(19)
(11) EP 0 176 848 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
09.04.1986  Patentblatt  1986/15

(21) Anmeldenummer: 85111673.1

(22) Anmeldetag:  16.09.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4D04H 1/64, D04H 3/12
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 28.09.1984 DE 3435640

(71) Anmelder: HOECHST AKTIENGESELLSCHAFT
65926 Frankfurt am Main (DE)

(72) Erfinder:
  • Heidel, Peter, Dr.
    D-8903 Bobingen (DE)
  • Kaulich, Franz
    D-8903 Bobingen (DE)
  • Artus, Heinz, Dr.
    D-8903 Bobingen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Vliesstoff


    (57) Ein Vliesstoff aus mit einem Bindemittel verfestigten Fasern oder Filamenten, der für den Einsatz als Trägerbahn in Dachbahnen geeignet ist, die gegen Flugfeuer und strahlende Wärme beständig sind, wird erhalten durch Aufbringen von gegen den Angriff von Hitze und Feuer beständigen Feststoffteilchen, deren räumliche Ausdehnung mindestens in einer Dimension groß ist gegenüber der wirksamen Öffnungsweite der Vliesschicht, zusammen mit dem Bindemittel. Durch dieses Größenverhältnis wird eine Schichtbildung der Feststoffteilchen auf den Vlies gewährleistet, wobei sich eine mit dem Vlies aus Fasern oder Filamenten festverbundene Schlicht ausbildet.


    Beschreibung


    [0001] Die vorliegende Erfindung betrifft einen Vliesstoff, der überwiegend aus synthetischen Fasern besteht und mit einer Schicht aus inerten fasrigen Feststoffteilchen versehen ist,und der für den Einsatz als Trägerbahn in Dachbahnen geeignet ist, die gegen Flugfeuer und strahlende Wärme beständig sind. Solche Dachbahnen sind meist ein- oder beidseitig mit Bitumen beschichtet, können aber auch eine Beschichtung aus Elastomeren oder Plastomeren aufweisen.

    [0002] Zur Verbesserung des Brandverhaltens derartiger Dachbahnen nach DIN 4102/Teil 7 werden häufig Schichtstoffe, wie sie z.B. in der DE-PS 28 27 136 beschrieben sind, als Trägerbahn eingesetzt.

    [0003] Aus der DE-OS 32 26 041 ist es bekannt, auf ein loses, d.h. unverfestigtes, Mineralfaservlies eine dünne Schicht von ebenfalls losen Kunstoffasern aufzubringen und diesen Schichtstoff durch Nadeln zu verfestigen. Durch eine Hitzebehandlung ist es möglich, die Kunststofffasern mit den Mineralfasern zu verschmelzen. Durch dieses Verschmelzen werden formstabile Mineralfaserblankets erhalten.

    [0004] Als Trägerbahn für Dachbahnen ist ein Schichtstoff aus einem Synthesefaservlies und einem Mineralfaservlies aus dem DE-GM 77 39 489 bekannt. Die beiden Vliesschichten aus synthetischem und mineralischem Fasermaterial sind dort durch Binden oder Kleben miteinander verbunden. Verwendet werden hierzu thermoplastische und vernetzende Duromere.

    [0005] Solche Trägerbahnen führen zu Dach- und Dichtungsbahnen mit hinreichend hoher Verarbeitungsstabilität beim Bituminieren und bei der Verlegung. Ihre Dimensionsstabilität erlaubt sogar einlagige Verlegung auf dem Dach. Das Brandverhalten dieser Dachbahnen nach DIN 4102/Teil 7, ist durch die Mineralfaserschicht deutlich verbessert.

    [0006] Trägerbahnen aus Mischvliesen aus mineralischen und synthetischen Fasern, wie sie in DE-GM 77 23 547 beschrieben sind, ergeben dagegen keine ausreichende Verbesserung des Brandverhaltens.

    [0007] Es ist weiterhin vorgeschlagen worden, Vliesstoffe aus flammhemmenden Faserrohstoffen herzustellen. Der Einsatz derartiger Faser- bzw. Fädenrohstoffe bei der Herstellung der benötigten Vliese führte jedoch nicht zu dem erwünschten vollen Erfolg. Ein Ausbreiten des Brandes in unteren Schichten einer Dachabdeckung konnte so nicht verhindert werden. Auch flammhemmende Zusätze zur Bitumenmasse bzw. zur Polymermasse zeigten keinen Erfolg. Die flammhemmenden Zusätze fließen in einem Brandfall mit dem Bitumen davon, so daß der zurückbleibende Vliesstoff und die unteren Schichten nicht mehr durch diese Zusätze geschützt werden.

