[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Schleifkörpern in einer
Gießform, unter Verwendung eines kalthärtenden Kunstharzes als Bindemittel in einem
Schleifkorn-Bindemittel-Gemisch, dem gegebenenfalls Zuschlagstoffe zugesetzt sind.
[0002] Derartige Verfahren werden zur Herstellung von harten Schleifkörpem eingesetzt, d.h.
Schleifscheiben, Schleifringe, Schleiftöpfe, Honwerkzeuge usw.
[0003] In der Schleifmittel herstellenden Industrie wird die Auffassung vertreten, daß als
Bindemittel für derartige harte Schleifkörper ("hart" hier im Gegensatz zu elastomer)
mit hohen Abtragsleistungen nur anorganische oder duroplastische mit hoher wärmebeständigkeit
infrage kommen wegen der beim Schleifen, auch unter Kühlung auftretenden Temperaturen.
[0004] Die bekannten, harten Schleifkörper werden hergestellt unter Verwendung von keramischen,
Phenolharz-, Magnesit- oder Epoxidharz Bindemitteln (die seltener eingesetzten Bindemittel
wie Metall- Silikat-Polyester- und andere bleiben außer Betracht).
[0005] Keramisch gebundene Schleifkörper finden hauptsächlich im Präzisionsschliff Anwendung.
Ihre Herstellung ist wegen des mehrtägigen Brennens bei Temperaturen über 90C
P C aufwendig. Darüber hinaus müssen diese Körper wegen des beim Brennen eintretenden
Verzugs mit erheblichem Übermaß versehen werden, was eine entsprechende Nacharbeit
notwendig macht.
[0006] Die Phenolharzbindung geht von der gleichzeitigen Verwendung von Phenolresolen und
-novolaken aus. Abgesehen von den notwendigen arbeitshygienischen Maßnahmen bei der
Herstellung stellt auch das bis zu zwei Tage dauernde Härten bei Temperaturen um 175C
eine Umweltbelastung dar insofern, als hierbei erhebliche Mengen an freiem Phenol,
an Formaldehyd und Ammoniak neben Wasser freigesetzt werden. Beim Reinigen der Mischer
gelangen solche Stoffe auch zusammen mit den Lösungsmitteln ins Abwasser, was eine
aufwendige Reinigung notwendig macht.
[0007] Beiden vorstehend beschreibenden Bindungsarten ist eigen, daß die Struktur des Schleifkörpers
porös ist, und zwar stark porös im groben Kornbereich und wenig porös im Feinbereich.
Es ist schwierig wenn nicht unmöglich, bei solchen Schleifkörpern über das gesamte
Körnungsspektrum hinweg die Schleifkorndichte auf die jeweilige Verwendung einzustellen
und besonders im Fein- und Feinstkombereich ein ausreichendes Spanlückenvolumen bereitzustellen.
[0008] Darüber hinaus hat die Phenolharzbindung den Nachteil, daß sie wenig beständig ist
gegen die alkalischen Kühlmittel, weshalb diese Bindung hauptsächlich nur im Trockenschliff
eingesetzt wird.
[0009] Schleifkörper in Magnesitbindung sind im Gegensatz zu solchen in keramischer oder
Phenolharzbindung, gegossen und damit dicht, d.h. praktisch porenfrei. Trotzdem bieten
sie gerade bei gehärteten Stählen bei hohen Abtragsleistungen einen extrem kühlen
Schliff. Deshalb werden solche Schleifkörper vornehmlich eingesetzt zum Schleifen
von Messern, Scheren, Zangen und anderen Werkzeugen, den Enden von Spiralfedern u.a.
[0010] Die Nachteile der Schleifkörper in Magnesitbindung sind mannigfach. So sind sie nur
für Arbeitsumfanggeschwindigkeiten bis zu 20 m/sec zugelassen, ferner ändern sie ihre
Härte mit der Zeit, so daß sie nur im Zeitraum von 1 Monat bis 4 Monate nach der Herstellung
optimal eingesetzt werden können. Ein bedeutender Nachteil ist das beim Schleifen
freiwerdende Magnesium-Chlorid, welches zu starker Korrosion, insbesondere der Schutzhauben
der Maschinen, führt und eine erhebliche Abwasserbelastung darstellt.
