[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von vorzugsweise
dreidimensional verformbaren textilen Flächengebilden, wie Geweben, Gestricken oder
Gewirken.
[0002] Eine vorzugsweise dreidimensionale Verformung eines textilen Flächengebildes kann
z.B. durch Tiefziehen, aber auch durch andere an sich bekannte Techniken erfolgen.
Derartige textile Flächengebilde werden z.B. als Außenschicht bzw. Verkleidung für
die Innenausstattung von Kraftfahrzeugen sowie ganz allgemein für die Verkleidung
von Kunststofformteilen benötigt. Das textile Flächengebilde kann dabei z.B. über
ein metallisches inneres Paneel einer Tür gelegt oder auf der Oberfläche angepreßt
und klebend anhaftend aufgebracht werden. Derartige textile Flächengebilde können
außerdem als Überzug für Einrichtungsgegenstände bzw. überall dort eingesetzt werden,
wo eine unebene, beispielsweise reliefartige Oberfläche überzogen oder bedeckt werden
soll.
[0003] Bei der Ausführung besonders kleiner Krümmungsradien ergeben sich starke Verformungen
in dem textilen Flächenmaterial in Abhängigkeit von der Materialstärke des benutzten
textilen Flächengebildes. Eine dreidimensionale Verformung kann bei Maschenware aus
der meist vorhandenen hohen Konstruktionsdehnung erfolgen. Die Konstruktionsdehnung
eines textilen Flächengebildes ergibt aber eine entsprechende Abnahme des Flächengewichtes
an den verdehnten, exponierten Stellen des Formkörpers, was besonders bei Polware
störend sichtbar werden kann. Im Gegensatz zu der Maschenware ist die Konstruktionsdehnung
von Geweben meist nur gering und beträgt nur einige wenige Prozent, so daß in diesem
Fall diese Art der Verformung nicht zur Verfügung steht.
[0004] Die Verformbarkeit von Flächengebilden wird deutlich verbessert, wenn zu ihrer Herstellung
elastische Garne verwendet werden, wie dies z.B. in der DE-OS 34 05 209 beschrieben
wird. Ein Nachteil derartiger Stretchgewebe liegt in der geringen Temperaturbelastbarkeit
der meisten bekannten Elastomerfäden, die unter den hohen Verarbeitungstemperaturen
beim Tiefziehen bereits Abbaureaktionen zeigen können. Ein weiterer Nachteil ist die
bleibende Elastizität der Stretchgewebe, die zu einem Ablösen des Gewebes vom Trägermaterial
führen kann, und zwar insbesondere an konkav geformten Stellen bei kleinem Krümmungsradius.
[0005] Nichtgewebte Textilien, sogenannte Vliesstoffe, weisen meist eine hohe Konstruktionsdehnung
und eine gute Verformbarkeit auf, die durch die Verwendung von unverstreckten Stapelfasern
oder -filamenten noch verbessert werden kann, wie das beispielsweise in der DE-OS
30 29 752 für die Herstellung von technischen Filtern oder der DE-AS 15 60 797 für
die Herstellung von Lederimitaten beschrieben wird. Die Vliesstoffe zeigen allgemein
ein gleichmäßig wenig strukturiertes Äußeres. Textile Strukturen können praktisch
nur durch entsprechende Färbungen oder Prägungen angedeutet werden.
[0006] Aus dem Stand der Technik ist auch bereits bekannt geworden, zur Herstellung gewebter
Textilien unverstreckte, durch Schnellspinnen vororientierte Garne zu verwenden. So
ist beispielsweise aus der DE-OS 26 23 904 ein Textilmaterial für Bekleidungszwecke
bekannt, das aus schnellgesponnenen, unverstreckten Garnen ohne weiteres Nachverstrekken
direkt durch Wirken, Stricken oder Weben hergestellt wird. Aus der DE-OS 14 60 601
und der DE-OS 22 20 713 ist bekannt, vororientierte, unverstreckte Garne erst zu verstricken
bzw. zu verweben und dann im Flächengebilde zu verstrecken. Aus der DD-PS 125 918
wird ein Verfahren zur Herstellung textiler Flächengebilde offenbart, bei dem vororientierte,
unverstreckte Garne durch Weben, Wirken oder Stricken zu einem Flächengebilde verarbeitet
und anschliessend im Flächengebilde einer thermomechanischen Behandlung unterzogen
werden.
[0007] Bei diesem vorbekannten Verfahren besteht jedoch die Gefahr, daß die Garne beim Flächenbildungsprozeß
ungleichmäßig verstreckt werden (etwa beim Schußeintrag auf der Webmaschine), was
ein unterschiedliches Anfärben des Flächengebildes zur Folge hat.
[0008] Für einen besonderen Anwendungsfall ist auch bereits eine Thermofixierung von vororientierten,
unverstreckten Filamenten beschrieben worden. In der DE-OS 28 21 243 wird die Herstellung
von Schußgarnen beschrieben, die die bei der Reifenherstellung benötigten Gürtelgarne
vor ungleichmäßigen Verschiebungen schützen sollen. Besonderer Wert wird in diesem
Zusammenhang auf die Verminderung des freien Schrumpfes bei hohen Temperaturen, wie
sie bei der Vulkanisierung von Reifen auftreten, gelegt. Eine Eignung derartiger Fäden
bzw. Garne für textile Zwecke und insbesondere eine Herstellung von irreversibel hoch
verformbaren textilen Flächengebilden ist dieser Vorliteratur nicht zu entnehmen.
[0009] Es bestand somit immer noch die Aufgabe, Verfahren zu entwickeln, die die Herstellung
von textilen Flächengebilden durch Weben, Wirken oder Stricken gestatten, die sich
nicht nur gleichmäßig anfärben lassen, sondern vor allen Dingen durch einen einmaligen
Verformungsvorgang irreversibel dehnbar sind. Da derartige Verformungsvorgänge meist
bei erhöhten Temperaturen ablaufen, müssen die Garne für diese Flächengebilde darüber
hinaus auch ausreichend hitzebeständig sein.
