[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Beizen von Hohlkörpern,
wie Luppen Hohlblöcken oder Rohren.
[0002] Es ist bekannt, Metalloberflächen und insbesondere Stahloberflächen vor einer Umformung
zu beizen. Eine Möglichkeit des Beizens ist die Oberflächenbehandlung mit Säuren,
Säuregemischen, Alkalien oder Salzgemischen.
[0003] Beispielsweise bei der Verarbeitung von Werkstücken aus Eisen und insbesonders Stahl,
wie Hohlblöcken oder Rohren und speziell von Luppen zu nahtlosen Rohren in Anlagen
wie Stossbankanlagen, Schrittwalzwerken, Asselstrasse, Stopfenwalzwerken, Pilgerstrassen,
Kontistrassen, Multiple Pipe Mills, Stauchpressen usw. muss vor dem Einführen der
Dornstange das Luppen-, Hohlblock- oder Rohrinnere bei Temperaturen im Bereich der
Walztemperatur, d.h. bei rund 1000 bis 1300°C gebeizt werden. Durch die Komplexität
des Arbeitsablaufes in Walzwerken der genannten Art war es bisher nicht möglich, auf
rationelle Weise ein vollständiges Beizen zu erreichen, so kann es durchaus vorkommen,
dass für das Auftragen des Beizmittels nur so kurze Zeiträume wie ca. 1 Sekunde zur
Verfügung stehen.
[0004] Es wurde schon vorgeschlagen, Luppen zu entzundern, indem Entzunderungsmittel mit
Hilfe eines Druckgases in zirkulärer Bewegung an einem Luppenende in das Innere der
auf Walztemperatur erhitzten Luppe einzuführen und am anderen Luppenende durch Absaugen
das Restgemisch auszutragen.
[0005] Dieses Verfahren hat den Nachteil, grosse Gas- und Entzunderungsmengen zu benötigen.
Aus wirtschaftlichen Gründen muss als Gas in der Regel Luft angewendet werden, die,
insbesondere in derart grossen Mengen, oxidativ, aber auch stark kühlend auf das Luppeninnere
wirkt.
[0006] Weiters ist ein Absaugen und Filtrieren des Restgemisches von Gas und Salzen nicht
unproblematisch.
[0007] Aufgabe vorliegender Erfindung ist es, eine Vorrichtung und ein Verfahren vorzuschlagen,
das es erm8glicht, im Arbeitsablauf eines Walzwerkes eine Beizung kontinuierlich und
möglichst vollständig vorzunehmen und diese Aufgabe bei geringem apparativen Aufwand
mit angepassten Beizmittelmengen auszuführen.
[0008] Erfindungsgemäss wird das mit einem Verfahren nach Patentanspruch 1 und einer Vorrichtung
nach Patentanspruch 10 erreicht.
[0009] Das Verfahren wird derart ausgeführt, dass das Beizmittel, zweckmässig in trockener
Form als Pulver, mit einer durchschnittlichen Korngrösse von 50 bis 1000 Mikrometer
oder als Granulat mit einer durchschnittlichen Korngrösse von 0,5 bis 4 mm in einem
Vorratsbehälter eingefüllt wird. In der Regel durch Schwerkraft, nötigenfalls mit
Unterstützung beispielsweise eines Rüttlers, eines umlaufenden Rührflügels oder durch
Lufteinblasen, um eine Brückenbildung des Pulvers zu vermeiden, wird das Beizmittel
in eine Dosiervorrichtung gespiesen. Gegebenenfalls kann der Silobehälter als Druckbehälter
ausgebildet sein und das Material wird dann durch Druckbeaufschlagung ausgetragen.
Als Dosiervorrichtung kommen an sich bekannte
Dosier- vorrichtungen in Frage, wie Dosierwaagen, Dosierschnecken, Dosierspiralen,
Schwingaufgeber oder ein Dosierband.
[0010] Die Dosierung wird gravimetrisch oder volumetrisch ausgeführt, zweckmässig erfolgt
eine volumetrische Dosierung, vorzugsweise wird ein Schneckendosierer eingesetzt.
[0011] Aus der Dosiervorrichtung wird das Beizmittel in einen Druckbehälter eingebracht.
