[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Prozeßleitverfahren für eine kontinuierliche Walzstraße
gemäß dem Oberbegriff der nebengeordneten Ansprüche 1 und 10.
[0002] Ein solches Prozeßleitverfahren für eine kontinuierliche Walzstraße ist aus der EP-PS
00 04 598 bekannt. Dabei werden die Geschwindigkeit des Walzgutes an der Auslaufseite
eines Walzgerüstes und die Umfangsgeschwindigkeit bzw. die Drehzahl der Walze dieses
Walzgerüstes gemessen und es wird ein mathematischer Verknüpfungswert aus diesen
beiden Werten als Bezugsgröße zur Regelung einer vorgegebenen Längskraft herangezogen.
[0003] Bei Kontiwalzwerken ist die Umrechnung der gewünschten Stabgeschwindigkeit des Walzgutes
in entsprechende Antriebsdrehzahlen (Walzenantriebsdrehzahlen) in der Regel mit Fehlern
von bis zu 5% behaftet. Die Ursachen dieser Fehler sind Meßunsicherheiten bei der
Kaliberdurchmesserbestimmung und Schwierigkeiten bei der genauen Berechnung des
Kaliberabzugswertes. Diese Fehler führen zu ungenauer Berechnung der arbeitenden Kaliberdurchmesser
und somit zu fehlerbehafteter Bestimmung der Antriebssolldrehzahlen. Dies wiederum
führt zu falschen Stabgeschwindigkeiten (Walzgeschwindigkeiten). Da sich die Wegverfolgung
auf die Sollgeschwindigkeitswerte bezieht, erzeugt sie fehlerhafte Steuersignale für
die Stromvergleichsregelung beim Walzenantrieb, die Scherenansteuerung etc.; dies
kann zu Materialverlust führen.
[0004] Der Erfindung liegt davon ausgehend die Aufgabe zugrunde, ein Prozeßleitverfahren
für eine kontinuierliche Walzstraße der eingangs genannten Art anzugeben, das eine
selbsttätige Erkennung der aktuellen arbeitenden Kaliberdurchmesser und des Kaliberverschleisses
ermöglicht.
[0005] Diese Aufgabe wird in Verbindung mit den Merkmalen des Oberbegriffes alternativ durch
die im Kennzeichen der Ansprüche 1 und 10 angegebenen Merkmale gelöst.
[0006] Die mit der Erfindung erzielbaren Vorteile bestehen insbesondere darin, daß infolge
der laufenden selbsttätigen Ermittlung des Kaliberverschleisses der notwendige Austausch
eines Kalibers rasch erfaßt wird. Da die Stabgeschwindigkeit des Walzgutes direkt
gemessen wird, werden Fehler in der Berechnung der arbeitenden Kaliberdurchmesser
zuverlässig vermieden.
[0007] Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen gekennzeichnet.
[0008] Die Erfindung wird nachstehend anhand der in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispiele
erläutert.
[0009] Es zeigen:
Fig. 1 eine Walzstraße mit einer Auswerteeinrichtung zur Kaliberverschleißerkennung,
Fig. 2 zwei Walzen eines Walzgerüstes mit mehreren Kalibern,
Fig. 3 das Prinzip der Ermittlung der Stabgeschwindigkeit aus Ein- und Auslaufgeschwindigkeit,
Fig. 4 das Prinzip der Ermittlung der Stabgeschwindigkeit aus dem Drehzahlverhältnis
benachbarter Gerüste.
