(19)
(11) EP 0 172 366 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
26.02.1986  Patentblatt  1986/09

(21) Anmeldenummer: 85108047.3

(22) Anmeldetag:  28.06.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C23G 3/04, B21B 45/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE FR GB IT LI LU SE

(30) Priorität: 23.07.1984 CH 3571/84

(71) Anmelder: LONZA AG
CH-3945 Gampel/Wallis (CH)

(72) Erfinder:
  • Bonifay, Michel
    Binningen (CH)
  • Furrer, Hansjörg
    Ziefen (CH)

(74) Vertreter: Finck, Dieter, Dr.Ing. et al
Patentanwälte v. Füner, Ebbinghaus, Finck Mariahilfplatz 2 - 3
81541 München
81541 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren und Vorrichtung zum Beizen von Werkstücken zur Rohrherstellung


    (57) Verfahren zum Verarbeiten von Beizmitteln und insbesondere zum Beizen von auf Walztemperatur von 1000 bis 1300°C erhitzten Werkstücken für die Rohrherstellung durch Auftragen einer vorbestimmten Beizmittelmenge mittels einer vorbestimmten Gasmenge als homogenes Gemisch auf die Innenwände, beispielsweise einer Luppe für die Herstellung eines nahtlosen Rohres. Die Erfindung umfasst auch eine Vorrichtung aus Vorratsbehälter und Dosiervorrichtung (2) für das Beizmittel, Druckbehälter (3) mit einer Gaszuführung (11) und einem Einlass (10) für das Beizmittel und Auslass (6) für das Gas-Beizmittel-Gemisch, Transportleitung (7) sowie Austragvorrichtung (8).


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Beizen von Hohlkörpern, wie Luppen Hohlblöcken oder Rohren.

    [0002] Es ist bekannt, Metalloberflächen und insbesondere Stahloberflächen vor einer Umformung zu beizen. Eine Möglichkeit des Beizens ist die Oberflächenbehandlung mit Säuren, Säuregemischen, Alkalien oder Salzgemischen.

    [0003] Beispielsweise bei der Verarbeitung von Werkstücken aus Eisen und insbesonders Stahl, wie Hohlblöcken oder Rohren und speziell von Luppen zu nahtlosen Rohren in Anlagen wie Stossbankanlagen, Schrittwalzwerken, Asselstrasse, Stopfenwalzwerken, Pilgerstrassen, Kontistrassen, Multiple Pipe Mills, Stauchpressen usw. muss vor dem Einführen der Dornstange das Luppen-, Hohlblock- oder Rohrinnere bei Temperaturen im Bereich der Walztemperatur, d.h. bei rund 1000 bis 1300°C gebeizt werden. Durch die Komplexität des Arbeitsablaufes in Walzwerken der genannten Art war es bisher nicht möglich, auf rationelle Weise ein vollständiges Beizen zu erreichen, so kann es durchaus vorkommen, dass für das Auftragen des Beizmittels nur so kurze Zeiträume wie ca. 1 Sekunde zur Verfügung stehen.

    [0004] Es wurde schon vorgeschlagen, Luppen zu entzundern, indem Entzunderungsmittel mit Hilfe eines Druckgases in zirkulärer Bewegung an einem Luppenende in das Innere der auf Walztemperatur erhitzten Luppe einzuführen und am anderen Luppenende durch Absaugen das Restgemisch auszutragen.

    [0005] Dieses Verfahren hat den Nachteil, grosse Gas- und Entzunderungsmengen zu benötigen. Aus wirtschaftlichen Gründen muss als Gas in der Regel Luft angewendet werden, die, insbesondere in derart grossen Mengen, oxidativ, aber auch stark kühlend auf das Luppeninnere wirkt.

    [0006] Weiters ist ein Absaugen und Filtrieren des Restgemisches von Gas und Salzen nicht unproblematisch.

    [0007] Aufgabe vorliegender Erfindung ist es, eine Vorrichtung und ein Verfahren vorzuschlagen, das es erm8glicht, im Arbeitsablauf eines Walzwerkes eine Beizung kontinuierlich und möglichst vollständig vorzunehmen und diese Aufgabe bei geringem apparativen Aufwand mit angepassten Beizmittelmengen auszuführen.

    [0008] Erfindungsgemäss wird das mit einem Verfahren nach Patentanspruch 1 und einer Vorrichtung nach Patentanspruch 10 erreicht.