Dieser Druckbehälter wird mittels eines Gases unter Druck gesetzt. Als geeignetes
Gas kann Luft, Stickstoff, C0
2, ein Edelgas oder Gemische davon eingesetzt werden.
[0012] Nach dem erfindungsgemässen Verfahren werden 5 bis 100 g Beizmittel pro m2 innere
Oberfläche oder Innenwandung des Werkstückes angewendet. Zweckmässig werden 10 bis
60 g, vorteilhaft 25 bis 50 g Beizmittel pro m2 Innenwandung angewendet.
[0013] Die Gasmenge beträgt 50 bis 750 Normalliter pro Kilogramm
Beiz- mittel. In einer zweckmässigen Ausführungsform werden 100 bis 500 Normalliter,
vorzugsweise 100 bis 250 Normalliter Gas pro Kilogramm Beizmittel angewendet.
[0014] Der Druck im Druckbehälter soll 2 bis 20 bar, vorzugsweise 2 bis 10 bar betragen.
[0015] Nach erfolgter Druckbeladung des Druckbehälters kann im Rahmen des Arbeitstaktes
des Walzwerkes das Beizmittel verarbeitet werden. Zu diesem Zweck ist eine Transportleitung
vorgesehen, die zu einer Austragvorrichtung führt. Diese Austragvorrichtung kann beispielsweise
eine einfache Rohröffnung, ein Austragkonus, gegebenenfalls mit Spirale oder mit einem
Diffuser ausgerüstet, sein und es können auch verschiedene Düsenarten eingesetzt werden.
[0016] Um das Beizmittel gleichmässig im Hohlraum des Werkstückes zu verteilen und aufzutragen,
wird auf eine zirkuläre, laminare, turbulente oder pulsierende Strömung des Gas-Beizmittel-Gemisches
abgezielt, wobei generell eine zirkuläre oder turbulente Strömung angestrebt wird.
[0017] Unter zirkulärer Bewegung wird verstanden, dass sich das Gemisch unter Ausbildung
einer spiralförmigen Bewegung durch die
Oeffnung des Werkstückes hindurch bewegt. Die laminare Strömung bedeutet, dass das
Gemisch in im wesentlich gleichförmiger
Be-wegung durch die Werkstücköffnung hindurchströmt, während unter turbulenter Strömung
eine Wirbelbildung des strömenden Mediums angestrebt wird. Die pulsierende Strömung
umschreibt ein Verfahren, gemäss dem das Gemisch in mehreren Druckstössen durch die
Werkstücköffnung geführt wird.
[0018] Die Austragvorrichtung kann im Bereich eines Werkstückendes zentrisch als auch aussermittig
zur Werkstücköffnung angebracht sein. Es ist aber auch möglich, mit der Austragvorrichtung
in das Werkstückinnere zu fahren oder während des Austragens des Gemisches die Austragvorrichtung
durch die Werkstücköffnung zu führen.
[0019] Während der Anwendung des Beizmittels weist das Werkstück in der Regel seine Walztemperatur
von etwa 1000 bis 1300°C auf, wobei es im Rahmen der technischen Gegebenheiten liegt,
dass sich zwischen dem Beizvorgang und dem ersten Walzvorgang noch Temperaturänderungen
einstellen können.
[0020] Das erfindungsgemässe Verfahren wird mit einer Vorrichtung ausgeführt, die beispielhaft
und schematisch in Abbildung 1 dargestellt ist.
[0021] Erfindungsgemäss umfasst die Vorrichtung einen Vorratsbehälter 1 für das Beizmittel,
daran angeschlossen eine volumetrische oder gravimetrische Dosiervorrichtung 2, die
sich in einen Druckbehälter 3 entleert. Der Druckbehälter 3 ist mit einer Druckgaszuführung
4 und einem Auslass 5 für das Gas-Beizmittel-Gemisch ausgerüstet. Der Auslass 5 wird
über ein Oeffnungsventil 6 gesteuert, wobei nach dem Oeffnen des Ventils das Gas-Beizmittel-Gemisch
durch eine Transportleitung 7 zu einer Austragvorrichtung 8 geführt wird.