[0010] Erfindungsgemäß wurde diese Aufgabe durch Verfahren gelöst, bei denen Garne verarbeitet
werden, die vororientierte, jedoch unverstreckte Filamente aus Polyester enthalten
und eine Reihe von Eigenschaften aufweisen, wie das im Anspruch 1 festgehalten wurde.
Bevorzugte Ausführungsformen derartiger Verfahren bzw. der Eigenschaften der benötigten
Garnkomponenten sind Gegenstand der Unteransprüche.
[0011] Das erfindungsgemäße Verfahren erfordert zur Herstellung von textilen Flächengebilden,
die irreversibel hochverformbar sind, den Einsatz von Garnen, die vororientierte
; unverstreckte synthetische Filamente enthalten, wobei diese Filamente Doppelbrechungswerte
über 20·10
-3, Reißdehnungen von 70-200 % und Fließspannungen von mindestens 6 cN/tex aufweisen
sollen. Der Elastizitätsgrad derartiger Garne soll bei einer Belastung von 5 cN/tex
weniger als 50 % betragen. Bevorzugt sollen die unverstreckten aber vororientierten
Filamente aus Polyester insbesondere aus Polyethylenterephthalat bestehen.
[0012] Unter Verwendung derartiger Garne können die gewünschten irreversibel hochverformbare
textile Flächengebilde durch Weben, Wirken oder Stricken hergestellt werden. Unter
"irreversibel hochverformbar" ist dabei die Eigenschaft des textilen Flächengebildes
zu verstehen, bei einer Verformung, z.B. bei einem Tiefziehen der aufgebrachten Belastung
nachzugeben und dann weitgehend in der durch die Verformung gewünschten Raumform irreversibel
zu verbleiben und nicht, wie das bei einem elastischen textilen Flächengebilde der
Fall wäre, durch die einwirkenden Rückstellkräfte wieder in die ursprüngliche ebene
Form des textilen Flächengebildes zurückzuspringen.
[0013] Der Grad einer dreidimensionalen Verformbarkeit eines textilen Flächengebildes hängt
von einer Vielzahl von Einflußgrößen ab, er ist daher schlecht durch die Angabe bestimmter
Maßzahlen definierbar. So haben beispielsweise der Krümmungsradius, die Tiefe der
Deformierung und die Materialstärke des Textilmaterials einen Einfluß auf die Verformbarkeit.
Weitere Einflußgrößen sind beispielsweise die Gleitfähigkeit des zu verformenden Materials,
die Art der Herstellung des Flächengebildes, der Fadentiter, die Garnstärke usw. Unter
"hochverformbar" soll daher in der vorliegenden Schrift eine Verformbarkeit verstanden
werden, die wenigstens so groß ist, daß Innenverkleidungen von Personenkraftwagen
mit derartigen textilen Flächengebilden überzogen werden können. Bei den Innenverkleidungen
ist insbesondere an die Türverkleidungen und die Innenverkleidung des Daches zu denken.
[0014] Die für die Herstellung derartiger textiler Flächengebilde benötigten Garne sollen
erfindungsgemäß aus synthetischen Filamenten hergestellt werden. Prinzipiell ist es
möglich, auch verschiedenartig texturierte Garne einzusetzen. Es ist jedoch darauf
zu achten, daß der geringe Elastizitätsgrad gemäß der vorliegenden Erfindung von dem
Garn erreicht werden kann. Dies ist meist nicht der Fall, wenn das Garn aus hochelastischen,
falschdrahttexturierten Filamenten besteht. Ein besonders geeignetes Verfahren stellt
beispielsweise die Blasdüsentexturierung dar, bei der auch hochgebauschte Garne mit
geringer Kräuseldehnung erzeugt werden können.
[0015] Die erfindungsgemäße Aufgabe wird durch den Einsatz von Garnen gelöst, die zumindest
teilweise aus vororientierten, unverstreckten synthetischen Filamenten bestehen. Diese
Filamente sollen eine Reißdehnung von mindestens 70 %, insbesondere 70-200% und eine
Fließspannung von mindestens 6 cNtex aufweisen. Bei bevorzugten Ausführungsformen
sollte die Reißdehnung dieser Filamente zwischen 80 und 160 % liegen.
[0016] Die Fließspannung dieser Filamente sollte vorzugsweise mindestens 7 cN/tex betragen.
[0017] Unter Fließspannung ist diejenige Garnspannung (Zugkraft dividiert durch Ausgangstiter)
zu verstehen, bei der die Kraft-Dehnungs-Kurve vom anfänglich linearen Verlauf abweicht,
das heißt, bei der einer Längenänderung der Fäden irreversibel wird. Der genaue Beginn
der irreversiblen Längenänderung ist häufig schlecht zu erkennen. Statt dessen kann
jedoch das Minimum der Kraft-Dehnungs-Kurve als Wert für die Fließkraft eingesetzt
werden. Ein solches Minimum wird üblicherweise nach dem linearen Anstieg und einem
gewissen Überschwingen im Fließpunkt als waagrechter Ast der Kurve beobachtet. In
diesem Bereich tritt also eine Längenzunahme ohne Steigerung der Kraft ein. Bei hoher
Vororientierung der Filamante kann dieses Minimum nur noch als Wendepunkt oder als
Knick in der Kurve erkennbar sein. Eine Bestimmung der Fließspannung ist jedoch auf
jeden Fall möglich. Beispielsweise wird es bei Auftreten nur eines geringen Knicks
in der Kraft-Dehnungs-Kurve möglich sein, Tangenten an die verschiedenen Abschnitte
der Kurve anzulegen. Der Schnittpunkt der Tangenten kann dann als die Fließspannung
dieses Filaments angesehen werden.
[0018] Vororientierte, unverstreckte Filamente aus synthetischen Polymeren werden üblicherweise
durch Schnellspinnen hergestellt. Der Grad der Vororientierung kann durch Angabe der
Doppelbrechung charakterisiert werden. Im vorliegenden Fall sollte die Doppelbrechung
der Filamente vorzugsweise wenigstens 27-10-
3, insbesondere sogar wenigstens 30·10
-3 betragen. Diese schnellgesponnenen Fäden sollen vorzugsweise nicht zusätzlich einer
Verstreckung unterworfen worden sein. Wie später im Zusammenhang mit der Beschreibung
des Verfahrens noch betont werden wird, sollte eine Verstreckung auch nicht im Zusammenhang
mit einem Misch- oder Texturierprozeß der Fäden verbunden sein. Es ist wesentlich,
daß die schnellgesponnenen, vororientierten und unverstreckten Fäden mit ihren Eigenschaften
erhalten bleiben, also beispielsweise auch noch eine entsprechend hohe Reißdehnung,
wie oben angegeben, aufweisen.
