[0001] Die Erfindung betrifft ein Pechmaterial aus Kohleteerpech, ein Verfahren zu dessen
Herstellung sowie Verwendungen des Pechmaterials.
[0002] Kohleteerpech wird nach dem Stand der Technik z. B. durch Destillation, Lösungsmittelbehandlung,
Luftverblasen oder Vernetzungsreaktionen zu einem Pechmaterial verarbeitet, dessen
Erweichungspunkt etwa 70 bis 150° C beträgt. Dieses Pechmaterial dient als Bindemittel
für hochwertige Kohlenstoffartikel, z. B. Elektroden, Kohlebürsten und ähnliches,
sowie zur Erzeugung von hochfesten Formkörpern, die durch thermische Weiterbehandlung
des verkokten Materials zu Graphiten verarbeitbar sind. Nachteilig ist, daß die aus
dem bekannten Pechmaterial in einem ersten Schritt durch eine Wärmebehandlung hergestellten
Formkörper eine relativ geringe Dichte aufweisen und durch mehrmaliges Imprägnieren
und erneutes Verkoken verdichtet werden müssen.
[0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Pechmaterial aus Kohleteerpech sowie
ein Verfahren zur Herstellung dieses Pechmaterials zu finden, aus dem hochwertige
Kohlenstoffartikel ohne zusätzliche Behandlungsschritte oder mit weniger Behandlungsschritten
als nach dem Stand der Technik hergestellt werden können und das darüber hinaus auch
als Imprägniermittel dienen kann und außerdem ein hochwertiges Bindemittel ist.
[0004] Diese Aufgabe wird durch ein Pechmaterial aus Kohleteerpech gelöst, das folgende
Parameter aufweist:
a) einen Gehalt an Mesophase ≦ 2%,
b) einen Gehalt an in Toluol unlöslichem Material (β-Harze) von 58 bis 75%,
c) einen Gehalt an in Chinolin unlöslichem Material ≦ 2%,
d) einen Erweichungspunkt im Bereich von 200 bis 300° C, gemessen nach Krämer-Sarnow
(KS),
e) einen Gehalt an flüchtigen Bestandteilen ≦ 20% und
f) einen Aschegehalt ≦ 0,06%.
[0005] Wegen des überraschenderweise für ein Kohleteerpech vergleichsweise hohen Erweichungspunktes,
der im Bereich von 200 bis 300° C (KS) liegt, ist das Material hervorragend verarbeitbar,
ohne daß die Gefahr einer frühzeitigen Verkokung oder thermischen Zersetzung besteht.
[0006] Das neue Pechmaterial hat außerdem überraschenderweise eine sehr hohe Koksausbeute
von 80 bis > 90%, was für Pechmaterial aus Kohleteerpech außerordentlich gut ist,
denn es läßt sich daraus ein dichterer Koks und bei einer Weiterbehandlung auch ein
dichterer Graphit herstellen, mit weniger Verarbeitungsstufen und kürzeren Verweilzeiten.
[0007] Die Herstellung des neuen Pechmaterials erfolgt mit Hilfe nachfolgender Verfahrensstufen,
wobei
A) als Ausgangsmaterial ein Kohleteerpech verwendet wird, das bis 10% Feststoffe,
wie Asche, Kohlepartikel, in Chinolin Unlösliches (primäre α-Harze) enthält und einen
Erweichungspunkt < 100° C aufweist,
B) dem Ausgangsmaterial 1 bis 10% Filterhilfsmittel, wie Kieselgur, Aktivkohle, o.ä.
zugesetzt wird,
C) das Gemisch in einem Kerzenfilter mit trockenem Kuchenaustrag und Filteröffnungen
im Bereich von 50 bis 150 µm heiß filtriert wird und
D) das Filtrat in einem Dünnschichtverdampfer im Temperaturbereich oberhalb 300° C
bis etwa 425° C und unter einem Druck ≦ 10 mbar aufkonzentriert wird.
