[0001] Die Erfindung geht aus von elektroviskosen Suspensionen, welche mehr als 25 Gew.-%
eines Aluminiumsilikats mit einem Wassergehalt von 1 bis 25 Gew..-% als disperse Phase
und eine elektrisch nicht leitende hydrophobe Flüssigkeit als flüssige Phase, sowie
ein Dispergiermittel enthalten.
[0002] Elektroviskose Flüssigkeiten (EVF) sind Dispersionen feinverteilter hydrophiler Feststoffe
in hydrophoben elektrisch nicht leitenden Ölen, deren Viskosität sich unter dem Einfluß
eines hinreichend starken elektrischen Feldes sehr schnell und reversibel vom flüssigen
bis zum plastischen oder festen Zustand erhöhen läßt. Zur Änderung der Viskosität
kann man sowohl elektrische Gleichfelder als auch Wechselfelder benutzen. Die dabei
durch die EVF fließenden Ströme sind extrem niedrig. Daher lassen sich EVF überall
dort einsetzen, wo die Übertragung großer Kräfte mit Hilfe geringer elektrischer Leistungen
gesteuert werden soll, z.B. in Kupplungen, Hydraulikventilen, Stoßdämpfern, Vibratoren
oder Vorrichtungen zum Positionieren und Festhalten von Werkstücken.
[0003] Im allgemeinen bestehen die von der Praxis hergestellten Anforderungen darin, daß
die EVF in einem Temperaturbereich von ca. -50°C bis 150°C flüssig und chemisch beständig
ist und zumindest in einem Temperaturbereich von -30°C bis 110°C einen ausreichenden
elektroviskosen Effekt zeigt. Es muß auch gewährleistet sein, daß die EVF in einem
langen Zeitraum stabil bleibt, d.h. keine Phasentrennung stattfindet und sich insbesondere
kein schwer redispergierbares Sediment bildet. Falls die EVF mit elastomeren Werkstoffen
in Berührung kommen, sollen diese hiervon nicht angegriffen oder angequollen werden.
[0004] Bereits 1962 wurden in dem US-Patent 30 47 507 eine ganze Reihe von Substanzen als
disperse Phase für EVF vorgeschlagen. Dabei wurde Silikagel als bevorzugte Substanz
erwähnt. Ferner wurden EVF auf der Basis von Silikagel-Dispersionen in nichtleitenden
Ölen in dem britischen Patent 1 076 754 beschrieben, wobei hier der Wassergehalt der
Silikagel-Teilchen und die Art wie dieses Wasser gebunden ist, als besonders kritisch
in bezug auf die Elektroreaktivität der EVF angesehen wird, In der jüngeren Literatur
werden EVF auf der Basis von unterschiedlichen Typen von Ionenaustauscherteilchen
beschrieben (siehe z.B. deutsche Offenlegungsschrift 25 30 694 und britisches Patent
15 70 234). In dem US-Patent 30 47 507 wird bereits darauf hingewiesen, daß diese
EVF vergleichbare elektroviskose Effekte zeigen wie die EVF auf Basis von Silikagel-Teilchen.
Die Teilchengröße der Ionenaustauscherteilchen soll zwischen 1 bis 50 um liegen. Dies
hat zur Folge, daß sich die Teilchen absetzen. Zur Vermeidung des Absetzens der verhältnismäßig
großen Teilchen wird üblicherweise die Dichte der flüssigen Phase an die Dichte der
dispersen Phase angepaßt. Diese Dichte-Anpassung ist aber temperaturabhängig und darum
nicht praxisgerecht.
[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, EVF mit einer deutlich höheren Elektroreaktivität
bereitzustellen, die bevorzugt auch bei hohen Temperaturen noch erhalten bleibt und
außerdem eine geringe elektrische Leitfähigkeit besitzen.
[0006] Diese Aufgabe wird, ausgehend von einer EVF, die ein mit Hilfe eines geeigneten Dispergiermittels
in einer elektrisch nichtleitenden Flüssigkeit dispergiertes Aluminiumsilikat enthält,
erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß das Atomverhältnis Al/Si auf der Oberfläche des
Aluminiumsilikats zwischen 0,15 und 0,80, bevorzugt zwischen 0,2 und 0,75 liegt. Das
Al/Si Atomverhältnis kann auf der Oberfläche der Teilchen erheblich von der Volumenzusammensetzung
abweichen.
[0007] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform werden als Dispergiermittel aminofunktionelle
oder hydroxyfunktionelle oder acetoxyfunktionelle oder alkoxyfunktionelle Polysiloxane
mit einem Molekulargewicht )800 eingesetzt. Dabei sind die funktionellen Polysiloxane
mit einer Konzentration von 1 bis 30 Gew.-%, vorzugsweise 5 bis 20 Gew.-X, bezogen
auf die wasserhaltigen Aluminiumsilikatteilchen, zugesetzt.
[0008] Vorzugsweise haben die als Dispergatoren eingesetzten aminofunktionellen Polysiloxane
folgende allgemeine Formel

