(19)
(11) EP 0 077 495 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
27.04.1983  Patentblatt  1983/17

(21) Anmeldenummer: 82109283.0

(22) Anmeldetag:  07.10.1982
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C14C 3/22, C14C 3/28
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE FR GB IT LI

(30) Priorität: 20.10.1981 DE 3141496

(71) Anmelder: BASF Aktiengesellschaft
67063 Ludwigshafen (DE)

(72) Erfinder:
  • Hartmann, Heinrich, Dr.
    D-6703 Limburgerhof (DE)
  • Heide, Wilfried, Dr.
    D-6701 Erpolzheim (DE)
  • Eckert, Guenter, Dr.
    D-6703 Limburgerhof (DE)
  • Knaflic, France
    D-6710 Frankenthal (DE)
  • Magerkurth, Bernhard, Dr.
    D-6700 Ludwigshafen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Polymergerbstoff und Verfahren zum Nachgerben


    (57) Nachgerben von mineralisch gegerbtem Leder ohne Beeinträchtigung von dessen färberischen Eigenschaften durch Behandeln desselben mit einer wäßrigen Lösung von 0,025 bis 1 Gew.-%, bezogen auf Falzgewicht, eines Copolymerisates vom K-Wert nach Fikentscher im Bereich von 20 bis 150 aus

    a) 20 bis 80 Gew.-% Acrylamid oder Methacrylamid,

    b) 80 bis 20 Gew.-% eines eine Aminogruppe enthaltenden Acrylates der allgemeinen Formel

    H2C = CH-C(0)X-A-NR2 mit

    A = C2-5-Alkylen

    R = Methyl oder Ethyl, und

    X = O oder NH,

    c) 0 bis 20 Gew.-% eines weiteren, in wäßriger Lösung copolymerisierbaren Monomeren,


    bei einer Flottenlänge, bezogen auf Falzgewicht, von 30 bis 300 %, pH-Werten im Bereich von 3 bis 6 und Temperaturen von 20 bis 60°C.


    Beschreibung


    [0001] Die Hauptgerbung wird üblicherweise mit mineralischen Gerbstoffen wie basischen Chrom-, Aluminium- und/oder Zirkonsalzen allein oder in Kombination mit synthetischen Gerbstoffen durchgeführt. Eine anschließende Nachgerbung mit natürlichen oder synthetischen Gerbstoffen dient der Verbesserung von Ledereigenschaften wie Griff, Weichheit, Narbenbeschaffenheit und Fülle. Als Gerbstoff in der Nachgerbung werden beispielsweise Syntane, also wasserlösliche Kondensationsprodukte aus z. B. Naphthalinsulfonsäure und Formaldehyd oder aus Phenolsulfonsäure, Formaldehyd und Harnstoff, ferner Ligninsulfonsäuren und seit einigen Jahren auch Polymere und Copolymere auf der Basis von Acrylsäure und anderen ungesättigten polymerisierbaren Carbonsäuren, in der Regel in Kombination mit den vorgenannten Syntanen, eingesetzt. Sie haben alle anionischen Charakter, wodurch die Färbungen mit den üblichen anionischen Farbstoffen mehr oder weniger stark aufgehellt werden.

    [0002] Aus der DE-OS 28 43 233 ist bekannt, daß niedermolekulare Kondensationsprodukte mit kationischen Gruppen bei Alleinanwendung in der Nachgerbung die färberischen Eigenschaften der Leder in obengenanntem Sinne verbessern. Bei Kombination mit den üblichen anionischen Kondensations- bzw. Polymerisationsprodukten verlieren sie diese Fähigkeit jedoch weitgehend.

    [0003] Der Erfindung lag daher die Aufgabe zugrunde, ein Copolymerisat zu entwickeln, das sowohl bei alleiniger Anwendung als auch in Kombination mit den sonst üblichen anionischen Kondensationsprodukten (Syntanen) und Polymeren die färberischen Eigenschaften im Sinne einer geringeren Farbtonaufhellung bei Anwendung anionischer Farbstoffe verbessert.

    [0004] Die Lösung dieser Aufgabe besteht im Copolymerisat nach Anspruch 1.

    [0005] Das Copolymerisat enthält 20 bis 80, vorzugsweise 40 bis 60 Gew.-% Acrylamid oder Methacrylamid und 80 bis 20, vorzugsweise 60 bis 40 Gew.-%, jeweils bezogen auf das Polymerisat, des eine Aminogruppe enthaltenden, in wäßriger Lösung copolymerisierbaren Monomeren (Komponente b des Anspruchs 1).

