(19)
(11) EP 0 183 977 B1

(12) EUROPÄISCHE PATENTSCHRIFT

(45) Hinweis auf die Patenterteilung:
16.03.1988  Patentblatt  1988/11

(21) Anmeldenummer: 85113674.7

(22) Anmeldetag:  28.10.1985
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4H01B 1/12

(54)

Schmelzbare, elektrisch leitfähige Mischungen

Fusible, electrically conductive blends

Mélanges fusibles électriquement conducteurs


(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE FR GB IT LI NL

(30) Priorität: 09.11.1984 DE 3440914

(43) Veröffentlichungstag der Anmeldung:
11.06.1986  Patentblatt  1986/24

(73) Patentinhaber: BAYER AG
51368 Leverkusen (DE)

(72) Erfinder:
  • Jonas, Friedrich, Dr.
    D-5100 Aachen (DE)
  • Hocker, Jürgen, Dr.
    D-5060 Bergisch-Gladbach 2 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
EP-A- 0 136 626
FR-A- 2 211 464
   
       
    Anmerkung: Innerhalb von neun Monaten nach der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents kann jedermann beim Europäischen Patentamt gegen das erteilte europäischen Patent Einspruch einlegen. Der Einspruch ist schriftlich einzureichen und zu begründen. Er gilt erst als eingelegt, wenn die Einspruchsgebühr entrichtet worden ist. (Art. 99(1) Europäisches Patentübereinkommen).


    Beschreibung


    [0001] Komplexsalze aus dem 7,7,8,8-Tetracyano-p-chinodime-thananion (TCNQ)- der Formel

    neutralem 7,7,8,8-Tetracyano-p-chinodimethan (TCNQ) und anorganischen oder organischen Kationen sind als elektrisch leitende Verbindungen bekannt.

    [0002] Diese Komplexe können durch Umsetzung von TCNQ mit organischen Kationjodiden hergestellt werden [J. Am. Chem. Soc. 4, 3374-3387 (1962)], z. B.


    Reaktionsschema I



    [0003] Hierbei wird ein TCNQ-Molekül durch Jodid zum TCNQ-Anion unter Freisetzung von Jod reduziert.

    [0004] Ein anderes Verfahren besteht in der Umsetzung von stickstoffhaltigen Heteroaromaten oder tertiären Aminen mit P-Phenylen-1.4-dimalodinitril der Formel H2TCNQ (11) und TCNQ, z. B.



    [0005] Reaktionsschema 11

    [0006] Die Verarbeitung dieser Komplexe bei Temperaturen oberhalb ihres Schmelzpunktes bereitet Schwierigkeiten, da bei den bisher bekannten Verbindungen Schmelz- und Zersetzungstemperatur sehr nahe beieinander liegen. Aus der DE-OS-3 214 355 ist bekannt, daß bestimmte TCNQ-Komplexe kurze Zeit, maximal 1 bis 2 Minuten, auf Temperaturen oberhalb ihres Schmelzpunktes erhitzt werden können, ohne ihre elektrische Leitfähigkeit zu verlieren. Erschwerend ist, daß die zur Verarbeitung erforderlichen Temperaturen zu hoch sind.

    [0007] Aus der FR-A-2 211 464 sind spezielle feste organische Leiter bekannt, nämlich TCNQ- und TNAP-Komplexsalze (TNAP=11,11,12,12-Tetracyano-2,6-naphthoquinonedimethan), deren Kation von bekannten Thioverbindungen mit ungerader Elektronenzahl gebildet wird. Diese Komplexsalze werden in reiner Form oder in Form von Gemischen als elektrisch leitende Verbindungen angewendet.

    [0008] Es wurde gefunden, daß Mischungen aus TCNQ-Komplexen und schmelzbaren, niedermolekularen, bei Raumtemperatur festen organischen Verbindungen bei niedrigeren Temperaturen als die reinen TCNQ-Komplexe zu festen, elektrisch leitfähigen Überzügen auf Substraten verarbeitet werden können, ohne daß die elektrische Leitfähigkeit verloren geht.

    [0009] Die Erfindung betrifft daher schmelzbare Mischungen mit hoher elektrischer Leitfähigkeit, bestehend aus 0,5 bis 99 Gew.-% eines TCNQ-Komplexes der Formel

    in der

    D für einen Elektronendonator oder ein Kation und

    n für eine Zahl von 1 bis 5 steht,


    und 1 bis 99 Gew.-% einer oder mehrerer der folgenden bei Raumtemperatur festen, schmelzbaren, organischen Verbindungen: gegebenenfalls substituierte lineare oder cyclische Kohlenwasserstoffe, Ester aliphatischer Carbonsäuren, lineare oder cyclische aliphatische Ketone und Alkohole, gegebenenfalls substituierte aromatische oder araliphatische Kohlenwasserstoffe, gegebenenfalls substituierte aromatische oder araliphatische Ketone, gegebenenfalls substituierte aromatische oder araliphatische Ether, gegebenenfalls substituierte aromatische oder araliphatische Thioether und Sulfone, Ester aromatischer Carbonsäuren, Nitrile aromatischer Carbonsäuren und heterocyclische Verbindungen.

    [0010] Als Vertreter der im Anspruch genannten bei Raumtemperatur festen, schmelzbaren organischen Verbindungen seien genannt:

    gegebenenfalls substituierte lineare oder cyclische Kohlenwasserstoffe wie Octadecan, 1-Chloroctadecan, Ester aliphatischer Carbonsäuren, wie Palmitinsäuremethylester, Stearinsäuremethylester, Ethylencarbonat; lineare oder cyclische aliphatische Ketone und Alkohole, wie Cyclododecanon, Cyclooctanon; Octadecanol; gegebenenfalls substituierte, aromatische oder araliphatische Kohlenwasserstoffe, wie Naphthalin, Anthracen, Biphenyl, Fluoren, Terphenyl;

    gegebenenfalls substituierte aromatische oder araliphatische Ketone wie Diphenylketon, Dibenzylketon;

    gegebenenfalls substituierte aromatische oder araliphatische Ether wie Diphenylether;

    gegebenenfalls substituierte aromatische oder araliphatische Thioether und Sulfone wie Dibenzylsulfid, Diphenylsulfon;

    Ester aromatischer Carbonsäuren, wie 4-Chlorbenzoesäuremethylester, Terephthalsäuredimethylester; Nitrile aromatischer Carbonsäuren wie 4-Chlorbenzonitril; heterocyclische Verbindungen, wie Caprolactam, Phthalimid.



    [0011] Schmelzpunkte geeigneter organischer Verbindungen liegen im allgemeinen oberhalb 30°C, bevorzugt oberhalb 60° C, aber unterhalb des Schmelzpunktes des TCNQ-Komplexes. Ein typischer Bereich ist eher 60 bis etwa 180° C.

    [0012] Die organischen Verbindungen können einzeln oder als Gemische verwendet werden. Die erfindungsgemäßen Mischungen mit TCNQ-Komplexen enthalten 0,5 bis 99 Gew.-%, bevorzugt 10 bis 90 Gew.- % TCNQ-Komplex der Formel III und 1 bis 99,5 Gew.-%, bevorzugt 10 bis 90 Gew.-% einer oder mehrerer der beschriebenen organischen Verbindungen.

    [0013] Die für die Herstellung der erfindungsgemäßen Mischungen geeigneten TCNQ-Komplexe sind an sich bekannt. Ihre Zusammensetzung kann durch die Formel III

    beschrieben werden, in der D für einen Elektronendonator bzw. für ein Kation und n für eine Zahl von 1 bis 5, vorzugsweise für 2, steht.

    [0014] Besonders geeignete CT-Komplexe entsprechen der Formel

    worin D + ein Kation und in 1, 2, 3 oder 4, insbesondere 1 ist.

    [0015] Diese Komplexe werden auch als Chargetransfer- (abgekürzt CT-) Komplexe oder Radikalionensalze bezeichnet. Ein Überblick findet sich in J. Am. Chem. Soc. 84, 3374-3387 (1962).

    [0016] Bevorzugt werden im Rahmen der Erfindung solche CT-Komplexe, deren Donatorteil leicht zugänglich ist und sich von einer organischen, Stickstoff und/oder Sauerstoff und/oder Schwefel und/oder Phosphor enthaltenden, Verbindung ableitet und als Kation vorliegt. Beispiele hierfür sind die Kationen der folgenden Verbindungen bzw. die entsprechenden quarternären Ammonium-, Sulfonium- oder Phosphoniumionen:

    [0017] Triethylamin, Diethylcyclohexylamin, Chinolin, Benzo-2,3-chinolin, o-Phenanthrolin, Benzthiazol, N-Methylbenzimidazol, Pyridin, 2,2'-Dipyridin, 4,4'-Dipyridin, 4,5-Dimethylthiazolin, 1-Phenylimidazolidin, Bis-[1,3-diphenyl-imidazolidinyliden-(2)], Bis-[3-methyl-benzthiazolinyliden-(2)], Isochinolin, Triphenylphosphin, Trimethylsulfoniumion.