[0010] In Fig. 1 ist eine Walzstraße mit einer Auswerteeinrichtung zur Kaliberverschleißerkennung
dargestellt. Es sind beispielhaft drei Walzgerüste 1,2,3 der Walzstraße gezeigt,
wobei das Walzgerüst 1 die Walzen 4,5, das Walzgerüst 2 die Walzen 6,7 und das Walzgerüst
3 die Walzen 8,9 aufweist. Die Walzen 4/5 bzw. 6/7 bzw. 8/9 werden jeweils von einem
Elektromotor 10 bzw. 11 bzw. 12 paarweise angetrieben, wobei zwischen Motor und Walze
jeweils ein Getriebe 13 bzw. 14 bzw. 15 mit einem Getriebe-Übersetzungsverhältnis
üi (üi = Walzendrehzahl/Antriebsdrehzahl, wobei i = 1,2,3,4... = Index für Gerüstzahl
bzw. Gerüstnummer) geschaltet ist. Die Elektromotoren 10 bzw. 11 bzw. 12 werden drehzahlgeregelt
über Stromrichter 16 bzw. 17 bzw. 18 gespeist. Zur Erfassung der aktuellen Antriebsdrehzahlen
(= Motordrehzahlen) n1 bzw. n2 bzw. n3 (allgemein ni) der Elektromotoren 10 bzw. 11
bzw. 12 können Drehzahlerfassungseinrichtungen 19 bzw. 20 bzw. 21 mit den Motoren
gekoppelt sein. Jeweils am Einlauf eines Walzgerüstes 1 bzw. 2 bzw. 3 sind Fotozellen
22 bzw. 23 bzw. 24 angeordnet. Eine weitere Fotozelle 36 befindet sich in einem vorgegebenen
Abstand vom Walzgerüst.
[0011] Die Abstände zwischen den Fotozellen 22, 23, 24, 36 sind mit L1, L2, L3 (allgemein
Li) bezeichnet. Die Abstände zwischen Walzgerüst 1 und Fotozelle 23 bzw. zwischen
Walzgerüst 2 und Fotozelle 24 bzw. zwischen Walzgerüst 3 und Fotozelle 36 sind mit
LA1 bzw. LA2 bzw. LA3 (allgemein LAi) benannt. Die Abstände zwischen Fotozelle 2
und Walzgerüst 1 bzw. zwischen Fotozelle 23 und Walzgerüst 2 bzw. zwischen Fotozelle
24 und Walzgerüst 3 sind mit LE1 bzw. LE2 bzw. LE3 (allgemein LEi) bezeichnet.
[0012] Der Anstich des Walzgutes 26 in ein Walzgerüst 1 bzw. 2 bzw. 3 wird vorzugsweise
über den Stromanstieg im Motor 10 bzw. 11 bzw. 12 erfaßt und der entsprechende Zeitpunkt
t1 bzw. t2 bzw. t3 bzw. t4 (allgemein ti) wird einer Auswerteeinrichtung 25 zugeleitet.
Es können zusätzlich Fotozellen 33, 34, 35 (gestrichelt angedeutet) zur Erfassung
des Anstiches des Walzgutes zwischen den Walzgerüsten (jeweils am Walzgerüst-Auslauf)
angeordnet sein, wenn die Erfassung des Anstiches des Walzgutes mittels Stromermittlung
nicht mit genügender Genauigkeit möglich ist.
[0013] Der Auswerteeinrichtung 25 werden desweiteren die Abstände LE1, LE2, LE3 (allgemein
LEi) zwischen den Walzgerüsten und den einzelnen vorausgehenden Fotozellen 22, 23,
24, die Abstände L1, L2, L3 (allgemein Li) zwischen den Fotozellen 22, 23, 24, 36
oder statt L1, L2, L3 die Abstände LA1, LA2, LA3 zwischen den Walzgerüsten und den
jeweils nachfolgenden Fotozellen 23, 24, 36, die Getriebe-Übersetzungsverhältnisse
üi und die aktuellen Antriebsdrehzahlen n1, n2, n3 (allgemein ni) zugeführt bzw.
eingegeben. Dabei können die Antriebsdrehzahlen n1, n2, n3 (ni) von den Drehzahlerfassungseinrichtungen
19, 20, 21 ermittelt werden (oder es werden im einfachsten Fall die aktuellen Antriebsdrehzahl-Sollwerte
der Stromrichterregelung herangezogen). Schließlich wird die Auswertevorrichtung
25 noch mit berechneten Sollwerten für die Stabgeschwindigkeiten v1*, v2*, v3* (vi*)
, mit berechneten Sollwerten für die Antriebsdrehzahlen n1*, n2*, n3* (ni*) und mit
berechneten arbeitenden Kaliberdurchmesser-Sollwerten (welche der Drehzahlberechnung
zugrundeliegen) D1*, D2*, D3* (Di*) versorgt.
[0014] Die Auswerteeinrichtung 25 berechnet unter anderem die aktuelle Stabgeschwindigkeit
(Walzgeschwindigkeit) v1, v2, v3 (vi) des Walzgutes 26 zwischen den Walzgerüsten sowie
die aktuellen arbeitenden Kaliberdurchmesser D1, D2, D3, Di, wie nachstehend noch
im einzelnen erläutert.
