(19)
(11) EP 0 122 379 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
24.10.1984  Patentblatt  1984/43

(21) Anmeldenummer: 84101327.9

(22) Anmeldetag:  09.02.1984
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)3C21D 5/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE FR GB IT NL

(30) Priorität: 14.03.1983 CH 1373/83

(71) Anmelder: GEORG FISCHER AKTIENGESELLSCHAFT
CH-8201 Schaffhausen (CH)

(72) Erfinder:
  • Hornung, Klaus
    CH-8260 Stein a. Rhein (CH)
  • Alt, Anton
    CH-8200 Schaffhausen (CH)
  • Schulte, Günter
    D-5620 Velbert (DE)
  • Mahnig, Fritz
    CH-8200 Schaffhausen (CH)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Verbesserung der Temperaturwechselbeständigkeit von Gusseisen mit Lamellengraphit


    (57) Es wird ein Verfahren zur Verbesserung der Temperaturwechselbeständigkeit von Gusseisen mit Lamellengraphit vorgeschlagen. Dabei wird das Gefüge mittels Karbidbildnern und einer Glühbehandlung derart eingestellt, dass das Gusseisen erhöhten Thermoschock- und dynamischen Beanspruchungen standhält.




    Beschreibung


    [0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Verbesserung der Temperaturwechselbeständigkeit von Gusseisen mit Lamellengraphit.

    [0002] Gusseisen mit Lamellengraphit findet unter anderem im Kraftfahrzeugbau Verwendung als Werkstoff zur Herstellung von Kupplungsscheiben, Bremstrommel, -Scheiben, Auspuffkrümmer etc.

    [0003] Wegen der hohen thermischen Beanspruchung müssen die aufgezählten Bauteile insbesondere gegen Temperaturwechsel ebenso widerstandsfähig sein, wie gegen Verschleiss und Bruch.

    [0004] Das temperaturwechselbeständige Gusseisen schlechthin gibt es nicht. Der dieser Forderung am besten entsprechende Werkstoff muss vielmehr durch anwendungsfallbezogene Optimierung der Festigkeit, Zusammensetzung und Gefügeausbildung ermittelt werden.

    [0005] Die Vorgänge, die zufolge der Beanspruchungen unter Temperaturwechsel und durch den Temperaturwechsel selbst, im Gusseisen ablaufen sind sehr komplex. Durch rasch wechselnde Temperaturunterschiede treten im Gussstück Spannungen und Gefügeänderungen auf. Letztere können die Werkstoffeigenschaften verändern und weil sie meistens mit Volumenänderungen verbunden sind, zusätzliche Spannungen verursachen, die dann zu Rissen führen können.

    [0006] Es ist daher Aufgabe der Erfindung ein Verfahren vorzuschlagen, mit dessen Hilfe die oben erwähnten Nachteile ausgeschaltet werden und das zu einem Werkstoff führt, der bei guten Verschleisseigenschaften eine hohe Beständigkeit gegen Temperaturwechsel aufweist.

    [0007] Diese Aufgabe wird durch die Lehre des kennzeichnenden Teils des Anspruches 1 gelöst.

    [0008] Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen.

    [0009] An Schwungscheiben sind auf dem Motorenprüfstand kritische Beanspruchungsbedingungen simuliert worden.

    [0010] Anhand der nachfolgend aufgeführten Beispiele wird die Erfindung näher erläutert.

    [0011] Ein Motor (z.B. 1,6 1, 70 kW) ist mit dem Antriebsstrang verbunden. Der Motor wird auf eine Drehzahl von 5000 U/min gebracht, der Antriebsstrang wird blockiert, die Kupplung schleift bis zu 1,5 min auf der Schwungscheibe, der Belag verschleisst, es treten Temperaturen bis 800 C auf. Die Scheibe muss diesen Test 5x ertragen.

    [0012] Jntersucht wurde eine Schwungscheibe mit der Zusammensetzung: 3,2 Gew. % C, 2,2 Gew. % Si, 0,57 Gew. % Mn, 3,056 Gew. % P, 0,1 Gew. % S, 0,16 Gew. % Cn, 0,45 Gew. % Cr, 0,31 Gew. % Mo, Rest Fe mit einer Gefügematrix von ca. 100 % Perlit, und einem Sättigungsgrad von 0,91.

    [0013] Wie die Tabelle zeigt, ist je eine Scheibe A und B mit gleicher Zusammensetzung geprüft worden. Der Unterschied zwischen den zwei Scheiben besteht darin, dass die Scheibe B wärmebehandelt war. In der Tabelle angegeben sind die Leistung/Zeit bei der die Scheibe rissfrei war (1) und die Leistung/Zeit bei der die ersten Risse (2) aufgetreten sind.

