[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft neuartige Gießereiformsandmassen, die nicht nur
gießereitechnisch verbesserte Ergebnisse bringen, sondern insbesondere den Forderungen
aus Umweltschutzsicht am Arbeitsplatz wesentlich besser nachkommen. Die Erfindung
betrifft auch die die verbesserten Eigenschaften der Formmassen bewirkenden Zusätze
sowie deren Verwendung als Zusatz zu Gießereiformsanden.
[0002] Es ist bekannt, Formsanden, die zur Herstellung von Gußformen bestimmt sind, kohlenstoffhaltige
Zusätze neben üblichen Bindemitteln, wie z.B. Bentonit, zuzugeben. Ein Beispiel hierfür
ist Steinkohlestaub, der insbesondere zugesetzt wird, um die Oberflächengüte der erhaltenen
Gußstücke zu verbessern (vgl. DE-OS 1 952 235). Die Zugabe von Steinkohlenstaub erfolgt
dabei in der Annahme, daß beim Gießen durch seine Gasbildung und die Umhüllung der
Quarzkörner mit Kohle ein Anbrennen des Sandes am Gießstück vermieden und somit eine
glatte und saubere Oberfläche erzeugt wird. Auch wurde gefunden, daß die Verwendung
von Steinkohlenstaub im Formsand zum Ausgleich der Sandausdehnung und zur Vermeidung
von Sandfehlern beiträgt. Ein anderer Vorschlag geht dahin, daß der Zusatz aus einem
thermoplastischen Kunststoff in ungeschäumter Form als nichtsubstituierter polymerisierter
Kohlenwasserstoff, z.B. aus Polymeren des Styrols, Äthylens oder Propylens besteht
(vgl. ebenso DE-OS 1 952 357). Hierdurch wollte man die bisher verwendeten Kohlenstäube
ersetzen und die beschriebenen thermoplastischen Kunststoffe einsetzen, insbesondere
in der Annahme, daß hierdurch in Gießformen Glanzkohlenstoff unter dem Einfluß der
Gießtemperatur gebildet wird, der die Körner des Formsandes mit einer Haut umgibt
und die Quarzkörner der Formmasse umhüllt. Ein anderer Vorschlag geht dahin, dem Gießereisand
Harze zuzusetzen, die als Kohlenwasserstoffpolymere in Form sogenannter Petrolharze
bei der Erdöldestillation gewonnen werden (vgl. DE-OS 2 064 700). Auch diese Lösung
geht davon aus, daß unter den Bedingungen der Gießhitze eine teilweise Verflüchtigung
der Zusätze stattfindet und anschließend Glanzkohlenstoff aus der Gasphase abgeschieden
wird, der dann die Trennung zwischen Metall und Formstoff bewirkt. Jedoch sind die
erreichten Ziele immer noch höchst unbefriedigend, insbesondere unter dem Gesichtspunkt
des Umweltschutzes am Arbeitsplatz und im-Allgemeinen. Die nachfolgende Tabelle 1
führt die bisher verwendeten Produkte auf und die nach standardisierten, international
akzeptierten Meßmethoden, d.h. DIN 5172 gemessenen, bei der Gießhitze flüchtigen Bestandteile.
Die nachfolgende Tabelle 2 gibt die aus verschiedenen Produkten zwischen 400 und 700
C in oxidierender bzw. reduzierender Atmosphäre abgegebenen Gesamtmengen an flüchtigen
Bestandteilen.

Nach allen bisherigen Verfahren soll die Wirkung der bisher verwendeten kohlenstoffhaltigen
Zusätze auf der unter den Bedingungen der Gießhitze stattfindenden Verflüchtigung
von Kohlenwasserstoffverbindungen beruhen, wonach sich nach Bildung einer reduzierenden
Atmoshäre der sogenannte Glanzkohlenstoff oberhalb von 650° C abscheidet. Der gebildete
Glanzkohlenstoff soll die Trennung zwischen flüssigem Metall und Gießformmasse bewirken,
indem er die Körner des Gießformsandes umhüllt.
[0003] Nachfolgend werden die Zersetzungsprodukte und deren Zusammensetzung einer Gaskohle
und eines Kohlenwasserstoffharzes aufgeführt, die während der thermischen Umsetzung
in reduzierender Atmosphäre anfallen.
[0004] A) Ausbringen an Gas, Benzol und Teer aus einer Gaskohle mit 33 % flüchtigen Bestandteilen
[0005]

Durchschnittliche Analyse des Gases?