    [0006] Als Komponente a wird Acrylamid gegenüber Methacrylamid bevorzugt.

    [0007] Als Komponente b kommen z.B. in Betracht die Methacrylester und vorzugsweise die Acrylester von Diethylamino- oder vorzugsweise Dimethylamino-Ethanol, -Propanol oder -2,2--Dimethylpropanol. Bevorzugt wird Dimethylaminoethylacrylat. Außerdem sind Amino-C2-5-alkyl(meth)acrylamide, z.B. N-(3-Dimethylaminopropyl)-methacrylamid, sehr gut geeignet.

    [0008] Als Komponente c kommen beispielsweise in Betracht: Acrylnitril, Vinylpyrrolidon, Acrylsäure, Methacrylsäure, Maleinsäure, Itaconsäure, Crotonsäure. Bevorzugt werden Vinylpyrrolidon und Acrylsäure. Sie werden in Mengen von 0 bis 20, vorzugsweise 0 bis 5 Gew.-% einpolymerisiert. Die Polymerisation wird in üblicher Weise (wie sie beispielsweise in Ullmann, Enzyclopädie der technischen Chemie, 4. Auflage, Band 19, beispielsweise auf den Seiten 3 ff. und 385 ff. beschrieben ist) in wäßriger Lösung nach dem radikalischen Mechanismus durchgeführt.

    [0009] Die K-Werte (vgl. H. Fikentscher, Cellulose-Chemie 13, 1932, Seiten 58 bis 64 und 71 bis 74), gemessen in einprozentiger neutraler, wäßriger Lösung bei 20°C, sollen im "Bereich von 20 bis 150, vorzugsweise 20 bis 130 liegen. Für die Verbesserung der färberischen Eigenschaften sind insbesondere Produkte mit K-Werten von 50 bis 130, für die Verbesserung der Fülle und Weichheit solche mit K-Werten von 20 bis 80, vorzugsweise 20 bis 50, geeignet. Will man beides verbessern, setzt man also zweckmäßig ein Polymeres mit einem sehr breiten Molekulargewichtsbereich oder auch zwei Polymerisate mit verschiedenem Molekulargewicht gleichzeitig oder nacheinander ein.

    [0010] Die erfindungsgemäß einzusetzenden Copolymerisate werden in üblicher Weise durch Polymerisation in wäßriger oder organischer Lösung oder in Dispersion mit den üblichen radikalischen Startern (z. B. Peroxide, Azodiisobutyronitril usw.) erhalten. Sie können allein, vorzugsweise jedoch zusammen mit anderen, konventionellen Nachgerbstoffen der eingangs genannten Art eingesetzt werden. Die Einsatzmenge beträgt 0,025 bis 1, vorzugsweise 0,1 bis 0,4 Gew.-%, bezogen auf Falzgewicht. Geht es primär um die Verbesserung der Fülle und Weichheit, so werden relativ große Mengen (0,2 bis 1, vorzugsweise 0,3 bis 0,4 %) benötigt. Für die Verbesserung der färberischen Eigenschaften, z.B. bei einem mit einem anionischen Gerbstoff nachgegerbten Leder, genügen bereits Mengen im unteren genannten Bereich, also 0,025 bis 0,2 %.

    [0011] Die erfindungsgemäße Nachgerbung wird zeitlich zwischen der mineralischen Hauptgerbung und dem Färben des Leders durchgeführt. Sie kann separat in einem selbständigen Arbeitsgang oder zusammen mit der Fettung erfolgen. Es ist wie gesagt möglich und sogar bevorzugt, sie mit einer konventionellen Nachgerbung, also mit anionischen Nachgerbstoffen, zu kombinieren oder sie daran anzuschließen.

    [0012] Trotz der farbvertiefenden Wirkung sind die Färbungen gleichmäßig. Zusätzlich zur Farbvertiefung wird der Farbstoff besser fixiert, so daß beim Trocknen eine Migration nicht mehr auftritt. Speziell zu diesem letztgenannten Zweck kann das Polymere auch nach der Färbung eingesetzt werden. Wenn dabei das Färbebad noch nicht ausgezehrt ist, muß die Flotte gewechselt werden, weil sonst mit Ausfällungen zu rechnen ist.

    [0013] Da jede erfindungsgemäße Lederbehandlung mit einem gewissen (mehr oder weniger starken) Nachgerb-Effekt verbunden ist, wurden im Titel und im Hauptanspruch der Einfachheit halber alle genannten Maßnahmen unter dem Begriff "Nachgerben" zusammengefaßt, obwohl manchmal die Verbesserung des färberischen Verhaltens im Vordergrund steht.

