(19)
(11) EP 0 166 019 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.01.1986  Patentblatt  1986/01

(21) Anmeldenummer: 84107487.5

(22) Anmeldetag:  28.06.1984
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C21C 1/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE DE FR GB IT LU NL SE

(71) Anmelder: Thyssen Stahl Aktiengesellschaft
D-47166 Duisburg (DE)

(72) Erfinder:
  • Hammer, Rudolf, Dr.-Ing.
    D-4220 Dinslaken-Eppinghofen (DE)
  • Meichsner, Walter, Dipl.-Ing.
    D-4150 Krefeld (DE)
  • Peters, Karl-Heinz, Dr.-Ing.
    D-4220 Dinslaken-Eppinghofen (DE)

(74) Vertreter: Cohausz & Florack Patentanwälte 
Postfach 33 02 29
40435 Düsseldorf
40435 Düsseldorf (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Entschwefelung von Roheisen


    (57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Entschwefeln von Roheisen in einer Pfanne, insbesondere in einer Torpedopfanne, bei dem zunächst Aluminium und anschließend mit Hilfe eines Trägergases Kalk (Ca0) in das Roheisen eingeblasen werden. Kennzeichen der Erfindung ist, daß mit einer Menge von 2-20 NI Trägergas/kg Entschwefelungsmittel zusammen mit dem Kalk ein in der Roheisenschmelze gasabspaltender Feststoff eingeblasen wird.


    Beschreibung


    [0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Entschwefelung von Roheisen in einer das Roheisen aufnehmenden Pfanne, insbesondere in einer Torpedopfanne, mit einer Tauchlanze bei dem zunächst Aluminium und anschließend Kalk mit Hilfe eines Trägergases in das Roheisen eingeblasen werden.

    [0002] Das Einblasen von feinkörnigen Entschwefelungsmitteln in Roheisen hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Bei diesen Verfahren werden hauptsächlich Mittel auf der Basis von Calciumcarbid und Magnesium verwendet. Diese Entschwefelungsmittel besitzen zwar eine hohe Wirksamkeit, sind jedoch relativ teuer.

    [0003] Da Kalk ein relativ preiswertes Mittel ist, sind daher auch Entschwefelungsmittel auf Kalkbasis vorgeschlagen worden. Sie besitzen jedoch den Nachteil, daß große Mengen für die Erzielung des gewünschten Entschwefelungseffektes erforderlich sind. Das führt in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten wegen der entstehenden großen Schlackenmengen. Das erhebliche Volumen der großen Schlackenmengen in der Pfanne führt zu einer entsprechenden Verringerung der Transportkapazität der Pfanne. Außerdem neigen die Schlacken dazu, sich an den Pfannenwänden festzusetzen, wodurch die Transportkapazität noch weiter eingeschränkt wird. Die Schlacken enthalten ferner große Mengen an Eisentröpfchen, die zu erheblichen Eisenverlusten führen.

    [0004] Eine Weiterentwicklung bei der Verwendung von Kalk als Entschwefelungsmittel besteht darin, Aluminium dem Entschwefelungsmittel beizumischen (DE-AS 25 31 047) oder zunächst Aluminium und anschließend Kalk mit Hilfe großer Fördergasmengen in das Roheisen einzublasen. Die großen Mengen an einem nichtoxydierenden Gas, wie beispielsweise Stickstoff, zur Förderung des Kalkes dienen auch der Dispergierung der Kalkteilchen in der Roheisenschmelze und zur Erzeugung eines Badumlaufes. Es ergeben sich dabei jedocheerhebliche Nachteile, da durch unvollständige Dispergierung der Kalk nicht seine volle Wirkung entfalten kann und ein erhebliches Verspritzen des Roheisens infolge der großen Fördergasmengen eintritt (SDS-Verfahren der Nippon Steel Corporation). Auch ist ein starker voreilender Verschleiß der feuerfesten Auskleidung der Pfanne im Mündungsbereich zu beachten.

    [0005] Bei bekannten Entschwefelungsverfahren, die mit Kalk als Entschwefelungsmittel arbeiten, verbindet sich der aus der Reaktion Ca0 + S = CaS + 0 entstehende Sauerstoff mit dem Silicium des Roheisens zu Si02. Diese Kieselsäure bildet mit dem eingeblasenen Kalk Dicalciumsilikat, welches das Kalkkorn mit einer festen Schicht umgibt. Hierdurch wird die Entschwefelungswirkung des Kalkkornes nachteilig beeinflußt.