[0019] Die geforderte Fließspannung von wenigstens mehr als 6 cNtex wird von handelsüblichen
vororientierten, unverstreckten Garnen nicht erreicht. Die Fließspannung dieser Fäden
liegt deutlich unter dem geforderten Grenzwert. Werden die Aufwickelgeschwindigkeiten
der Garne z.B. auf 5000 m/min gesteigert, werden zwar die geforderten Fließspannungen
erzielt, diese Garne sind jedoch für den gewünschten Einsatz nicht geeignet, da sie
aufgrund ihrer Kristallinität Garne mit zu hohen Elastizitätsgraden ergeben. Die erfindungsgemäß
benötigten Filamente können daher nicht durch das übliche Schnellspinnen allein erhalten
werden. Zusätzlich zu dem Schnellspinnen ist eine Temperaturbehandlung unter Spannung
vorzunehmen, die zu einer Erhöhung der Fließspannung führt, auf der anderen Seite
jedoch die beim Schnellspinnen sich ergebende Reißdehnung im wesentlichen unverändert
bleiben läßt.
[0020] Die erfindungsgemäß benötigten Garne haben auf Grund der erhöhten Fließspannung die
vorteilhafte Eigenschaft, daß sie sich durch Weben, Wirken oder Stricken verarbeiten
lassen, ohne daß hierbei die Gefahr einer ungleichmäßigen Verstreckung besteht. Allgemein
weisen vororientierte aber noch unverstreckte Fäden aus synthetischen Polymeren eine
stärkere Anfärbbarkeit auf als vollverstreckte Filamente. Bei einer direkten Verarbeitung
von derartigen Fäden zu textilen Flächengebilden ergeben sich jedoch kurzzeitig und
abschnittsweise hohe Belastungen, die zu einer teilweisen Nachverstreckung der Filamente
führen und damit zu einer unterschiedlichen Anfärbbarkeit. Im Gegensatz zum Stand
der Technik ist es also möglich, die erzeugten Flächengebilde nach dem Weben, Wirken
oder Stricken gleichmäßig anfärben zu können. Derartige Flächengebilde zeichnen sich
darüber hinaus, wie bereits oben in der Aufgabenstellung herausgestellt, dadurch aus,
daß sie sich bereits durch einen einmaligen Verformungsvorgang (z.B. Tiefziehen) in
weiten Grenzen irreversibel verformen lassen. Textile Flächengebilde aus derartigen
Garnen eignen sich daher besonders als Überzug oder Verkleidung für stark gekrümmte
Oberflächen. Ein weiterer Vorteil der erfindungsgemäß benötigten Garne besteht, bei
entsprechender Auswahl der fadenbildenden synthetischen Polymeren, in ihrer Hitzebeständigkeit.
[0021] Es ist nicht erforderlich, daß die eingesetzten Garne vollständig aus den Filamenten
mit den oben geschilderten Eigenschaften bestehen, es genügen beispielsweise Mengen
herab bis zu 6 %, bevorzugt werden jedoch Mengenverhältnisse von 40-60 Gew.-% des
Gesamttiters des Garn an den erfindungsgemäß ausgebildeten Filamenten. Voraussetzung
für derartige Mitverarbeitung von Garnkomponenten, die nicht diese erfindungsgemäß
notwendigen Eigenschaften aufweisen, ist, daß die erfindungsgemäß notwendigen vororientierten,
unverstreckten Filamente aus synthetischen Polymeren mit den spezifizierten Eigenschaften
die tragende Komponente in dem Garn ausmachen.
[0022] Es ist bekannt, Garne mit einer tragenden und einer nichttragenden Komponente durch
Mischvorgänge insbesondere aber auch durch Texturiervorgänge herzustellen.
[0023] Erfindungsgemäß wird der Einsatz blasdüsentexturierte Garne besonders bevorzugt.
Diese Garne können z.B. mittels Vorrichtungen nach den DE-OS 23 62 326 und 19 32 706
hergestellt werden. Hierbei können alle Filamente der Texturierdüse mit der gleichen
Voreilung zugeführt werden, wodurch sich ein Einkomponentengarn ergibt. Statt dessen
können aber auch zur Erzeugung von Schlingeneffekten unterschiedliche Voreilungen
gewählt werden, wodurch sich ein Garn mit einer tragenden und einer nichttragenden
Komponente ergibt. Die tragende Komponente wird in diesem Fall von den Filamenten
mit der geringsten Voreilung gebildet. Erfindungsgemäß ist es erforderlich, daß die
erfindungsgemäß benötigten vororientierten, unverstreckten Polyesterfilamente zumindest
einen Teil der tragenden Komponente ausmachen. Üblicherweise werden sie vollständig
aus den erfindungsgemäßen Filamenten bestehen. Es sind jedoch auch Ausführungsformen
denkbar, bei denen die tragende Komponente aus verschiedenen Teilen besteht, so z.B.
aus einem Umwindegarn oder dergleichen. In einem solchen Fall reicht es aus, wenn
die tragende Komponente wenigstens zum Teil aus den erfindungsgemäßen Polyesterfilamenten
besteht, vorausgesetzt, daß die erfindungsgemäßen unverstreckten Filamente das Verhalten
der tragenden Komponente bei der Verformung bestimmen. Unter diesen Voraussetzungen
ist es möglich, daß das Garn den geforderten geringen Elastizitätsgrad von unter 50
% aufweisen kann.
[0024] Die erfindungsgemäß benötigten Garne sollen nur einen geringen Elastizitätsgrad aufweisen,
der bei einer Belastung von 5 cN/tex in jedem Fall unter 50 vorzugsweise unter 30
% liegen soll.