[0015] Die Auswerteeinrichtung 25 berechnet die aktuellen arbeitenden Kaliberdurchmesser
Di nach der Gleichung

wobei ni · üi die Walzendrehzahlen n1 · ü1, n2 · ü2, n3 · ü3 darstellen und die Voreilung
bereits in den arbeitenden Walzendurchmesser eingerechnet ist. Die Stabgeschwindigkeit
vi kann gemessen werden, indem erfaßt wird, wie lange der Stabkopf benötigt, um einen
festen Abstand Li zurückzulegen. Der Zeitpunkt t1, zu dem der Stabkopf in die Meßstrecke
mit dem Abstand L1 (Abstand der Fotozellen bzw. Abstand zwischen Walzgerüst und Fotozelle
= Meßstrecke) eintritt und der Zeitpunkt t2, zu dem der Stabkopf diese Meßstrecke
verläßt und in die nachfolgende Meßstrecke eintritt, werden erfaßt (t(i + 1) -ti =
Durchlaufdauer des Stabes durch die Meßstrecke). Allgemein berechnet die Auswerteeinrichtung
25 die Stabgeschwindigkeit vi (= Auslaufgeschwindigkeit des Stabes) nach der Gleichung

Falls sich eine Schere zwischen zwei Walzgerüsten befindet, muß sich zur Erfassung
des Zeitpunktes t (i + 1) eine Fotozelle vor der Schere befinden. Die Meßgenauigkeit
nimmt allgemein mit größer werdendem Abstand Li zu.
[0016] Bei der Aktivierung eines neuen Walzprogrammes erhält die Auswerteeinrichtung 25
die Sollwerte für die gesamte Walzstraße. Von besonderem Interesse sind dabei die
Sollwerte für die berechnete Stabgeschwindigkeit v1*, v2*,v3*, vi*, die berechneten
Sollwerte für die Antriebsdrehzahlen n1*, n2*, n3*, ni* und die berechneten arbeitenden
Kaliberdurchmesser-Sollwerte, die der Drehzahlberechnung zugrundeliegen, D1*, D2*,
D3*, Di*. Nach der Aktivierung eines neuen Walzprogrammes beginnt die Erkennung bzw.
Berechnung der arbeitenden Kaliberdurchmesser, indem für jedes Walzgerüst und bei
jedem Stabanfang die aktuellen stabgeschwindigkeiten (Walzgeschwindigkeiten) vi nach
der Gleichung (2) und die über den gleichen Zeitraum zwischen ti und t (i + 1) gemittelten
Walzendrehzahlen ni · üi erfaßt werden. Für jedes Wertepaar, bestehend aus gemittelter
Stabgeschwindigkeit vi und gemittelter Walzendrehzahl ni · üi, werden nach Gleichung
(1) die aktuellen arbeitenden Kaliberdurchmesser Di berechnet. Desweiteren muß der
Auswerteeinrichtung 25 ggf. mitgeteilt werden, welchen Zustand die Kaliber der Walzen
zum Einsatzzeitpunkt haben, um den Verschleiß der Kaliber verfolgen zu können. Desgleichen
muß der Auswertevorrichtung 25 ein Kaliberwechsel mitgeteilt werden, bevor die Walzung
mit dem neuen Kaliber beginnt.
[0017] Nach dem Beginn der Walzung für ein neues Walzprogramm muß der Auswerteeinrichtung
25 mitgeteilt werden, wann die Walzstraße eingefahren ist. Dies erfolgt entweder durch
ein Bedienersignal oder automatisch, z.B. nachdem die ersten Stäbe des neuen Walzprogramms
gewalzt wurden. Auf dieses Signal hin werden die zu diesem Zeitpunkt erfaßten und
nach Gleichung (1) berechneten Kaliberdurchmesser als Referenz-Kaliberdurchmesser
D01, D02, D03, D0i abgespeichert. Desweiteren werden die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden
Antriebsdrehzahlen als Referenz-Antriebsdrehzahlen n01, n02, n03, n0i und die vorliegenden
Stabgeschwindigkeiten als Referenz-Stabgeschwindigkeiten v01, v02, v03, voi abgespeichert.
