[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein gewebtes Diaphragma für wäßrige Elektrolyte
wie Alkalichloridlösungen, Salzsäurelösungen und für die Wasserelektrolyse von mit
Säuren und/oder Alkalien versetztem Wasser.
[0002] Bezüglich der Technik der Elektrolyse nach dem Diaphragmaverfahren wird auf die einschlägige
Handbuchliteratur, wie den Aufsatz von Hund und Minz in: Winnacker-Küchler: "Chemische
Technologie", Band 2 "Anorganische Technologie I", S. 379 (1982), insbesondere S.
392, S. 404 ff, sowie S. 442 ff, verwiesen.
[0003] Als Diaphragmen wurden bisher bei der Alkalichloridelektrolyse insbesondere Wirrfaservliese
aus Asbestfasern eingesetzt. Die Notwendigkeit, Asbest weitgehend zu ersetzen, hat
auch bereits zu Vorschlägen geführt, Fluorkohlenstoffpolymerisate für Diaphragmen
in Form von Geweben oder Folien, gegebenenfalls unter Einschluß anorganischer Faserstrukturen,
einzusetzen.
[0004] Beim Diaphragmaverfahren für die Salzsäureelektrolyse wurden bisher insbesondere
PVC-Gewebe eingesetzt.
[0005] Für die Wasserelektrolyse wurden bereits Polytetrafluorethylen-Fasergewebe, die durch
eine Säure- und/oder Bestrahlungsbehandlung hydrophil gemacht wurden, vorgeschlagen.
[0006] Ein ideales Diaphragma muß eine Vielzahl, einander teilweise wiedersprechender, Anforderungen
erfüllen, wie Beständigkeit gegenüber den Elektrolyten und den Reaktionsprodukten,
ausreichende Porosität für den Elektrolytdurchtritt, gute Trennwirkung für die Reaktionsprodukte
sowie geringen Ohm'schen Widerstand.
[0007] Die vorliegende Erfindung stellt nun Diaphragmen zur Verfügung, die insbesondere
durch ihre Webart gekennzeichnet sind.
[0008] Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein gewebtes Diaphragma für elektrolytische
Prozesse, das dadurch gekennzeichnet ist, daß sowohl Kett- als auch Schußfäden aus
multifilen Fäden bestehen, wobei zumindest die Schußfaden-Multifile unverdrillt oder
bis max. 200 Touren, vorzugsweise bis max. 50 Touren, pro Meter verdrillt sind. Die
Kettfaden-Multifile können eine Verdrillung von 0 bis 400 Touren pro Meter, vorzugsweise
etwa 100 bis 200 Touren pro Meter, aufweisen.
[0009] Kett- und Schußfäden werden vorzugsweise in Leinwandbindung, besonders bevorzugt
Leinwanäripsbindung, verwebt.
[0010] Es wurde gefunden, daß insbesondere die im wesentlichen unverdrillten oder geringtourig
verdrillten Schußfäden dem Diaphragma eine Kapillarität verleihen, die eine ausreichende
Porosität für den Elektrolytdurchtritt bei gleichzeitig guter Trennwirkung für die
Elektrolyseprodukte bereitsteht.
[0011] Die chemische Beständigkeit gegen Elektrolyte und Elektrolyseprodukte wird durch
die Auswahl des Fadenmaterials bewirkt. Bevorzugt werden Fluorkohlenstoffpolymerisate,
gegebenenfalls mit einer Behandlung zur Hydrophilisierung, eingesetzt. Für die Salzsäureelektrolyse
hat sich insbesondere Polyvinylidenfluorid ("PVDF") als besonders geeignet erwiesen,
insbesondere wenn organische Verunreinigungen in der zu elektrolysierenden Salzsäure
enthalten sind. Eine Hydrophilisierung von PVDF ist nicht notwendig.
[0012] Besonders geeignet ist auch Polyphenylensulfid ("PPS"), das unter dem Warenzeichen
Ryton (Warenzeichen der Philipps Petroleum) erhältlich ist.
[0013] Andere geeignete Fluorkohlenstoffpolymere sind Polyethylentetrafluorethylen und Copolymere,
oder Polytetrafluorethylen, insbesondere für die Natriumchloridelektrolyse.
[0014] Für die unverdrillten Schußfäden werden insbesondere aus Endlosfilamenten aufgebaute
Fäden eingesetzt. Werden als Kettfäden verdrillte Fäden eingesetzt, können diese auch
aus Stapelfasern aufgebaut sein, wobei mit Spinnflocke-Hilfsmittel verwebt wird und
gegebenenfalls später das Hilfsmittel herausgelöst wird. Werden unverdrillte Endlosfäden
als Kettfäden eingesetzt muß der Multifil vor dem Weben mit Avivage oder Schichtmitteln
behandelt werden. Eine Verdrillung mit mindestens 100 Touren/m erübrigt den Einsatz
solcher Mittel und den Aufwand zu ihrer nachträglichen Entfernung.
[0015] Bevorzugte Diaphragmen nach der Erfindung weisen 4 bis 28 Schußfäden pro cm, vorzugsweise
8 bis 20 Schußfäden pro cm auf. Der Titer soll 280 bis 1100 dtex, einfach oder zweifach,
betragen, vorzugsweise 300 bis 600 dtex, zweifach. Dabei ist der Einzelfaden vorzugsweise
aus 20 bis 70 Einzelfilamenten, vorzugsweise 35 bis 55 Einzelfilamenten, aufgebaut.