[0025] Unter Elastizitätsgrad bzw. dem elastischen Dehnungsverhältnis wird der Quotient
aus der elastischen Dehnung und der Gesamtdehnung bei einer gewählten Zugkraft verstanden.
Diese Zugkraft soll im vorliegendne Fall 5 cNtex betragen. Die Bestimmung des Elastizitätsgrades
kann nach bekannten Untersuchungsmethoden erfolgen. Die in dieser Schrift angegebenen
Werte wurden durch Messungen nach DIN 53835, Teil 4 bestimmt, wobei jedoch die Zugkraft
nicht nur bis auf die Vorspannkraft wieder abgesenkt wurde, sondern nach vollständiger
Entlastung der Faden erneut unter Vorspannkraft gesetzt wurde und dann die Restdehung
bestimmt wurde. Diese Maßnahme ergibt besser reproduzierbare Werte, da das in der
Meßapparatur unvermeidbare Spiel ausgeschaltet werden kann. In der genannten Norm
wird der Elastizitätsgrad unter der synonymen Bezeichnung "Dehnungsverhältnis" aufgeführt.
[0026] Wie bereits weiter oben ausgeführt, muß selbst die tragende Komponente eines texturierten
Garnes nicht vollständig aus den Filamenten mit den erfindungsgemäßen Eigenschaften
bestehen, sofern dafür gesorgt wird, daß der formgebende oder bestimmende Anteil dieser
Komponenten aus Filamenten mit den erfindungsgemäß zu fordernden Eigenschaften besteht.
Zum Erzeugen von Effekten können auch Garne mit modifiziertem Querschnitt, mit veränderter
Anfärbbarkeit usw. verwendet werden. Es ist beispielsweise möglich, auch Garne aus
schwer entflammbaren Rohstoffen einzusetzen. Eine möglicherweise geringere Dehnung
der nichttragenden Komponente kann durch eine entsprechende Voreilung des Garnes vollständig
ausgeglichen werden. Bei entsprechend höherer Voreilung würde diese Komponente in
Schlaufenform in dem Garn vorliegen und nur noch höchstens untergeordnet zu den physikalischen
Eigenschaften des Gesamtgarnes beitragen.
[0027] Für die Herstellung der erfindungsgemäß benötigten Garne ist es erforderlich, daß
wenigstens ein Filamentgarn aus vororientierten, unverstreckten synthetischen Filamenten
mit Doppelbrechungen von wenigstens 20*10 - und Reißdehnungen von 70-200 % einer Wärmebehandlung
bei 100-180 °C unter Spannung unterworfen wird. Werden mehrere Garnkomponenten gemeinsam
verarbeitet, ist dafür zu sorgen, daß das Filamentgarn mit den erfindungsgemäß erforderlichen
Eigenschaften die tragende Komponente ergibt und daher mit der geringsten Voreilung
verarbeitet wird.
[0028] Überraschenderweise ergibt die erfindungsgemäß vorgeschlagene Wärmebehandlung von
vororientierten, ungestreckten synthetischen Filamentgarnen eine für den erfindungsgemäßen
Zweck ausreichende Erhöhung der Fließspannung, wobei jedoch die hohe Reißdehnung der
unverstreckten Garne weitgehend erhalten bleibt.
[0029] Bevorzugte Temperaturbereiche der Wärmebehandlung sind innerhalb des angegebenen
Bereiches von 100-180 °C insbesondere 120-150°C. Besonders gute Ergebnisse wurden
bei etwa 130 °C erhalten. Die Wärmebehandlung der Garne kann beispielsweise mit Wasserdampf
oder in heißer Luft durchgeführt werden. In einer bevorzugten Ausführungsform erfolgt
die Wärmebehandlung der auf Kreuzspulen aufgewickelten Garne in einem Autoklaven unter
Einsatz von Wasserdampf. Derartige Dämpfprozesse können beispielsweise mit der Färbung
des texturien Meschgarnes verbunden werden. Stattdessen kann die Wärmebehandlung des
Garns auch kontinuierlich erfolgen, so z.B. mittels einer Vorrichtung, wie sie in
der US-PS 4 316 370 gezeigt wird. Es sei hier darauf hingewiesen, daß die Wärmebehandlung
der Filamente vor oder nach einem Texturiervorgang durchgeführt werden kann. Wichtig
ist, daß bei einer Texturierung der Garne keine zu hohen Spannungen auf die Garnkomponenten
bzw. Filamente ausgeübt werden. Eine Verstreckung der Garne bei dem Texturierprozeß
sollte nach Möglichkeit vermieden werden, da durch eine solche Maßnahme die Dehnungswerte
der erfindungsgemäß einzusetzenden Filamente zu stark abgesenkt werden könnten.
[0030] Die Wahl der Vororientierung der erfindungsgemäß erforderlichen Filamente, d.h. im
wesentlichen die Aufwickelgeschwindigkeit bei dem Schnellspinnprozeß wie auch die
Temperaturen der Wärmebehandlung des Fixierprozesses sind den jeweiligen Anforderungen
an das erfindungsgemäße Garn anzupassen. Da beispielsweise die beim Weben auftretenden
Kräfte meist nicht linear mit dem Garntiter anwachsen, können auch durch Wahl des
Garntiters und der prozentualen Aufteilung auf tragende und nichttragende (also z.B.
einhüllende) Komponenten, die Verarbeitungseigenschaften den Anforderungen der Weiterarbeitung
angepaßt werden.
[0031] Die Erfindung soll nun anhand einiger Ausführungsbeispiele sowie dazugehöriger Diagramme
näher erläutert werden. In den Abbildungen zeigt
Figur 1 und 2 Kraft-Dehnungs-Diagramme verschiedener Garne und
Figur 3 ein Elastizitätsgrad-Spannungs-Diagramm eines texturierten Mischgarnes nach
der Wärmebehandlung und entsprechend dem Stand der Technik.