    [0014] Wenn Risse auftreten, treten sie beim raschen Aufheizen auf. Die Ursache liegt darin, dass die Druckfestigkeit wesentlich höher liegt wie die Zugfestigkeit. Beim Aufheizen entstehen in der warmen Zone hohe Druckspannungen, in der kalten Zone dagegen hohe Zugspannungen. Erfolgt der Aufheizvorgang schnell, dann können in der warmen Zone die Druckspannungen durch Kriechen nicht mehr abgebaut werden. Die hohen Zugspannungen im kalten Bereich werden nicht mehr durch elastische oder plastische Verformungen abgebaut, es kommt durch überschreiten der Zugfestigkeit zum Bruch.

    [0015] Aus diesen Ueberlegungen heraus soll der vorgeschlagene Werkstoff folgende Eigenschaften besitzen:

    a) Verhältnis: Warmdruckfestigkeit/Zugfestigkeit → 1

    b) hohe Wärmeleitfähigkeit

    c) Duktilität.

    Die Untersuchungen haben gezeigt, dass Punkt c) die höchste Bedeutung zuzumessen ist. Wenn man die Härte als Anhaltswert für die Duktilität annimmt, sollten Thermoschockgefährdete Bauteile bei hoher Zugfestigkeit eine niedrige Härte aufweisen.

    [0016] Die Tabelle zeigt, dass der neue Werkstoff min. 5x so hohe Werte erzielt wie die herkömmlichen Serienscheiben, und damit eine ausgezeichnete Thermoschockbeständigkeit bietet.

    [0017] Um die auftretenden Thermoschockbeanspruchungen besser abzufangen ist eine höhere Wärmeleitfähigkeit wünschenswert. Dafür scheint die Graphitmenge und -Anordnung von Bedeutung zu sein.

    [0018] Bei richtig durchgeführter Wärmebehandlung ist die Graphitausbildung jedoch von untergeordneter Bedeutung.

    [0019] Es hat sich gezeigt, dass A-Graphit die besten Voraussetzungen für eine längere Haltbarkeit gewährleistet.

    [0020] Der wegen der höheren Kohlenstoff bzw. Graphitgehalte zu erwartende Festigkeitsabfall wird durch eine Erhöhung der Cr und Mo-Gehalte zum Teil ausgeglichen. Die Zugfestigkeit liegt bei ca. 280 N/mm2, bei einer Härte von weniger als 220 HB.

    [0021] Eine ca. 3 h dauernde Glühbehandlung zwischen 720 - 760° C der Scheibe verbessert die Temperaturwechselbeständigkeit.

    [0022] Das erklärt sich durch die Abnahme der inneren Spannungen, wodurch die Festigkeitsabnahme der Grundmasse in Zusammenwirkung mit den Cr-Mo-Gehalten kompensiert wird.

    [0023] Cr und Mo begünstigen die Karbidbildung. Cr und Mo-Karbide bleiben bei der Glühbehandlung weitgehend erhalten und verschieben den Gefügezerfall d.h. die Ferritisierung auf der Temperaturskala nach oben.

    [0024] Die Wärmebehandlung hat die Thermoschockbeständigkeit erheblich gesteigert.

    [0025] Stellt man das Gefüge so ein, dass der Sättigungsgrad unter 1 liegt, dann wird die Ferritisierungstendenz bei der Wärmebehandlung gebremst und die Zugfestigkeit fällt nicht stärker ab als erwünscht.

    [0026] Die beschriebenen Bedingungen erlauben die reproduzierbare Herstellung von Grauguss mit Lamellengraphit mit einer sehr guten Thermoschockbeständigkeit.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Verbesserung der Temperaturwechselbeständigkeit von Gusseisen mit Lamellengraphit, gekennzeichnet durch die Kombination der Verfahrensschritte,

    a) der Schmelze wird mindestens ein Karbidbildner zugegeben,

    b) nach erfolgter Erstarrung wird eine Glühbehandlung durchgeführt, wobei das Ausgangsgefüge weitgehend erhalten bleibt,

    c) der Sättigungsgrad wird < 1 eingestellt.


     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass als Karbidbildner Mo und/oder Cr verwendet wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch l, dadurch gekennzeichnet, dass die Glühbehandlung im Bereich von 650 - 760° C vorzugsweise zwischen 720 - 7600 C erfolgt.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass 0,3 - 0,5 Gew. % Cr, und/oder 0,3 - 0,5 Gew. % Mo zulegiert wird.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Glühbehandlung etwa ≦ 3 h dauert.
     
    6. Temperaturwechselbeständiger Grauguss mit Lamellengraphit, hergestellt nach dem Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass er eine Festigkeit von mindestens 280 N/mm2, bei einer Härte 240 HB aufweist.
     
    7. Verwendung des Graugusses mit Lamellengraphit nach Anspruch 6 für Gussteile im Kraftfahrzeugbau, insbesondere für Kupplungsscheiben, Schwungscheiben, Bremstrommel, -Scheiben, Auspuffkrümmer etc.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht