[0001] Die Erfindung betrifft einen Stabilisierungs- und Richtantrieb für einen Drehturm
eines Fahrzeuges, der am Fahrzeugaufbau über einen Drehkranz drehbar gelagert ist
und auf den über gegensinnig angetriebene Bremsflächen und daran geregelt andrückbare
Reibbeläge Stellmomente zum Ausrichten des Drehturmes auf eine Sollrichtung aufbringbar
sind.
[0002] Ein Drehturm ist beispielsweise Bestandteil eines Turmwaffensystemes auf einem gepanzerten
Fahrzeug.
[0003] Das von dem Stabilisierungs- und Richtantrieb eines solchen Turmwaffensystems aufzubringende
Drehmoment richtet sich nach dem geforderten Beschleunigungsmoment zur Oberwindung
der Trägheit des Drehturmes sowie nach den maximal auftretenden Unwuchtmomenten. Unwuchtmomente
müssen im Azimut vom Stabilisierungs- und Richtantrieb beispielsweise dann aufgefangen
werden, wenn das mit dem Drehturm ausgerüstete Fahrzeug in Schräglage steht oder fährt
oder wenn der Schwerpunkt des Drehturmes nicht mit der Drehachse zusammenfällt und
infolge Kurvenfahrt sowie Nick- und Wankbewegungen linear beschleunigt wird.
[0004] Es wurden Stabilisierungs- und Richtantriebe der eingangs beschriebenen Art vorgeschlagen
(DE-PS 22 17 684, DE-PS 27 27 582). Dabei wird von dem innerhalb des Drehkranzes angeordneten
Antrieb ein Antriebsmoment von einem Ritzel auf den Drehkranz des Drehturmes übertragen.
Diese
Art der Krafteinleitung hat zwei wesentliche Nachteile: die Höhe des übertragbaren Momentes
ist durch die Zahnfestigkeit begrenzt. Die Momenteneinleitung über den Drehkranz ist
dynamisch "weich",
so daß die Regelgüte des über einen Regler auf Sollrichtung des
Drehturmes geregelten Antriebes vermindert ist. Normalerweise liegen zwar die infolge
der Unwucht auftretenden Drehmomente des Drehturmes innerhalb der Grenzen, die von
den bekannten Antrieben aufgebracht werden können. Jedoch werden unter extremen Fahrbedingungen
gelegentlich die maximalen,von den bekannten Antrieben aufbringbaren Richtmomente
durch die genannten Unwucht- bzw. Störmomente überschritten, was ein ungewolltes Verdrehen
des Drehturmes gegen die Wanne zur Folge hat. Im Vergleich zu anderen Störeinflüssen,
wie Reibung, sind die genannten Unwuchtmomente dominierend.
[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Stabilisierungs-und Richtantrieb
zu schaffen, mit dem auch große, für solche Drehtürme charakteristische Unwuchtmomente
aufgefangen werden können, wobei die Regelgüte erhöht werden soll.
[0006] Zur Lösung dieser Aufgabe ist gemäß der Erfindung bei einem Stabilisierungs- und
Richtantrieb der eingangs beschriebenen Art vorgesehen, daß die Bremsflächen an zwei
benachbart dem mittleren Drehkranzradius konzentrisch angeordneten Drehringen ausgebildet
sind, die am Fahrzeugaufbau bzw. am Drehturm gelagert und gegensinnig angetrieben
sind, und daß die Reibbeläge auf dem gleichen mittleren Radius wie die Drehringe diesen
benachbart axial beweglich am Drehturm bzw. am Fahrzeugaufbau angeordnet sind.
[0007] Die mit dem Stabilisierungs- und Richtantrieb nach der Erfindung erzeugte Reibkraft
an den Drehringen bewirkt eine direkte Aufbringung eines den Unwuchtmomenten entgegenwirkenden
Stabilisierungs-oder Richtmomentes. Dieses Moment ist durch die Reibkraft multipliziert
mit dem großen Hebelarm zwischen den Drehringen und der Drehturmmitte gegeben. Dabei
sind die dynamischen Eigenwerte des Drehkranzlagers und der sonst üblichen Zahnradstufe
eliminiert.
[0008] Die Andrückkraft wird mit Hilfe eines Reglers aufgebracht, der den Drehturm auf eine
vorgegebene Sollrichtung ausrichtet (Richten) oder den Drehturm unabhängig von Bewegungen
der Unterlage in dieser Richtung ausgerichtet hält (Stabilisieren). Aufbau und Wirkungsweise
dieses Reglers ist bereits früher beschrieben worden (DE-PS 22 17 684) und in dieser
Anmeldung nicht nochmals beschrieben.
