(19)
(11) EP 0 199 715 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
29.10.1986  Patentblatt  1986/44

(21) Anmeldenummer: 86890113.3

(22) Anmeldetag:  24.04.1986
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C21D 8/06
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE FR GB LI NL

(30) Priorität: 26.04.1985 AT 1264/85

(71) Anmelder: Austria Draht Gesellschaft m.b.H.
A-8600 Bruck a.d.Mur (AT)

(72) Erfinder:
  • Siegmund, Ernst, Dipl.-Ing.
    A-8600 Bruck a.d. Mur (AT)
  • Hojas, Ernst, Dipl.-Ing.
    A-8605 Kapfenberg (AT)
  • Hampejs, Günter, Dipl.-Ing.
    A-8600 Bruck a.d. Mur (AT)
  • Eggenreich, Helmut
    A-8600 Bruck a.d. Mur (AT)
  • Kraushofer, Erwin
    A-8600 Bruck a.d. Mur (AT)

(74) Vertreter: Haffner, Thomas M., Dr. et al
Patentanwalt Schottengasse 3a
1014 Wien
1014 Wien (AT)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung von Stahldraht


    (57) Bei einem Verfahren zur Herstellung von Stahldraht mit hoher Zugfestigkeit und niedrigen Kriech-und Relaxationseigenschaften wird das Material vor einer Verformung erwärmt und nach der Verformung bei der Behandlungstemperatur gereckt. Bei diesem Verfahren wird der Draht vor Eintritt in die letzte Verformungsstufe auf eine gemessen an der Behandlungstemperatur niedrigere Temperatur erwärmt. Die Temperaturerhöhung auf die erforderliche Behandlungstemperatur erfolgt durch die Verformungsarbeit. Bei der letzten Verformungsstufe werden Verformungen von bis zu 50% Querschnittsabnahme angewendet. Die für die Verformung nötige Ziehkraft wird für das Recken ausgenützt.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung von Stahldraht mit hoher Zugfestigkeit und niedrigen Kriech5 und Relaxationseigenschaften, bei welchem der Stahldraht einer Verformung und einer Wärmebehandlung unterzogen wird.

    [0002] Aus der AT-PS 32 609 ist ein Verfahren zur Verhinderung des Hartziehens des Drahtes beim Ziehen von Stahldraht bekanntgeworden, wobei zwischen den einzelnen Verformungsschritten jeweils eine Kühlung des Drahtes vorgenommen wird, um unerwünschte Festigkeitsänderungen zu verhindern. Beim Ziehen wird der Draht erhitzt, wodurch die Härte und Sprödigkeit des Drahtes beseitigt wird, worauf durch Abkühlung nach jeder Verformungsstufe der ursprüngliche Zustand des Drahtes wieder hergestellt werden soll, um eine weiterführende Verformung zu ermöglichen.

    [0003] Stahldrähte mit niedrigen Reiaxationseigenschaften wurden bisher durch Kaltverformung, beispielsweise durch Ziehen oder Walzen, hergestellt. Anschließend daran erfolgt eine Wärmebehandlung unter Zugspannung in Abhängigkeit von der gewählten Stahlsorte bei Temperaturen zwischen 200 und 600°C und eine Abkühlung auf Raumtemperatur.

    [0004] Die Erfindung zielt nun darauf. ab, einen kaltverformten Stahldraht mit hoher Zugfestigkeit und besonders niedrigen Kriech-und Relaxationseigenschaften herzustellen und bei diesem Verfahren neben der Sicherstellung der hohen Festigkeitswerte mit möglichst geringem Energieaufwand zu arbeiten.

    [0005] Zur Lösung dieser Aufgabe besteht die Erfindung im wesentlichen darin, daß der Stahldraht vor Eintritt in die letzte Verformungsstufe auf eine gegenüber der für die Wärmebehandlung erforderlich Temperatur geningere Temperatur erwärmt wird, welche zuzüglich der Verformungswärme bei einer Verformung von bis zu 50 % Querschnittsabnahme die gewünschte Behandlungstemperatur ergibt, und daß nach dieser Verformung der Stahldraht bei der Behandlungstemperatur gereckt wird. Die Abkühlung erfolgt anschließend in bekannter Weise durch geeignete Kühlaggregate. Es zeigt sich, daß bei Führung des Verfahrens auf diese Weise neben der Erzielung besonders niedriger Kriech-und Relaxationseigenschaften und neben einer Einspa-rung an Energie auch eine höhere Zugfestigkeit des erzeugten Endproduktes im Vergleich mit konventionell hergestellten Produkten beobachtet werden kann. Die für die Verformung erforderlichen Zugkräfte werden für eine Reckung bei Behandlungstemperatur ausgenützt.