    [0008] Ferner wurde vorgeschlagen, den Vliesstoff mit einer an sich bekannten flammhemmenden Ausrüstung zu versehen, die bei den Verarbeitungstemperaturen der Be-schichtungsmasse und der Dachbahn sich noch inert verhält, bei höheren Temperaturen jedoch eine weitgehend geschlossene, vorzugsweise schaumartige Schicht ausbildet.

    [0009] Soweit die bekannten Trägerbahnen aus zwei weitgehend fertig hergestellten Vliesschichten bestehen, die dann nachträglich durch verschiedene Techniken miteinander verbunden werden, bleibt nahezu unvermeidlich eine gewisse Neigung zur Delaminierung unter extremen mechanischen und/oder thermischen Bedingungen.

    [0010] Außerdem sind sie, obwohl sie eine Verbesserung des Brandverhaltens zeigen, in ihrer Herstellung aus zwei Schichten aufwendig.

    [0011] Diese Nachteile werden durch den erfindungsgemäßen Vliesstoff überwunden. Überraschenderweise wurde gefunden, daß das Brandverhalten von Vliesstoffen aus mit einem Bindemittel verfestigten Fasern oder Filamenten bzw. von daraus hergestellten Dachbahnen deutlich verbessert wird, wenn der Vliesstoff eine Schicht im Bindemittel verteilter inerter fasriger Feststoffteilchen enthält.

    [0012] Inert bedeutet, daß die Feststoffteilchen gegen den Angriff von Hitze und Feuer beständig, d.h. nicht oder nur schwer entflammbar sind.

    [0013] Unter fasrigen Feststoffteilchen sind solche zu verstehen, deren räumliche Ausdehnung mindestens in einer Dimension groß ist gegenüber der wirksamen öffnungsweite der Vliesschicht, wie sie für Geotextilien in Heft 56 (1983) der Mitteilungen des Franzius-Instituts für Wasserbau-und Küsten-Ingenieurwesen der Universität Hannover, Seite 379 bis 381 definiert wird.

    [0014] Beispiele für derartige fasrige Feststoffteilchen sind mineralische Fasern, insbesondere sogenannte Kurzschnittfasern, wie sie zur Herstellung von Naßvliesen verwendet werden und die durch Schneiden oder durch Mahlen von Mineralwollen, Glasfasern oder keramischen Fasern hergestellt werden. Diese mineralischen Fasern weisen meist Durchmesser zwischen 5 und 50 µm auf, ihre Länge kann zwischen 50 µm und 18 mm liegen. In der Praxis wird jedoch die Obergrenze der Längsausdehnung der fasrigen Feststoffteilchen durch ihre Dispergierbarkeit im gelösten oder emulgierten Bindemittel festgelegt.

    [0015] Als fasrige Feststoffteilchen können jedoch auch andere geformte Gebilde aus inerten Materialien verwendet werden, soweit ihre räumliche Ausdehnung in mindestens einer Dimension groß ist gegenüber der wirksamen öffnungsweite der Vliesschicht und soweit sie sich im Bindemittel dispergieren lassen.

    [0016] Anstelle mineralischer Fasern können als inerte fasrige Feststoffteilchen auch flammfest ausgerüstete Zellulosefasern oder andere Fasern benutzt werden, die dem erfindungsgemäßen Vliesstoff über den Flammschutz hinaus weitere Eigenschaften vermitteln, wie sie Einstoff-Vliese nicht aufweisen, also z.B. Farbgebung oder Färbbarkeit, bessere Haftvermittlung zu Beschichtungen, Hydrophilie oder Hydrophobie, elektrische Leitfähigkeit oder antistatische Wirkungen (Metallfasern),oder unterschiedliche Schrumpfvermögen zum Schaffen von Kräuseleffekten. .

    [0017] Für die Verfestigung von Vliesstoffen werden Bindemittel häufig in Form wässriger Dispersionen oder wässriger Lösungen verwendet. Bekannte Bindemittel in Form wässriger Dispersionen sind Homo-, Co- oder Terpolymerisate aus Acrylsäureestern, Acrylsäureamiden, Acrylnitril, Butadien und Styrol.

    [0018] Besonders geeignet für die Herstellung des erfindungsgemäßen Vliesstoffes sind aber Bindemittel auf Basis von wasserlöslichen Harnstoff-Formaldehyd-, Melamin-Formaldehyd-, Phenol-Formaldehyd-Kondensaten oder in Wasser dispergierte Polymerisate von Vinylidenchlorid und Vinylchlorid, die allein oder im Gemisch angewendet werden.