    [0006] Bei den bekannten Entschwefelungsverfahren mit Kalk, bei denen zusätzlich Aluminium in die Schmelze eingeblasen wird, wird der aus der Entschwefelungsreaktion Ca0 + S entstehende Sauerstoff von den in die Schmelze eingeblasenen Aluminiumteilchen zu Al2O3 abgebunden. Das gebildete Aluminiumoxyd verbindet sich mit dem eingeblasenen Kalk zu Calciumaluminat CaOAl2O3 . Hierbei handelt es sich im Gegensatz zum festen Dicalciumsilicat um eine flüssige Verbindung mit guter Entschwefelungswirkung.

    [0007] Die vorliegende Erfindung hat sich die Aufgabe gestellt, sowohl die erforderliche Fördergasmenge als auch den Verbrauch des kalkhaltigen Entschwefelungsmittels zu verringern.

    [0008] Die Aufgabe wird nach dem Kennzeichen von Anspruch 1 dadurch gelöst, daß mit einer Menge von 2 - 20 N1 Trägergas/kg Entschwefelungsmittel zusammen mit dem Kalk ein in der Roheisenschmelze gasabspaltender Feststoff eingeblasen wird.

    [0009] Es hat sich überraschenderweise gezeigt, daß die kennzeichnende Verfahrenskombination unter Zuhilfenahme eines gasabspaltenden Feststoffs und der beschriebenen geringen Fördergasmenge zu einer hervorragenden Entschwefelungswirkung und einer gut beherrschbaren betrieblichen Anwendung führt.

    [0010] Der gasabspaltende Feststoff besteht bevorzugt aus einem Erdalkalicarbonat und/oder einem Erdalkalihydrat, wobei als Erdalkalicarbonat mit besonderem Vorteil Kalkstein oder Dolomit bzw. als Erdalkalihydrat Kalkhydrat eingeblasen wird.

    [0011] Diese Stoffe spalten bei Erhitzung in der Roheisenschmelze spontan CO2 oder Wasserdampf ab und bewirken eine intensive Dispergierung der Kalkteilchen in der Roheisenschmelze sowie eine für den Konzentrationsausgleich unerläßliche, intensive Umwälzströmung des Roheisenbades.

    [0012] C02 und Wasserdampf sind jedoch bei Roheisentemperaturen stark oxydierend; nach thermodynamischen Gesichtspunkten muß der Fachmann somit eine vollständige Reaktion mit dem eingebrachten Aluminium nach den Gleichungen






    erwarten.

    [0013] Überraschenderweise hat sich jedoch gezeigt, daß der Verbrauch an Entschwefelungsmittel durch das erfindungsgemäße Verfahren erheblich reduziert werden kann und die erwähnten Nachteile nicht eintreten. Durch die geringen Fördergasmengen von 2 - 20, bevorzugt 3 - 8 NL/kg Entschwefelungsmittel ist eine betriebsgerechte Arbeitsweise möglich. Es tritt weder Auswurf aus der Torpedopfanne noch nennenswerte Verbärung der Pfannen auf. Der bei hohen Fördergasmengen typische Verschleiß der feuerfesten Auskleidung wird wirksam unterdrückt. Außerdem kann aufgrund der geringen Fördergasmenge ohne Beeinträchtigung der Entschwefelungsreaktionen nach einem weiteren Merkmal der Erfindung preiswerte komprimierte Luft (Preßluft) anstelle der sonst erforderlichen teureren Trägergase, wie Stickstoff, verwendet werden.

    [0014] Das Aluminium wird bevorzugt in feinkörniger Form mit Hilfe eines Trägergases in die Schmelze eingeblasen. Es ist jedoch auch möglich das Aluminium in Drahtform mit Hilfe einer entsprechenden Vorrichtung in das Roheisen einzuführen.