    [0009] Das Verfahren wird derart ausgeführt, dass das Beizmittel, zweckmässig in trockener Form als Pulver, mit einer durchschnittlichen Korngrösse von 50 bis 1000 Mikrometer oder als Granulat mit einer durchschnittlichen Korngrösse von 0,5 bis 4 mm in einem Vorratsbehälter eingefüllt wird. In der Regel durch Schwerkraft, nötigenfalls mit Unterstützung beispielsweise eines Rüttlers, eines umlaufenden Rührflügels oder durch Lufteinblasen, um eine Brückenbildung des Pulvers zu vermeiden, wird das Beizmittel in eine Dosiervorrichtung gespiesen. Gegebenenfalls kann der Silobehälter als Druckbehälter ausgebildet sein und das Material wird dann durch Druckbeaufschlagung ausgetragen. Als Dosiervorrichtung kommen an sich bekannte Dosier- vorrichtungen in Frage, wie Dosierwaagen, Dosierschnecken, Dosierspiralen, Schwingaufgeber oder ein Dosierband.

    [0010] Die Dosierung wird gravimetrisch oder volumetrisch ausgeführt, zweckmässig erfolgt eine volumetrische Dosierung, vorzugsweise wird ein Schneckendosierer eingesetzt.

    [0011] Aus der Dosiervorrichtung wird das Beizmittel in einen Druckbehälter eingebracht. Dieser Druckbehälter wird mittels eines Gases unter Druck gesetzt. Als geeignetes Gas kann Luft, Stickstoff, C02, ein Edelgas oder Gemische davon eingesetzt werden.

    [0012] Nach dem erfindungsgemässen Verfahren werden 5 bis 100 g Beizmittel pro m2 innere Oberfläche oder Innenwandung des Werkstückes angewendet. Zweckmässig werden 10 bis 60 g, vorteilhaft 25 bis 50 g Beizmittel pro m2 Innenwandung angewendet.

    [0013] Die Gasmenge beträgt 50 bis 750 Normalliter pro Kilogramm Beiz- mittel. In einer zweckmässigen Ausführungsform werden 100 bis 500 Normalliter, vorzugsweise 100 bis 250 Normalliter Gas pro Kilogramm Beizmittel angewendet.

    [0014] Der Druck im Druckbehälter soll 2 bis 20 bar, vorzugsweise 2 bis 10 bar betragen.

    [0015] Nach erfolgter Druckbeladung des Druckbehälters kann im Rahmen des Arbeitstaktes des Walzwerkes das Beizmittel verarbeitet werden. Zu diesem Zweck ist eine Transportleitung vorgesehen, die zu einer Austragvorrichtung führt. Diese Austragvorrichtung kann beispielsweise eine einfache Rohröffnung, ein Austragkonus, gegebenenfalls mit Spirale oder mit einem Diffuser ausgerüstet, sein und es können auch verschiedene Düsenarten eingesetzt werden.

    [0016] Um das Beizmittel gleichmässig im Hohlraum des Werkstückes zu verteilen und aufzutragen, wird auf eine zirkuläre, laminare, turbulente oder pulsierende Strömung des Gas-Beizmittel-Gemisches abgezielt, wobei generell eine zirkuläre oder turbulente Strömung angestrebt wird.

    [0017] Unter zirkulärer Bewegung wird verstanden, dass sich das Gemisch unter Ausbildung einer spiralförmigen Bewegung durch die Oeffnung des Werkstückes hindurch bewegt. Die laminare Strömung bedeutet, dass das Gemisch in im wesentlich gleichförmiger Be-wegung durch die Werkstücköffnung hindurchströmt, während unter turbulenter Strömung eine Wirbelbildung des strömenden Mediums angestrebt wird. Die pulsierende Strömung umschreibt ein Verfahren, gemäss dem das Gemisch in mehreren Druckstössen durch die Werkstücköffnung geführt wird.

    [0018] Die Austragvorrichtung kann im Bereich eines Werkstückendes zentrisch als auch aussermittig zur Werkstücköffnung angebracht sein. Es ist aber auch möglich, mit der Austragvorrichtung in das Werkstückinnere zu fahren oder während des Austragens des Gemisches die Austragvorrichtung durch die Werkstücköffnung zu führen.

    [0019] Während der Anwendung des Beizmittels weist das Werkstück in der Regel seine Walztemperatur von etwa 1000 bis 1300°C auf, wobei es im Rahmen der technischen Gegebenheiten liegt, dass sich zwischen dem Beizvorgang und dem ersten Walzvorgang noch Temperaturänderungen einstellen können.