[0006] B) Analysenangaben der flüchtigen Bestandteile von Teer: im Siedebereich von
[0007]

Siedepunkt des Benzopyren-3,4 liegt bei 495,5° C Siedepunkt des Benzopyren-1,2 liegt
bei 492,9° C
[0008] C) Thermische Zersetzung eines Kohlenwasserstoffharzes bei 1.000° C, Analyse der
hierbei anfallenden flüchtigen Bestandteile

[0009] Wie ersichtlich werden bei Verwendung der vorbekannten Zusatzstoffe flüchtige Bestandteile
abgegeben, die unter
Umweltschutzgesichtspunkten äußerst schädliche Bestandteile enthalten, wie die heute
als krebserzeugende Mittel in anderen technischen Bereichen z.B. als Lösungsmittel
nicht mehr zugelassenen Aromaten Benzol, Toluol und Xylol. (Vgl. R.W. Schimberg et
al., Belastung von Eisengießereiarbeitern durch mutagene polycyclische aromatische
Kohlenwasserstoffe, Staub-Reinhalt. Luft Bd. 41 (1981) S. 421 - 424). Auch die beim
Gießvorgang entstehenden Gase enthalten am Arbeitsplatz untragbar hohe Gehalte an
Kohlenmonoxid.
[0010] Entgegen der bisherigen Annahme der Voraussetzung für die Wirksamkeit der bisher
verwendeten kohlenstoffhaltigen Zusätze zu Gießereiformsanden stellen die erfindungsge-
mä
ßen Zusätze Kohlenstoffprodukte dar, die einen Gehalt an flüchtigen Bestandteilen von
0,5 bis 20 %, vorzugsweise 0,5 bis 10 % aufweisen bezogen auf die Menge des von
ge-gebenenfalls im Naturprodukt anwesenden mineralischen Bestandteilen befreiten Kohlenstoffprodukte.
Vorteilhaft liegen sie in den Zusätzen mit einer Teilchengröße von kleiner als 1 mm,
vorzugsweise kleiner als 0,15 mm vor. Insbesondere sind als derartige Produkte die
sogenannten kristallinen Kohlenstoffprodukte geeignet, die im allgemeinen unter 1
% flüchtige Bestandteile enthalten. Da es sich bei diesen Produkten im allgemeinen
um relativ teure Produkte handelt, können organische Kohlenstoffprodukte zugemischt
werden, die in der während des Gießvorganges gebildeten reduzierenden Atmosphäre oberhalb
von 650° C selbst kristalline Kohlenstoffe bilden können und einen Anteil an flüchtigen
Bestandteilen von 1 bis 20 %, vorzugsweise zwischen 5 und 10 % aufweisen, vorausgesetzt,
daß das erfindungsgemäße Gesamtkohlenstoffprödukt flüchtige Bestandteile nur innerhalb
der vorstehend angegebenen Grenzen aufweisen und der maximale Gehalt an flüchtigen
Bestandteilen von 20 %, vorzugsweise 10 %, nicht überschritten wird.
[0011] Beispiele für erfindungsgemäß verwendbare kristalline Kohlenstoffprodukte und für
zumischbare Kohlenstoffprodukte sind in Tabelle 3, bei den beim Vergießen von im Sand
der Gießereiformen auftretenden Temperaturen ab
ge-gebenen flüchtigen Bestandteile in Tabelle 4 aufgeführt.
[0012] Der Ausdruck "Naturgraphit" ist hierbei so zu verstehen, daß die natürlich vorkommenden
Graphitmineralien im allgemeinen beträchtliche Mengen an mineralischen Bestandteilen
enthalten, welche vor ihrer Verwendbarkeit in bekannten Flotations-oder chemischen
Behandlungsverfahren hiervon getrennt werden müssen, bevor sie als Zusätze zu Gießereiformsande
brauchbar sind. Das so gereinigte, nicht in dieser reinen Form in der Natur vorkommende
Produkt wird üblicherweise als "Natizrgranhit" bezeichnet.