[0008] Das neue Pechmaterial läßt sich überraschenderweise aus üblichem Kohleteerpech mit
einem Erweichungspunkt unter 100° C herstellen, das 1 bis 10% Feststoffe enthalten
kann, indem es zunächst durch Filtration in einem Kerzenfilter, ggf. unter Anwendung
von Filterhilfsmitteln von diesen Feststoffen weitestgehend befreit wird, die aus
Asche, Kohlepartikel und Bestandteilen bestehen können, die nicht chinolinlöslich
sind (primäre α-Harze). Überraschenderweise läßt sich das so vorgereinigte Pech in
Dünnschichtverdampfern unter Vakuum ≦ 10 mbar und im Temperaturbereich oberhalt 300°
C störungsfrei zu dem neuen Pechmaterial verarbeiten, das als Konzentrat anfällt.
[0009] Weiterhin überraschend haben auch die als Destillate abgetrennten Nebenprodukte
hervorragende Eigenschaften, die sie insbesondere zur Verwendung als Zumischkomponente
für Teere, Peche und öle geeignet machen.
[0010] Alternativ kann das Verfahrensmerkmal C) (Filterstufe) in der Weise abgewandelt werden,
daß ein Plattenfilter verwendet wird, dem eine Nachwaschstufe zugeordnet ist.
[0011] Eine weitere Abwandlung der Verfahrensstufe C) (Filterstufe) besteht darin, daß ein
Trommelfilter mit trockenem Kuchenaustrag verwendet wird.
[0012] Auch bei Anwendung der beiden vorgenannten alternativen Filterschritte werden ausreichend
feststofffreie Filtrate erzielt, die sich zur Weiterverarbeitung in einem Dünnschichtverdampfer
eignen.
[0013] Das neue Pechmaterial läßt sich vorteilhaft in der kohlenstoffverarbeitenden Industrie
verwenden, weil es sehr gut verarbeitbar ist.
[0014] Eine bevorzugte Verwendungsart ist die Herstellung von Pechkoks, wegen der überraschenderweise
sehr hohen Koksausbeute von über 90%
[0015] Eine weitere bevorzugte Verwendung ist die Herstellung von Kohlenstofformkörpern.
Diese Kohleformkörper sind beispielsweise gut für Elektroden, Kohlebürsten o.ä. geeignet.
Graphitiert läßt sich das wärmebehandelte Produkt auch vorzüglich als Reaktorgraphit
anwenden.
[0016] Weiterhin läßt sich das neue Pechmaterial bevorzugt als Imprägniermittel verwenden,
weil es überraschenderweise eine überaus günstige, dynamische Viskosität in Abhängigkeit
von der Temperatur hat. Beispielsweise können damit Kohleformkörper, die aus herkömmlichem
Pechmaterial hergestellt worden sind, durch wenige Imprägnierschritte in hochfeste
Formkörper überführen.
[0017] Schließlich ist das neue Pechmaterial auch sehr gut als Bindemittel für kohlenstoffhaltige
Materialien geeignet.
[0018] Die Erfindung wird nachfolgend in einer Verfahrensbeschreibung näher erläutert,
und zwar anhand eines Verfahrensfließbildes, das Fig. 1 zeigt.
[0019] Der Steinkohlenrohteer bzw. das Steinkohlenrohpech wird, ggf. unter Zumischung eines
Filterhilfsmittels, einer Heißfilterstufe 1 aufgegeben, die aus einem Kerzenfilter
mit trockenem Filterkuchenaustrag oder aus einem Plattenfilter mit Nachwascheinrichtung
bestehen kann. Die Filtertemperatur beträgt je nach Einsatzprodukt etwa 90 bis zu
350° C. Das filtrierte Produkt wird einem Vorratsbehälter 2 zugeführt, aus dem es
über eine Speisepumpe 3 in einen Dünnschichtverdampfungsapparat 5 eingebracht wird,
dessen Rotor mit einer Antriebseinheit 4 verbunden ist. über den Rotor wird das Produkt
gleichmäßig auf der inneren Apparatewand verteilt, so daß die leichter flüchtigen
Komponenten sehr schnell verdampfen. In dem Verdampfungsapparat 5 ist weiterhin ein
Kondensator 6 untergebracht, an dem sich diese leichter flüchtigen Komponenten des
filtrierten Materials niederschlagen. Sie gelangen auf den Boden des Dünnschichtverdampfungsapparates
5 und werden von dort mit einer Destillataustragspumpe 7 abgezogen und einem Destillatvorlagebehälter
9 aufgegeben. Die Betriebstemperaturen im Verdampfungsapparat liegen oberhalb 300°
C und der Betriebsdruck ist kleiner oder gleich 10 mbar. Der nicht verdampfte Produktanteil
(Konzentrat) gelangt in den Einzugsbereich der Konzentrataustragspumpe 8, wird aus
dem Verdampfungsapparat 5 herausgeführt und in einem Konzentratvorlagebehälter 10
gesammelt. Das Vakuum im Behälter wird über ein Vakuumsystem 11 erzeugt.