wobei
10 < n < 1000
m = 0 bis 5,
R = H oder Alkyl mit 1 bis 8 C-Atomen und
X = ein zweiwertiger Kohlenwasserstoffrest ist, der aus C, H und gegebenenfalls 0
und/oder N besteht.
[0009] Die Verknüpfung der Aminogruppen mit dem Silikongrundkörper erfolgt entweder über
eine SiC- oder über eine SiOC-Bindung. Ist eine SiC-Bindung gewünscht, so steht X
für einen zweiwertigen Kohlenwasserstoffrest mit 1 bis 6, vor zugsweise 1 bis 3 Kohlenstoffatomen.
Besonders bevorzugt als aminofunktioneller Rest sind die Aminomethyl- und Aminopropylgruppierung.
Der zweiwertige Rest X kann außer C und H auch N enthalten. So kann X-NHR z.B. die
Gruppierung CH
2-CH
2-CH
2-NH-CH
2-CH
2-NH
2 bedeuten. Ist eine SiOC-Verknüpfung gewünscht, so ist der aminofunktionelle Rest

eine Aminoalkoxygruppierung. Aus Gründen der Hydrolysestabilität ist eine sekundäre
SiOC-Verknüpfung bevorzugt. Besonders geeignet ist dabei der 1-Amino-2-Propoxyrest

oder der 1-Amino-3-Butoxyrest

[0010] Anstelle von aminofunktionellen Polysiloxanen können auch siliziumfunktionelle Polysiloxane
der allgemeinen Formel