    [0018] Besonders bevorzugt sind TCNQ-Komplexe der Formel 111, in denen D für ein Kation der Formel IV, V oder VI

    steht, in dem

    R einen gegebenenfalls substituierten aliphatischen, cycloaliphatischen oder araliphatischen Rest mit 1 bis 30 C-Atomen bedeutet und

    n 1 oder 2 ist.



    [0019] Die erfindungsgemäßen Mischungen können durch Vermischen der Einzelbestandteile im festen Zustand nach bekannten Verfahren z. B. durch Mahlen, Mörsern hergestellt werden. Man kann aber auch den TCNQ-Komplex in eine Schmelze der organischen Verbindungen eintragen.

    [0020] Die Leitfähigkeit der Mischungen kann durch Verändern des Verhältnisses von TCNQ-Komplex zu organischer Verbindung in weiten Bereichen variiert werden. Die Mischungen können im allgemeinen mindestens 5 Minuten in der Schmelze gehalten werden, ohne daß ihre elektrischen Eigenschaften verloren gehen. Auch ein mehrmaliges Aufschmelzen der Mischungen ist möglich.

    [0021] Die Schmelzpunkte der erfindungsgemäßen Mischungen hängen vom Mischungsverhältnis sowie von den Schmelzpunkten der Einzelbestandteile ab. Sie liegen aber immer deutlich unter den Schmelzpunkten der reinen TCNQ-Komplexe, wodurch eine geringere thermische Belastung der TCNQ-Komplexe und leichtere Verarbeitung erreicht werden.

    [0022] Die erfindungsgemäßen Mischungen können darüber hinaus noch weitere Bestandteile enthalten, wie polymere Binder, Stabilisatoren, Pigmente.

    [0023] Aufgrund ihres günstigen Schmelz- und Zersetzungsverhaltens können die erfindungsgemäßen Mischungen zur Herstellung elektrisch leitender Überzüge auf Substraten durch Aufschmelzen verwendet werden.

    [0024] Als geeignete Substrate seien genannt: Glas, Metalle, Metalloxide, organische Polymere. Solche Substrate können beschichtet werden, indem Schmelzen der erfindungsgemäßen Mischungen auf vorgeheizte Substrate aufgebracht werden. Man kann auch die erfindungsgemäßen Mischungen bei Raumtemperatur auf die zu beschichtenden Substrate aufbringen und anschließend in einem vorgeheizten Ofen aufschmelzen. Beide Verfahren führen zu elektrisch leitfähigen gut haftenden Überzügen.

    [0025] Die so hergestellten Überzüge können in der Elektrotechnik und in der Elektronik verwendet werden.

    Beispiele



    [0026] Eingesetzte TCNQ-Komplexe:









    [0027] Die Leitfähigkeiten der Mischungen wurden mittels Zweielektrodenmessung bei einem Druck von 1960 bar (2000 kp/cm2) bestimmt.

    Beispiel 1



    [0028] X g TCNQ-Komplex der Formel A und Y g der Verbindung * (siehe Tabelle 1) werden durch Mörsern innig vermischt und anschließend für z-Minuten in einem Glasprobenröhrchen durch Erhitzen in einem Metallbad der Temperatur T geschmolzen. In allen Fällen wurden dünnflüssige Schmelzen erhalten. Die Leitfähigkeiten der wieder erstarrten Schmelzen wurden bestimmt.


    Beispiel 2



    [0029] Es wird wie im Beispiel 1 vorgegangen unter Verwendung der TCNQ-Komplexe B-E.



    [0030] Aus den Beispielen 1 und 2 wird deutlich, daß die erfindungsgemäßen Mischungen gegenüber den reinen TCNQ-Komplexen niedrigere Schmelzpunkte bei stark erhöhter Stabilität bei hohen Temperaturen und gute elektrische Leitfähigkeit aufweisen.

    Beispiel 3



    [0031] Mischungen aus je 2 g der TCNQ-Komplexe der Formeln A-E und je 2 g Naphthalin wurden bei 200°C aufgeschmolzen. Die erhaltenen Schmelzen wurden in flüssigem Zustand auf vorgeheizte (180°C) Glasplatten bzw. Aluminiumplatten aufgetragen. Schichtdicke ca. 0,5 mm. Nach dem Abkühlen wurden in allen Fällen harte, glänzende Überzüge mit guter elektrischer Leitfähigkeit erhalten.

