[0001] Das Entschlichten und Bleichen von Geweben mit Cellulosefasern erfolgt meist kontinuierlich
in mehreren Prozessstufen. Zunächst wird die vor dem Webprozeß aufgebrachte Stärke
(Schlichte) entfernt, beispielsweise mit Enzymen (Amylasen). An diesem Prozeß schließt
sich im allgemeinen eine Behandlung mit Alkali an. Dabei wird das Gewebe mit Lösungen
imprägniert, die neben Natronlauge noch Tenside und gegebenenfalls Komplexbildner
enthalten können. Das Gewebe wird nachfolgend bis zu 60 Minuten gedämpft. Steht kein
geeigneter Dämpfer zur Verfügung, so kann die Einwirkung auch bei Raumtemperatur über
mehrere Stunden erfolgen. Anschließend werden das Alkali und die Verunreinigungen
der Baumwolle durch heißes Waschen und Spülen entfernt.
[0002] Als weitere Stufe folgt das Bleichen mit Wasserstoffperoxid. Hierbei wird das Gewebe
mit einer Bleichflotte imprägniert, die neben Wasserstoffperoxid noch Alkali in Form
von Natronlauge enthält. Die Natronlauge ist zur Aktivierung des Wasserstoffperoxids
erforderlich und man arbeitet zur Erzielung einer guten Bleichwirkung bei pH-Werten
von über 10, vorzugsweise über pH 12. Um keine unkontrollierte Sauerstoffabspaltung
(durch katalytische Zersetzung des Wasserstoffperoxids) zu erhalten, was zu einer
Schädigung des Gewebes führen kann, ist der Zusatz sogenannter Stabilisatoren erforderlich.
Der verbreitetste Stabilisator ist Wasserglas (Natriumsilikat), das aufgrund seiner
puffernden Wirkung den Sauerstoff kontrolliert in Freiheit setzt und außerdem durch
Einbau von Schwermetallionen in seine Molekülkette eine katalytische Zersetzung verhindert.
Nachteilig ist hierbei, daß Natriumsilikat vom Gewebe schwer entfern-. bar ist und
dadurch ofezu einem unangenehmen, sandigen Griff des Gewebes führt. Weiterhin kann
es leicht zu Ablagerungen von Sililkatresten auf den Maschinenteilen wie Walzen,
Apparatewänden etw. kommen. Deshalb ist man bestrebt, Wasserglas durch andere, meist
organische Stabilisatoren z.B. auf Basis von Salzen der Äthylendiamintetraessigsäure,
zu ersetzen. Allerdings fehlt diesen Stabilisatoren zumeist die puffernde Wirkung
des Natriumsilikats, so daß die Sauerstoffabgabe weniger kontrolliert erfolgt und
dadurch die Bleicheffekte schlechter sind. Bei dieser geschilderten Folge von Verfahrensstufen
erhält man neben einer hohen Bleichwirkung auch eine einwandfreie Entschlichtung.
[0003] Aus Gründen der Rationalisierung ist man allerdings bestrebt, diesen 3-stufigen Prozeß
abzukürzen, indem man z.B. auf die separate Entschlichtung verzichtet. Durch die Wasserstoffperoxidbleiche,
bekommt man einen teilweisen oxidativen Aufschluß der Stärke und diese Teilentschlichtung
reicht für bestimmte Artikel, z.B. Weißwaren, die nachfolgend nur noch appretiert
werden, aus. Als weitere oxi-. dative Entschlichtungsmittel kommen auch die Peroxidisulfate
(wie Ammonium-, Kalium-,. Natriumpersulfate) in Betracht. Ein Zusatz zu den Bleichflotten
ist allerdings nicht möglich, da ein zu starker Faserangriff zu verzeichnen ist. Man
setzt sie vielmehr in der Alkälistufe ein und erreicht einen Entschlichtungsgrad,
der auch eine spätere Verwendung der so behandelten Gewebe in der Färberei, zuläßt.
[0004] Zur weiteren Verkürzung des Verfahrens wäre es nun erstrebenswert, die erforderliche
Entschlichtung in der Bleichstufe durchführen zu können und gleichzeitig auf eine
separate, vorgeschaltete Alkalibehandlung nach Möglichkeit zu verzichten.
[0005] Es wurde nun ein reines einstufiges Verfahren gefunden, das ein gleichzeitiges Entschlichten
und Bleichen in einer Flotte ermöglicht. Dieses Verfahren besteht darin, daß man das
Textilmaterial mit einer Flotte behandelt,die in 1 Liter Wasser
a) 1 bis 10, vorzugsweise 1 bis 3 g eines Peroxid-Aktivators
b) 10 bis 80, vorzugsweise 15 bis 60 ml Wasserstoffperoxid,
c) 1 bis 10, vorzugsweise 3 bis 6 g Harnstoff
d) 1 bis 10, vorzugsweise 3 bis 6 g eines Tensids und eine schwach alkalisch reagierende
Verbindung in einer solchen Menge enthält, daß der pH-Wert der Flotte 7 bis 8 be-
.trägt.
