(19)
(11) EP 0 087 609 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
07.09.1983  Patentblatt  1983/36

(21) Anmeldenummer: 83101057.4

(22) Anmeldetag:  04.02.1983
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C22C 30/00, C22C 19/05
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE FR GB IT

(30) Priorität: 27.02.1982 DE 3207162

(71) Anmelder: Thyssen Edelstahlwerke AG
D-40211 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Brandis, Helmut, Dr.-Ing.
    D-4150 Krefeld (DE)
  • Spyra, Wolfgang, Dr.-Ing.
    D-4150 Krefeld (DE)
  • Reismann, Josef
    D-4600 Dortmund (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Hochwarmfeste Nickel-Eisen-Gusslegierung mit grosser Gefügestabilität


    (57) Die Erfindung betrifft eine hochwarmfeste gegen Temperaturwechsel unempfindliche kobaltfreie Nickel-Eisen-Gußlegierung mit großer thermodynamischer Stabilität der Gefügebestandteile. Sie weist hohe Warmhärte, hervorragende Beständigkeit gegen Oxidation, Korrosion und Verschleiß sowie gute Schweißeigenschaften auf. Die insbesondere als Werkstoff für Kernreaktorbauteile geeignete Legierung besteht aus
    1,1 bis 1,6 % C 0,5 bis 1,5 % Si 0,01 bis 0,2 % Mn 22 bis 26 % Cr 12,5 bis 14,5 % Mo 0,2 bis 0,8 % Nb 35 bis 40 % Ni 18 bis 26 % Fe als Ergänzung zu 100 % 0,1 % Co 0,01 % B 0,002 % Ta




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft eine hochwarmfeste, gegen Temperaturwechsel unempfindliche, kobaltfreie Nickel-Eisen-Gußlegierung mit großer thermodynamischer Stabilität der Gefügebestandteile, die zudem hohe Wärmehärte, hervorragende Beständigkeit gegen Oxidation, Korrosion und Verschleiß sowie gute Schweißeigenschaften aufweist und sich insbesondere als Werkstoff für Kernreaktorbauteile eignet.

    [0002] An Legierungen, die beispielsweise im Flanschbereich von Kernreaktoren einsetzbar sind, werden für bestimmte Begleitelemente folgende Grenzwerte gefordert: Co < 0,1%, B < 0,01%, Ta < 0,002%.

    [0003] Eisenbasislegierungen sind in der Regel wegen geringer Warmfestigkeit und mangelnder Korrosionsbeständigkeit nur bedingt verwendbar.

    [0004] Nickel-Chrom-Bor-Silizium-Legierungen kommen wegen ungenügender Zähigkeit und Korrosionsbeständigkeit nicht in Betracht, so daß deren Vorteile, wie niedriger Schmelztemperaturbereich, nicht ausgenutzt werden können.

    [0005] Aus der DE-PS 27 14 674 ist eine für Kernreaktor-Bauteile geeignete Legierung auf Nickelbasis mit 0,2 bis 1,9% C, 18 bis 32% Cr, 1,5 bis 8% W, 6 bis 12% Mo und Fakultativzusätzen von bis 2% Si, je bis 3% Mn, Nb/Ta, Zr, V und bis 0,9% B, Rest 15 bis 40% Ni mit guter Kalt- und Warmhärte, guter Korrosionsbeständigkeit und Reibeigenschaft sowie Schweißbarkeit und hoher Dauerfestigkeit bekannt.

    [0006] Aufgabe der Erfindung ist es, eine gefügestabile hochwarmfeste Nickel-Eisen-Gußlegierung vorzuschlagen, die bei sonst gleichen guten Eigenschaften wie die der vorerwähnten Legierung gemäß DE-PS 27 14 674 bessere Zunderbeständigkeit ähnlich der von Kobaltlegierungen hat.

    [0007] Zur Lösung dieser Aufgabe wird erfindungsgemäß eine Legierung der in den Ansprüchen gekennzeichneten Zusammensetzung vorgeschlagen. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den Unteransprüchen gekennzeichnet.

    [0008] Von der bekannten Legierung gemäß DE-PS 27 14 674 unterscheidet sich die erfindungsgemäße in einem fehlenden Gehalt an Wolfram und einem erhöhten Gehalt an Molybdän. Wolfram ist vergleichsweise kostenaufwendiger und zudem unsicherer verfügbar als Molybdän. Ferner kann die bekannte Legierung eisenfrei sein bzw. einen Maximalgehalt von 59, 3 % Fe aufweisen, während bei der erfindungsgemäßen Legierung der Eisengehalt mit 18 bis 26 % im Hinblick auf die Erzielung der geforderten Eigenschaften eng begrenzt ist. Das gleiche gilt für den Gehalt an Chrom, das in Mengen von 22 bis 26 % vorzuliegen hat. Im Mischkristall gelöstes Chrom sorgt vornehmlich für große Oxidations- und Korrosionsbeständigkeit , während das im Karbid abgebundene Chrom zusätzlich den Verschleißwiderstand bestimmt. Der Bildung grober Primärkarbide wurde aus Zähigkeitsgründen durch die obere Grenze des Chromgehalts entgegengewirkt. Höhere Chromgehalte verschlechtern außerdem in nicht tragbarer Weise das Schweißverhalten.