[0016] Die Kette besteht vorzugsweise aus 25 bis 100 Kettfäden pro cm, besonders bevorzugt
45 bis 70 Kettfäden pro cm. Der Titer beträgt vorzugsweise ebenfalls 280 bis 1100
dtex, besonders bevorzugt 350 bis 700 dtex. Der Kettfaden kann ferner eine Verdrillung
von 0 bis 400 Touren pro Meter, vorzugsweise 100 bis 150 Touren pro Meter, aufweisen.
[0017] Kette und Schuß werden im Rahmen der o.g. Grenzen vorzugsweise so ausgewählt, daß
das Diaphragma eine Dichte von 200 bis 600 g/m
2, besonders bevorzugt 300 bis 500 g/m
l aufweist.
[0018] Nach dem Weben kann eine Verdichtung des Tuches durch Kalandrieren erfolgen. Der
Spannungsabfall bei der Elektrolyse am Diaphragma wird dadurch zwar erhöht, jedoch
wird eine reinere Qualität der gasförmigen Elektrolyseprodukte erreicht.
[0019] Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Beispielen näher erläutert:
Beispiel 1
Herstellung des erfindungsgemäßen Diaphragmas
[0020] Es wird ein Multifilament aus Polyvinylidenfluorid, bestehend aus 42 Einzelfilamenten
und einem Titer von 550 dtex eingesetzt, für den Schußfaden unverdrillt, für den Kettfaden
mit 130 Touren pro Meter verdrillt.
[0021] Das Multifilament wird in Leinwandripsbindung verwebt mit 57 Kettfäden pro cm und
11,5 Schußfäden zweifach pro cm.
Elektrolyse von Salzsäure
[0022] Das Diaphragma wird in eine Versuchselektrolysezelle mit Graphitelektroden eingebaut.
Die Graphitelektroden weisen in bekannter Weise vertikale Schlitze auf. Die Elektroden
wiesen eine Höhe von 11 cm und eine Breite von 7,3 cm auf. Der Abstand der Elektroden
betrug 4 mm. Das Diaphragma war mit Gummidichtungen zwischen den Elektrodenrahmen
eingespannt. In die durch das Diaphragma getrennten Elektrodenkammern wird 23 %ige
Salzsäure eingeführt. Auf der Kathodenseite tritt zusammen mit Wasserstoff und auf
der Anodenseite zusammen mit Chlor die verarmte Salzsäure 18 %ig aus. Die Temperatur
der Salzsäure betrug 85°C. Die Elektrolyse wurde mit einer Stromdichte von 5 kA/m2
betrieben. Zwischen den Elektroden wird ein Spannungsabfall von 2,32 Volt gemessen.
Auf der Kathcdenseite ergab sich ein Gehalt von 2,7 % Chlor im Wasserstoff die Reinheit
des Chlors auf der Anodenseite betrug 99,7 %.
Beispiel 2
[0023] Das in Beispiel 1 eingesetzte Diaphragma wurde zusätzlich unter Hitze und Druck kalandert.
Die Elektrolyse wurde in gleicher Weise wie in Beispiel 1 durchgeführt. Es ergab sich
ein Spannungsabfall von 2,43 Volt. Der kathodenseitig entstehende Wasserstoff wies
0,7 % Chlor auf, die Reinheit des an der Anode entstehenden Chlors betrug 99,5 %.
Beispiel 3
[0024] Es wurde ein Diaphragma wie in Beispiel 1 eingesetzt und die Elektrolyse in gleicher
Weise wie in Beispiel 1 durchgeführt. Der Salzsäure wurde jedoch 1 % Orthodichlorbenzol
als organische Verunreinigung zugesetzt. Es ergab sich ein Spannungsabfall von 2,36
Volt, eine Reinheit des Chlors von 99,8 % sowie eine Verunreinigung des Wasserstoffgases
mit 1 % Chlor.
1) Gewebtes Diaphragma für elektrolytische Prozesse, dadurch gekennzeichnet, daß sowohl
Kett- als auch Schußfäden aus multifilen Fäden bestehen, wobei die Schußfaden-Multifile
unverdrillt oder bis max. 200 Touren/m verdrillt sind.
2) Diaphragma nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Kettfaden-Multifile
eine Verdrillung von 100 bis 400 Touren/m aufweisen.
3) Diaphragma nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Fäden
aus 20 bis 70, vorzugsweise 35 bis 55 Einzelfilamenten, gegebenenfalls zweifach, bestehen.
4) Diaphragma nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Fäden
einen Titer von 280 bis 1100 dtex aufweisen.
5) Diaphragma nach einem der Ansprüche 1 bis 4, gekennzeichnet durch ein Flächengewicht
von 200 bis 600 g/cm2, vorzugsweise 300 bis 500 g/cm2, besonders bevorzugt 350 bis 450 g/cm2.
6) Diaphragma nach einem der Ansprüche 1 bis 5, gekennzeichnet durch ein Gewebe in
Leinwand/RipsBindung mit 4 bis 28 Schußfäden/cm und 25 bis 100 Kettfäden/cm.
7) Diaphragma nach einem der Ansprüche 1 bis 6, bestehend aus Fluorkohlenstoffpolymerisaten,
vorzugsweise zumindest teilweise aus Polyvinylidenfluorid..
8) Diaphragma nach einem der Ansürüche 1 bis 6, bestehend aus Polyphenylensulfid.
9) Verfahren zur Elektrolyse von wäßrigen Lösungen, enthaltend Alkali- und/oder Chlorid-
und/oder Sulfationen in einer Diaphragma-Elektrolysezelle, dadurch gekennzeichnet,
daß ein Diaphragma nach einem der Ansprüche 1 bis 8 eingesetzt wird.
10. Verwendung von Diaphragmen nach einem der Ansprüche 1 bis 8 zur Elektrolyse von
Natriumchlorid, Salzsäure oder Wasser.