    [0020] Das erfindungsgemässe Verfahren wird mit einer Vorrichtung ausgeführt, die beispielhaft und schematisch in Abbildung 1 dargestellt ist.

    [0021] Erfindungsgemäss umfasst die Vorrichtung einen Vorratsbehälter 1 für das Beizmittel, daran angeschlossen eine volumetrische oder gravimetrische Dosiervorrichtung 2, die sich in einen Druckbehälter 3 entleert. Der Druckbehälter 3 ist mit einer Druckgaszuführung 4 und einem Auslass 5 für das Gas-Beizmittel-Gemisch ausgerüstet. Der Auslass 5 wird über ein Oeffnungsventil 6 gesteuert, wobei nach dem Oeffnen des Ventils das Gas-Beizmittel-Gemisch durch eine Transportleitung 7 zu einer Austragvorrichtung 8 geführt wird.

    [0022] Die Austragvorrichtung 8 hat die Aufgabe, zugleich Verteilvorrichtung zu sein und einen rundum gleichmässigen Austrag zu gewährleisten.

    [0023] Ein weiteres wesentliches Merkmal des Druckbehälters ist die Gestaltung des Auslasses 5. Dieser muss gewährleisten, dass das Material restlos und ohne zu Entmischen während des Arbeitstaktes ausgetragen wird. Als technische Massnahme kann das beispielsweise durch einen Druckbehälter mit Wänden, die sich sehr steil gegen den Auslass 5 neigen, und/oder einen Konus im Bereich des Auslasses angestrebt werden.

    [0024] Weitere Ausgestaltungsformen sind die Möglichkeiten des Vorheizens des Gases und/oder Entzunderungsmittels, entweder vor oder innerhalb des Druckbehälters oder in der Transportleitung. Durch die verhältnismässig kleinen Mengen an Beizmittel und Gas ist das Vorheizen leicht möglich.

    [0025] Durch Anpassung der Dosiervorrichtung und der Austragvorrichtung ist es auch möglich, das Beizmittel in gleicher Weise in flüssiger Form als Lösung, Suspension oder Schmelze zu verarbeiten.

    [0026] Als Ventile und Steuerorgane für die Dosiervorrichtung 9,10, die Druckgaszuführung 11 und den Auslass 5 können an sich bekannte Konstruktionen verwendet werden. Die Steuerung kann beispielsweise mechanisch, hydraulisch, pneumatisch oder elektromagnetisch erfolgen, wobei eine dem jeweiligen Arbeitstakt des Walzwerkes und dem Programmablauf gerecht werdende Steuerung auf an sich bekannte Weise, beispielsweise durch Handsteuerung, mechanisch oder auch elektronisch, erfolgen kann.

    [0027] In der Abbildung 1 ist ferner das Werkstück beispielsweise eine Luppe, Hohlblock oder Rohr 12 und der als Werkstückinnen- raum 13 bezeichnete Hohlraum erkennbar.

    [0028] Mit dem Verfahren nach vorliegender Erfindung gelingt es, das Beizmittel ohne allfällige Entmischung in gleichmässiger Ver-" teilung im Werkstückinnenraum zu verteilen und die vorhandene Zunderschicht zu modifizieren, resp. chemisch umzusetzen. Idealerweise wird durch die Verwendung des Beizmittels nicht nur eine gleichmässige und gut haftende dünne Oberflächenschicht erhalten, sondern die sich bildenden Produkte auf der inneren Oberfläche des Werkstückes haben idealerweise nichtabrasive oder sogar schmierende Eigenschaften.

    [0029] Durch die Verwendung von im Vergleich zu bekannten Entzunderungsverfahren kleinen Gasmengen kommen bei der Verwendung von Luft als Druckgas nur verhältnismässig kleine Sauerstoffmengen mit dem auf Walztemperatur erhitzten Werkstück in Berührung, was eine stark vermindernde Bildung von neuen Oxidationsprodukten bedeutet.

    [0030] Bei den geringen Gasmengen kann es auch schon wirtschaftlich vertretbar werden, Inertgase, wie Stickstoff oder Edelgase anzuwenden. Ein neuerliches Aufoxidieren kann damit vermieden werden.

    [0031] Gegenüber bekannten Verfahren zur Entzunderung werden auch pro Flächeneinheit verhältnismässig geringe Mengen an Beizmittel benötigt.