[0022] Die Austragvorrichtung 8 hat die Aufgabe, zugleich Verteilvorrichtung zu sein und
einen rundum gleichmässigen Austrag zu gewährleisten.
[0023] Ein weiteres wesentliches Merkmal des Druckbehälters ist die Gestaltung des Auslasses
5. Dieser muss gewährleisten, dass das Material restlos und ohne zu Entmischen während
des Arbeitstaktes ausgetragen wird. Als technische Massnahme kann das beispielsweise
durch einen Druckbehälter mit Wänden, die sich sehr steil gegen den Auslass 5 neigen,
und/oder einen Konus im Bereich des Auslasses angestrebt werden.
[0024] Weitere Ausgestaltungsformen sind die Möglichkeiten des Vorheizens des Gases und/oder
Entzunderungsmittels, entweder vor oder innerhalb des Druckbehälters oder in der Transportleitung.
Durch die verhältnismässig kleinen Mengen an Beizmittel und Gas ist das Vorheizen
leicht möglich.
[0025] Durch Anpassung der Dosiervorrichtung und der Austragvorrichtung ist es auch möglich,
das Beizmittel in gleicher Weise in flüssiger Form als Lösung, Suspension oder Schmelze
zu verarbeiten.
[0026] Als Ventile und Steuerorgane für die Dosiervorrichtung 9,10, die
Druckgaszuführung 11 und den Auslass 5 können an sich bekannte Konstruktionen verwendet
werden. Die Steuerung kann beispielsweise mechanisch, hydraulisch, pneumatisch oder
elektromagnetisch erfolgen, wobei eine dem jeweiligen Arbeitstakt des Walzwerkes und
dem Programmablauf gerecht werdende Steuerung auf an sich bekannte Weise, beispielsweise
durch Handsteuerung, mechanisch oder auch elektronisch, erfolgen kann.
[0027] In der Abbildung 1 ist ferner das Werkstück beispielsweise eine
Luppe, Hohlblock oder Rohr 12 und der als Werkstückinne
n- raum 13 bezeichnete Hohlraum erkennbar.
[0028] Mit dem Verfahren nach vorliegender Erfindung gelingt es, das Beizmittel ohne allfällige
Entmischung in gleichmässiger Ver-" teilung im Werkstückinnenraum zu verteilen und
die vorhandene Zunderschicht zu modifizieren, resp. chemisch umzusetzen. Idealerweise
wird durch die Verwendung des Beizmittels nicht nur eine gleichmässige und gut haftende
dünne Oberflächenschicht erhalten, sondern die sich bildenden Produkte auf der inneren
Oberfläche des Werkstückes haben idealerweise nichtabrasive oder sogar schmierende
Eigenschaften.
[0029] Durch die Verwendung von im Vergleich zu bekannten Entzunderungsverfahren kleinen
Gasmengen kommen bei der Verwendung von Luft als Druckgas nur verhältnismässig kleine
Sauerstoffmengen mit dem auf Walztemperatur erhitzten Werkstück in Berührung, was
eine stark vermindernde Bildung von neuen Oxidationsprodukten bedeutet.
[0030] Bei den geringen Gasmengen kann es auch schon wirtschaftlich vertretbar werden, Inertgase,
wie Stickstoff oder Edelgase anzuwenden. Ein neuerliches Aufoxidieren kann damit vermieden
werden.
[0031] Gegenüber bekannten Verfahren zur Entzunderung werden auch pro Flächeneinheit verhältnismässig
geringe Mengen an Beizmittel benötigt.
[0032] Durch die geringen Gas- und Beizmittelmengen nach dem Verfahren vorliegender Erfindung
wird das früher vorgeschlagene Absaugen des Entzunderungs-Gas-Gemisches überflüssig,
ein Zurückschlagen des Gemisches aus der Werkstücköffnung, wie das bei nicht erfindungsgemässen
Verfahren leicht möglich ist, beispielsweise durch die momentane starke Aufheizung,
tritt nicht oder höchstens in nicht störender Weise auf. Werden nach dem Verfahren
vorliegender Erfindung das Gas und/oder das Beizmittel vorgeheizt, können diese Probleme
ganz vernachlässigt werden. Die gezielt eingesetzte Strömung bewirkt weiters eine
äusserst homogene Verteilung des Beizmittels auf der Oberfläche des Werkstückinnenraumes,
so dass kein an sich überschüssiges Beizmittel, das seinerseits wieder abgeschieden
oder als Verlust eingerechnet werden muss, für das Verfahren benötigt wird.