[0009] Zur Verbesserung der Regelgüte lassen sich bei der Erfindung auch Regelkreise mit
-Störgrößenaufschaltungen verwenden, wie sie für Regelstrecken mit stark ausgeprägten
Störeinflüssen üblich sind. Beispielsweise wird die am Schwerpunkt wirkende Linearbeschleunigung
gemessen und dem Regelkreis aufgeschaltet.
[0010] Wie die bekannten Stabilisierungs- und Richtantriebe arbeitet auch der Antrieb nach
der Erfindung mit einem großen Serveverhältnis. Mit anderen Worten ist die zur Regelung
der Andrückkraft erforderliche Leistung viel geringer als die zum Richten des Drehturmes
erforderliche Leistung.
[0011] Die ungeregelte Primärleistung wird vorzugsweise mittels mindestens einer vorzugsweise
am Fahrzeugaufbau angeordneten Antriebsgruppe zur Verfügung gestellt, die beispielsweise
einen Elektromotor aufweist.
[0012] Vorteilhaft werden die Reibbeläge mittels Magnetkraft an die Bremsflächender Drehringe
elektromagnetisch angedrückt, wobei die über einen Schleifring in den Drehturm zu
führende elektrische Leistung weit geringer ist als die Primärleistung.
[0013] Durch Wahl der wirksamen Magnetfläche der Elektromagnete kann der Stabilisierungs-
und Richtantrieb für sehr hohe Maximalmomente ausgelegt werden.
[0014] Die Magnetkraft zum Andrücken der Reibbeläge kann auch mittels Permanentmagneten
aufgebracht werden, welche den Elektromagneten entgegenwirken. Bei Stromausfall führen
die Permanentmagnete zu einer Blockierung der Bremsflächen, d. h. zu einem Feststellen
bzw. "Zurren" des Drehturmes gegenüber dem Fahrzeugaufbau.in sehr einfacher Weise.
[0015] Für den Notbetrieb kann an einem der Drehringe eine zusätzliche Verzahnung zum Zusammenwirken
mit einem handbetriebenen Ritzel angeordnet sein.
[0016] Die Erfindung ist im folgenden anhand schematischer Zeichnungen an einem Ausführungsbeispiel
mit weiteren Einzelheiten näher erläutert. Es zeigen:
Figur 1 eine teilweise abgebrochene Draufsicht eines gepanzerten Fahrzeuges mit einem
Drehturm;
Figur 2 einen Ausschnitt des Drehturmes nach Figur 1 in vergrößertem Maßstab, wobei
ein Teil herausgebrochen ist;
Figur 3 einen Teilschnitt nach der Linie III-III in Figur 2 in weiter vergrößertem
Maßstab.
[0017] In Figur 1 sind mit 1 ein Fahrzeugaufbau und mit 2 ein .Drehturm mit Rohrwaffe 3
und Drehkranz 4 bezeichnet, über welchen der Drehturm 2 gegenüber dem Fahrzeugaufbau
1 verdrehbar ist.
[0018] Gemäß Fig.2,3 umfaßt der Drehkranz ein insgesamt mit dem Bezugszeichen 5 bezeichnetes
Drehlager, an welchem der Drehturm 2 am Fahrzeugaufbau 1 abgestützt ist. Ferner sind
etwas radial außerhalb des Drehlagers 5 zwei Drehringe 6,7 über Lager 8,9 am Fahrzeugaufbau
1 drehbar gelagert. Die Drehringe 6,7 haben oben Bremsflächen 10,11, mit denen je
mehrere Paare von Reibbelägen 12,13 zusammenwirken. Jedes Reibbelagpaar ist mit zugeordneten
Paaren von Elektromagneten 14,15 in Gehäusen 16,17 aufgenommen. Diese Gehäuse bilden
zusammen mit den Reibbelägen eine Baugruppe, die radial spielfrei und axial schwimmend
in einer Gleitführung 19 im Drehturm 2 angeordnet sind. Je nach der gewünschten Leistung
können mehrere solcher paarweise zusammengefaßter Gehäuse 16,17 (vgl. Figur 2) am
Umfang versetzt auf dem mittleren Radius des Drehkranzes 4 angeordnet sein.
[0019] In Figur 2 ist gestrichelt ein Elektromotor 20 gezeichnet, der auf zwei Getriebe
21,22 wirkt. Zu jedem Getriebe gehört ein Abtriebsritzel 23,24. Das Ritzel 24 ist,
obwohl gegenüber der Schnittebene III-III in Umfangsrichtung versetzt, gestrichelt
auch in Figur 3 angedeutet. Es wirkt mit einer Außenverzahnung 25 am Drehring 6 und
gleichzeitig mit einer Innenverzahnung 26 am Drehring 7 zusammen. Die Drehringe sind
also über die beiden Ritzel 23,24 gegensinnig, jedoch mit dem Betrage nach gleicher
Drehzahl angetrieben. Dabei werden die Zahnkräfte aufgrund der Verwendung zweier Ritzel
vergleichsweise niedrig gehalten. Diagonal gegenüber kann ein entsprechender Antrieb
20 wiederum mit zwei Abtriebsritzeln 23,24 vorgesehen sein, wie in Figur 1 angedeutet
ist.