als Dispergiermittel eingesetzt werden. Dabei ist 10 í n < 1000. Y stellt eine hydrolisierbare
Gruppe, vorzugsweise eine Hydroxy-, eine Alkoxy- oder Carboxygruppe dar.
[0011] Bevorzugt enthalten die vorgenannten als Dispergiermittel verwendbaren funktionellen
Polysiloxane 20 bis 300 Dimethylsiloxaneinheiten. Diese ermöglichen insbesondere die
Herstellung von Dispersionen mit hohem Feststoffgehalt bei nicht zu hoher Grundviskosität.
[0012] Mit der Erfindung werden folgende Vorteile erzielt:
Aluminiumsilikathaltige EVF zeigen überraschenderweise wesentlich größere Elektroreaktivitäten
als solche mit Silikagel oder Aluminiumoxid.
[0013] Für die erfindungsgemäßen, mit Silikonöl hergestellten EVF gilt, daß sie mit elastomeren
Werkstoffen, insbesondere mit Gummi bestens verträglich, absetzstabil und physiologisch
indifferent (ungiftig) sind. Außerdem sind sie innerhalb eines ungewöhnlich weiten
Temperaturbereichs wärme- und kältebeständig und weisen nur eine geringe Druckabhängigkeit
der Viskosität auf. Darüber hinaus haben die erfindungsgemäßen elektroviskosen Suspensionen
günstige, nur wenig von der Temperatur und der Frequenz abhängige dielektrische Werte
und eine hohe elektrische Durchschlagsfestigkeit.
[0014] Insbesondere für die erfindungsgemäßen EVF mit einem Silikonöl als flüssiger Phase
und einem der erfindungsgemäßen funktionellen Polysiloxane als Dispergiermittel, wurde
weiter festgestellt, daß die Elektroreaktivität auch bei hohen Temperaturen sehr gut
erhalten bleibt.
[0015] Als weiterer Vorteil ist hervorzuheben, daß die Herstellung der EVF relativ einfach
und daher preisgünstig ist und handelsübliche Produkte als Ausgangsstoffe verwendet
werden können.
[0016] Im folgenden wird die Erfindung anhand von Beispielen, die in Diagrammen und mittels
einer Tabelle verdeutlicht werden, näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 die Abhängigkeit der bei der EVF gemessenen Schubspannung als Funktion der
elektrischen Feldstärke bei konstanter Schergeschwindigkeit,
[0017] Tabelle 1 die Zusammenfassung der dispersen Phasen und Tabelle 2 die charakteristischen
Daten der erfindungsgemäßen EVF im Vergleich zum Stand der Technik.
[0018] Es werden die verfahrenstechnischen Maßnahmen zur Herstellung der EVF, der chemische
Herstellungsweg für die Dispergatoren, die zur Kontrolle der gewünschten physikalischen
Eigenschaften erforderliche Meßtechnik sowie typische Ausführungsbeispiele für die
erfindungsgemäßen EVF angegeben.
[0019] Zur Herstellung von EVF können handelsübliche Aluminiumsilikate verwendet werden.
Bei Bedarf kann der Feuchtegehalt des Aluminiumsilikats erhöht oder erniedrigt werden.
[0020] Bei der Herstellung der Dispersionen wird das Dispersionsmedium und ein Teil oder
die gesamte Menge Dispergiermittel vorgelegt und unter ständigem Umrühren das Aluminiumsilikat
in das Dispersionsmedium eingerührt. Am Anfang kann das Aluminiumsilikat schnell eindosiert
werden, während gegen Ende mit zunehmender Viskosität das Aluminiumsilikat langsam
zugegeben wird. Wird am Anfang nur ein Teil des Dispergiermittels vorgelegt, so wird
während der Zugabe des Aluminiumsilikates die restliche Dispergiermittelmenge gleichzeitig
mit zugegeben. Für die Endeigenschaften der EVF ist die Herstellungsprozedur aber
nicht kritisch. Auch die Art der Vermischung ist nicht kritisch für die Endeigenschaften
der EVF. Es können z.B. einfache Rührvorrichtungen, Kugelmühlen oder Ultraschall zur
Dispergierung verwendet werden. Bei einer intensiven Vermischung können die Dispersionen
aber im allgemeinen schneller hergestellt werden und dabei etwas feinteiliger werden.
[0021] Die Menge des benötigten Dispergiermittels hängt stark von der spezifischen Oberfläche
des verwendeten Aluminiumsilikates ab. Als Richtwert werden ca. 1 bis 4 mg/m
2 benötigt. Die absolut benötigte Menge hängt aber weiter noch von der Art des verwendeten