[0020] Das Konzentrat kann beispielsweise als Rohmaterial zur Herstellung von hochwertigem
Pechkoks und -graphit, als Gießereipech, als Imprägnierpech für Pechkokse, als Bindemittel
für Kohlenstofformkörper oder als Tontaubenpech verwendet werden.
[0021] Das erzeugte Destillat, das sich in üblicher Weise noch fraktionieren läßt, eignet
sich beispielsweise für folgende Anwendungsfälle:
Beimischkomponente für Teere, insbesondere für feststoffhaltige Teere;
Beimischkomponente für Peche (Fluxmittel);
Beimischkomponente für öle.
[0022] Nachstehend sind drei Beispiele von Pechmaterialien aus kohlestämmigen Pechen nach
dem erfindungsgemäßen Verfahren dargestellt, wobei jeweils ein kohlestämmiges Pech
durch Filtrieren von seinen unlöslichen Bestandteilen befreit und anschließend unter
erhöhter Temperatur und unter vermindertem Druck destilliert wurde, um die Fraktionen
mit niedrigem Erweichungspunkt zu entfernen und ein Konzentratpech mit höherem Erweichungspunkt
zu erhalten. Als Ausgangspeche werden im allgemeinen Peche mit einem Erweichungspunkt
< 100° C (KS) verwendet, jedoch lassen sich grundsätzlich auch Peche mit höherem
Erweichungspunkt einsetzen, wobei dann jedoch die erzielbare Filterleistung abnimmt.
Beispiel 1
[0023] Ein Steinkohlenteerpech mit einem Erweichungspunkt von 69° C und einem Gehalt an
chinolinunlöslichen Bestandteilen von 6,9 % wurde auf 240° C erhitzt und in einem
Kerzenfilter bei einem stetig steigenden Differenzdruck von 1 - 5 bar filtriert. Zur
Erhöhung der Filtrationsleistung kann ggf. ein Filterhilfsmittel auf Basis Kieselgur,
Celite oder Kohlenstoff von etwa 1 - 4 % zugegeben werden. Nach der Filtration waren
praktisch alle chinolinunlöslichen Bestandteile bis unter die Nachweisgrenze entfernt.
Das Material konnte ohne weitere Vorbehandlung direkt einem Dünnschichtverdampfer
zugeführt werden.
[0024] Das filtrierte Ausgangs-Weichpechmaterial, welches einen Erweichungspunkt von 69°
C aufwies, wurde einer einstufigen, kontinuierlichen Wärmebehandlung bei einer Temperatur
von 328° C und einem Betriebsdruck von 1 mbar unterworfen, wobei in dem Verdampfungsapparat
das Pech mittels mechanisch bewegter Wischerblätter verteilt und dessen Fließrichtung
bestimmt wurde. Dabei erfolgte eine mechanische Selbstreinigung. Das Betriebsvakuum
wurde mittels Vakuumapparate erzeugt, bevorzugt eignen sich mehrstufige Systeme.
[0025] Die mittlere Verweilzeit des Pechmaterials im Verdampfungsapparat betrug unter 1
min. Die abdestillierten Fraktionen wurden über einen im Verdampfer befindlichen Kondensator
abgeschieden und von dort abgeführt.
[0026] Der spezifische Durchsatz des Verdampfungsapparates erreichte 80,0 kg/(m².h). Die
Ausbeute an Konzentrat betrug 49,6 Gew.-%. Das anfallende Konzentrat wies einen Erweichungspunkt
(KS) von 209° C auf.
[0027] Die weiteren stoffspezifischen Eigenschaften des Konzentrates mit 209° C Erweichungspunkt
waren folgende:
- Verkokungsrückstand (Alcan): 81,5 %
- sekundärunlösliche Bestandteile: 0,14 %
- β-Harze: 58 %
- chinolinunlösliche Bestandteile: 0,78 %
- Dynamische Viskosität in Abhängigkeit von der Temperatur gemäß Kurve A in Fig. 2
- Flüchtige Bestandteile 18,5 %
- Asche 0,05 %
Beispiel 2
[0028] Das Ausgangspechmaterial und der Versuchsaufbau waren die gleichen wie in Beispiel
1, jedoch wurde die Temperatur der Wärmebehandlung auf 361° C erhöht.