    [0019] Die Bindemittel können nach verschiedenen, z.B. in "Vliesstoff", G. Thieme Verlag Stuttgart, New York, herausgegeben von J. Lünenschloß und W. Albrecht 1982, Seite 177 bis 199, beschriebenen Verfahren appliziert werden. Gängigstes Verfahren ist die Foulardierung in einem Trog mit nachfolgendem Quetschwalzenpaar. Durch Einwirkung von Wärme wird dem Bindemittel Wasser entzogen und die Bindemittel-Filament-Bindung gebildet.

    [0020] Der mit diesen Bindemitteln zu verfestigende Vliesstoff kann aus Fasern oder Filamenten aus den bekannten synthetischen Polymeren bestehen. Bevorzugt ist jedoch ein Vliesstoff aus genadelten Filamenten aus Polyester, vorzugsweise Polyethylenterephthalat, der nach dem bekannten spunbond-Verfahren, d.h. durch Ablegen der frischgesponnenen Polyesterfilamente zu einem Vlies, gebildet wurde.

    [0021] Die inerte fasrigen Feststoffteilchen werden bevorzugt der wässrigen Bindemittelflotte zugesetzt und durch Rühren in der Schwebe gehalten. Das Absetzen der Feststoffteilchen kann aber auch durch Zugabe eines Verdickungsmittels, z.B. auf Basis löslicher Zellulosederivate, verhindert werden.

    [0022] Zur Herstellung des erfindungsgemäßen Vliesstoff wird das Bindemittel mit den darin dispergierten inerten fasrigen Feststoffteilchen von einer Seite auf das Vlies aus Fasern oder Filamenten aus synthetischen Polymeren aufgebracht.

    [0023] Es ist jedoch ebenso möglich, dieses Vlies aus Fasern oder Filamenten aus den bekannten synthetischen Polymeren mit dem Bindemittel zu tränken und dann die inerten fasrigen Feststoffteilchen aufzubringen.

    [0024] Auf dem Vlies aus Fasern oder Filamenten bildet sich dabei zuerst eine schichtartige Ansammlung der inerten fasrigen Feststoffteilchen, die bei der anschließenden Verdampfung des mit der wässrigen Bindemittelsuspension in das Vlies eingebrachten Wassers und die Aushärtung des Bindemittels fest in dieses Bindemittel eingelagert mit dem verfestigten Vlies aus Fasern oder Filamenten den erfindungsgemäßen Vliesstoff bildet.

    [0025] Für die dabei eintretende Schichtbildung ist die Größeneinschränkung der inerten fasrigen Feststoffteilchen auf solche mit einer räumlichen Ausdehnung in mindestens einer Dimension, die groß ist gegenüber der wirksamen öffnungsweite der Vliesschicht entscheidend, da hierdurch ein Eindringen in die unterliegende Vliesschicht weitgehend vermieden wird.

    [0026] In dem erfindungsgemäßen Vliesstoff kann der Anteil an inerten fasrigen Feststoffteilchen zwischen 30 und 200 g/m2 liegen, der der übrigen Fasern und Filamente kann 50 bis 350 g/m2 betragen. Der Anteil der inerten fasrigen Feststoffteilchen am Gesamtgewicht des erfindungsgemäßen Vliesstoffes sollte zwischen 10 und 50 %, vorzugsweise zwischen 20 und 30 %,liegen.


    Ansprüche

    1. Vliesstoff aus mit einem Bindemittel verfestigten Fasern oder Filamenten, dadurch gekennzeichnet, daß der Vliesstoff eine Schicht im Bindemittel verteilter inerter fasriger Feststoffteilchen enthält.
     
    2. Vliesstoff aus genadelten, mit einem Bindemittel verfestigten und nach dem spunbond-Verfahren abgelegten Polyesterfilamenten, dadurch gekennzeichnet, daß der Vliesstoff eine Schicht im Bindemittel verteilter inerter fasriger Feststoffteilchen enthält.
     
    3. Vliesstoff nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Feststoffteilchen Kurzschnittfasern aus anorganischem Material mit einer Länge zwischen 50 um bis 18 mm sind.
     
    4. Vliesstoff nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet,daß der Anteil der inerten fasrigen Feststoffteilchen 10 bis 50 % seines Gesamtgewichts beträgt.
     
    5. Verfahren zur Herstellung eines Vliesstoffes nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Feststoffteilchen dem wässrigen Bindemittel zugesetzt und mit diesem auf das Vlies aufgebracht werden.
     
    6. Verfahren zur Herstellung eines Vliesstoffes nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Feststoffteilchen auf das mit dem Bindemittel versehenen Vlies in dünner Schicht aufgerieselt oder gestreut werden.