[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Verbesserung der Temperaturwechselbeständigkeit
von Gusseisen mit Lamellengraphit.
[0002] Gusseisen mit Lamellengraphit findet unter anderem im Kraftfahrzeugbau Verwendung
als Werkstoff zur Herstellung von Kupplungsscheiben, Bremstrommel, -Scheiben, Auspuffkrümmer
etc.
[0003] Wegen der hohen thermischen Beanspruchung müssen die aufgezählten Bauteile insbesondere
gegen Temperaturwechsel ebenso widerstandsfähig sein, wie gegen Verschleiss und Bruch.
[0004] Das temperaturwechselbeständige Gusseisen schlechthin gibt es nicht. Der dieser Forderung
am besten entsprechende Werkstoff muss vielmehr durch anwendungsfallbezogene Optimierung
der Festigkeit, Zusammensetzung und Gefügeausbildung ermittelt werden.
[0005] Die Vorgänge, die zufolge der Beanspruchungen unter Temperaturwechsel und durch den
Temperaturwechsel selbst, im Gusseisen ablaufen sind sehr komplex. Durch rasch wechselnde
Temperaturunterschiede treten im Gussstück Spannungen und Gefügeänderungen auf. Letztere
können die Werkstoffeigenschaften verändern und weil sie meistens mit Volumenänderungen
verbunden sind, zusätzliche Spannungen verursachen, die dann zu Rissen führen können.
[0006] Es ist daher Aufgabe der Erfindung ein Verfahren vorzuschlagen, mit dessen Hilfe
die oben erwähnten Nachteile ausgeschaltet werden und das zu einem Werkstoff führt,
der bei guten Verschleisseigenschaften eine hohe Beständigkeit gegen Temperaturwechsel
aufweist.
[0007] Diese Aufgabe wird durch die Lehre des kennzeichnenden Teils des Anspruches 1 gelöst.
[0008] Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen.
[0009] An Schwungscheiben sind auf dem Motorenprüfstand kritische Beanspruchungsbedingungen
simuliert worden.
[0010] Anhand der nachfolgend aufgeführten Beispiele wird die Erfindung näher erläutert.
[0011] Ein Motor (z.B. 1,6 1, 70 kW) ist mit dem Antriebsstrang verbunden. Der Motor wird
auf eine Drehzahl von 5000 U/min gebracht, der Antriebsstrang wird blockiert, die
Kupplung schleift bis zu 1,5 min auf der Schwungscheibe, der Belag verschleisst, es
treten Temperaturen bis 800 C auf. Die Scheibe muss diesen Test 5x ertragen.
[0012] Jntersucht wurde eine Schwungscheibe mit der Zusammensetzung: 3,2 Gew. % C, 2,2 Gew.
% Si, 0,57 Gew. % Mn, 3,056 Gew. % P, 0,1 Gew. % S, 0,16 Gew. % Cn, 0,45 Gew. % Cr,
0,31 Gew. % Mo, Rest Fe mit einer Gefügematrix von ca. 100 % Perlit, und einem Sättigungsgrad
von 0,91.
[0013] Wie die Tabelle zeigt, ist je eine Scheibe A und B mit gleicher Zusammensetzung geprüft
worden. Der Unterschied zwischen den zwei Scheiben besteht darin, dass die Scheibe
B wärmebehandelt war. In der Tabelle angegeben sind die Leistung/Zeit bei der die
Scheibe rissfrei war (1) und die Leistung/Zeit bei der die ersten Risse (2) aufgetreten
sind.
[0014] Wenn Risse auftreten, treten sie beim raschen Aufheizen auf. Die Ursache liegt darin,
dass die Druckfestigkeit wesentlich höher liegt wie die Zugfestigkeit. Beim Aufheizen
entstehen in der warmen Zone hohe Druckspannungen, in der kalten Zone dagegen hohe
Zugspannungen. Erfolgt der Aufheizvorgang schnell, dann können in der warmen Zone
die Druckspannungen durch Kriechen nicht mehr abgebaut werden. Die hohen Zugspannungen
im kalten Bereich werden nicht mehr durch elastische oder plastische Verformungen
abgebaut, es kommt durch überschreiten der Zugfestigkeit zum Bruch.