Beispiel 1
[0032] Zur Untersuchung des Kraft-Dehnungs-Verhaltens wurden zunächst Versuche an einem
Einkomponentengarn, das als tragende Komponente in einem Mehrkomponentengarn (Mischgarn)
verwendbar ist, durchgeführt. Zu diesem Zweck wurden handelsübliche Polyethylenterephthalatgarne
mit einer Vororientierung entsprechend einem Doppelbrechungswert von 37.10
-3 und einem Titer dtex 177/f 32 matt jeweils unter konstanter Länge 10 Minuten mit
Heißluft von 120°C bzw. 150°C und auch mit Wasserdampf von 130
De wärmebehandelt. Die Veränderungen im Kraft-Dehnungs-Verhalten ergeben sich aus der
nachfolgenden Tabelle 1.
![](https://data.epo.org/publication-server/image?imagePath=1987/01/DOC/EPNWA2/EP86107905NWA2/imgb0001)
[0033] Eine Vorstellung von dem Kraft-Dehnungs-Verhalten vermittelt das Diagramm der Figur
1, in der die Garnspannung (K) über der Dehnung (D) aufgetragen wurde. Die Kurve (3)
zeigt die Garnspannung des oben erwähnten Polyethylenterephthalatgarnes vor der Wärmebehandlung,
während die Kurve (2) die Garnspannung desselben Garnes nach der Wärmebehandlung mit
Wasserdampf von 130°C wiedergibt. Zum Vergleich wurde noch eine Kurve (1) aufgeführt,
die das KD-Verhalten eines handelsüblichen Garnes wiedergibt, das nach dem Schnellspinnvorgang
in herkömmlicher Weise verstreckt wurde.
[0034] Ein Vergleich der Kurvenzüge (2) und (3) zeigt, daß die Wärmebehandlung zu einer
deutlichen Erhöhung des linearen Teils der Spannungskurve und somit der Fließspannung
des Garnes führt. Die Reißdehnung wird dabei offensichtlich kaum beeinflußt. Die beobachtete
Erhöhung des linearen Teils der Spannungskurve erklärt die an den erfindungsgemäßen
Garnen zu beobachtende vorteilhafte Eigenschaft, daß bei der Verarbeitung derartiger
Garne durch Weben, Wirken oder Stricken keine lokalen Nachverstreckungen von Garnteilen
auftreten. Das wiederum bedeutet, daß ein Gewebe, Gewirke oder Gestrick aus den erfindungsgemäßen
unverstreckten Filamenten trotz der noch verbliebenen hohen Dehnung das Material gleichmäßig
anfärben läßt und dennoch zu textilen Flächengebilden verarbeitet werden kann, die
z.B. durch ein Tiefziehen irreversibel verformt werden können.
[0035] Garne mit einer relativ geringen Vororientierung (z.B. mit Doppelbrechungswerten
von weniger als 20-10-
3) zeigen nach einer Wärmebehandlung zwar ebenfalls einen Anstieg der Fließspannung,
dies ist aber mit einem merklichen Absinken und einer starken Streuung der Reißfestigkeit
und Reißdehnungswerte verbunden. Auf der anderen Seite ist auch eine beliebige Steigerung
der Vororientierung durch immer höhere Aufwickelgeschwindigkeiten der Fäden nicht
sinnvoll. Mit zunehmender Aufwickelgeschwindigkeit tritt bekanntlich nicht nur eine
Vororientierung während des Schnellspinnens sondern auch bereits eine Kristallisation
auf. Das führt dazu, daß es nicht mehr möglich ist, in derartigen Garnen den gewünschten
niedrigen Elastizitätsgrad zu erzeugen. Das bedeutet aber, daß textile Flächengebilde,
die erfindungsgemäß aus derartigen Garnen hergestellt wurden, nicht mehr in ausreichendem
Maße irreversibel verformbar sind. Stattdessen tritt eine reversible, elastische Verformbarkeit
in immer stärkerem Maße auf, was zu Verarbeitungsschwierigkeiten beim Tiefziehen derartiger
textiler Flächengebilde führt.
[0036] In einer zweiten Untersuchungsreihe wurde ein schnellgesponnenes, unverstrecktes
Garn aus Polyethylenterephthalatfäden mit einer Vororientierung entsprechend einem
Doppelbrechungswert von 35·10
-3 und einem Titer dtex 128f 48 glänzend unter Spannung 20 Minuten mit Wasserdampf von
130°C wärmebehandelt. Dabei wurden folgende Werte beobachtet:
![](https://data.epo.org/publication-server/image?imagePath=1987/01/DOC/EPNWA2/EP86107905NWA2/imgb0002)
Beispiel 2
[0037] Im Gegensatz zu dem Beispiel 1, in dem glatte, nicht texturierte Garne eingesetzt
wurden, wurde in diesem Beispiel und in allen nachfolgenden Beispielen texturierte
Garne hergestellt. Dies geschah mit Hilfe einer Luftdüsentexturiervorrichtung, wie
sie beispielsweise in der DE-OS 23 62 326 beschrieben wurde. Es wurden stets mindestens
zwei Garne mit unterschiedlichen Voreilungen luftdüsentexturiert, d.h. es wurden jeweils
Garne erzeugt, die eine tragende Komponente und eine nichttragende Garnkomponente
aufwiesen und Filamente aus Polyethylenterephthalatfilamenten aufwiesen. Als tragende
Garnkomponente dienten zwei schnellgesponnene, jedoch unverstreckte Polyesterfäden
vom Titer dtex 330f 64, die eine Doppelbre-
chung von 35·10-3 zeigt. Bei der Texturierung wurden diese Fäden mit einer Voreilung von
10 % der Blasdüsentexturiervorrichtung vorgelegt. Die nichttragende Komponente bestand
aus fertig verstrecktem Fädenmaterial, und zwar aus zwei Fäden vom Titer dtex 167f
64 und einem weiteren Fäden vom Titer dtex 167f 32. Diese drei Fäden wurden mit einer
Voreilung von 46 % der Texturiermaschine zugeführt. Zum Vergleich wurde ein texturiertes
Garn nach dem Stand der Technik angefertigt. Die nichttragende Garnkomponente war
identisch mit dem vorhergehend beschriebenen Material, die tragende Komponente bestand
jedoch aus handelsüblichen, verstreckten Fäden, und zwar wurden zwei Fäden vom Titer
167f 64 eingesetzt. Diese Fäden wurden wie weiter oben beschrieben, mit Voreilungen
von 10 bzw. 46 % gemeinsam texturiert. Die Mischgarne gemäß der Erfindung wurden nach
dem Texturieren noch einer Wärmebehandlung unterzogen, und zwar wurden sie auf Kreuzspulen
aufgewickelt und in einem Autoklaven 10 Minuten lang mit Wasserdampf von 130°C fixiert.