    [0006] Die durch die Verformungswärme in der letzten Verformungsstufe entstehende Temperaturerhöhung ist abhängig vom Verformungsgrad dieser letzten Stufe und vom Durchmesser des vorgezogenen Drahtes. Unter Berücksichtigung dieser Parameter hat es sich im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens als besonders vorteilhaft erwiesen, die Wärmebehandlung bei Temperaturen zwischen 200°C und der Rekristallisationstemperatur des Stahles, insbesondere zwischen 250°C und 600°C, vorzunehmen und die Erwärmung vor der letzten Verformungsstufe im Falle der Verwendung von Ziehsteinen auf Temperaturen von 30 bis 100 ° C unterhalb der gewünschten Behandlungstemperatur und im Falle der Verwendung von Walzen vor dem letzten Walzenstich auf Temperaturen von 30 bis 80°G unterhalb der gewünschten Behandlungstemperatur vorzunehmen.

    [0007] Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich hiebei im besonderen für die Herstellung von Stahldrähten, insbesondere von Spannbetondrähten, und kann in vorteilhafter Weise auch bei Federstahldrähten und hochfesten Stahlseildrähten angewendet werden. Ein wesentlicher Vorteil der erfindungsgemäßen Verfahrensführung liegt hiebei darin, daß der Draht nicht auf die volle Behandlungstemperatur erwärmt werden muß und zusätzlich ein geringer Kraftaufwand für das Ziehen erforderlich ist Dadurch ergibt sich eine große Einsparung im Energieaufwand. Bei Anwendung dieses Verfahrens wurden in besonders einfacher Weise gute Ergebnisse in bezug auf die niedrige Relaxation der Stahldrähte und ein außergewöhnlich großer Zuwachs der Zugfestigkeit in der letzten Verformungsstufe erreicht.

    [0008] In vorteilhafter Weise wird die Verformung vorzugsweise mit 10 bis 40 % Querschnittsabnahme durchgeführt, wobei die entsprechende Temperaturergänzung auf die Behandlungstemperatur vorgenommen wird. Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich in vorteilhafter Weise für unlegierte Stahlsorten mit 0,30 bis 1,20 Gew.% Kohlenstoff oder legierte Stähle mit bis zu 5 Gew.% Mangan und bis zu 3 Gew.% Silizium.

    [0009] Die Erfindung wird nachfolgend an Hand von Ausführungsbeispielen und in der Zeichnung - schematisch dargestellten Ausführungsbeispielen von für die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens geeigneten Vorrichtungen näher erläutert. In der Zeichnung zeigen Fig.1 eine Anordnung von Einrichtungen für die Durchführung

    [0010] des erfindungsgemäßen Verfahrens unter Verwendung von Ziehsteinen und Fig.2 eine abgewandelte Anordnung analog der Fig.1 unter Verwendung eines Walzgerüstes.

    [0011] In Fig.1 ist mit 1 der zu verarbeitende, vorzugsweise bereits kaltverformte, Stahldraht bezeichnet, welcher bei 2 einer Erwärmung auf eine Temperatur unterworfen wird, welche geringer ist als die für die Behandlung erforderliche Temperatur. Mit 3 ist die letzte Verformungsstufe mit einem oder mehreren Ziehsteinen bezeichnet. Anschließend an 3 folgt eine Abkühlvorrichtung 4, in welcher der Stahldraht in geeigneter Weise abgekühlt wird. Der abgekühlte Draht wird einer Vorrichtung 5 zugeführt. In dieser Vorrichtung 5 wird die für die Verformung des Drahtes erforderliche Zugkraft aufge bracht. In der Strecke zwischen 3 und 4 bewirkt diese Zugkraft eine Reckung des Drahtes bei der Behandlungstemperatur.

    [0012] Bei der Darstellung nach Fig.2 ist mit 1 wiederum der vorgewalzte, vorzugsweise bereits kaltverformte, Draht bezeichnet. Vor der letzten Verformungsstufe in Form eines Walzenstiches ist das Erwärmungsaggregat 2 angeordnet. Der Walzvorgang durch nicht angetriebene Walzen ist durch das Walzgerüst 6 schematisch angedeutet. Nach dem Verlassen der letzten Verformungsstufe erfolgt die Abkühlung in einer analogen Abkühlvorrichtung 4, wie sie bereits in Fig.1 dargestellt wurde. Anschließend ist wiederum eine Vorrichtung 5 vorgesehen.

    [0013] Die Erfindung wird nachfolgend noch an Hand von Ausführungsbeispielen näher erläutert.

