(19)
(11) EP 0 204 920 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
17.12.1986  Patentblatt  1986/51

(21) Anmeldenummer: 86105056.5

(22) Anmeldetag:  12.04.1986
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C22C 29/06, C22C 32/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE FR GB IT LI SE

(30) Priorität: 01.06.1985 DE 3519710
18.02.1986 EP 86102025

(71) Anmelder: KERNFORSCHUNGSZENTRUM KARLSRUHE GMBH
D-76050 Karlsruhe (DE)

(72) Erfinder:
  • Heinzel, Volker, Dr.
    D-7515 Linkenheim 1 (DE)
  • Keschtkar, Hossein-Ali
    D-7500 Karlsruhe (DE)
  • Schub, Ingeborg
    D-6729 Wörth 2 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Formkörper mit hoher Härte und hoher Zähigkeit für die Bearbeitung von Metallen, Hartmetallen, Keramiken und Gläsern


    (57) Die Erfindung betrifft Formkörper mit hoher Härte und hoher Zähigkeit für die Bearbeitung von Metallen, Hartmetallen, Keramiken und Gläsern aus gesintertem Borkarbid und einer Bindemetallphase. Mit der Erfindung sollen derartige Formkörper vorgestellt werden, bei welchen die Festigkeit, insbesondere die Zähigkeit gegenüber Formkörpern aus reinem B4C erhöht ist und die sich für Schneid- oder Schleifwerkzeuge oder für Anwendungen, bei denen mechanischen Verschleißbelastungen oder hohen Flächenpressungen begegnet werden muß, wie z. B. bei Düsen, besonders gut eignen. Die erfindungsgemäßen Formkörper sind dadurch gekennzeichnet, daß

    a) die Bindemetallphase aus Molybdän und/oder Wolfram oder deren Legierungen mit anderen Metallen, deren Schmelzpunkt oberhalb der unteren Sintertemperaturgrenze von 1800° C liegt, und deren Legierungspartner keine flüssigen boridischen oder carbidischen Verbindungen im Sinterbereich von 1800° bis 1950° C bilden, besteht,

    b) das B4C undotiert oder mit Kohlenstoff bis 2,0 Gew.-% dotiert, in einem Volumen-Anteil von wenigstens 65 Vol.-% im Formkörper enthalten ist und

    c) der Bindemetallphasen-Anteil dem Restvolumen des Formkörpers im Bereich von 5 bis 35 Vol.-% entspricht.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft Formkörper mit hoher Härte und hoher Zähigkeit für die Bearbeitung von Metallen, Hartmetallen, Keramiken und Gläsern aus gesintertem Borkarbid und einer Bindemetallphase.

    [0002] Borkarbid ist gegen Sandstrahlen besonders widerstandsfähig. Dadurch eröffnen sich für borkarbidhaltige Sinterkörper gewisse Anwendungsmöglichkeiten, wobei allerdings die geringe Bruchfestigkeit derselben zu berücksichtigen ist. Bei einem Vergleich der Verschleißwerte von Hartmetallen und Hartstoffen, bestimmt nach der Sandstrahlmethode, ist der Verschleißwert eines Sinterkörpers mit 95 Gew.-% Borkarbid (20 Gew.-% C) und 5 Gew.-% Fe gegenüber den Verschleißwerten von Sinterkörpern aus WC-Co oder TiC-Fe-Cr oder TiC-VC-Fe-Ni der niedrigste (R.K.Kieffer, P.Schwarzkopf "Hartstoffe und Hartmetalle", Springer-Verlag 1953, Seiten 524 und 525). An anderer Stelle dieser Druckschrift (Seite 327) wird erwähnt, daß Versuche, Borkarbid mit zähen Metallen abzubinden, gescheitert seien.

    [0003] Werden B4C-Partikel mit Pulver der bekannten Bindemetalle Cobalt oder Nickel gesintert, so kommt es zu unerwünschten chemischen Reaktionen und zur Bildung von weiteren Phasen, beispielsweise von Boriden. Hierdurch können durch die unterschiedlichen Eigenschaften der bereits vorhandenen und der sich bildenden Phasen bereits beim Abkühlen Risse und Lücken im Formkörper entstehen.

    [0004] Der Erfindung lag die Aufgabe zugrunde, Formkörper auf B4C vorzustellen, bei welchen die Festigkeit, insbesondere die Zähigkeit gegenüber Formkörpern auf reinem B4C erhöht ist und die sich für Schneid- oder Schleifwerkzeuge oder für Anwendungen, bei denen mechanischen Verschleißbelastungen oder hohen Flächenpressungen begegnet werden muß, wie z. B. bei Düsen, besonders gut eignen. Aufgabe der Erfindung ist es auch, ein einfaches Verfahren zur Herstellung solcher Formkörper bereitzustellen. Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren sollen Schneidplättchen für spanabhebende Bearbeitung oder andere Formkörper für Werkzeuge zum Schleifen, Honen, Reiben etc. von Metallen, insbesondere Nichteisenmetallen, von Hartmetallen, von Keramiken und von Gläsern hergestellt werden können.

    [0005] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch Formkörper gelöst, bei denen

    a) die Bindemetallphase aus Molybdän und/oder Wolfram oder deren Legierungen mit anderen Metallen, deren Schmelzpunkt oberhalb der unteren Sintertemperaturgrenze von 1800° C liegt, und deren Legierungspartner keine flüssigen boridischen oder carbidischen Verbindungen im Sinterbereich von 1800° bis 1950° C bilden, besteht,

    b) das B4C, undotiert oder mit Kohlenstoff bis zu2,0 Gew.-% dotiert, in einem Volumen-Anteil von wenigstens 65 Vol.-% im Formkörper enthalten ist und

    c) der Bindemetallphasen-Anteil dem Rest-Volumen des Formkörpers im Bereich von 5 bis 35 Vol.-% entspricht.



    [0006] In einer bevorzugten Ausführung der Erfindung liegt der Bindemetallphasen-Anteil im Bereich zwischen 10 und 15 Vol.-% des Formkörper-Volumens.

    [0007] Das Verfahren zur Herstellung eines Formkörpers gemäß der Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, daß

    a) B4C-Partikel von Korngrößen im Bereich von 1 um bis 1650 um mit metallischem Pulver aus Mo und/oder W oder deren Legierungen mit anderen Metallen, deren Schmelzpunkt oberhalb der unteren Sintertemperaturgrenze von 1800° C liegt, und deren Legierungspartner keine flüssigen bori-

    dischen oder carbidischen Verbindungen im Sinterbereich von 1800° bis 1950° C bilden, in einer Korngröße im Bereich zischen 35 pm und 100 um homogen gemischt werden,

    b) das Pulver in eine Graphit-Matrize eingefüllt wird,

    c) das Pulvergemisch auf eine Temperatur im Bereich von 1800° C bis 2000° C erhitzt, bei einem Druck von 100 N/mm2 bis 300 N/mm2 und einer Preßdauer zwischen 5 und 20 Minuten oder durch Schlagverdichten unter SchutzgasAtmosphäre endverdichtet wird,

    d) danach mit einer Kühlrate zwischen 100° C/min. und 200° C/min. abgekühlt wird, wobei

    e) die Dauer des Aufheizens und Abkühlens insgesamt die



    [0008] Dauer des Pressens nach Schritt c) nicht übersteigt.

    [0009] Mo und W gehören zu den Metallen mit geringen Bildungswärmen sowohl der Metallboride als auch der Karbide. Der niedrigste Schmelzpunkt eines Mo-Borids liegt mit 1950° C, entsprechend 0,75 TSchm' bereits im Sinterbereich von Mo. Um ein feinkörniges Sintermaterial zu erhalten, wird das B4C mit Kohlenstoff dotiert. Hierzu wird dem Pulvergemisch aus Schritt a) 0,1 bis 2,0 Gew.-% aktivierter Kohlenstoff, bezogen auf das Produktgewicht, vor Schritt b) homogen zugemischt. Im Falle eines Vorpressens kann der Preßling auf die Sintertemperatur erhitzt und danach in die Matrize eingeführt werden. Der endverdichtete Preßling kann heiß aus der Matrize ausgestoßen und anschließend abgekühlt werden. Die Sintertemperatur liegt bei Kohlenstoffdotierung in der Nähe des oberen Bereichswertes. Das Heißpressen von Mo- und B4C-Pulvern erfolgt bei Temperaturen, bei denen beide Materialien verdichtet werden, aber noch keine schmelzflüssige Phase auftritt. Das Wesentliche des erfindungsgemäßen Verfahrens ist die verhältnismäßig schnelle Ausführung des Heißpressens, bei welcher auch ein noch so geringer Anteil des Metallpulvers im Pulvergemisch als metallische Phase im Formkörper-Produkt erhalten bleibt und die B4C-Partikel einbettet.

    [0010] Es wurden Formkörper hergestellt: mit 5 Vol.-% Mo (entspricht 20 Gew.-%) und 95 Vol.-% B4C; mit 15 Vol.-% Mo und 85 Vol.-% B4C; und mit 35 Vol.-% Mo (entspricht 80 Gew.-%) und 65 Vol.-% B4C.

    [0011] Die erfindungsgemäß hergestellten Formkörper zeigen im Anschliff deutlich die Trennung der eingebetteten B4C-Partikel (B4C dunkel, Mo hell) von dem umgebenden Mo-Bereich. Diese Unterschiede werden auch bei den Aufnahmen im Rasterelektronenmikroskop und einem Röntgenscan des gleichen Ausschnitts bestätigt. Mit der Röntgen-Feinstrukturanalyse läßt sich das metallische Mo in den Preßlingen nachweisen. Die eindeutige Trennung von B4C-haltigen Bereichen und Mo-haltigen Zwischenschichten mit Stärken bis herunter zu 3 pm wurde nachgewiesen.

    [0012] Im folgenden wird ein Durchführungsbeispiel der Erfindung beschrieben.

    [0013] Beispiel:

    Mittels einer semiisostatischen Heißpresse mit einer Druckkraft von ca. 80 kN wurden Preßlinge gesintert. Es wurden Formkörper hergestellt und getestet, die Mo-Anteile enthielten zwischen 5 Vol.-% und 35 Vol.-%. Dazu wurden die homogen gemischten Pulver aus Molybdän (37 - 140 pm) und Borkarbid (0,1 - 1360 um) in eine Graphit-Matrize eingefüllt. Mit von zwei Seiten beweglichen Stempeln wurden unter Druck von 10 und 30 MPa und bei Temperaturen von 18500 - 2000° C viereckige und runde Plättchen hergestellt.



    [0014] Die Aufheizgeschwindigkeiten betrugen zwischen 100 and 200° C/min. Die Haltezeiten lagen zwischen 10 und 20 min. Die Abkühlgeschwindigkeiten lagen im Bereich von 100 - 200° C/min.

    [0015] Das Preßverfahren ließ jedoch noch wesentlich höhere Abkühlgeschwindigkeiten zu.

    [0016] Die so entstandenen Formkörper wurden in einen Werkzeugaufnehmer eingespannt und in Stahlhalter einer Drehbank befestigt. Mit den Schneidplatten wurden verschiedene Stähle, auch Austenite, spanabhebend bearbeitet.

    [0017] Im optischen Vergleich mit einer mit TiN beschichteten Hartstoffschneidwendeplatte war die Verschleißfestigkeit der Formkörper mit 10 bzw. 15 Vol.-% Mo viel besser.

    [0018] Mit derselben Anordnung wurde A1203 bearbeitet, wobei sowohl großflächig abgetragen werden konnte, als auch Schnitte erzielt wurden. Außerdem ließen sich TaC- und TiN-Oberflächen abtragen.


    Ansprüche

    1. Formkörper mit hoher Härte und hoher Zähigkeit für die Bearbeitung von Metallen, Hartmetallen, Keramiken und Gläsern aus gesintertem Borkarbid und einer Bindemetallphase dadurch gekennzeichnet, daß

    a) die Bindemetallphase aus Molybdän und/oder Wolfram oder deren Legierungen mit anderen Metallen,deren Schmelzpunkt oberhalb der unteren Sintertemperaturgrenze von 1800° C liegt, und deren Legierungspartner keine flüssigen boridischen oder carbidischen Verbindungen im Sinterbereich von 1800° C bis 1950° C bilden, besteht,

    b) das B4C, undotiert oder mit Kohlenstoff bis 2,0 Gew.-% dotiert, in einem Volumen-Anteil von wenigstens 65 Vol.-% im Formkörper enthalten ist und

    c) der Bindemetallphasen-Anteil dem Rest-Volumen des Formkörpers im Bereich von 5 bis 35 Vol.-% entspricht.


     
    2. Formkörper nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Bindemetallphasen-Anteil im Bereich zwischen 10 und 15 Vol.-% des Formkörper-Volumens liegt.
     
    3. Verfahren zur Herstellung eines Formkörpers gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß

    a) B4C-Partikel von Korngrößen im Bereich von 1 um bis 1650 um mit metallischem Pulver aus Mo und/oder W oder deren Legierungen mit anderen Metallen, deren Schmelzpunkt oberhalb der unteren Sintertemperaturgrenze von 1800° C liegt, und deren Legierungspartner keine flüssigen boridischen oder carbidischen Verbindungen im Sinterbereich von 1800° C bis 1950 0 C bilden, in einer Korngröße im Bereich zwischen 35 um und 100 um homogen gemischt werden,

    b) das Pulvergemisch in eine Graphit-Matrize eingefüllt wird,

    c) das Pulvergemisch auf eine Temperatur im Bereich von 1800° C bis 2000° C erhitzt, bei einem Druck von 100 N/mm2 bis 300 N/mm 2 und einer Preßdauer zwischen 5 und 20 Minuten oder durch Schlagverdichten unter Schutzgas-Atmosphäre endverdichtet wird,

    d) danach mit einer Kühlrate zwischen 100 °C/min. und 200° C/min. abgekühlt wird, wobei

    e) die Dauer des Aufheizens und Abkühlens insgesamt die Dauer des Pressens nach Schritt c) nicht übersteigt.


     
    4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß dem Pulvergemisch aus Schritt a) 0,1 bis 2,0 Gew.-% aktivierter Kohlenstoff, bezogen auf das Produktgewicht, vor Schritt b) homogen zugemischt wird.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß der endverdichtete Preßling heiß aus der Matrize ausgestoßen und anschließend abgekühlt wird.
     





    Recherchenbericht