[0011] Wegen dieser Nachteile der Magnesitbindung führte sich in den letzten Jahren zunehmend
die Epoxidharzbindung ein, besonders in der Schneidwarenindustrie bei geringeren Abtragsleistungen
und im Feinkornbereich. Ein Handikap der Epoxidharze ist ihre hohe Viskosität. Basisharze
mit hohem Anteil an reaktiven Verdünner sind zwar mit Viskositäten von ca. 1000 mPa.s
erhältlich, zeigen jedoch wegen der Verdünnung eine unzureichende Wärmebeständigkeit.
Darum stellen solche Schleifkörper immer einen Kompromiß dar zwischen noch eben ausreichender
Gießfähigkeit, Harzanteil (der zwangsläufig bei 40 Gew% und höher liegt), wärmebeständigkeit
und Leistung. Wegen dieser notwendigen Kompromisse hinsichtlich der Wärmebeständigkeit
können solche Schleifkörper nur im Naßschliff eingesetzt werden.
[0012] Hinzu kommen die bei den zumeist kalthärtenden Harzsystemen durch die organischen
Amine, Epichlorhydrinreste und Reaktivverdünner im Epoxidharz bestehenden arbeitshygienischen
Gefahren.
[0013] Der Rohstoffeinsatz und die damit verbundenen Kosten sind für Schleifkörper mit Epoxidharzbindung
sehr' hoch.
[0014] Es ist daher Aufgabe der Erfindung, das gattungsgemäße Verfahren so weiterzuentwickeln,
daß ein vielseitiger einsetzbarer Schleifkörper einfacher und kostengünstiger herzustellen
ist.
[0015] Diese Aufgabe löst die Erfindung dadurch, daß als Bindemittel ein Kunstharz mit einer
dynamischen Viskosität von 1-10 mPa.s verwendet wird und dem Harz und/oder den Zuschlagstoffen
in an sich bekannter Weise ein Radikale bildendes Startersystem zugesetzt wird.
[0016] Die Schleifkorn- Füllstoff- Bindemittelmischungen sind auf Grund ihrer erfindungsgemäßen
Zusammensetzung stark thixotrop und lassen sich durch Vibration leicht verflüssigen.
Ihre Konsistenz. ist unter entsprechender Vibration derart, daß sie den Auslauf eines
Trichters leicht passieren und auch komplizierte Gießformen sauber ausfüllen. Dabei
ist es beispielsweise möglich, Schleiftöpfe mit einer Wandstärke von nur 3mm bei einem
Topfdurchmesser von 250 mm herzustellen, was mit den bisher bekannten Bindemitteln
nicht möglich ist.
[0017] Der Zusatz des Startersystems kann so dosiert werden, daß eine ausreichende Topfzeit
erzielt wird, die Entformung des ausgehärteten Schleifkörpers jedoch spätestens zwei
Stunden nach Beginn der Befüllung erfolgen kann und die Aushärtung im wesentlichen
bei Raumtemperatur erfolgt. Nur im Falle kleiner Schleifkörper, wo zwangsläufig das
große relative Formvolumen gegenüber dem kleinen relativen Schleifkörpervolumen viel
Reaktionswärme aufnimmt, ist es zweckmäßig, die Formen vor dem Befüllen oder nachher
kurz auf 60°C aufzuwärmen.
[0018] Das Startersystem besteht zweckmäßigerweise aus einem organischen Peroxid und einem
aromatischen tertiären Amin. Hierbei hat es sich als günstig erwiesen, ein pulverförmiges
organisches Peroxid polymerem Methacrylat beizumischen und das aromatische tertiäre
Amin im Bindemittel zu lösen.
[0019] Der Härtungsschrumpf der erfindungsgemäß hergestellten Schleifkörper ist außerordentlich
gering und beträgt im Durchschnitt 0,02%. Diese Tatsache gestattet es, die jeweilige
Form so zu gestalten, daß die der Form anliegenden Teile des Schleifkörpers nicht
mehr bearbeitet werden messen. Dies gilt selbst für die Bohrung, sofern der Bohrungsdorn
ein entsprechend geringes Übermaß hat. So sind gegenüber den bekannten Verfahren erhebliche
Herstellungskosten einsparbar.