    [0032] Durch die geringen Gas- und Beizmittelmengen nach dem Verfahren vorliegender Erfindung wird das früher vorgeschlagene Absaugen des Entzunderungs-Gas-Gemisches überflüssig, ein Zurückschlagen des Gemisches aus der Werkstücköffnung, wie das bei nicht erfindungsgemässen Verfahren leicht möglich ist, beispielsweise durch die momentane starke Aufheizung, tritt nicht oder höchstens in nicht störender Weise auf. Werden nach dem Verfahren vorliegender Erfindung das Gas und/oder das Beizmittel vorgeheizt, können diese Probleme ganz vernachlässigt werden. Die gezielt eingesetzte Strömung bewirkt weiters eine äusserst homogene Verteilung des Beizmittels auf der Oberfläche des Werkstückinnenraumes, so dass kein an sich überschüssiges Beizmittel, das seinerseits wieder abgeschieden oder als Verlust eingerechnet werden muss, für das Verfahren benötigt wird.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Verarbeiten von Beizmitteln insbesondere zum Beizen von auf Walztemperatur erhitzten Werkstücken für die Rohrherstellung, dadurch gekennzeichnet, dass das Beizmittel volumetrisch oder gravimetrisch so dosiert in einen Druckbehälter eingespiesen wird, dass pro m2 Innenwandung des Werkstückes 5 bis 100 g Beizmittel vorhanden sind, der Druckbehälter mit Druckgas beaufschlagt wird, so dass sich ein Verhältnis von 50 bis 750 Normalliter Gas pro Kilogramm Beizmittel einstellt, und dass Gas und Beizmittel als homogenes Gemisch durch eine Transportleitung zu einer Austragvorrichtung geleitet und in zirkulärer, turbulenter, laminarer oder pulsierender Bewegung in oder auf das auf Walztemperatur erhitzte Werkstück geleitet und das Beizmittel auf die Werkstückwandungen aufgetragen wird.
     
    2. Verfahren nach Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Beizmittel volumetrisch dosiert wird.
     
    3. Verfahren nach Patentansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, dass pro m2 Werkstückinnenwandung 10 bis 60 g, vorzugsweise 25 bis 50 g Beizmittel angewendet werden und dass pro Kilogramm Beizmittel 100 bis 500 Normalliter Gas, vorzugsweise 100 bis 250 Normalliter Gas, angewendet werden.
     
    4. Verfahren nach Patentansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Austragvorrichtung während des Auftragens des Beizmittels in einem Werkstückhohlraum durch den Werkstückhohlraum geführt wird.
     
    5. Verfahren gemäss Patentansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Beizmittel durch die im Bereich eines Hohlkörperendes befindliche Austragsvorrichtung in den Werkstückhohlraum geleitet und auf die Innenwandung aufgetragen wird.
     
    6. Verfahren gemäss Patentansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass als Gas Luft, Stickstoff, C02, ein Gas aus der Reihe der Edelgase oder Gemische dieser Gase verwendet werden.
     
    7. Verfahren gemäss Patentansprüchen 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass das Beizmittel in trockener Form als Pulver mit einer durchschnittlichen Korngrösse von 50 bis 1000 Mikrometer oder als Granulat mit einer durchschnittlichen Korngrösse von 0,5 bis 4 mm angewendet wird.
     
    8. Verfahren gemäss Patentansprüchen 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Druckbehälter derart mit Druckgas beaufschlagt wird, dass sich ein Druck von 2 bis 20 bar, vorzugsweise 2 bis 10 bar, einstellt.
     
    9. Verfahren gemäss Patentansprüchen 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass das Beizmittel für das Beizen von Luppen angewendet wird und auf die inneren Luppenwandungen des Luppenhohlraumes aufgetragen wird.
     
    10. Vorrichtung zum Verarbeiten von Beizmitteln nach dem Verfahren von Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorrichtung einen Vorratsbehälter für das Beizmittel, daran angeschlossen eine volumetrische oder gravimetrische Dosiervorrichtung, die sich in einen Druckbehälter entleert, aufweist und der Druckbehälter einen Druckgaseinlass und einen Auslass für das Gas-Beizmittel-Gemisch aufweist, wobei der Auslass durch ein Oeffnungsventil gesteuert wird und die Vorrichtung eine Transportleitung und an deren Ende eine Austragvorrichtung für das Gas-Beizmittel-Gemisch aufweist.
     
    11. Vorrichtung gemäss Patentanspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass als Dosiervorrichtung eine volumetrische Dosiervorrichtung eingesetzt wird.
     
    12. Vorrichtung gemäss Patentansprüchen 10 und 11, dadurch gekennzeichnet, dass als Dosiervorrichtung ein Schneckendosierer eingesetzt wird.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht