hydrolyse stehen. Bei keinem Versuch wurde der pH 7,5 unterschritten. Dieser Bereich ist optimal, denn damit ist einerseits gewährleistet, daß kein Schwefelwasserstoff aus der Lösung entweicht, andererseits ist der pH-Wert nicht höher, als zur Vermeidung der Schwefelwasserstoffbildung unbedingt nötig. Zu hohe pH-Werte sind nämlich ebenfalls unerwünscht im Hinblick auf die Narbenglätte und den Griff der Leder sowie auf die Sicherheit der Kalkentfernung.

    [0009] Die Einsatzmengen für das Carbonat hängen von dem Gehalt des Hautmaterials an Kalk und anderen basischen Verbindungen (z.B. Natriumsulfid und Natriumhydroxyd) ab. Sie liegen in der Größenordnung von 0,8 bis 4, vorzugsweise 1 bis 2 %, bezogen auf das Gewicht der nassen Häute.

    [0010] Die Carbonate werden vorzugsweise in Wasser gelöst. Die Emulgierung oder Dispergierung nicht ausreichend wasserlöslicher Carbonate kann in üblicher Weise mit kationischen, anionischen oder nichtionischen.Emulgatoren durchgeführt werden. Sie ist in keiner Weise problematisch.

    [0011] Die in den Beispielen genannten Teile und Prozente beziehen sich auf das Gewicht.

    Beispiel 1



    [0012] 136 Teile geäscherte Rindflanken der Spaltstärke 3,5 - 4,5 mm wurden zunächst mit 408 Teilen 35°C warmen.Wassers 20 Minuten gewaschen, indem sie in einem Gerbfaß gewalkt wurden. Anschließend wurde die Waschflotte vollständig abgelassen. Danach wurden 3,4 Teile 1,2-Propylencarbonat und 0,3 Teile eines handelsüblichen Netzmittels auf Basis einen Alkylsulfonates zugesetzt. Nachdem 5 Minuten gewalkt worden war, ergab die Überprüfung des pH-Wertes der durch die Entquellung der Blöße entstandenen neuen Flotte einen Wert von 8,7. 20 Minuten nach Zugabe des Entkälkungsmittels zeigten die Flotten, einen pH-Wert von 7,9. Die Blöße war zu dieser Zeit im Schnitt zu etwa 50 % entkälkt. Nach weiteren 20 Minuten lang der pH-Wert bei 8,0 und die Blöße war zu 70 % entkälkt. 80 Minuten später war die Entkälkung vollständig abgelaufen und der pH-Wert betrug 8,2.

    Vergleichsversuch



    [0013] Beispiel 1 wurde in genau gleicher Weise wiederholt, nur wurde als Entkälkungsmittel ein handelsübliches Produkt auf Basis des Ammoniumsalzes der Sulfophthalsäure eingesetzt. Nach 5 minütigem Walken wurde hier ein pH-Wert der Entkälkungsflotte von 3,2 gemessen, 15 Minuten später war er auf 7 angestiegen, um sich dann nach 40 minütigem Walken auf den End-pH-Wert von 8,6 einzustellen.

    [0014] Ein Vergleich der entkälkten Blößen zeigte, daß die Blößen des Beispiels 1 deutlich sauberer und damit heller waren als die des Vergleichsversuchs.

    [0015] Die folgenden Beispiele wurden in ähnlicher Weise wie Beispiel 1 durchgeführt. Es wurden immer 100 Teile Rindsblöße entkälkt. Die Versuchsergebnisse sind in der Tabelle zusammengefaßt.

    [0016] Alle entkälkten Blößen waren außergewöhnlich sauber und hell.




    Ansprüche

    Verfahren zum Entkälken von in üblicher Weise geäscherten Häuten unter üblichen Entkälkungsbedingungen hinsichtlich Flottenlänge, Temperatur und pH-Wert der Flotte über ein bis sechs Stunden, dadurch gekennzeichnet, daß man als wirksames Agens das cyclische Carbonat eines mehrwertigen aliphatischen Alkohols mit 2 bis 6 Kohlenstoffatomen einsetzt.
     





    Recherchenbericht