[0038] Zur Veranschaulichung der sich bei den unterschiedlichen Verfahrensmaßnahmen ergebenden
Kraft-Dehnungs-Kurven wurde in Figur 2 die KD-Kurve des erfindungsgemäßen Mischgarnes
aufgetragen, und zwar gilt die Kurve (5) für das Mischgarn gemäß der Erfindung nach
der Wärmebehandlung, die Kurve (6) gibt die entsprechenden Werte für das Mischgarn
gemäß der Erfindung vor der Wärmebehandlung wieder, während die Kurve (4) die Eigenschaften
des Mischgarnes gemäß dem Stand der Technik aufzeigt. Dieses Mischgarn war in dem
Vergleichsansatz ohne Verwendung von erfindungsgemäß erforderlichen Filamenten erhalten
worden. Den Kurvenverläufen der Figur 2 ist zu entnehmen, daß auch hier wieder die
Wärmebehandlung zu einer sehr deutlichen Verbesserung der Fließspannung der so behandelten
Garne führt und so das erfindungsgemäß behandelte Garn zur textilen Weiterverarbeitung
geeignet macht. Der Figur 2 kann weiterhin entnommen werden, daß das erfindungsgemäß
hergestellte Garn (Kurve (5)) trotz der Erhöhung der Fließspannung seine Dehnbarkeit
im Vergleich zu herkömmlich verstreckten Garnen (Kurve (4)) weitgehend beibehalten
hat.
[0039] In Figur 3 wurde der Elastizitätsgrad E aufgetragen gegenüber der Garnspannung K.
Der Kurvenzug (5) bezieht sich dabei, ebenso wie in der Figur 2, auf ein Garn gemäß
der Erfindung, d.h. also auch nach dem angegebenen Fixierprozeß, die Kurve (4) gibt
den Verlauf des Elastizitätsgrades bei einem Garn gemäß dem Stand der Technik wieder.
Diese Werte wurden durch Untersuchung an dem Vergleichsgarn dieses Beispiels ermittelt.
Beispiel 3
[0040] Das Beispiel 2 wurde wiederholt mit zwei schnellgesponnenen Polyestergarnen als tragender
Komponente. Die Einzelfilamente wiesen eine Doppelbrechung von 35-10
-3 auf, diese Garne wurden mit einer Voreilung von 8 % der Luftdüsentexturiermaschine
vorgelegt. Als Effektgarn dienten drei Garne ebenfalls aus Polyethylenterephthalatfäden,
die jedoch fertig verstreckt waren und jeweils einen Titer von dtex 150f 64 aufwiesen.
Diese fertig verstreckten Garne waren falschdrahttexturiert - im Gegensatz zu den
glatten Liefergarnen für die tragende Komponente. Diese Angaben sowie die erhaltenen
textilen Werte für Reißkraft, Reißdehnung und Fließspannung, und zwar jeweils vor
und nach der erfindungsgemäßen Wärmebehandlung sind in der nachfolgenden Tabelle festgehalten.
Die Bezeichnung "V" in der Spalte Doppelbrechung weist darauf hin, daß diese Garnkomponenten
verstreckt und falschdrahttexturiert sind.
Beispiel 4
[0041] Beispiel 3 wurde wiederholt, wobei die Fäden für die tragende Komponente variiert
wurden. Die Ergebnisse sind nachfolgend tabellarisch festgehalten.
Beispiel 5
[0042] Die vorhergehenden Beispiele 3 und 4 wurden wiederholt, wobei jedoch als Fäden für
die tragende Garnkomponente Material eingesetzt wurde, das unterschiedliche Vororientierung
aufwies. Untersucht wurde ein Bereich der Doppelbrechung zwischen 20 und 85-10-
3. Die erhaltenen Ergebnisse sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengefaßt worden.
[0043] Zusätzlich wurde bei dem Lauf c des Beispiels 5 auch der Elastizitätsgrad vor und
nach einer Wärmebehandlung bei einer Belastung von 5 cN/tex bestimmt. Er betrug 15
% vor der Wärmebehandlung und 33 % nach dieser Behandlung.
Beispiel 6
[0044] Die Verfahren der vorhergehenden Beispiele wurden wiederholt, jedoch wurde die Voreilung
der verstreckten und falschdrahttextarierten Garne vom Titer dtex 150 f 64 zwischen
41 und 101 % variiert, während die Voreilung der Teilgarne, die die tragende Komponente
ergeben, konstant bei 8 % belassenwurde. Die Ergebnisse sind in der nachfolgenden
Tabelle zusammengefaßt worden.
[0045] In Verbindung mit diesen Ergebnissen sei noch besonders darauf hingewiesen, daß die
textilen Werte in der Tabelle stets auf den Gesamttiter bezogen wurden, d.h. daß auch
der Titerbeitrag der nichttragenden Komponente mitberücksichtigt wurde. Bei den Werten
dieses Beispieles ist deutlich feststellbar, daß die nichttragende Komponente einen
gewissen Beitrag auch zu den textilen Werten des Gesamtgarnes leisten kann. Dies gilt
insbesondere für die Läufe, bei denen die Voreilung der Effektkomponente sich nicht
allzusehr von der Zulieferung der Garne für die tragende Komponente unterschied. Während
die Reißfestigkeit davon relativ gering beeinflußt ist, zeigt sich der Einfluß auf
die Reißdehnung sehr deutlich. Mit zunehmender Voreilung des Effektgarnes, d.h. der
nichttragenden Komponente, steigt die Reißdehnung deutlich an. Auch bei der Fließspannung
kann eine gewisse Abhängigkeit von der Voreilung beobachtet werden. Bei geringer Voreilung
scheint die nichttragende Komponente doch noch einen gewissen Beitrag zur Fließspannung
zu leisten, während bei einer hohen Voreilung wahrscheinlich die tragende Komponente
weitestgehend allein die Fließspannung des Garnes bestimmt. Auch hier sei noch einmal
darauf hingewiesen, daß es sich um Fließspannungen für das ganze Garn handelt. Bezieht
man die beobachteten Fließspannungen auf die tatsächlich tragenden Filamente, so werden
selbstverständlich wesentlich höhere Werte gefunden.