    [0009] Molybdän in Mengen von 12, 5 bis 14, 5 % verbessert in der erfindungsgemäßen Legierung, wenn es im Mischkristall gelöst ist, die Warmfestigkeit und Korrosionsbeständigkeit und, im Karbid abgebunden, den Verschleißwiderstand. Einen Ersatz des Bildners von Karbid und intermetallischer Phasen Wolfram durch den Bildner nicht unbedingt gleicher Phasen Molybdän lehrt die'DE-PS 27 14 674 nicht, vielmehr geht die bekannte Lehre dahin, einen Mindestgehalt von 1, 5 % Wolfram vorzusehen. Es war auch nicht vorherzusehen, daß bei einem Fehlen von Wolfram in der Legierung die nachfolgend noch näher zu schildernde beträchtliche Verbesserung der Zunderbeständigkeit eintreten würde. Darüber hinaus ist der DE-PS 27 14 674 die der Erfindung zugrunde liegende Erkenntnis nicht zu entnehmen, daß durch sorgfältige Begrenzung der sich gegenseitig beeinflussenden Elemente Nickel, Eisen, Chrom und Molybdän die an hochmolybdänhaltigen Werkstoffen sonst häufig zu beobachtende katastrophale Oxidation durch Entstehen flüchtiger Oxide unterbleibt. Es war also nicht vorherzusehen, daß durch das Überschreiten des in der DE-PS 27 14 674 angegebenen Maximalgehalts für Molybdän von 12 % nicht nur gleiche, sondern wesentlich verbesserte Zunderbeständigkeit erzielt werden kann.

    [0010] Der zur Karbidbildung benötigte Kohlenstoff hat einem Mindestwert zur Erzielung guter Schweißeigenschaft zu genügen und ist auf einen Höchstwert von 1,6 % begrenzt, um die Bildung grober Primärbcarbide zu vermeiden und um ausreichende Härte zu gewährleisten.

    [0011] Von besonderer Bedeutung ist auch der effektive Kohlenstoffgehalt, der nach der Formel

    zwischen 1,1 und 1,6 liegen soll. Dabei erreicht die Härte bei einem effektiven Kohlenstoffgehalt von etwa 1,3% einen Größtwert (Fig. 1).

    [0012] Mangan dient als Desoxidations- und Entschwefelungsmittel, ist jedoch begrenzt auf maximal 0, 2 %,um Porenbildung im Guß oder Schweißgut zu vermeiden.

    [0013] Silizium erhöht die Korrosionsbeständigkeit in sauren reduzierten Lösungen und begünstigt das Fließverhalten in flüssiger Phase.

    [0014] Niob/Tantal wird zur Kornverfeinerung zugesetzt.

    [0015] Durch geeignete Desoxidationsmittel wie Kalzium, Magnesium, Aluminium, Zirkonium und seltene Erdmetalle wird die Form der Sonderkarbide gesteuert.

    [0016] Das Gefüge der erfindungsgemäßen Legierung besteht nach metallografischer und röntgenografischer Untersuchung aus Primärdendriten mit kubischflächenzentrierter Struktur und Restschmelzneutektikum, das sich aus Mischkristall und Karbiden vom Typ M7C3 sowie M6C zusammensetzt..

    [0017] Zwischen 350 und 600° C weist die erfindungsgemäße Legierung eine überraschend hohe thermodynamische Stabilität auf. Fig. 2 belegt dies. Fig. 2a zeigt das Gefüge in 1000-facher Vergrößerung für den schnell abgeschreckten Gußzustand, während Fig. 2b den Gefügezustand nach eine anschließenden 1000h-Glühung bei 600° C zeigt. Gefügeänderungen sind nicht wahrnehmbar. Die Zusammensetzung der bei den in den Figuren 1 bis 3 wiedergegebenen Versuchen eingesetzten erfindungsgemäßen Legierung (in Gew.-%) war wie folgt:

    Die Gefügestabilität wird durch Härtemessungen bestätigt. Da im Flanschbereich von Kernreaktoren die Anwendungstemperaturen bei 350° C und im Störfalle zeitweise sogar bei 500° C liegen, wurde die Härte an Guß- und WIG-Schweißgut nach zeitlich gestaffelten Glühungen zwischen 350 und 600° C ermittelt. Fig. 3 zeigt das relativ schmale Streuband der Härte mit Werten zwischen 45 und 48 HRC für Glühzeiten bis 1000 h. Die Härte wird demnach durch das Primärgefüge der erfindungsgemäßen Legierung bestimmt. Überalterungsvorgänge deuten sich bis 600° C im Härteverlauf nicht an.