Aluminiumsilikates sowie des Dispergiermittels ab.
[0022] Die verwendeten Aluminiumsilikate können sowohl amorph, als auch kristallin sein,
wie z.B. gefälltes Aluminiumsilikat bzw. Zeolith. Das für die Größe der Elektroreaktivität
maßgebliche Al/Si Atomverhältnis auf der Oberfläche der Aluminiumsilikat-Teilchen
wurde mittels ESCA (Elektronenspektroskopie für chemische Analyse) bestimmt. Die Aluminiumsilikate
brauchen nicht rein zu sein und können ohne weiteres bis zu 20 Gew.-X Fe
20
3, TiO
2, CaO, MgO, Na
20 und K
20 enthalten. Auch können noch bis einige Gew.-X S0
3 und Cl vorhanden sein. Weiterhin kann die mittels ESCA untersuchte Oberfläche bis
zu 25 At % C aufweisen. Der Glühverlust, d.i. der Gewichtsverlust bei 1000°C, bewegt
sich bei den amorphen Aluminiumsilikaten im allgemeinen zwischen 10 und 15 Gew.-X.
Hiervon sind im Schnitt ca. 6 Gew.-X Feuchte, was gleichbedeutend ist mit dem Gewichtsverlust,
der durch Trocknen bei 105°C bestimmt wird. Die spezifische Oberfläche des amorphen
Aluminiumsilikate, gemessen nach der BET-Methode, beträgt im allgemeinen zwischen
20 und 200 m
2/g. Die kristallinen Aluminiumsilikate können außer in einer Salz-Form, wobei die
einwertigen Salze zu bevorzugen sind, auch in der H
+-Form vorliegen. Der durch Trocknung bei 500° C bestimmte Wassergehalt beträgt ca.
1 bis 25 Gew.-X, vorzugsweise soll er jedoch zwischen ca. 5 und 15 Gew.-X liegen.
[0023] Als Dispersionsmedium für die Aluminiumsilikatteilchen werden vorzugsweise Silikonöle
wie Polydimethylsiloxane und polymere Methylphenylsiloxane verwendet. Auch sind flüssige
Kohlenwasserstoffe wie z.B. Paraffine, Olefine und aromatische Kohlenwasserstoffe
brauchbar. Weiter können z.B. auch Fluorkohlenwasserstoffe, Polyoxyalkylene oder fluorierte
Polyoxyalkylene benutzt werden. Der Erstarrungspunkt der Dispersionsmedien wird vorzugsweise
niedriger als -30°C eingestellt, der Siedepunkt größer 150°C. Die Viskosität der Öle
liegt bei Raumtemperatur zwischen 3 und 300 mm
2/s. Im allgemeinen sind die niedrigviskosen Öle zu bevorzugen (3 bis 20 mm
2/s), weil hiermit eine niedrigere Grundviskosität der EVF erreicht wird, so daß mittels
des elektroviskosen Effektes starke Viskositätsänderungen erzielt werden können.
[0024] Als Dispergiermittel können im Dispersionsmedium lösliche Tenside verwendet werden,
die z.B, von Aminen, Imidazolinen, Oxazolinen, Alkoholen, Glykol oder Sorbitol abgeleitet
werden. Auch können im Dispersionsmedium lösliche Polymere verwendet werden. Geeignet
sind z.B. Polymere, welche 0,1 bis 10 Gew.-X N undloder OH, sowie 25 bis 83 Gew.-X
C
4-C
24 Alkylgruppen enthalten und ein Molekulargewicht im Bereich 5'10
3 bis 10
6 besitzen. Die N- und OH-haltigen Verbindungen in diesen Polymeren können z.B. Amin-,
Amid-, Imid-, Nitril-, 5- bis 6-gliedrige N-haltige heterocyclische Ringe bzw. ein
Alkohol sein und die C
4-C
24 Alkylgruppen Ester von Acryl- oder Methacrylsäure. Spezifische Beispiele für die
vorgenannten N- und OH-haltigen Verbindungen sind NN-Dimethylaminoethylmethacrylat,
Tertiär-Butylacrylamid, Maleinimid, Acrylnitril, N-Vinylpyrolidon, Vinylpyridin und
2-Hydroxyethylmethacrylat. Die vorgenannten polymeren Dispergiermittel haben gegenüber
den niedermolekularen Tensiden im allgemeinen den Vorteil, daß die hiermit hergestellten
Dispersionen bezüglich des Absatzverhaltens stabiler sind und die Elektroreaktivität
weniger frequenzabhängig ist.
[0025] Besonders bevorzugte Dispergiermittel für die Herstellung von EVF, wobei das Aluminiumsilikat
in ein Silikonöl dispergiert ist, sind die erfindungsgemäßen funktionellen Polysiloxane.
Ihre Herstellung ist dem Fachmann im Prinzip bekannt.
[0026] Die Herstellung der als Dispergator verwendeten aminomodifizierten Polysiloxane varriert
je nach der gewünschten Art der Verknüpfung. Verbindungen des Typs