Beispiel 7
[0046] Auch hier wird ein Garn aus einer tragenden und einer nichttragenden Komponente hergestellt,
wobei jedoch das Verhältnis dieser beiden Komponenten zueinander varriert wurde. Als
Effektkomponente mit einer Voreilung von 70 % wurden 2 bis 5 verstreckte und falschdrahttexturierte
Garne vom Titer 115 f 64 eingesetzt. Die erhaltenen Werte sind der nachfolgenden Tabelle
zu entnehmen.
[0047] Aus diesen Werten kann abgelesen werden, daß mit Erhöhung des prozentualen Anteils
an nichttragendem Effektgarn die Reißfähigkeit geringfügig aber signifikant zunimmt,
während die Reißdehnung systematisch, allerdings auch wiederum nur um geringe Beträge,
fällt. Auch die Fließspannung nimmt mit erhöhtem Anteil an nichttragendem Effektgarn
ab, hier zeigt sich, daß die Fließspannung des Gesamtgarnes praktisch nur von der
tragenden Komponente vorgegeben wird. Bei Erhöhung der nichttragenden Komponente ergeben
sich dann zwingend allein durch die Berechnung geringere Werte.
Beispiel 8
[0048] Hier wurde untersucht, ob eine Verlängerung der Wärmebehandlung, d.h. also ein Behandeln
mit Wasserdampf bei 130°C in einem Autoklaven noch merkliche Effekte bringt. Bei dem
Lauf a betrug die Wärmebehandlung zweimal 10 Minuten, bei dem Lauf b zweimal 20 Minuten.
Die erhaltenen Werte können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Es sind keine
signifikanten Änderungen aufgetreten.
Beispiel 9
[0049] Auch bei diesem Beispiel wurde die Wärmebehandlung variiert. In Lauf a betrug die
Wärmebehandlung einmal 10 Minuten in Sattdampf bei 130°C, während bei dem Lauf b nur
ein Sattdampf von 120°C für einmal 10 Minuten eingesetzt wurde (s. nachfolgende Tabelle).
Auch hier zeigt sich keine signifikante Änderung bei der Variation der Wärmebehandlung.
Beispiel 10
[0050] Bei diesem Beispiel wurde eine Variation der nichttragenden Komponente vorgenommen.
Bei dem Lauf a wurden nur endgültig verstreckte Fäden eingesetzt, die jedoch keiner
Falschdrahttexturierung unterworfen waren, im Lauf b wurden für die nichttragende
Komponente ein Teilgarn glatt verstreckt eingesetzt, während zwei weitere Teilgarne
ebenfalls verstreckt aber zusätzlich noch falschdrahttexturiert waren.
![](https://data.epo.org/publication-server/image?imagePath=1987/01/DOC/EPNWA2/EP86107905NWA2/imgb0005)
Zusammenfassend kann aus den Ergebnissen der Beispiele 3 bis 10 festgehalten werden,
daß mit einer Dämpfung, bei den hier hergestellten Garnen, nur eine, wenn überhaupt,
geringfügige Abnahme der Reißkraft verbunden ist. Dagegen ist eine Absenkung der Reißdehnung
schon deutlicher zu beobachten. Bei der Reißdehnung ist jedoch darauf zu achten, daß
es sich im vorliegenden Fall um blasdüsenextrudierte Fäden handelt. Es ist bekannt,
daß bei einem derartigen Texturierverfahren Mikrorisse oder Schwachstellen in den
Filamenten erzeugt werden können. Derartige Schwachstellen führen dann leicht zu einer
Vortäuschung einer verminderten Reißdehnung. Eine Überprüfung in derartigen Fällen
ist möglich durch Bestimmung der Reißdehnung in Abhängigkeit von der Einspannlänge
der zu untersuchenden Filamente. Gegebenenfalls ist es sogar erforderlich, die bei
unterschiedlichen Einspannlängen gemessenen Dehnungswerte auf eine sehr kleine Prüflänge
zu extrapolieren.
[0051] Den Tabellen ist weiterhin zu entnehmen, daß die Fließspannung der Garne durch eine
erfindungsgemäße Garnbehandlung unter Spannung um ca. 50 bis 100 % ansteigt.
Beispiel 11
[0052] Schließlich wurden aus Polyester-Mischgarnen Mustergewebe hergestellt, und zwar wurden
zwei Gewebe gleicher Bindung und Einstellung (Köper 2/2) einmal aus Mischgarnen gemäß
der Erfindung und zum anderen aus Mischgarnen gemäß dem Stand der Technik. Die Flächengewichte
lagen bei 300 bzw. 339 g/m
2, die Fadendichte bei 11/cm.
[0053] Garne nach dem Stand der Technik:
Kette: blasdüsentexturiertes Garn vom Effektivtiter dtex 1315f320 hergestellt aus
2 Fäden dtex 167f64 (verstreckt) mit 10 % Voreilung und 3 Fäden dtex 167f64 (verstreckt)
mit 70 % Voreilung
Schuß: blasdüsentexturiertes Garn von Effektivtiter dtex 1253f288, hergestellt aus
2 Fäden dtex 167f64 (verstreckt) mit 10 % Voreilung und 3 Fäden dtex 167f64 (verstreckt) mit 46 % Voreilung 1 Faden dtex 167f32 (verstreckt)
[0054] Garne gemäß der Erfindung:
Kette: blasdüsentexturiertes Garn vom Effektivtiter dtex 1239f160, hergestellt aus
2 Fäden dtex 300f32 (vororientiert, unverstreckt) mit 10 % Voreilung 3 Fäden dtex
167f32 (verstreckt) mit 70 % Voreilung
Schuß: blasdüsentexturiertes Garn vom Effektivtiter dtex 1531f288, hergestellt aus
2 Fäden dtex 330f64 (vororientiert, unverstreckt) mit 10 % Voreilung 2 Fäden dtex 167f64 (verstreckt) mit 46 % Voreilung 1 Faden dtex 167f32 (verstreckt)
[0055] Ähnlich wie die Mischgarne nach Beispiel 2 zeigen auch die hier erfindungsgemäß hergestellten
Gewebe einen flacheren Verlauf der Kraft-Dehnungs-Kurve, wobei das mit erfindungsgemäß
erforderlichen Mischgarnen hergestellte Gewebe eine Reißdehnung von etwa 60 % in Kett-
und Schußrichtung gegenüber einer Reißdehnung von 36 % des mit herkömmlichen Garnen
hergestellten Gewebes besitzt.