    [0018] In weiteren Untersuchungen wurde die erfindungsgemäße Legierung mit der handelsüblichen Kobaltbasislegierung, Werkstoff-Nr. 3177.0 verglichen. Die untersuchten Werkstoffe hatten folgende Zusammensetzung:



    [0019] Fig. 4 zeigt, daß die erfindungsgemäße Legierung gegenüber der bekannten Kobaltlegierung bis mindestens 900°C eine überlegene Warmhärte aufweist. Der vergleichsweise große Formänderungswiderstand bei hoher Temperatur ist kennzeichnend für die Warmfestigkeit der erfindungsgemäßen Legierung.

    [0020] Die Temperaturwechselbeständigkeit wird günstig beeinflußt durch großen Elastizitätsmodul und kleinen Ausdehnungskoeffizienten (Fig. 5), Im gesamten untersuchten Temperaturbereich bis 900°C weist die erfindungsgemäße Nickellegierung einen kleineren Ausdehnungskoeffizienten und einen größeren Elastizitätsmodul auf als die zum Vergleich herangezogene bekannte.Kobaltlegierung.

    [0021] Der Widerstand der beanspruchten Nickellegierung gegenüber Oxidation (Zunderbeständigkeit) ist gemäß Fig. 6 groß. Das Oxidationsverhalten der neuen Legierung bis 900°C ist mit dem der Kobaltlegierung gleich. Demgegenüber weist die handelsübliche Legierung gemäß DE-PS 27 14 674 Neigung zur katastrophal Oxidation auf, wie aus dem starken Anstieg der Oxidation oberhalb von 800°C hervorgeht.

    [0022] Eine Gegenüberstellung von Korrosionswerten ist der folgenden Tabelle zu entnehmen. Die Prüfergebnisse zeigen, daß die erfindungsgemäße Nickellegierung der Kobalt-Vergleichslegierung überlegen ist im Widerstand gegenüber Schwefelsäure und Salzsäure.



    [0023] Aufgrund ihrer Eigenschaftskombination, insbesondere von Warmhärte, Korrosions- und Zunderbeständigkeit eignet sich die erfindungsgemäße Legierung besonders gut für Kernreaktorbauteile und zum Panzern von Ventilen.


    Ansprüche

    1.Hochwarmfeste gegen Temperaturwechsel unempfindliche kobaltfreie Nickel-Eisen-Gußlegierung mit großer thermodynamischer Stabilität der Gefügebestandteile, die zudem hohe Warmehärte, hervorragende Beständigkeit gegen Oxidation, Korrosion und Verschleiß sowie gute Schweißeigenschaften aufweist und sich insbesondere als Werkstoff für Kernreaktorbauteile eignet, bestehend aus

    1, 1 bis 1,6 %C 0,5 bis 1,5 % Si

    0,01 bis 0,2 % Mn

    22 bis 26 % Cr

    12,5 bis 14,5 % Mo

    0,2 bis 0,8 %Nb

    35 bis 40 % Ni

    18 bis 26 % Fe 0, 1 % Co 0,01 % B 0,002 % Ta.


     
    2. Legierung nach Anspruch 1 gekennzeichnet durch

    1,25 bis 1, 55 % C

    0,8 bis 1,30 % Si

    0,02 bis 0, 15 % Mn

    24 bis 26 % Cr

    12,5 bis 13,5 % Mo

    0, 3 bis 0, 7 % Nb

    35 bis 37,5 % Ni

    19 bis 26 % Fe

    < 0, % Co

    0,01 % B

    0,002 % Ta


     
    3. Legierung nach Anspruch 1 mit der Maßgabe, daß

    für % Ceff = % C + 0, 86 · %N + 1,11 % B ist.


     
    4. Legierung nach Anspruch 2 mit der Maßgabe, daß

    für % Ceff = %C + 0,86 ˙ % N + 1,11 ˙ %B ist.
     
    5. Verwendung der Legierung nach Ansprüchen 1 bis 4 als Werkstoff fürKernreaktor-Bauteile
     
    6. Verwendung der Legierung nach Ansprüchen 1 bis 4 als Werkstoff zum Panzern von Verschleißteilen, wie Ventilen, Heißdampfarmaturen, Kettensägen.
     




    Zeichnung






















    Recherchenbericht