[0029] Der spezifische Durchsatz erreichte 74,3 kg/(m².h). Die Ausbeute betrug 33,7 Gew.-%
und das Konzentrat wies einen Erweichungspunkt von 253° C auf.
[0030] Die weiteren stoffspezifischen Eigenschaften waren folgende:
- Verkokungsrückstand (Alcan): 86,2 %
- sekundärunlösliche Bestandteile 0,9 %
-β-Harze: 69%
- chinolinunlösliche Bestandteile: 1,55 %
- Dynamische Viskosität in Abhängigkeit von der Temperatur gemäß Kurve B in Fig. 2
- Flüchtige Bestandteile 13,8 %
- Asche 0,06 %
Beispiel 3
[0031] Das Ausgangspechmaterial und der Versuchsaufbau waren wiederum die gleichen wie im
Beispiel 1, jedoch wurde die Temperatur nunmehr auf 395° C erhöht.
[0032] Der spezifische Durchsatz erreichte 70,8 kg/(m².h). Die Ausbeute betrug 27,6 Gew.-%
und das Konzentrat wies einen Erweichungspunkt von 292° C auf.
[0033] Die weiteren stoffspezifischen Eigenschaften waren folgende:
- Verkokungsrückstand (Alcan) 90,8 %
- sekundärunlösliche Bestandteile: 1,01 %
- βiHarze: 75%
- chinolinunlösliche Bestandteile: 1,95 %
- Dynamische Viskosität in Abhängigkeit von der Temperatur gemäß Kurve C in Fig. 2
- Flüchtige Bestandteile 9,2 %
- Asche 0,06 %
1. Pechmaterial aus Kohleteerpech, gekennzeichnet durch die folgenden Parameter:
a) einen Gehalt an Mesophase ≦ 2 %,
b) einen Gehalt an in Toluol unlöslichem Material (β-Harze) von 58 bis 75 %,
c) einen Gehalt an in Chinolin unlöslichem Material ≦ 2 %,
d) einen Erweichungspunkt im Bereich von 200 bis 300° C, gemessen nach Krämer-Sarnow
(KS)
e) einen Gehalt an flüchtigen Bestandteilen ≦ 20 % und
f) einen Aschegehalt ≦ 0,06 %.
2. Verfahren zur Herstellung eines Pechmaterials gemäß Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß
A) als Ausgangsmaterial ein Kohleteerpech verwendet wird, das bis 10 % Feststoffe,
wie Asche, Kohlepartikel, in Chinolin Unlösliches (primäre -Harze) enthält und einen
Erweichungspunkt ≦ 100° C aufweist,
B) dem Ausgangsmaterial 1 bis 10 % Filterhilfsmittel, wie Kieselgur, Aktivkohle, o.
ä. zugesetzt wird,
C) das Gemisch in einem Kerzenfilter mit trockenem Kuchenaustrag und Filteröffnungen
im Bereich von 50 bis 150 µm heiß filtriert wird und
D) das Filtrat in einem Dünnschichtverdampfer im Temperaturbereich oberhalb 300°
C bis etwa 425° C und unter einem Druck ≦ 10 mbar aufkonzentriert wird.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß in der Filterstufe (C) ein Plattenfilter verwendet wird, dem eine Nachwaschstufe
zugeordnet ist.
4. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß in der Filterstufe (C) ein Trommelfilter mit trockenem Kuchenaustrag verwendet
wird.
5. Verwendung des Pechmaterials nach Anspruch 1 in der kohlenstoffverarbeitenden
Industrie.
6. Verwendung des Pechmaterials nach Anspruch 1 zur Herstellung von Pechkoks.
7. Verwendung des Pechmaterials nach Anspruch 1 zur Herstellung von Kohlenstofformkörpern.
8. Verwendung des Pechmaterials nach Anspruch 1 als Imprägniermittel.
9. Verwendung des Pechmaterials nach Anspruch 1 als Bindemittel.