1. Verfahren zum Verarbeiten von Beizmitteln insbesondere zum Beizen von auf Walztemperatur
erhitzten Werkstücken für die Rohrherstellung, dadurch gekennzeichnet, dass das Beizmittel
volumetrisch oder gravimetrisch so dosiert in einen Druckbehälter eingespiesen wird,
dass pro m2 Innenwandung des Werkstückes 5 bis 100 g Beizmittel vorhanden sind, der
Druckbehälter mit Druckgas beaufschlagt wird, so dass sich ein Verhältnis von 50 bis
750 Normalliter Gas pro Kilogramm Beizmittel einstellt, und dass Gas und Beizmittel
als homogenes Gemisch durch eine Transportleitung zu einer Austragvorrichtung geleitet
und in zirkulärer, turbulenter, laminarer oder pulsierender Bewegung in oder auf das
auf Walztemperatur erhitzte Werkstück geleitet und das Beizmittel auf die Werkstückwandungen
aufgetragen wird.
2. Verfahren nach Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Beizmittel volumetrisch
dosiert wird.
3. Verfahren nach Patentansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, dass pro m2 Werkstückinnenwandung
10 bis 60 g, vorzugsweise 25 bis 50 g Beizmittel angewendet werden und dass pro Kilogramm
Beizmittel 100 bis 500 Normalliter Gas, vorzugsweise 100 bis 250 Normalliter Gas,
angewendet werden.
4. Verfahren nach Patentansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Austragvorrichtung
während des Auftragens des Beizmittels in einem Werkstückhohlraum durch den Werkstückhohlraum
geführt wird.
5. Verfahren gemäss Patentansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Beizmittel
durch die im Bereich eines Hohlkörperendes befindliche Austragsvorrichtung in den
Werkstückhohlraum geleitet und auf die Innenwandung aufgetragen wird.
6. Verfahren gemäss Patentansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass als Gas
Luft, Stickstoff, C02, ein Gas aus der Reihe der Edelgase oder Gemische dieser Gase verwendet werden.
7. Verfahren gemäss Patentansprüchen 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass das Beizmittel
in trockener Form als Pulver mit einer durchschnittlichen Korngrösse von 50 bis 1000
Mikrometer oder als Granulat mit einer durchschnittlichen Korngrösse von 0,5 bis 4
mm angewendet wird.
8. Verfahren gemäss Patentansprüchen 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Druckbehälter
derart mit Druckgas beaufschlagt wird, dass sich ein Druck von 2 bis 20 bar, vorzugsweise
2 bis 10 bar, einstellt.
9. Verfahren gemäss Patentansprüchen 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass das Beizmittel
für das Beizen von Luppen angewendet wird und auf die inneren Luppenwandungen des
Luppenhohlraumes aufgetragen wird.
10. Vorrichtung zum Verarbeiten von Beizmitteln nach dem Verfahren von Patentanspruch
1, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorrichtung einen Vorratsbehälter für das Beizmittel,
daran angeschlossen eine volumetrische oder gravimetrische Dosiervorrichtung, die
sich in einen Druckbehälter entleert, aufweist und der Druckbehälter einen Druckgaseinlass
und einen Auslass für das Gas-Beizmittel-Gemisch aufweist, wobei der Auslass durch
ein Oeffnungsventil gesteuert wird und die Vorrichtung eine Transportleitung und an
deren Ende eine Austragvorrichtung für das Gas-Beizmittel-Gemisch aufweist.
11. Vorrichtung gemäss Patentanspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass als Dosiervorrichtung
eine volumetrische Dosiervorrichtung eingesetzt wird.
12. Vorrichtung gemäss Patentansprüchen 10 und 11, dadurch gekennzeichnet, dass als
Dosiervorrichtung ein Schneckendosierer eingesetzt wird.