[0020] Wegen des geringen Härtungsschrurrpfes ist es auch sehr gut möglich, Metallteile
direkt zu integrieren. Hierbei kann es sich um Verstärkungen handeln wie auch um Gewindebuchsen,
Schäfte bei Kleinschleifkörpern usw.
[0021] Auf Grund der erfindungsgemäßen Herstellung zeigen die Schleifkörper praktisch keine
Unwucht und keine Dichte- bzw. Härteunterschiede innerhalb des fertigen Körpers, sofern
die Gießform geometrisch einwandfrei ist.
[0022] Der erfindungsgemäß hergestellte Schleifkörper tritt in verschiedenen Bereichen der
spangebenden Oberflächenbearbeitung in Konkurrenz zur keramischen, Phenolharz-, Magnesit-
und Epoxidharzbindung. In der beigefügten Tabelle wird eine Übersicht über die relevanten
Bedingungen bei Herstellung und Anwendung der verschiedenen Schleifkörper gegeben,
wobei ein Pluszeichen .eine positive Bewertung und ein Minuszeichen eine negative
Bewertung darstellt. Aus dieser Zusammenstellung gehen die insgesamt positiven Eigenschaften
des erfindungsgemäßen Verfahrens gegenüber den bekannten Verfahren deutlich hervor.
[0023] Überraschenderweise hat sich ferner ergeben, daß zur Herstellung harter Schleifkörper
auch Thermoplaste verwendbar sind, wobei die Polymerisation vom Monomer aus in der
Schleifkörpermischung in der Gießform erfolgt, wobei die Monomere gegebenenfalls mit
3 bis 20 ppm Hydrochinon oder anderem stabilisiert sind. Als solche Monomere kommen
in der Hauptsache Methacrylsäureester und/oder Vinylacetat in Frage, andere Monomere
sind allein oder als Zusatz denkbar, wobei jedoch berücksichtigt werden muß, daß einige
der anderen in Frage kommenden Monomere arbeitshygienisch bedenklich sind.
[0024] Das erfindungsgemäße Bindemittel enthält zweckmäßigerweise bi- oder trifunktionelle
Methacrylate als crossing agens.
[0025] Zur Schaffung des notwendigen Spanlückenvolumens und zur Ermöglichung der Polymerisation
überhaupt sind Füllstoffe notwendig. Diese Füllstoffe müssen einerseits weicher sein
als die zu bearbeitenden Werkstoffe, andererseits aber so druckfest, daß sie die Schleifkörper
starr fixieren und dem Schleifkörper als Ganzes die notwendige Härte geben.
[0026] Hier bieten sich solche Füllstoffe an, die eine Härte nach Mohs von unter 6 bzw.
nach Knoop von unter 500 besitzen, in verschiedenen Körnungsabstufungen erhältlich
und umweltfreundlich sind und die evtl. das durch das Schleifkorn erzeugte Schliffbild
als Poliermittel verfeinern. Hier kommen bevorzugt wasserunlösliche Kalziumverbindungen
in Betracht wie Calcit, Dolomit, Aragonit, Gips, Selenit und/oder Estrichgips.
[0027] Zur Minimierung des Bindemittelbedarfs und zur gleichzeitigen optimalen Stützung
und starren Fixierung des Schleifkorns sollte die granulometrische Zusammensetzung
der Schleifkorn-Füllstoff-Kombination, bezogen auf das Volumen, im wesentlichen der
jeweiligen Fullerkurve entsprechen. Damit ist eine möglichst dichte Packung der anorganischen
Bestandteile gegeben.
[0028] Es kann sich hierbei durchaus als nützlich erweisen, daß die Fullerkurve beispielsweise
im Bereich von 150...60 µm mit einem schleifneutralgen Füllstoff beginnt, der Bereich
60...20 µm das Schleifkorn 280 F, und nachfolgend von 20...2 µm wiederum ein schleifneutraler
Füllstoff. Zweckmäßig ist es, daß, vornehmlich im Feinbereich 20...2 µm, die Füllstoffe
oberflächenbehandelt sind.