Um ausreichend zuverlässige Referenzwerte zu erhalten, wird über mehrere Messungen
gemittelt. Wenn während des weiteren Walzprozesses die aktuellen Kaliberdurchmesser
D1, D2, D3, Di um mehr als eine vorgebbare Differenz von den Referenz-Kaliberdurchmessern
D01, D02, D03, D0i abweichen, wird dem Bediener durch die Auswertevorrichtung 25 signalisiert,
daß die entsprechenden Kaliber verschlissen sind.
[0018] In der Anzeigeeinheit der Bedienstation kann sich der Bediener laufend die berechneten
und bei der Aktivierung für die Drehzahlberechnung verwendeten Kaliberdurchmesser-Sollwerte
Di*, die Referenz-Kaliberdurchmesser D0i, die aktuellen arbeitenden Kaliberdurchmesser
Di und den Verschleiß getrennt für jedes Walzgerüst, jede Walze und jedes Kaliber
abrufen.
[0019] In Fig. 2 sind zwei Walzen eines Walzgerüstes mit mehreren Kalibern dargestellt,
es sind die Walzen 4 und 5 des Walzgerüstes 1 zu erkennen. Zwischen diesen Walzen
kann das Walzgut 26 in verschiedene Kaliber 27,28,29 gewalzt werden.
[0020] Der Kaliberverschleiß dDi (= Änderungen der arbeitenden Kaliberdurchmesser eines
Walzgerüstes) kann auch erfaßt werden, indem ein Quotient aus der aktuellen Stabge
schwindigkeit vi und der aktuellen Antriebsdrehzahl ni gebildet und die Abweichung
zu einem entsprechenden Referenzwert v0i/n0i nach folgender Gleichung berechnet wird:

[0021] Zur Erhöhung der Meßgenauigkeit erfolgt zweckmäßig eine gleitende Mittelwertbildung
über mehrere Kaliberverschleiß-Meßwerte. Der Referenz-Kaliberdurchmesser D0i beträgt
hierbei

Vereinfacht ergibt sich für den Kaliberverschleiß
dDi = D0i (1 - vi/v0i · n01/ni) (5)
oder
dDi = D0i · dvNi/v0i (6)
mit
vNi = auf n0i normierte Geschwindigkeit,
dvNi = auf n0i normierte Geschwindigkeitsdifferenz,
dvNi = v0i - vi ·n0i/ni (7)
[0022] Der Kaliberverschleiß dDi kann auch als Prozentwert gemäß folgender Gleichung ausgedrückt
Werden (= Verschleißwert in % bezogen auf den arbeitenden Kaliberdurchmesser)
dDi (%) = d vni/v0i ·100 (8)
oder auch
dDi (%) = (1 - vi/v0i · n0i/ni) · 100 (8a)
[0023] Allgemein kann der Quotient vi/ni = 2π(1 + χ)ri = Kq · ri zur Berechnung des Kaliberverschleisses
herangezogen werden (χ = Voreilung, ri = Walzenradius, Kq = Konstante). Eine Abnahme
des Quotienten vi/ni um einen bestimmten prozentuellen Betrag entspricht einer Radiusabnahme
der Walzen um den gleichen prozentuellen Betrag. Diese Radiusabnahme entspricht dem
Walzenverschleiß.
[0024] Wie bereits erwähnt, ist für die Drehzahlerfassung der Gerüstantriebe (Antriebsdrehzahl,
Motordrehzahl) keine direkte Drehzahlmessung erforderlich, sondern es genügen die
aktuellen Drehzahlsollwerte, da die Walzstraße eingefahren sein muß. Die Drehzahlerfassung
eines Gerüstantriebes muß möglichst gleichzeitig mit der Geschwindigkeitserfassung
des Stabes erfolgen, da ein zusammengehöriges Wertepaar aus Antriebsdrehzahl und
Stabgeschwindigkeit benötigt wird. Die Messungen erfolgen zweckmäßigerweise bevor
das Walzgut im Folgegerüst angestochen hat.