[0015] Aus diesen Ueberlegungen heraus soll der vorgeschlagene Werkstoff folgende Eigenschaften
besitzen:
a) Verhältnis: Warmdruckfestigkeit/Zugfestigkeit → 1
b) hohe Wärmeleitfähigkeit
c) Duktilität.
Die Untersuchungen haben gezeigt, dass Punkt c) die höchste Bedeutung zuzumessen
ist. Wenn man die Härte als Anhaltswert für die Duktilität annimmt, sollten Thermoschockgefährdete
Bauteile bei hoher Zugfestigkeit eine niedrige Härte aufweisen.
[0016] Die Tabelle zeigt, dass der neue Werkstoff min. 5x so hohe Werte erzielt wie die
herkömmlichen Serienscheiben, und damit eine ausgezeichnete Thermoschockbeständigkeit
bietet.
[0017] Um die auftretenden Thermoschockbeanspruchungen besser abzufangen ist eine höhere
Wärmeleitfähigkeit wünschenswert. Dafür scheint die Graphitmenge und -Anordnung von
Bedeutung zu sein.
[0018] Bei richtig durchgeführter Wärmebehandlung ist die Graphitausbildung jedoch von untergeordneter
Bedeutung.
[0019] Es hat sich gezeigt, dass A-Graphit die besten Voraussetzungen für eine längere Haltbarkeit
gewährleistet.
[0020] Der wegen der höheren Kohlenstoff bzw. Graphitgehalte zu erwartende Festigkeitsabfall
wird durch eine Erhöhung der Cr und Mo-Gehalte zum Teil ausgeglichen. Die Zugfestigkeit
liegt bei ca. 280 N/mm
2, bei einer Härte von weniger als 220 HB.
[0021] Eine ca. 3 h dauernde Glühbehandlung zwischen 720 - 760° C der Scheibe verbessert
die Temperaturwechselbeständigkeit.
[0022] Das erklärt sich durch die Abnahme der inneren Spannungen, wodurch die Festigkeitsabnahme
der Grundmasse in Zusammenwirkung mit den Cr-Mo-Gehalten kompensiert wird.
[0023] Cr und Mo begünstigen die Karbidbildung. Cr und Mo-Karbide bleiben bei der Glühbehandlung
weitgehend erhalten und verschieben den Gefügezerfall d.h. die Ferritisierung auf
der Temperaturskala nach oben.
[0024] Die Wärmebehandlung hat die Thermoschockbeständigkeit erheblich gesteigert.
[0025] Stellt man das Gefüge so ein, dass der Sättigungsgrad unter 1 liegt, dann wird die
Ferritisierungstendenz bei der Wärmebehandlung gebremst und die Zugfestigkeit fällt
nicht stärker ab als erwünscht.
[0026] Die beschriebenen Bedingungen erlauben die reproduzierbare Herstellung von Grauguss
mit Lamellengraphit mit einer sehr guten Thermoschockbeständigkeit.
1. Verfahren zur Verbesserung der Temperaturwechselbeständigkeit von Gusseisen mit
Lamellengraphit, gekennzeichnet durch die Kombination der Verfahrensschritte,
a) der Schmelze wird mindestens ein Karbidbildner zugegeben,
b) nach erfolgter Erstarrung wird eine Glühbehandlung durchgeführt, wobei das Ausgangsgefüge
weitgehend erhalten bleibt,
c) der Sättigungsgrad wird < 1 eingestellt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass als Karbidbildner Mo und/oder
Cr verwendet wird.
3. Verfahren nach Anspruch l, dadurch gekennzeichnet, dass die Glühbehandlung im Bereich
von 650 - 760° C vorzugsweise zwischen 720 - 7600 C erfolgt.
4. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass 0,3 - 0,5 Gew. % Cr, und/oder
0,3 - 0,5 Gew. % Mo zulegiert wird.
5. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Glühbehandlung etwa
≦ 3 h dauert.
6. Temperaturwechselbeständiger Grauguss mit Lamellengraphit, hergestellt nach dem
Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass er eine Festigkeit
von mindestens 280 N/mm2, bei einer Härte 240 HB aufweist.
7. Verwendung des Graugusses mit Lamellengraphit nach Anspruch 6 für Gussteile im
Kraftfahrzeugbau, insbesondere für Kupplungsscheiben, Schwungscheiben, Bremstrommel,
-Scheiben, Auspuffkrümmer etc.