[0013] Hieraus ist ersichtlich, daß bei der thermischen Belastung während des Gießprozesses
bei den erfindungsgemäßen Formsanden, den erfindungsgemäßen Zusätzen (Kohlenstoffträgern)
und deren Verwendung als Zusätze zu Gießereiformsanden die abgegebene Gasmenge deutlich
geringer ist. Allgemein ist zu beobachten, daß die Stichflammen beim Eingießen des
heißen flüssigen Metalls in die Gießformen, wie es bei Verwendung der vorbekannten
Zusätze z.B, auf Basis von Gaskohle üblich ist und durch Entzünden der freiwerdenden
flüchtigen Bestandteile im Formsand geschieht, bei Verwendung von Formsanden mit den
erfindungsgemäßen Kohlenstoffträgern als Zusätze nicht mehr auftritt. Die Zugabemengen
an Kohlenstoffträgern zur Regenerierung des Formsandes können dazu um 25 bis 50 %
reduziert werden, mit dem Ergebnis, daß die Umweltbelastung in der Gießerei auf ein
Minimum herabgesetzt wird. Zahlreiche Gasuntersuchungen haben bestätigt, daß beim
Einsatz von Kohlenstoffträgern mit einem Gehalt an flüchtigen Bestandteilen von 8
bis 10 % waf, neben der Reduzierung der Kohlenwasserstoffverbindungen der Gehalt an
Kohlenmonoxid in der Atmosphäre an der Gießstrecke und Auspackstation auf ca. 20 ppm
herabgesetzt wird. Beim Einsatz von Kohlenstoffträgern mit einem Gehalt von flüchtigen
Bestandteilen von 40 bis 45 % waf steigt der CO-Wert dort auf 80 bis 100 ppm, womit
der MAK-Grenzwert von 50 ppm deutlich überschritten wird. Im Hinblick auf die bisherigen
Lehren im Stand der Technik ist es überraschend, daß trotz der in den Zusätzen enthaltenen
stark verringerten Mengen an flüchtigen Bestandteilen gerade die Oberfläche des Gießstücks
frei von Fehlern ist, wie Bandrippen und dergl., die Trennung zwischen Formsand und
Gießstück einwandfrei verläuft, und dues bei stark verringerter Menge an Zusatz zum
Formsand.
[0014] Die Kombination der kristallinen Kohlenstoffprodukte mit Anthrazit- bzw. Magerkohlen
als Zumischkohlenstoffprodukt hat sich-als besonders vorteilhaft erwiesen. Anthrazit-und
Magerkohlen reagieren während des Gießprozesses bereits bei niedrigen Temperaturen
(150 bis 400° C) mit dem im Formhohlraum vorliegenden Luftsauerstoff, und schaffen
somit sehr schnell eine reduzierende Atmosphäre, die Voraussetzung dafür ist, daß
die kristallinen Kohlenstoffprodukte nun auch sehr geringe Verluste während oder nach
dem Gießprozeß erleiden.
[0015] Die erfindungsgemäßen Zusätze zu Gießereisandmassen bilden eine ideale Schutzschicht
zwischen dem flüssigen Metall und der Formsandmasse, womit Reaktiobeb zwischen der
Metallschmelze und dem Formsand verhindert werden.
[0016] Ein weiterer Vorteil bei Einsatz der erfindungsgemäß verwendeten Zusätze (Kohlenstoffträger)
ist der geringe Wasserbedarf des so gebildeten erfindungsgemäßen Formsandes während
des Aufbereitungsprozesses, da die erfindungsgemäß eingesetzten Zusätze (Kohlenstoffträger)
gegenüber den herkömmlichen Kohlenstoffverbindungen eine wesentlich geringere Oberfläche
aufweisen.
[0017] Das Fließ- und Verdichtungsverhalten des mit den erfindungsgemäßen Zusätzen versetzten
Formsandes wird ebenfalls verbessert, da die erfindungsgemäß eingesetzten Zusätze
(Kohlenstoffträger) den Reibungswiderstand der mit Ton umhüllten Quarzkörner erheblich
herabsetzt.
[0018] Neben den aufgeführten gießereitechnischen Vorteilen, des erfindungsgemäßen Formsandes
und der erfindungsgemäßen Zusätze wird die Umweltbelastung in der Gießerei erheblich
verringert. Zur Zeit werden allein in der Bundesrepublik Deutschland ca, 70.000't/Jahr
an Kohlenstoffträgern = Zusätzen zu Gießereisanden auf Kohlenstoffbasis mit einem
Anteil an bei Vergießtemperaturen flüchtigen Bestandteilen um 38 bis 40.% eingesetzt,
d.h, es werden ca. 20.000 t/Jahr Kohlenwasserstoffverbindungen in-die Atmosphäre abgegeben.
20.000 t/Jahr Kohlenwasserstöffverbindungen entsprechen, ausgehend vom Anteil an flüchtigen
Bestandteilen von ca..40 %, 10.612.000 m
3 Gas, 85.400 kg Teer und 272.000 kg Benzol.
Versuchsbericht
[0019] Für die Versuche wurden folgende Sandmischungen hergestellt:

[0020] Es wurden 8 Mischungen hergestellt:
Mischungen 1 - 5: Kohlenstoffträger = Naturgraphit - mit unterschiedlichen Oberflächen
Mischung 6 : Kohlenstoffträger = reines Bitumin
Mischung 7 : Kohlenstoffträger = Gemisch aus hochflüchtiger Kohle + Bitumen
Mischung 8 : Kohlenstoffträger = Gemisch aus niederflüchtiger Kohle + Bitumen
[0021] Die Sandmischungen weisen folgende Sandwerte auf:
Mischung H2= Druckfestigkeit Verdichtbarkeit Prüfkörpergewicht

Für alle Versuche wurde ein spezielles Modell ausgesucht, damit Vergleiche möglich
sind.
[0022] Die Sande wurden als Modellsand ohne Aufsiebung eingesetzt.
[0023] Beim Abgießen aller Kästen zeigte sich, daß bei den Proben 6, 7 und 8 eine stärkere
Flammbildung auftrat.
Gasanalyse
[0024] Probennahme
1 Gießstrecke vor dem Abgießen
2 Gießstrecke während des Abgießens
3 Auspackstation während des Auspackens

Auspackverhalten
[0025] Die Gußstücke bzw. Proben wurden unter gleichen Bedingungen ausgepackt. Die Proben
1 - 8 konnten wie folgt beurteilt werden:

Gußstücke nach dem Strahlen
[0026] Zunächst wurden die allgemeinen Gußoberflächen beurteilt.
[0027] Proben 1 - 8 saubere Oberflächen
[0028] Das Gußstück neigt zur Blattrippenbildung und es konnte festgestellt werden, daß
die Blattrippenbildung steigt, je höher die flüchtigen Bestandteile im Kohlenstoffträger
sind.
[0029] Die Proben 1 - 5 zeigen keine Blattrippen, dagegen Proben 6 und 7 starke Blattrippenneigung
und bei der Probe 8 waren nur schwache Ansätze von Blattrippen zu verzeichnen.
1. Zusatz für Formmassen in Gießformen unter Verwendung natürlicher und/oder synthetischer
Formsande mit üblichen Bindemitteln, dadurch gekennzeichnet, daß der Zusatz aus einem
Kohlenstoffprodukt oder aus einem Gemisch aus mehreren solcher Produkte besteht, wobei
das Zusatzprodukt flüchtige Bestandteile insgesamt von 0,5 - 20 Gew.% enthält.
2. Zusatz gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Zusatzprodukt in einer
Teilchengröße von kleiner als 1 mm vorliegt.
3. Zusatz nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Kohlenstoffprodukt
ein kristallines Kohlenstoffprodukt ist.
4. Zusatz nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß das kristalline Kohlenstoffprodukt
aus kohlenwasserstoffhaltigen Verbindungen in reduzierender Atmosphäre bei einer Temperatur
zwischen 650 und 1000° C hergestellt wurde.
5. Zusatz nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß das kristalline Kohlenstoffprodukt
ein von im Graphitmineral gegebenenfalls anwesenden mineralischen - Bestandteilen
befreiter Naturgraphit ist.
6. Zusatz nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Naturgraphit eine Oberfläche
von 0,4 bis 15 m2 hat.
7. Zusatz nach Ansprüchen 3 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß das kristalline Kohlenstoffprodukt
aus synthetischen Graphiten besteht.
8. Gießereiformsand, bestehend aus einem natürlichen und/oder synthetischen Formsand,
einem üblichen Bindemittel und einem kohlenstoffhaltigen Zusatz, dadurch gekennzeichnet,
daß der kohlenstoffhaltige Zusatz ein Zusatz gemäß einem oder mehreren der Ansprüche
1 bis 7 ist.
9. Verwendung von Kohlenstoffprodukten oder Gemischen mehrerer Kohlenstoffprodukte
gemäß einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7 als Zusatz für Formmassen in unter
Verwendung natürlicher oder synthetischer Formsande mit üblichen Bindemitteln hergestellter
Gießformen.