    [0015] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird 0,2 - 0,7 kg Aluminium je Tonne Roheisen mit einem Inertgas wie z.B. Propan, Stickstoff oder Argon in 1 - 4 Minuten in das Roheisen eingeblasen. Das Entschwefelungsmittelgemisch besteht bevorzugt aus 40 - 70% Kalk und 30 - 60 Gew.-% gasabspaltendem Feststoff Bevorzugt werden geringe Beimengungen an Kohlenstoff oder kohlenstoffhaltigen Substanzen wie Ruß, Anthrazit, Graphit, Petrolkoks, im Bereich von 1 - 10 Gew.-% dem Entschwefelungsmittelgemisch zugesetzt. Hierdurch wird die Fließeigenschaft des eingeblasenen Gemisches verbessert, und es werden in der Schmelze reduzierende Bedingungen geschaffen als Voraussetzung für eine gute Entschwefelung.

    [0016] Ferner kann das eingeblasene Gemisch 1 - 10 Gew.-% Flußspat enthalten. Flußspat (CaFz ) erniedrigt den Schmelzpunkt der gebildeten Aluminate, die daher bei Temperaturerniedrigung der Schmelze nicht so.leicht erstarren. Außerdem wird der von der Schmelze aufgenommene Eisengehalt verringert.

    [0017] Die Menge an Aluminium und die Menge an Entschwefelungsmittelgemisch richten sich dabei nach dem gewünschten Entschwefelungsgrad.

    [0018] Aus fördertechnischen Gründen und zur Vermeidung von Aufschmelzungen von Aluminium in der Tauchlanze kann gemeinsam mit dem Aluminium noch ein Fließverbesserer und/oder ein Schutzstoff eingeblasen werden.

    [0019] Neben den bereits genannten Vorteilen, die mit der Erfindung erzielt werden, führendie geringeren Entschwefelungsmittelmengen zu einer Verringerung der gebildeten Entschwefelungsschlacke und damit zusammenhängend zu einer Verringerung der Eisenverluste. Die geringere Schlackenbildung bedingt eine geringere Ansatzbildung von Schlacken in der Torpedopfanne und führt über einen längeren Zeitraum gesehen dazu, daß die Kapazität der Torpedopfanne nur geringfügig geändert wird. Dies führt weiter dazu, daß die Badgeometrie in der Torpedopfanne sich kaum ändert, so daß die günstigen Bedingungen über einen längeren Zeitraum konstant bleiben.

    [0020] Die Erfindung wird nachstehend anhand von Ausführungsbeispielen weiter erläutert.

    Beispiel 1



    [0021] Bei diesem nicht unter die Erfindung fallenden Vergleichsbeispiel wurden zunächst 0,4 kg Aluminiumpulver pro Tonne Roheisen in 185 t Roheisen, die sich in einer Torpedopfanne von 240 t Fassungsvermögen befanden, während einer Zeit von 3,6 min eingeblasen. Anschließend wurde das aus Kalk bestehende Entschwefelungsmittel mit einer Tauchlanze mit Stickstoff als Fördergas eingeblasen. Die Roheisenschmelze hatte einen Ausgangsschwefelgehalt von SA=0,035%. Nach 21,7 min Behandlungsdauer waren 1170 kg Entschwefelungsmittel eingeblasen worden, das entspricht 6,3 kg/t Roheisen. Der Endschwefelgehalt nach der Behandlung betrug SE=0,015%. Die Fördergasmenge belief sich auf 75 Nl/kg Feststoff, sowohl für das Einblasen des Aluminiumpulvers als auch für das Einblasen des Kalkes. Die Förderrate des Kalkes, bedingt durch die erforderliche hohe Gasmenge, betrug 54 kg/min. Hieraus ergibt sich eine Einblaszeit von insgesamt 25 min.

    [0022] Trotz der begrenzten Pfannenfüllung trat erhebliches Verspritzen von Roheisen aus der Mündung der Torpedopfanne auf. Die mit einer dicken Feuerfestbeschichtung versehene Tauchlanze hatte zwei düsenförmige Austrittsöffnungen und mußte aus diesem Grunde senkrecht durch die Mündungsöffnung der Torpedopfanne eingeführt werden.

    Beispiel 2



    [0023] Bei diesem erfindungsgemäßen Beispiel wurden in der ersten Stufe 0,2 kg Aluminiumpulver pro Tonne Roheisen während einer Zeit von 2,5 min über eine Tauchlanze mit Argon als Trägergas in die Schmelze eingeblasen. Das Roheisen hatte ein Gewicht von 200 t, das Fassungsvermögen der Torpedopfanne betrug wieder 240 t.