[0025] Neben der bereits unter Fig. 1 erwähnten Methode zur Erfassung der Stabgeschwindigkeit
(direkte Geschwindigkeitsmessung der Stabspitze mittels Eichstrecke, wobei sich die
Eichstrecke auch zwischen zwei Walzgerüsten befinden kann, z.B. Abstand zwischen Fotozelle
33 und Fotozelle 23 = Eichstrecke, weitere Eichstrecken zwischen den Fotozellen 34
und 24 sowie zwischen den Fotozellen 35 und 36) kann die Stabgeschwindigkeit auch
durch Messung eines Geschwindigkeitsgemisches aus Ein- und Auslaufgeschwindigkeit
oder aus dem Drehzahlverhältnis benachbarter Gerüste ermittelt werden.
[0026] In Fig. 3 ist das Prinzip der Ermittlung der Stabgeschwindigkeit aus Ein- und Auslaufgeschwindigkeit
dargestellt. Es sind ein Gerüst i und ein Gerüst i+1 zu erkennen. Die Stabgeschwindigkeit
des Walzgutes zwischen den Gerüsten i und i+1 beträgt vi (= Einlaufgeschwindigkeit),
die Stabgeschwindigkeit zwischen dem Gerüst i+1 und dem nachfolgenden Gerüst beträgt
v (i+1) (= Auslaufgeschwindigkeit). Es sind drei Fotozellen 30, 31,32 zu erkennen,
wobei die Fotozellen 30,31 vor dem Gerüst i+1 und die Fotozelle 32 nach diesem Gerüst
angeordnet sind. Zwischen den Fotozellen 30 und 31 ist ein Abstand L
Mi, zwischen der Fotozelle 31 und dem Walzgerüst i+1 ist ein Abstand L
E (i+1) (= Abstand der Fotozelle vor dem Gerüst zum Gerüst) und zwischen dem Walzgerüst
i+1 und der Fotozelle 32 ist ein Abstand L
A (i+1) (= Abstand der Fotozelle hinter dem Gerüst zum Gerüst) vorhanden.
[0027] Das Walzgut (Stab) durchläuft die Meßstrecke L
E(i+1) + L
A(i+1), die sich zu beiden Seiten des Gerüstes i+1 erstreckt. Der erste Teil der Meßstrecke
L
E(i+1) wird mit der Auslaufgeschwindigkeit v
i des Vorgerüstes durchlaufen und die Strecke L
A(i+1) mit der Auslaufgeschwindigkeit v
(i+1). Die Stabgeschwindigkeit v
(i+1) (= Auslaufgeschwindigkeit des Stabes) ergibt sich dann zu

wobei t (i+1) = Durchlaufdauer des Stabes durch die Meßstrecke LE(i+1) + LA (i+1).
Die Geschwindigkeit vi muß genau bekannt sein (Auslaufgeschwindigkeit des Vorgerüstes).
Sie wird beispielsweise mittels der vorgelagerten Eichstrecke L
Mi nach dem unter Fig. 1 erläuterten Verfahren gemessen.
[0028] In Fig. 4 ist das Prinzip der Ermittlung der Stabgeschwindigkeit aus dem Drehzahlverhältnis
benachbarter Gerüste dargestellt. Dabei muß für eines der Walzgerüste die Stabgeschwindigkeit
genau bekannt sein. Es sind ein Gerüst i-1 und ein Gerüst i zu erkennen. Die Stabgeschwindigkeit
des Walzgutes zwischen den Gerüsten i-1 und i beträgt v(i-1) (= Einlaufgeschwindigkeit),
die Stabgeschwindigkeit zwischen dem Gerüst i und dem nachfolgenden Gerüst beträgt
vi (= Auslaufgeschwindigkeit).
[0029] Wenn keine Längskräfte zwischen den Gerüsten vorhanden sind (eingefahrene Straße)
und kein Schlingenauf- oder -abbau stattfindet, sowie keine sonstigen Prozeßbeeinflussungen
durch z.B. Temperaturänderungen, Querschnittsänderungen o.ä. vorliegen, muß, solange
die Kaliber nicht verschlissen sind, immer gelten

mit Q = Querschnitt.
[0030] Es sei angenommen, daß das Kaliber des Gerüstes i verschlissen ist und die Auslaufgeschwindigkeit
des Stabes aus diesem Gerüst genau bekannt ist. Dann muß, wenn das Kaliber des Gerustes
i-1 nicht verschlissen ist und der geringere Rückstau des Gerüstes i sowie die kleinere
Voreilung des Gerüstes i unberücksichtigt bleibt, gelten

[0031] Aus der Gleichung (13) kann die Drehzahl berechnet werden, die der Antrieb des Gerüstes
i-1 haben müßte, wenn das Kaliber des Gerüstes i-1 nicht verschlissen ist:

wobei nb = berechnete Drehzahl für den verschleißfreien Fall.
[0032] Aus der Differenz der gemessenen und der berechneten Drehzahl
dn(i-1) = n(i-1) - nb(i-1) (15)
wobei dn = Drehzahldifferenz. In normierter Form
dnN(i-1) = (n(i-1) - nb(i-1)) · n0(i-1)/n(i-1) (16)
erhält man die entsprechende Geschwindigkeitsdifferenz

[0033] Der Kaliberdurchmesser kann jedoch auch direkt aus

berechnet werden. Somit ergibt sich für die Änderung des Kaliberdurchmessers in (%):
dD(i-1)(%) = (1-nb(i-1)/n(i-1) · 100 (19)
[0034] Anders ausgedrückt ergibt sich für den auf den Kaliberabzugswert bezogenen Kaliberverschleiß
auch
dDi (%) = (1-nb/ni) ·100 (20)
mit
nb = n0i/noF · nF (D0F/ (D0F - DF) (21)
wobei
nb = berechnete Drehzahl für den verschleißfreien Fall,
n0i = Referenz-Antriebsdrehzahl,
n0F = Referenz-Antriebsdrehzahl des Folgegerüstes,
nF = Antriebsdrehzahl des Folgegerüstes,
D0F = Referenz-Kaliberdurchmesser des Folgegerüstes,
dDF = Kaliberverschleiß des Folgegerüstes.
[0035] Bei der beschriebenen Meßmethode nach Fig. 4 muß demnach bei einem der nachfolgenden
Gerüste eine genaue Geschwindigkeitsmessung möglich sein, damit dessen Kaliberverschleiß
dDF genau bestimmbar ist. Von diesem Gerüst ausgehend, können die Kaliberverschleiße
vorgelagerter Gerüste bestimmt werden.
[0036] Neben den vorstehend beschriebenen Verfahren zur Bestimmung der Stabgeschwindigkeit
des Walzgutes kann auch eine direkte Gechwindigkeitsmessung des Walzgutes verwendet
werden (z.B. Rad an Walzgut, Dopplerverfahren).
[0037] Bei Kaliberwalzen entsteht trotz gleichbleibenden Walzensprungs (Abstand zwischen
den Walzen) durch den Verschleiß eine größere Kaliberform. Der Ausgangsquerschnitt
nimmt dann zu. Auch ungleichmäßige Verschleißer scheinungen bei Zylinderwalzen sorgen
bei gleichbleibenden Walzsprüngen für andere Ausgangsquerschnitte.
[0038] In all diesen Fällen hat der Walzenverschleiß einen größer werdenden Auslaufquerschnitt
zur Folge.
[0039] Bei konstant bleibendem Einlaufquerschnitt Qi nimmt damit die Stichabnahme δ ab.
Durch Messen der Stichabnahme δ läßt sich daher ebenfalls der Walzverschleiß überwachen.
Nach dem Gesetz der Volumenkonstanz
vi · Qi = v(i+1) · Q(i+1) (22)
läßt sich die Stichabnahme δ aus der Messung der Geschwindigkeit des Walzgutes vor
und hinter dem Gerüst messen.

[0040] Die Stichabnahme δ ist insbesondere dann als Maß für Walzenverschleiß geeignet, wenn
ein konstanter Einlaufquerschnitt gegeben ist, und die Walzenanstellung nicht verändert
wird.
1. Prozeßleitverfahren für eine kontinuierliche Walzstraße mit mehreren Walzgerüsten
und Walzen mit Einzelantrieben, wobei die aktuelle Stabgeschwindigkeit des Walzgutes
zwischen Walzgerüsten und die Walzendrehzahlen ermittelt werden, dadurch gekennzeichnet, daß die aktuellen arbeitenden Kaliberdurchmesser (Di) laufend als Quotient aus
der aktuellen Stabgeschwindigkeit (vi) und der aktuellen Walzendrehzahl (ni·üi) ermittelt
werden, daß bei eingefahrener Walzstraße Referenz-Kaliberdurchmesser (D0i) für jede
Walze (4 bis 9) und jedes Walzgerüst (1 bis 3,i; i = 1,2,3,4...) erfaßt und gespeichert
werden und daß durch Differenzbildung zwischen dem Referenz-Kaliberdurchmesser (D0i)
und dem aktuellen arbeitenden Kaliberdurchmesser (Di) laufend der Kaliberverschleiß
ermittelt wird.
2. Prozeßleitverfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß zur Bestimmung
der aktuellen Stabgeschwindigkeit (vi) des Walzgutes die Zeitdifferenz (t(i+1)-ti)
gemessen wird, in der die Stabspitze eine definierte Eichstrecke (Li) durchläuft.
3. Prozeßleitverfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Bestimmung
der aktuellen Stabgeschwindigkeit (vi) des Walzgutes nach der Gleichung

erfolgt, wobei die Stabgeschwindigkeit (v(i-1)) am Vorgerüst bekannt ist, LA(i)
bzw. LE(i) Meßstrecken hinter bzw. vor dem Walzgerüst (i) darstellen und t (i) der
Durchlaufdauer des Walzgutes durch beide Meßstrecken entspricht.
4. Prozeßleitverfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Stabgeschwindigkeit
des Walzgutes aus dem Drehzahlverhältnis benachbarter Walzgerüste berechnet wird,
wobei für eines der Gerüste die Stabgeschwindigkeit genau bekannt ist.
5. Prozeßleitverfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß eine direkte Geschwindigkeitsmessung
des Walzgutes verwendet wird.
6. Prozeßleitverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß
der Kaliberverschleiß (dDi in %) nach der Gleichung
dDi (%) = (1-vi / vi0 ·n0i/ni) · 100
berechnet wird, wobei vi die aktuelle Stabgeschwindigkeit des Walzgutes, vi0 die
bei Abspeicherung des Referenz-Kaliberdurchmesser (D0i) auftretende Referenzstabgeschwindigkeit
des Walzgutes, n0i die bei Abspeicherung des Referenz-Kaliberdurchmessers (D0i) auftretende
Referenz-Antriebsdrehzahl und ni die aktuelle Antriebsdrehzahl darstellen.
7. Prozeßleitverfahren nach Anspruch 1 und 4, dadurch gekennzeichnet, daß der Kaliberverschleiß
(dDi in %) nach der Gleichung
dDi(%) = (1-nb/ni) · 100
berechnet wird, wobei nb die berechnete Drehzahl für den verschleißfreien Fall
nb = (n0i/n0F) · nF · (D0F/(D0F-dDF)
und ni die aktuelle Antriebsdrehzahl darstellen, mit
n0i = die bei Abspeicherung des Referenz-Kaliberdurchmessers (D0i) auftretende Referenz-Antriebsdrehzahl,
n0F = die bei Abspeicherung des Referenz-Kaliberdurchmessers (D0F) des Folgegerüstes
auftretende Referenz-Antriebsdrehzahl,
nF = Antriebsdrehzahl des Folgegerüstes,
D0F = Referenz-Kaliberdurchmesser des Folgegerüstes,
dDf = Kaliberverschleiß des Folgegerüstes.
8. Prozeßleitverfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß zur Bestimmung
der Referenz-Kaliberdurchmesser (D0i) eine gleitende Mittelwertbildung über mehrere
Meßwerte erfolgt.
9. Prozeßleitverfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß zur Bestimmung
des Kaliberverschleisses eine gleitende Mittelwertbildung über mehrere Meßwerte erfolgt.
10. Prozeßleitverfahren für eine kontinuierliche Walzstraße mit mehreren Walzgerüsten
und Walzen mit Einzelantrieben, wobei die aktuelle Stabgeschwindigkeit des Walzgutes
zwischen Walzgerüsten ermittelt wird, dadurch gekennzeichnet, daß die Stichabnahme
(δ) als Quotient aus der Differenz zwischen den Stabgeschwindigkeiten am Auslauf (v(i+1))
bzw. Einlauf (vi) des Walzgerüstes und der Stabgeschwindigkeit am Auslauf (v(i+1))
gebildet und als Kriterium für den Kaliberverschleiß herangezogen wird.