[0029] Die weitgehende Einstellung der der jeweiligen Schleifkorngröße entsprechenden Fullerkurve
ermöglicht es, den Bindemittelgehalt relativ niedrig zu halten, im Extremfall bei
8 Gew% bzw. 20 Vol%. Im Bereich mittlerer "Härte" liegt der Bindemittelgehalt bei
16 Gew% bzw. 40 Vol%. Hiermit soll gesagt werden, daß sich die "Härte" hier ähnlich
auf die jeweilige Verwendung einstellen läßt, wie bei den Schleifkörpern harter Bindungen,
wo man auch von "harten" und "weichen" keramischen oder Bakelitescheiben spricht.
Hier ist mit der "Härte" mehr oder weniger die Festigkeit der Korneinbindung gemeint.
[0030] Wie bei den bekannten Schleifkörpern, beispielsweise in Phenolharzbindung, üblich,
ist es auch bei der erfindungsgemäßen Mischung möglich, diese durch Zusatzstoffe zu
modifizieren. Hierher gehören z.B. Schleifhilfsmittel wie Kryolith, Pyrit oder ähnliche,
sofern sie bei der Berechnung der Fullerkurve berücksichtigt werden.
[0031] Beim Trockenschliff läßt sich das Zusetzen der Schleiffläche unterdrücken durch Zusatz
entsprechender Metall- oder Aminseifen. Auch hier ist die Fullerkurve zu beachten.
[0032] Entsprechendes gilt, falls kurze Glas- oder Kohlenstoff-Fasern zugesetzt werden zur
Erhöhung der zulässigen Arbeitsumfangsgeschwindigkeit. Selbstverständlich ist auch
der Einsatz von Glasgeweben oder -rovings als Verstärkungsstoffe möglich. Da Luftsauerstoff
die Polymerisation inhibiert, müssen die erfindungsgemäßen Schleifkörper im wesentlichen
dicht sein. Beim Schleifen wärmeempfindlicher Stähle kann es aber nützlich sein, zur
verstärkten Mitnahme von Kühlmittel auf wässriger Basis eine offenere Oberfläche des
Schleifkörpers zu erzeugen. Dies gelingt sehr gut durch den Zusatz wasserlöslicher
Pulverstoffe. Hier bietet sich hervorragend gemahlenes Wasserglas an, welches nicht
nur korrosionsinhibierend wirkt, sondern auch umweltfreundlich ist und die Kühlmittel
nicht beeinträchtigt.
[0033] Als Schleifkorn kommen alle bekannten Arten in Frage, also Glas, Flint, Granat, die
verschiedenen Korunde, Siliciumkarbid u.a., für sich allein oder in Mischung. Wie
bereits erwähnt, sind alle Kömungsgrößen möglich, nach FEPA also beispielsweise von
8 - 1200.
1. Verfahren zur Herstellung von Schleifkörpern in einer Gießfonn, unter Verwendung
eines kalthärtenden Kunstharzes als Bindemittel in einem Schleifkorn-Bindemittel-Gemisch,
dem gegebenenfalls Zuschlagstoffe zugesetzt sind, dadurch gekennzeichnet, daß als
Bindemittel ein Kunstharz mit einer dynamischen Viskosität von unter lOmPa.s verwendet
wird und dem Kunstharz und/oder den Zuschlagstoffen in an sich bekannter Weise ein
Radikale bildendes Startersystem zugesetzt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Kunstharz im wesentlichen
aus polymerisierbaren Flüssigkeiten wie Vinylacetat und/oder Methacrylat besteht.
3. Verfahren nach Anspruch 1, wobei das Gemisch in der Gießform aushärtet, dadurch
gekennzeichnet, daß die Härtung bei Raumtemperatur bis maximal 60°C erfolgt.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Startersystem aus einem
organischen Peroxid und einem aromatischen tertiären Amin besteht.
5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß ein Methacrylatharz, das
bi-funktionelle oder tri-funktionelle Methacrylate als crossing agens enthält, verwendet
wird.
6. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Zuschlagstoffe Füllstoffe
mit einer Knoop-Härte von unter 500 eingesetzt werden.
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Füllstoffe mindestens
teilweise oberflächenbehandelt sind.
8. Verfahren nach Anspruch 6 dadurch gekennzeichnet, daß als Füllstoffe Calcit, Dolomit,
Aragonit, Gips, Selenit und/oder Estrichgips verwendet werden.