[0006] Das erfindungsgemäße Verfahren wird nach den für die Bleiche üblichen Verfahren durchgeführt,
beispielsweise in Form einer Heiß- oder Kaltbleiche. Im ersten Fall wird das Gewebe
mit einer Flotte der oben beschriebenen Zusammensetzung imprägniert, auf eine Flottenaufnahme
von ca. 60 bis 120 Gew.-% abgequetscht und dann mit Dampf auf eine Temperatur von
ca. 40 bis 140, vorzugsweise 80 bis 105°C aufgeheizt. Die Behandlungsdauer richtet
sich dabei nach der jeweiligen Temperatur und kann zwischen etwa 2 Minuten und mehreren
Stunden liegen. Bei der Kaltbleiche läßt man die imprägnierte Ware bei Raumtemperatur
verweilen und zwar für 8 bis zu 24 Stunden, vorzugsweise 12 bis 18 Stunden, je nach
dem erforderlichen Entschlichtungs- und Bleichgrad. In beiden Fällen wird die Ware
abschließend gewaschen und getrocknet.
[0007] Schließlich kann man das Gewebe auch kontinuierlich in einer langen Flotte der oben
angegebenen Zusammensetzung behandeln, beispielsweise bei einem Flottenverhältnis
von ca. 1:10. Die Temperatur des Bades beträgt dabei ca. 50 bis 95°, vorzugsweise
60 bis 85°C und die Behandlungsdauer ca. 10 bis 40 Minuten. Zur Aufrechterhaltung
einer gleichmäßigen Konzentration der Chemikalien in der Flotte imprägniert man zweckmäßigerweise
die einlaufende Warenbahn vorher in der oben beschriebenen Weise.
[0008] Das für das erfindungsgemäße Verfahren benötigte Wasserstoffperoxid wird vorzugsweise
in Form der handelsüblichen wässrigen 35 %igen Lösung eingesetzt. Auf diese Konzentration
beziehen sich die oben angegebenen Grenzwerte von 10 bzw. 80 ml für Wassestoffperoxid.
Als Tensid kommen alle Produkte infrage, die dem Fachmann unter diesem Begriff geläufig
sind. Vorzugsweise werden handelsübliche Tenside aus den folgenden Gruppen genommen:
sek. Alkansulfonate, Alkylphenolsulfonate, Nonylphenoloxethylate und Fettalkoholoxethylate.
Diese Tenside dienen zur besseren Benetzung der Ware mit der Flotte. Als schwach-alkalisch
reagierende Verbindungen werden insbesondere Natriumbicarbonat und Triethanolamin
genommen. Diese Substanzen werden der Bleich- und Entschlichtungsflotte in einer solchen
Menge zugegeben, daß in der Flotte ein pH-Wert von 7 bis 8 erreicht wird. Durch diesen
niedrigen pH-Bereich im Vergleich zu einer üblichen Bleiche, die in einem stark alkalischen
Bad durchgeführt wird, ist es auch möglich, der Flotte übliche enzymatische Entschlichtungsmittel
zuzusetzen, die nur in einem pH-Bereich von 6,5 bis 7,5 . wirksam sind. Ein solcher
fakultativer Zusatz von enzymatischen Entschlichtungsmitteln empfiehlt sich besonders
bei hartnäckig zu entfernenden Schlichten. Weiterhin ist es auch möglich, der Flotte
übliche oxidative Entschlichtungsmittel zuzugeben, wie etwa Ammonium-, Kalium- oder
Natriumperoxidisulfat.
[0009] Als Peroxid-Aktivatoren kommen alle für diesen Zweck bereits bekannte Verbindungen
in Frage, wie etwa acylierte Hydroxylamine, Acylamide und.acylierte Heterocyclen (s.
Text. Praxis Intern. 1974, S. 1392 ff.). Besonders bevorzugte Acylverbindungen sind
Tetraacetyläthylendiamin und Tetraacetylglykoluril.
[0010] Das erfindungsgemäße Verfahren erlaubt ein gleichzeitiges Entschlichten und Bleichen
in einem Bad, wodurch sich eine wesentliche Vereinfachung ergibt im Vergleich zu der
herkömmlichen Arbeitsweise mit je einem separaten Bleich- und Entschlichtungsbad.
Es ist aber durchaus auch möglich, zuvor das Gewebe noch separat in einem Alkalibad
vorzubehandeln. Ein weiterer wesentlicher Vorteil des hier beschriebenen Verfahrens
besteht darin, daß man nur im schwach alkalischen Bereich arbeitet. Dadurch vermeidet
man die Gefahr einer Schädigung der Fasern durch Abbau, wie sie bei der üblichen Bleiche
im stark alkalischen Bereich auftreten kann. Außerdem kann man auf eine sonst übliche
Stabilisierung des Bleichbades verzichten und vermeidet so die eingangs erwähnten
Nachteile, die mit der Verwendung von Wasserglas als Stabilisierungsmittel verbunden
sind.
Beispiel 1:
[0011] Ein Baumwollbatist wurde nach dem Sengen imprägniert mit einer Flotte, die

enthielt. Die Flottenaufnahme betrug 70 Gew.-%.
[0012] Nach dem Imprägnieren wurde das Gewebe auf 100°C aufgeheizt und 20 Minuten bei dieser
Temperatur in einem Speichergerät gelagert. Anschließend wurde auf einer kontinuierlichen
Waschmaschine 2 x bei 90°C, 2 x bei 60°C und 2 x kalt gewaschen bzw. gespült. Das
Material wies folgende Daten auf:

Beispiel 2:
[0013] Ein Hemdenstoff aus Polyester/Baumwolle 50:50 wurde mit folgender Bleichlösung imprägniert:

Die Flottenaufnahme betrug 70 %.
[0014] Nach dem Imprägnieren wurde das Gewebe auf einer Docke aufgewickelt und 1G Stunden
bei Raumptemperatur verweilen gelassen. Anschließend wurde auf 2 Einheiten einer 6
kästigen Waschmaschine kontinuierlich ausgewaschen unter Zusatz von 3 ml/l Natronlauge
50 % und 3 ml/1 der oben angegebenen Tensid-Mischung. In 2 weiteren Kästen wurde bei
60°C und 2 x kalt gespült.
[0015] Das Gewebe zeigte folgende Werte:

Beispiel 3:
[0016] In einem Unterflottenspeicher wurden 8000 m Baumwollcord wie folgt behandelt:
Imprägnieren mit Behandlungsflotte im Netztrog (Abquetscheffekt 75 %) ;
Verweilen in der Flotte im Verweilgerät; Auswaschen auf einer Wascheinheit bei Kochtemperatur;
Spülen auf 2 Wascheinheiten bei 60 bzw. 25°C ;
Abquetschen und Trocknen.
[0017] Die Behandlungsflotte im Netztrog und im Verweilgerät hatte folgende Zusammensetzung:

[0018] Die Verweilzeit im Flottenspeicher betrug 25 Minuten bei 85°C.
[0019] Nach dem Auswaschen, Spülen und Trocknen wies das Gewebe folgende Werte auf:

Beispiel 4:
[0020] Ein Baumwollnessel wurde nach dem Sengen, ohne zu entschlichten, mit einer Flotte
imprägniert, die 40 g/1 Ätznatron und 5 g/1 Tensid (Alkansulfonat 60 %) enthielt.
Die Flottenaufnahme betrug 85 %. Nach dem Imprägnieren wurde das Gewebe mit Dampf
auf 100°C gebracht und 20 Minuten bei dieser-Temperatur belassen. Anschließend wurde
in einer Waschmaschine kontinuierlich gewaschen ( 2 x bei 90°C, 2 x bei 60°C, 2 x
kalt). Das Gewebe zeigte nach dieser Behandlung einen Entschlichtungsgrad nach "Tegewa"-Skala
von 1 ( 1 = keine Entschlichtungswirkung, 9 = volle Entschlichtung). Die Prüfung auf
Alkali war negativ. Nachfolgend wurde das Gewebe ohne Zwischentrocknung imprägniert
mit folgender Flotte:

[0021] Der Abquetscheffekt betrug 90 %, der Flottenaustausch während der Imprägnierung war
mit 85 % ermittelt worden.
[0022] Nach dem Imprägnieren wurde das Material ebenfalls mit Dampf auf 100°C gebracht und
30 Minuten bei dieser Temperatur belassen. Anschließend wurde in der oben angegebenen
Weise gewaschen und gespült.
[0023] Die Ware wies nach der Behandlung folgende Eigenschaften auf:

Beispiel 5:
[0024] Die gleiche Ware wurde in der oben angegebenen Weise behandelt mit dem Unterschied,
daß der Bleichstufe noch zusätzlich
2 g/l Bakterienamylase (15 000 Effront-Einheiten) zugesetzt wurden.
[0025] Bei sonst gleichen Ergebnissen stieg der Entschlichtungsgrad auf 9 an.
1. Verfahren zum gleichzeitigen Entschlichten und Bleichen von Textilmaterial mit
Cellulosefasern dadurch gekennzeichnet, daß man das Textilmaterial mit einer Flotte
behandelt, die in 1 Liter Wasser
a) 1 bis 10 g Peroxid-Aktivator,
b) 10 bis 80 ml Wasserstoffperoxid,
c) 1 bis 10 g Harnstoff
d) 1 bis 10 g eines Tensids und eine schwach alkalisch reagierende Verbindung in einer
solchen Menge enthält, .daß der pH-Wert der Flotte 7 bis 8 beträgt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man das Textilmaterial mit
einer solchen Flotte behandelt, die
a) 1 bis 3 g Tetraacetylethylendiamin,
b) 15 bis 60 ml Wasserstoffperoxid,
c) 3 bis 6 g Harnstoff und
d) 3 bis 6 g Tensid enthält.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man das Textilmaterial mit
einer Flotte behandelt, die als Tensid ein sek. Alkansulfonat, Alkylphenolsulfonat,
Nonylphenoloxethylat oder Fettalkoholoxethylat und als schwach alkalisch reagierende
Verbindung Natriumbicarbonat oder Triethanolamin enthält.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man der Flotte ein enzymatisches
Entschlichtungsmittel zugibt.