[0056] Noch deutlicher zeigt sich der Vorteil des aus Mischgarnen erfindungsgemäß hergestellten
Gewebes bei der Bestimmung des Elastizitätsgrades in Anlehnung an DIN 53 835, Teil
4, Punkt 3,6. Hierzu wurden 5 cm breite Streifen, wie sie gemäß DIN 53 857 auch für
Zugversuche an textilen Flächengebilden benötigt werden, untersucht. Es wurde gefunden,
daß bei einer Belastung von 50 daN der Elastizitätsgrad des nur aus vollverstreckten
Filamenten bestehenden Gewebes 65 % beträgt. Werden dagegen erfindungsgemäße Garne
als Kett- und Schußgarne, wie oben angegeben, eingesetzt, wurde ein Elastizitätsgrad
von nur 40 % festgestellt. Bei Berstversuchen nach DIN 53 861 ergab sich, daß die
Berstwölbhöhe des aus Garnen erfindungsgemäß hergestellten Gewebes mit 33,7 % um nur
drei Prozent höher als die des Vergleichsgewebes liegt, wobei jedoch der massebezogene
Wölb- bzw. Berstwiderstand um 42 % niedriger ist.
[0057] Neben dem Berstversuch ist ein Wölbversuch durchgeführt worden, wobei die Wölbhöhe
bei einer schrittweisen Erhöhung des Meßdrucks von 0,5 daN/cm
2 bis 4,0 daN/cm
2 bestimmt worden ist. Bei gleichem Meßdruck liegt die über dem Mittelpunkt der Prüffläche
gemessene Höhe der kugelkalottenförmigen Aufwölbung bei beiden Geweben anfangs ziemlich
gleich, wobei sich bei einer Druckerhöhung eine größere Aufwölbung des erfindungsgemäß
hergestellten Gewebes ergibt. Bei einem Meßdruck von ungefähr 4 daN/cm
2 liegt die 20 Wölbhöhe des erfindungsgemäßen Gewebes mit ca. 35 mm um rund 7 mm höher
als bei dem aus herkömmlichen Garnen hergestellten Vergleichsgewebe.
[0058] In diesem Beispiel bestand das erfindungsgemäß hergestellte Gewebe sowohl in Kett-
als auch in Schußrichtung aus Garnen, deren tragende Komponenten aus unverstreckten,
vororientierten Polyesterfilamenten bestanden. Derartige Gewebe zeichnen sich durch
eine hohe irreversible Verformbarkeit nach allen räumlichen Richtungen aus. Wird in
Sonderfällen nur eine Verformbarkeit der Gewebe in einer Richtung gewünscht, besteht
die Möglichkeit, auf den Einsatz der erfindungsgemäß erforderlichen Garne in Kett-oder
Schußrichtung zu verzichten.
1. Verfahren zur Herstellung eines textilen Flächengebildes durch Weben, Wirken oder
Stricken von Garnen, dadurch gekennzeichnet, daß zur Herstellung des Flächengebildes,
das irreversibel hochverformbar ist, ein Garn eingesetzt wird, das einen Elastizitätsgrad
bei einer Belastung von 5 cN/tex von weniger als 50 % zeigt und das wenigstens teilweise
aus vororientierten, unverstreckten synthetischen Filamenten besteht, die Doppelbrechungswerte
über 20.10-3, Reißdehnungen zwischen 70 und 200 % und Fließspannungen von mindestens 6 cN/tex
aufweisen.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die vororientierten, unverstreckten
Filamente eine Fließspannung von mindestens 7 cN/tex aufweisen.
3. Verfahren nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet,
daß der Elastizitätsgrad des Garnes bei einer Belatung von 5 cN/tex weniger als 30
% beträgt.
4. Verfahren nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet,
daß die vororientierten, unverstreckten Filamente 6 bis 100, vorzugsweise 40 bis 60
Gew.-% Anteil am Gesamttiter des Garnes haben.
5. Verfahren nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet,
daß Garnkomponenten mit unterschiedlicher Voreilung einer Misch- oder Texturiereinrichtung
zugeführt werden und so ein Garn ergeben, das eine tragende und eine nicht tragende
Garnkomponente aufweist und die vororientierten, unverstreckten Filamente zumindest
einen Teil der tragenden Komponente ausmachen.
6. Verfahren nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet,
daß ein glattes, nichttexturiertes Garn eingesetzt wird.
7. Verfahren nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet,
daß ein texturiertes, insbesondere ein blasdüsentexturiertes Garn eingesetzt wird.
8. Verfahren nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet,
daß die vororientierten, unverstreckten Filamente durch Schnellspinnen erzeugt wurden
und danach einer Wärmebehandlung unter Spannung bei Temperaturen zwischen 100 und
180 °C, vorzugsweise 120-150 °C insbesondere bei 130 °C unterworfen werden.
9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß die Wärmebehandlung der
Filamente im Wasserdampf oder in heißer Luft erfolgt.
10. Verfahren nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet,
daß das Garn einer Wärmebehandlung nach einer Texturierung, insbesondere einer Blasdüsentexturierung
unterworfen wird.
11. Verfahren nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet,
daß die Wärmebehandlung des Garnes in einem Autoklaven erfolgt, wobei das auf Kreuzspulen
gewickelte Garn behandelt wird.