[0020] Ein Teil der Gehäuse 16,17 kann Permanentmagnete enthalten (nicht gezeigt), welche
eine dauernde Anziehungskraft zwischen den Reibbelägen 12,13 und den Bremsflächen
10,11 zur Folge haben. Die Elektromagnete 14,15 wirken im Betrieb geregelt den Permanentmagneten
entgegen. Bei unbetätigtem Zustand wird die Gegenwirkung der Elektromagneten 14,15
aufgehoben, so daß eine kraftschlüssige Blockierung bzw. Zurrung zwischen dem Drehturm
2 und dem Fahrzeugaufbau 1 durch die Permanentmagnetkraft erzeugt ist.
[0021] Die Elektromagnete 14,15 werden von einem nicht gezeigten Regler erregt, der bei
Winkelabweichung der Drehstellung des Drehturmes 2 bzw. der Rohrwaffe 3 von einer
vorgegebenen Sollrichtung Betätigungssignale im Sinne einer Aufhebung der Winkelabweichung
entweder an die Elektromagnete 14 oder an die Elektromagnete 15 abgibt. Dadurch wird
der zugehörige Drehring 6 oder 7 abgebremst, wodurch praktisch verzögerungslos ein
Antriebsmoment auf den Drehturm aufgebracht wird, das je nach der Größe des Regelimpulses
variiert, jedoch wegen des großen Abstandes der Elektromagnete 14,15 zur Drehkranzmitte
M (Figur 1) und der beliebig groß wählbaren Reibbelagfläche der Reibbeläge 12,13 stets
größer als die größten in der Praxis auftretenden Unwuchtmomente des Drehturmes gemacht
werden kann.
1. Stabilisierungs- und Richtantrieb für einen Drehturm eines Fahrzeuges, der am Fahrzeugaufbau
über einen Drehkranz drehbar gelagert ist und auf den über gegensinnig angetriebene
Bremsflächen und daran geregelt andrückbare Reibbeläge Stellmomente zum Ausrichten
des Drehturmes auf eine Sollrichtung aufbringbar sind, dadurch gekennzeichnet, daß
die Bremsflächen (10;11) an zwei benachbart dem mittleren Drehkranzradius konzentrisch
angeordneten Drehringen (6,7) ausgebildet sind, die am Fahrzeugaufbau (1) bzw. am
Drehturm gelagert und gegensinnig angetrieben sind, und daß die Reibbeläge (12,13)
auf dem gleichen mittleren Radius (4) wie die Drehringe diesen benachbart axial beweglich
am Drehturm (2) bzw. am Fahrzeugaufbau angeordnet sind.
2. Antrieb nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Drehringe (6,7) einander
zugewandte.Umfangsverzahnungen (25,26) haben, welche mit mindestens einem zwischen
ihnen angeordneten, gemeinsamen Abtriebsritzel (23,24) mindestens einer Antriebsgruppe
(20-24) zusammenwirken.
3. Antrieb nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die oder jede Antriebsgruppe
mindestens zwei Abtriebsritzel (23,24) aufweist.
4. Antrieb nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Abtriebsritzel (23,24)
der oder jeder Antriebsgruppe im Umfangsrichtung versetzt mit den Umfangsverzahnungen
(25,26) der Drehringe (6,7) zusammenwirken.
5. Antrieb nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Reibbeläge
(12,13) mittels Magnetkraft an die Bremsflächen (10,11) der Drehringe (6,7) andrückbar
sind.
6. Antrieb nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Reibbeläge (12,13) mit
regelbaren Elektromagneten (14,15) in Baugruppen (16,17) zusammengefaßt sind, die
axial schwimmend und radial spielfrei im Drehturm (2) bzw. am Fahrzeugaufbau angeordnet
sind.
7. Antrieb nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Magnetkraft zum Andrücken
der Reibbeläge (12,13) mittels Permanentmagneten aufgebracht wird, welche den Elektromagneten
(14,15) entgegenwirken.
8. Antrieb nabh einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß für den Notbetrieb
an einem der Drehringe (6,7) eine zusätzliche Verzahnung zum Zusammenwirken mit einem
handbetriebenen Ritzel angeordnet ist.
9. Antrieb nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß zur Verbesserung
der Regelgüte die Linearbeschleunigung am Schwerpunkt des Drehturms (2) gemessen und
einem Regelkreis zum Regeln der Andrückkraft der Reibbeläge (12,13) aufgeschaltet
wird.