wobei n und m die oben angegebene Bedeutung haben und X = CH
2 ist, werden hergestellt aus den entsprechenden Halogenderivaten (C1 oder Br) und
dem entsprechenden Amin nach:

[0027] Die Cl-haltige Verbindung wird hergestellt durch Cohydrolyse gewünschter Mengen von
ClCH
2(CH
3)
2SiCl, ClCH
2(CH
3)SiCl
2 und (CH
3)
2SiCl
2. Natürlich kann anstelle von Cl auch Br eingesetzt werden.
[0028] Verbindungen des obengenannten Typs, wobei X ein Alkylrest mit 2 bis 6 C-Atomen ist,
können beispielsweise hergestellt werden durch platinkatalysierte Addition eines geeigneten
Olefins an SiH-haltige Verbindungen. So reagiert beispielsweise Allylchlorid mit einem
Silikonöl der Formel

[0029] zu einem Y-chlorfunktionellen Silikonöl, das analog zu oben für X = CH
2 beschriebenen Reaktion zu dem gewünschten aminofunktionellen Öl umgesetzt werden
kann. Alternative Wege sind dem Fachmann im Prinzip ebenfalls geläufig.
[0030] Verbindungen des obengenannten Dispergatortyps, bei denen X für eine Aminoalkoxygruppierung
steht, können hergestellt werden durch Umsetzung von siliziumfunktionellen Ölen, die
beispielsweise SiCl, SiOCH
2H
5,

oder
[0031] SiH-Gruppierungen enthalten mit Aminoalkanolen, gegebenenfalls unter Zusatz geeigneter
Katalysatoren. Besonders geeignet ist dabei 1-Propanolamin. Im Falle der aminoalkoxyfunktionellen
Systeme kann m (vorteilhaft) den Wert 0 annehmen. Besonders bevorzugt als Dispergator
ist ein aminoalkoxyfunktionelles Polysiloxan der Formel

wobei n einen Wert zwischen 15 und 100 annimmt, bevorzugt zwischen 30 und 70.
[0032] Es ist weiterhin möglich, zunächst das Silan

herzustellen und anschließend durch eine basisch katalysierte Xquilibrierungsreaktion
unter Zusatz von Oktame- . thylcyclotetrasiloxan einen Kettenaufbau durchzuführen.
[0033] Die so hergestellten EVF wurden in einem modifizierten Rotationsviskosimeter untersucht,
wie es bereits von W.M. Winslow in J. Appl. Phys. 20 (1949) Seite 1137-1140 beschrieben
wurde.
[0034] Die Elektrodenfläche des inneren rotierenden Zylinders mit einem Durchmesser von
50 mm beträgt ca. 78 cm
2, die Spaltweite zwischen den Elektroden 0,58 mm. Bei den dynamischen Messungen kann
die Scherbelastung bis maximal 2330 s
-1 eingestellt werden. Der Meßbereich des Viskosimeters für die Schubspannung beträgt
maximal 750 Pa. Es sind statische und dynamische Messungen möglich. Die Anregung der
EVF kann sowohl mit Gleichspannung als auch mit Wechselspannung erfolgen.
[0035] Bei Anregung mit Gleichspannung können bei einigen Flüssigkeiten neben der spontanen
Erhöhung der Viskosität oder der Fließgrenze beim Einschalten des Feldes auch noch
langsame Abscheidungsvorgänge der festen Teilchen auf den Elektrodenoberflächen stattfinden,
die das Meßergebnis verfälschen, insbesondere bei kleinen Schergeschwindigkeiten,
bzw. bei statischen Messungen. Daher wird die Prüfung der EVF bevorzugt mit Wechselspannung
und bei dynamischer Scherbeanspruchung durchgeführt. Man erhält so gut reproduzierbare
Fließkurven.
[0036] Zur Bestimmung der Elektroreaktivität stellt man eine konstante Schergeschwindigkeit
O<D<2330 s
-1 ein und mißt die Abhängigkeit der Schubspannung T von der elektrischen Feldstärke
E. Mit der Prüfapparatur können Wechselfelder bis zu einer maximalen effektiven Feldstärke
von 2370 kV/m bei einem maximalen effektiven Strom von 4 mA und einer Frequenz von
50 Hz erzeugt werden. Man erhält dabei Fließkurven entsprechend Fig. 1. Man erkennt,
daß die Schubspannung T bei kleinen Feldstärken zunächst parabelförmig und bei größeren
Feldstärken linear ansteigt. Die Steigung S des linearen Teils der Kurve kann aus
Fig. 1 entnommen werden und wird in Pa.m/kV angegeben. Aus dem Schnittpunkt der Geraden
τ = τ
O (Schubspannung ohne elektrisches Feld) wird der Schwellwert E
O der elektrischen Feldstärke bestimmt und in kV/m angegeben. Für die Erhöhung der
Schubspannung τ(E)- τ
O im elektrischen Feld E>E
O gilt:
[0037] 
Die Messungen kann man mit verschiedenen Schergeschwindigkeiten D wiederholen. Die
dabei bestimmten Werte für E
O und S streuen i.a. in einem Bereich von ca. ±5% bis ±20 % um den Mittelwert.
[0038] Bei den nachfolgend beschriebenen Ausführungsbeispielen entsprechen die mit dem Buchstaben
E gekennzeichneten Rezepturen den erfindungsgemäßen Beispielen, während die anderen
Beispiele als Stand der Technik anzusehen sind (Vergleichsbasis).
[0039] Die Rezepturen 1 bis 14 zeigen den Einfluß des Atomverhältnisses Al/Si auf der Oberfläche
der unterschiedlichen dispersen Phasen. Bei den Rezepturen 15, 16, 18, 20, 21, 23
und 24 wird deutlich, daß die gute Wirkung der erfindungsgemäßen Al-Silikate auch
mit anderen Dispergiermitteln erhalten bleibt. Die Beispiele 20, 21 und 25 zeigen,
daß dies auch für andere Dispersionsmedien zutrifft.
[0040] Die Beispiele 6, 7, 9, 10, 16, 21, 25 zeigen, daß die erfindungsgemäßen EVF auch
bei höheren Temperaturen noch eine gute Wirkung aufweisen. Besonders hervorzuheben
ist die gute Wirkung bei höheren Temperaturen bei den EVF, die Dispergiermittel auf
Polysiloxanbasis enthalten (Beispiele 7 und 25 im Vergleich zu den Beispielen 15 und
20).
Ausführugsbeispiele
[0041]
Silikonöl 1: Polydimethylsiloxan Viskosität bei 25°C: 5 mm2 s-1 Dichte bei 25°C: 0,9 g.cm-3 Dielektrizitätszahl er nach DIN 53483 bei 0°C und 50 Hz: 2,8
Silikonöl 2: Polymethylphenylsiloxan Viskosität bei 25°C: 4 mm2s-1 Dichte bei 25°C: 0,9 g.cm-3 Dielektrizitätszahl εr bei 25°C: ca. 2,5
[0042] Isododecan Viskosität bei 25°C: 1,7 mm
2 s
-1 Dichte bei 20°C: 0,75 g.cm
-3 Dielektrizitätszahl er bei 20°C: 2,1
Dispergiermittel 1:

Dispergiermittel 2: Sorbitansesquioleat
Dispergiermittel 3: Tetradecylamin
Dispergiermittel 4: 2 Heptadecenyl-4,4(5H)-oxazol- dimethanol
Dispergiermittel 5:

Dispergiermittel 6:



1) EVF, welche mehr als 25 Gew.-% eines Aluminiumsilikats mit einem Wassergehalt von
1 bis 25 Gew.-X als disperse Phase und eine elektrisch nicht leitende hydrophobe Flüssigkeit
als flüssige Phase sowie ein Dispergiermittel enthalten, dadurch gekennzeichnet, daß
das Atomverhältnis Al/Si an der Oberfläche des Aluminiumsilikats zwischen 0,15 und
0,80 liegt.
2) EVF nach Anspruch 1, welche als flüssige Phase ein Silikonöl enthalten, dadurch
gekennzeichnet, daß das Dispergiermittel aus aminofunktionellen oder hydroxyfunktionellen
oder acetoxyfunktionellen oder alkoxyfunktionellen Polysiloxanen mit einem Molekulargewicht
>800 besteht.
3) Elektroviskose Dispersionen nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß
die funktionellen Polysiloxane mit einer Konzentration von 1 bis 30 Gew.-%, vorzugsweise
5 bis 20 Gew.-%, bezogen auf die Aluminiumsilikat-Teilchen zugesetzt sind.
4) Elektroviskose Dispersionen nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß
die aminofunktionellen Polysiloxane folgende Struktur haben:

wobei 10<n<1000, m = 0 bis 5, R = H oder Alkyl mit 1 bis 8 Atomen und X ein zweiwertiger
Kohlenwasserstoff ist, der aus C, H und gegebenenfalls 0 und/oder N besteht.
5) Elektroviskose Dispersion nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die aminofunktionellen
Polysiloxane folgende Struktur besitzen:

mit m = 0 bis 3 und 10<n<1000
6) Elektroviskose Dispersionen nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß
die funktionellen Polysiloxane folgende Struktur haben:

mit 10<n<1000, wobei Y eine hydrolisierbare Gruppe, insbesondere eine Hydroxy-, eine
Alkoxy- oder Carboxy-Gruppe darstellt.