    [0014] Die Flottenlänge beträgt beim üblichen ebenso wie beim erfindungsgemäßen Nachgerben 30 bis 300, vorzugsweise 100 bis 150 %, bezogen auf Falzgewicht. Die Temperatur liegt in der Regel bei 20 bis 60, vorzugsweise 30 bis 40°C, der pH-Wert bei 3 bis 6, vorzugsweise 3,5 bis 5, die Behandlungsdauer liegt in der Größenordnung von einer bis mehreren Stunden.

    [0015] Die Wasserlöslichkeit der erfindungsgemäß einzusetzenden Polymeren nimmt mit zunehmendem Molekulargewicht ab. Sie soll für die Zwecke der Erfindung unter den obengenannten, beim Gerben bzw. Nachgerben üblichen Bedingungen (20 bis 60°C bei pH 3 bis 6) mindestens 2, vorzugsweise mindestens 10 Gew.-% betragen. 10 gew.-%ige wäßrige Lösungen der Polymeren sind in der Regel noch gut gießbar. Das Polymere muß nicht unbedingt vollständig echt (klar) gelöst sein (obwohl dies bevorzugt ist), es genügt auch eine kolloidale (also mehr oder weniger trübe) Lösung.

    [0016] Die in den Beispielen genannten Teile und Prozente beziehen sich auf das Gewicht, und zwar, sofern nicht anders angegeben bzw. sofern sich aus dem Zusammenhang nichts anderes ergibt, auf das Falzgewicht.

    [0017] Die in den Beispielen genannten Einsatzstoffe, abgesehen von dem erfindungsgemäßen Polymergerbstoff, sind handelsüblich.

    Beispiel 1



    [0018] Nachbehandlung von chromgegerbten, gefalzten Kleintierfellen

    [0019] Neutralisation:

    100 % Wasser 40°C

    1 % Natriumformiat

    1 % Natriumbicarbonat

    30 min bewegen, entflotten.



    [0020] Nachgerbung: .

    100 % Wasser 40°C

    4 % einer 10 %igen wäßrigen Lösung eines Copolymerisates vom K-Wert 35, bestehend aus 50 % Acrylamid, 10 % Vinylpyrrolidon und 40 % Dimethylaminoethylacrylat.

    90 min bewegen Flotte ablassen.



    [0021] Färbung/Fettung:

    100 % Wasser 60°C

    1 % eines anionischen Farbstoffes

    30 min bewegen

    +4 % eines handelsüblichen anionischen Fettungsmittels auf Basis eines sulfitierten und oxidierten Naturöls (mögliche Alternative: die gleiche Menge eines sulfochlorierten und partiell verseiften Chlorparaffins)

    30 bis 60 min bewegen

    + 0,5 bis 1 % Ameisensäure 80 %ig

    30 min bewegen Flotte ablassen, Leder spülen und trocknen.



    [0022] Es entsteht ein Leder mittlerer Fülle mit elastischem Griff, dessen Färbung mit anionischen Farbstoffen wesentlich intensiver und brillanter ausfällt als nach einer Nachbehandlung mit handelsüblichen anionischen Nachgerbemitteln, einschließlich dem gemäß DE-OS 28 43 233.

    Beispiel 2



    [0023] Nachgerbung von chromgegerbten, gefalzten Rindledern oder Kalbledern

    [0024] Neutralisation:

    200 % Wasser 40°C

    1 % Natriumformiat

    0,5 % eines handelsüblichen neutralisierten Kondensationsproduktes einer Phenol- bzw. Naphthalinsulfonsäure mit Formaldehyd

    60 min bewegen Flotte ablassen, spülen.



    [0025] Nachgerbung:

    100 % Wasser 40°C

    3 % einer 40 %igen wäßrigen Lösung eines Copolymeren vom K-Wert 30 aus 70 % Acrylsäure und 30 % Acrylnitril.

    30 min bewegen

    +2 % einer 10 %igen wäßrigen Lösung eines Copolymerisates, bestehend aus 60 % Acrylamid und 40 % Dimethylaminoethylacrylat vom K-Wert 53

    50 min bewegen

    +4 % eines handelsüblichen synthetischen Gerbstoffes auf Basis eines Phenolsulfonsäure-Phenol-Formaldehyd-Kondensates

    30 min bewegen, entflotten.



    [0026] Färbung/Fettung: wie bei Beispiel 1

    [0027] Es wird im Vergleich zu einem gleichartig, aber ohne Mitverwendung der Polymerlösung mit oder ohne einen Nachgerbstoff nach DE-OS 28 43 233 hergestellten Leder ein merklich weicheres, tiefer und brillanter gefärbtes Leder erhalten.