    [0024] In der zweiten Stufe wurde das Entschwefelungsmittel, bestehend aus 60 Gew.-% Kalk, 40 Gew.-% Kalkstein und 0,05 Gew.-% Fließverbesserer in Form von Propylalkohol mit Hilfe von Preßluft als Trägergas in die Schmelze eingeblasen. Die Roheisenschmelze hatte einen Ausgangsschwefelgehalt von SA=0.038 %, nach 8 min Behandlungsdauer waren 700 kg Entschwefelungsmittel eingeblasen worden. Das entspricht 3,5 kg/t Roheisen. Der Schwefelendgehalt nach der Behandlung betrug SE=0,012%. Die Fördergasmenge betrug 5 Nl/kg Feststoff.

    [0025] Als Lanze wurde ein einfaches mit einer dünnen Feuerfestbeschichtung versehenes Rohr verwendet, welches schräg in das Roheisen eingetaucht wurde. Trotz der Herabsetzung der Einblaszeit von 25 auf 12 min (einschl. des Al-Einblasens) und eines höheren Füllgrades der Torpedopfanne trat kein nennenswerter Roheisenauswurf auf.

    Beispiel 3



    [0026] Bei diesem erfindungsgemäßen Beispiel wurden in der ersten Stufe 0,4 kg Aluminiumpulver pro Tonne Roheisen während einer Zeit von 4 min über eine Tauchlanze mit Propan als Trägergas in die Schmelze eingeblasen. Das Roheisengewicht betrug 181 t, das Fassungsvermögen der Torpedopfanne belief sich auf 200 t.

    [0027] In der zweiten Stufe wurde das Entschwefelungsmittel, bestehend aus 55 Gew.-% Kalk, 35 Gew.-% Kalkhydrat, 5 Gew.-% CaFz, 5 Gew.-% Anthrazit und 0,03 Gew.-% Fließverbesserer in Form von Monoglyzerid mit Hilfe von Preßluft als Trägergas in die Schmelze eingeblasen. Die Roheisenschmelze hatte einen Ausgangsschwefelgehalt von SA=0,015%, nach 6,7 min Behandlungsdauer waren 650 kg Entschwefelungsmittel eingeblasen worden. Das entspricht 3,6 kg/t Roheisen. Der Schwefelendgehalt nach der Behandlung betrug SE=0,003%. Die Fördergasmenge betrug 4 Nl/kg. Auch bei diesem Ausführungsbeispiel wurde ein einfaches mit einer dünnen Feuerfestbeschichtung versehenes Rohr verwendet, welches schräg in das Roheisen eingetaucht wurde. Die Einblaszeit betrug nur 10,7 min einschl. des Al-Einblasens. Auch bei diesem erfindungsgemäßen Beispiel trat kein nennenswerter Roheisenauswurf auf.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Entschwefeln von Roheisen in einer Pfanne, insbesondere in einer Torpedopfanne, bei dem zunächst Aluminium und anschließend mit Hilfe eines Trägergases Kalk (CaO) in das Roheisen eingeblasen werden,
    dbdurch geebneichnet ,
    daß mit einer Menge von 2 - 20 N1 Trägergas/kg Entschwefelungsmittel zusammen mit dem Kalk ein in der Roheisenschmelze gasabspaltender Feststoff eingeblasen wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß als gasabspaltender Feststoff ein Erdalkalikarbonat und/oder ein Erdalkalihydrat zugesetzt wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß als Erdalkalikarbonat Kalkstein oder Dolomit bzw. als Erdalkalihydrat Hydratkalk eingeblasen wird.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1 bis 3,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß ein Gemisch, bestehend aus 40 - 70 Gew.-% Kalk und 30 - 60 Gew.-% gasabspaltendem Feststoff, in das Roheiser eingeblasen wird.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 1 bis 4,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß dem eingeblasenen Gemisch ein Anteil an Kohlenstoff oder kohlenstoffhaltigen Substanzen, wie Ruß, Anthrazit, Graphit, Petrolkoks, im Bereich von 1 - 10 Gew.-% zugesetzt wird.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 1 bis 5,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß dem eingeblasenen Gemisch 1 - 10 Gew.-% Flußspat zugesetzt wird.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 1 bis 6,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Fördergasmenge 3 - 8 Nl Trägergas/kg Entschwefelungsmittel beträgt.
     
    8. Verfahren nach Anspruch 1 bis 7,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Gemisch mit komprimierter Luft in die Roheisenschmelze eingeblasen wird.
     





    Recherchenbericht