    Beispiel 1:



    [0014] Für die Herstellung von Spannbetondraht mit einem Durchmesser von 7 mm wurde ein vorgezogener Draht mit einem Durchmesser von 8,1 mm auf eine Temperatur von 320°C vor dem Eintritt in den letzten Ziehstein erwärmt. Bei dieser Temperatur wurde nachfolgend auf einen Durchmesser von 7,0 mm gezogen, wobei eine Temperatursteigerung von 80°C, ausgehend von 320° auf 400°C beobachtet wurde. Der Draht bestand aus unlegiertem Stahl mit einem Kohlenstoffgehalt von 0,83 Gew.% und einem Mangangehalt von 0,66 Gew.%. Nach der erfindungsgemäßen Behandlung wurde eine Zugfestigkeit von 1850 N/mm2 festgestellt. Vor der Behandlung hatte der Draht eine Zugfestigkeit von 1630 N/mm2.

    [0015] Die Relaxationsprüfung des erfindungsgemäß behandelten Materials unter einer Anfangslast von 70 % der Bruchlast ergab nach 1000 Stunden einen Spannungsabfall von 0,95 %.

    [0016] Vergleichsweise wurde mit dem gleichen Vormaterial, vorgezogener Draht mit einem Durchmesser von 8,1 mm und einer Zugfestigkeit von 1630 N/mm2, eine Behandlung nach dem Stand der Technik durchgeführt. Dabei wurde der Draht in üblicher Weise gezogen und anschließend der Behandlungstemperatur unterworfen, wonach sich eine Zugfestigkeit von 1740 N/mm2 einstellte.

    Beispiel 2:



    [0017] Für die Herstellung eines Stahldrahtes mit einem Durchmesser von 12 mm wurde ein vorgezogener Draht mit einem Durchmesser von 14 mm eingesetzt. Es handelte sich hier um einen unlegierten Stahl mit einem Kohlenstoffgehalt von 0,78 Gew.% und einem Mangangehalt von 0,75 Gew.%. Vor dem letzten Walzenstich wurde der Draht auf eine Temperatur von 400°C erwärmt. Beim Walzvorgang durch Schleppwalzen nahm die Temperatur um weitere 45°C auf 445°C zu. Die nach dieser Behandlung und Abkühlung gemessene Zugfestigkeit betrug 1690 N/mm2. Die Prüfung der Relaxation ergab nach 1000 Stunden einen Spannungsabfall von 1,2 %, gemessen an der Anfangslast von 70 % der Bruchlast.

    [0018] Je nach Stahlsorte werden beim erfindungsgemäßen Verfahren Behandlungstemperaturen zwischen 200°C und der Rekristallisationstemperatur des Stahles angewendet, wobei Verformungen bis 50 % Querschnittsabnahme, vorzugsweise 10 bis 35 %, zur Anwendung gelangen.

    [0019] Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich in erster Linie für die Behandlung von unlegierten Stahlsorten mit 0,30 bis 1,20 Gew.% Kohlenstoff oder für legierte Stähle mit bis zu 5 Gew.% Mangan und bis zu 3 Gew.% Silizium.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung von Stahldraht (1) mit hoher Zugfestigkeit und niedrigen Kriech-und Relaxationseigenschaften, bei welchem der Stahl einer Verformung und einer Wärmebehandlung unterzogen wird, dadurch gekennzeichnet, daß der Stahldraht (1) vor Eintritt in die letzte Verformungsstufe (4) auf eine gegenüber der für die Wärmebehandlung erforderlichen Temperatur geringere Temperatur erwärmt wird, welche zuzüglich der Verformungswärme bei einer Verformung von bis zu 50 % Querschnittsabnahme die gewünschte Behandlungstemperatur ergibt, und daß nach dieser Verformung der Stahldraht bei der Behandlungstemperatur gereckt wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Wärmebehandlung bei Temperaturen zwischen 200°C und dem Ac,-Punkt, insbesondere 250°C bis 600°C, vorgenommen wird und daß die Erwärmung vor der letzten Verformungsstufe (4) im Falle der Verwendung von Ziehsteinen auf Temperaturen von 30°C bis 100°C unterhalb der gewünschten Wärmebehandlungstemperatur und im Fall der Verwendung von Walzen in der letzten Verformungsstufe (4) auf Temperaturen von 30°C bis 80°C unterhalb der gewünschten Wärmebehandlungstemperatur vorgenommen wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Verformung vorzugsweise mit 10 bis 40 % Querschnittsabnahme durchgeführt wird.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß unlegierte Stahlsorten mit 0,30 bis 1,20 Gew.% Kohlenstoff oder legierte Stähle mit bis zu 5 Gew.% Mangan und bis zu 3 Gew.% Silizium behandelt werden.
     




    Zeichnung