    Beispiel 3



    [0028] Wie Beispiel 2 mit einer 10 %igen wäßrigen Polymerlösung aus 75 % Methacrylamid, 5 % Methacrylsäure und 20 % Methacrylamidodimethylaminopropylamid vom K-Wert 135.

    [0029] Das entstandene Leder zeigt gegenüber dem nach Beispiel 2 erhaltenen bei gleicher Weichheit und etwas dunklerer Anilinfärbung eine größere Fülle.

    "Beispiel 4



    [0030] Nachgerbung von chromgegerbten, gefalzten Rind- oder Kalbledern

    [0031] Neutralisation:

    200 % Wasser 40°C

    1 % Natriumformiat

    1 % Natriumsulfit

    60 min bewegen, Flotte ablassen, spülen.



    [0032] Nachgerbung:

    150 % Wasser 40°C

    4 % eines handelsüblichen synthetischen Gerbstoffes auf Basis eines Phenolsulfonsäure-Phenol-Formaldehd--Kondensates

    2 % eines handelsüblichen vegetabilen Extraktes

    60 min bewegen

    + 2 % einer 10%igen wäßrigen Lösung eines Copolymerisates, bestehend aus 60 % Acrylamid und 40 % Dimethylaminoethylacrylat vom K-Wert 69

    45 min bewegen

    Flotte ablassen, spülen.



    [0033] Färbung und Fettung gemäß Beispiel 1.

    [0034] Es wird im Vergleich zu einem gleichartig, aber ohne Mitverwendung der Polymerlösung mit oder ohne einen Nachgerbstoff gemäß DE-OS 28 43 233 hergestellten Leder ein weicheres, im Griff elastischeres Leder mit deutlich tieferer Färbung erhalten.

    "Beispiel 5


    Färbung anionisch nachgegerbter Rindleder in dunklen Farbtönen



    [0035] Neutralisation:

    200 % Wasser 40°C

    2 % eines handelsüblichen neutralisierten Kondensates von Naphthalinsulfonsäure mit Formaldehyd

    60 min bewegen

    + 5 % eines handelsüblichen synthetischen Gerbstoffs -auf Basis eines Phenolsulfonsäure-Phenol-Formaldehyd--Kondensates

    + 5 % eines handelsüblichen vegetabilen Extraktes

    90 min bewegen, Flotte ablassen, spülen.



    [0036] Färbung/Fettung: 200 % Wasser 50°C

    1 % einer 10%igen wäßrigen Lösung eines Copolymerisates bestehend aus 60 % Dimethylaminoethylacrylat und 40 % Acrylamid vom K-Wert 25

    40 min bewegen

    + 1 % eines anionischen Farbstoffs (Anilinfarbstoff)

    20 min bewegen

    + 8 % eines 60%igen Fettungsmittels wie bei Beispiel 1 30 min bewegen

    + 0,5 % Ameisensäure 80%ig

    20 min bewegen Flotte ablassen, spülen, trocknen.



    [0037] Es wird ein Leder mit tieferer Färbung als nach Beispiel 2 bis 4 erhalten, während Griff und Fülle des Leders nur in untergeordnetem Maße beeinflußt werden.


    Ansprüche

    1. Polymergerbstoff, bestehend aus einem Copolymerisat vom K-Wert nach Fikentscher im Bereich von 20 bis 150 aus

    a) 20 bis 80 Gew.-% Acrylamid oder Methacrylamid,

    b) 80 bis 20 Gew.-% eines eine Aminogruppe enthaltenden Acrylates oder Acrylamids der allgemeinen Formel

    H2C = CH-C(0)X-A-NR2 mit

    A = C2-5-Alkylen

    R = Methyl oder Ethyl und

    X = 0 oder NH,

    c) 0 bis 20 Gew.-% eines weiteren, in wäßriger Lösung copolymerisierbaren Monomeren.


     
    2. Verfahren zum Nachgerben von mineralisch gegerbtem Leder durch Behandeln desselben mit einer wäßrigen Lösung von 0,025 bis 1 Gew.-%, bezogen auf Falzgewicht, eines Copolymerisates nach Anspruch 1, bei einer Flottenlänge, bezogen auf Falzgewicht, von 30 bis 300 %, pH-Werten im Bereich von 3 bis 6 und Temperaturen von 20 bis 60°C.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß als aminogruppenhaltiges Monomeres (Komponente b) Dimethylaminoethylacrylat oder Dimethylaminoneopentylacrylat eingesetzt wird.
     





    Recherchenbericht