    Beispiel 4



    [0032] In eine Schmelze von 2 g Naphthalin bei 160°C werden unter Rühren 2 g TCNQ-Komplex der Formel B eingetragen. Es wird eine dünnflüssige Schmelze erhalten, die nach dem Abkühlen eine elektrische Leitfähigkeit von 8=2.10-2 S/cm aufweist.


    Ansprüche

    1. Schmelzbare Mischungen mit hoher elektrischer Leitfähigkeit, bestehend aus 0,5 bis 99 Gew.-% eines TCNQ-Komplexes der Formel

    in der

    D für einen Elektronendonator oder ein Kation und

    n für eine Zahl von 1 bis 5 steht,


    und 1 bis 99,5 Gew.-% einer oder mehrerer der folgenden bei Raumtemperatur festen, schmelzbaren, organischen Verbindungen: gegebenenfalls substituierte lineare oder cyclische Kohlenwasserstoffe, Ester aliphatischer Carbonsäuren, lineare oder cyclische aliphatische Ketone und Alkohole, gegebenenfalls substituierte aromatische oder araliphatische Kohlenwasserstoffe, gegebenenfalls substituierte aromatische oder araliphatische Ketone, gegebenenfalls substituierte aromatische oder araliphatische Ether, gegebenenfalls substituierte aromatische oder araliphatische Thioether und Sulfone, Ester aromatischer Carbonsäuren, Nitrile aromatischer Carbonsäuren und heterocyclische Verbindungen.
     
    2. Schmelzbare Mischungen nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Gegenion zum TCNQ Radikalanion durch ein organisches Kation, insbesondere durch eine der Formeln A-C wiedergegeben wird,

    worin

    R für einen gegebenenfalls substituierten aliphatischen, cycloaliphatischen oder araliphatischen Rest mit 1 bis 30 C-Atomen steht und

    n 1 bis 2 ist.


     


    Claims

    1. Fusible mixtures of high electrical conductivity consisting of from 0.5 to 99 % by weight of a TCNQ complex corresponding to the following formula

    in which

    D is an electron donor or a cation and

    n is a number of from 1 to 5,


    and from 1 to 99.5 % by weight of one or more of the following fusible organic compounds solid at room temperature:

    optionally substituted linear or cyclic hydrocarbons, esters of aliphatic carboxylic acids, linear or cyclic aliphatic ketones and alcohols, optionally substituted aromatic or araliphatic hydrocarbons, optionally substituted aromatic or araliphatic ketones, optionally substituted aromatic or araliphatic ethers, optionally substituted aromatic or araliphatic thioethers and sulfones, esters of aromatic carboxylic acids, nitriles of aromatic carboxylic acids and heterocyclic compounds.


     
    2. Fusible mixtures as claimed in Claim 1, characterized in that the counterion to the TCNQ radical anion is an organic cation, more especially one corresponding to one of formulae A-C below

    in which

    R is an optionally substituted aliphatic, cycloaliphatic or araliphatic radical containing from 1 to 30 carbon atoms and n = 1 to 2.

    "Fr


     


    Revendications

    1. Mélanges fusibles de haute conductibilité thermique composés de 0,5 à 99 % en poids d'un complexe de TCNQ de formule

    dans laquelle

    D représente un donneur d'électrons ou un cation et

    n est un nombre de 1 à 5,


    et de 1 à 99,5 % en poids d'un ou plusieurs des composés organiques fusibles suivants, solides à la température ambiante:

    hydrocarbures linéaires ou cycliques éventuellement substitués, esters d'acides carboxyliques aliphatiques, cétones et alcools linéaires ou cycliques, hydrocarbures aromatiques ou araliphatiques éventuellement substitués, cétones aromatiques ou araliphatiques éventuellement substituées, éthers aromatiques ou araliphatiques éventuellement substitués, thioéthers et sulfones aromatiques ou araliphatiques éventuellement substitués, esters d'acides carboxyliques aromatiques, nitriles d'acides carboxyliques aromatiques et composés hétérocycliques.


     
    2. Mélanges fusibles suivant la revendication 1, caractérisés en ce que l'ion complémentaire relatif à l'anion radicalaire TCNQ est représenté par un cation organique, notamment par l'une des formules A à C,

    R représente un reste aliphatique, cycloaliphatique ou araliphatique de 1 à 30 atomes de carbone, éventuellement substitué, et

    n a une valeur de 1 à 2.