[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von besonders hochmolekularen
Polyamidfasern und nach diesem Verfahren hergestellte Polyamidfasern.
[0002] Die sogenannten technischen Polyamidfasern werden u.a. für Netz- und Tauwerk, Transportbandgewebe,
Industriemaschinenfilze, Filter, Angeldrähte, technische Gewebe und Abspanndrähte
sowie Borsten verwendet. Da aliphatische Polyamide im allgemeinen eine gute Chemikalienbeständigkeit
aufweisen, eignen sie sich hervorragend für Papiermaschinenbespannungen. Hierbei werden
neben allgemeinen guten mechanischen Eigenschaften, wie z.B. hoher Reissfestigkeit,
hohe Anforderungen speziell an Eigenschaften, die einem Biegeprozess unterliegen,
wie z.B. Biegesteifigkeit und Scheuerbeständigkeit, gestellt. Letztere sind stark
von der Molmasse des Polymeren abhängig. Je höher der Polymerisationsgrad des Polymeren,
desto beständiger sind die Fasern gegenüber Biegebeanspruchung.
[0003] Nach dem Stand der Technik wird, um Polyamidfasern mit hohen Molmassen herstellen
zu können, das Polyamidgranulat vor dem Verspinnen zu Fasern einer Festphasenkondensation
unterworfen, wie z.B. in der US-PS 3 420 804 oder in der EP-PS 0 098 616 beschrieben.
Nachteil dieser Vorgehensweise ist, dass das hochmolekulare Spinngranulat eine sehr
hohe Schmelzviskosität besitzt und sich deshalb infolge eines hohen Durckaufbaus vor
der Spinndüsenplatte nur noch schlecht verspinnen lässt. Ausserdem tritt in der Schmelze
von hochmolekularem Granulat während des Spinnprozesses ein unkontrollierter Molmassenabbau
ein. Die CH-PS 0 359 286 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung von hochmolekularem
Polyamidgranulat nach dem Nachkondensationsprinzip in zwei Schritten.
[0004] Dabei werden die Nachkondensationskatalysatoren in die Schmelze des Polyamidausgangsmaterials
eingearbeitet und anschliessend die Nachkondensation der durch Spritzguss oder Strangpressverformung
erhaltenen Kunststoffteile nachkondensiert. Diese Verfahrensweise ist für die Herstellung
von hochmolekularen Polyamidfasern ungeeignet, da die eingearbeiteten Katalysatoren
die Nachkondensation bereits in der heissen Polyamidspinnschmelze in unkontrollierter
Weise auslösen.
[0005] Die japanische Auslegeschrift 27 719/76 beschreibt die Nachkondensation von in Katalysatorlösung
getauchten Polyamidformteilen in fester Phase zur Erhöhung der Lebensdauer von stark
beanspruchten Formteilen durch die Überführung des zweidimensionalen Molekülverbandes
in einen dreidimensionalen, d.h. durch Vernetzung des Polyamids an der Oberfläche.
Oberflächlich vernetzte Fasern sind jedoch in der Anfärbung und bei Dauerbiegebelastung
stark benachteiligt. (Abweichend zum WPI-Abstract nennt die japanische Auslegeschrift
27 719/76 keine Fasern, sondern Formteile wie Ringläufer und Schieberolle.)
[0006] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, besonders hochmolekulare und unvernetzte
Polyamidfasern mit hoher Dauerbiegebelastbarkeit und guter Scheuerbeständigkeit herzustellen.
[0007] Diese Aufgabe wird durch das Verfahren zur Herstellung von Polyamidfasern mit den
Merkmalen des Anspruchs 1 bzw. durch Polyamidfasern nach Anspruch 12 gelöst.
[0008] Die Erfindung stellt insbesondere ein Verfahren zur Nachkondensation schmelzgesponnener
Polyamidfasern in fester Phase in Gegenwart von Nachkondensationskatalysatoren sowie
die nach diesem Verfahren hergestellte Fasern zur Verfügung.
[0009] Überraschenderweise wurde gefunden, dass sich Polyamidfasern in fester Phase nachkondensieren
lassen, ohne zu vernetzen und damit ohne die nach dem Stand der Technik zu erwartenden
nachteiligen Eigenschaften für ihre Verwendung zu zeigen.
[0010] Normalviskose Polyamidfasern sind solche mit relativen Lösungsviskositäten in H₂SO₄
von maximal 4,2, bevorzugt bis 4,0, besonders bevorzugt solche der Viskositätsbereiche
um 3,4 und 3,8, besonders bevorzugt um 3,8. Sie sind hergestellt aus ω-Aminocarbonsäuren
oder Lactamen mit 4 bis 12 Kohlenstoffatomen oder deren Gemischen, bevorzugt aber
PA-4, PA-6, PA-11 und PA-12, oder aus aliphatischen Diaminen mit 4 bis 12 Kohlenstoffatomen
und aliphatischen Dicarbonsäuren mit 5 bis 12 Kohlenstoffatomen oder aus deren Gemischen,
bevorzugt aber PA-4.6, PA-6.6, PA-6.10 und PA-12.12.
[0011] Als Nachkondensationskatalysatoren werden anorganische Phosphorverbindungen, bevorzugt
Salze oder Ester der phosphorigen Säure oder der Orthophosphorsäure oder diese Säuren
selbst eingesetzt, besonders bevorzugt aber H₃PO₄, H₃PO₃, Na₂HPO₄.12H₂O, Na₂HPO₃.5H₂O
sowie NaH₂PO₄.
[0012] Die normalviskosen Polyamidfasern werden in bekannter Weise, z.B. in einer Flotte,
imprägniert, wobei der Katalysatorgehalt, bezogen auf die nachzukondensierenden Fasern,
maximal 0,5 Gew.-% beträgt, bevorzugt 0,1 bis 0,3 Gew.-%, besonders bevorzugt 0,2
Gew.-%.
[0013] Die Nachkondensation wird bei Temperaturen von 160 bis 200°C, bevorzugt 170 bis 190°C,
in Inertgasatmosphäre oder im Vakuum während 5 bis 48 Stunden, bevorzugt 6 bis 24
Stunden, besonders bevorzugt 8 bis 12 Stunden ausgeführt.
[0014] Das erfindungsgemässe Verfahren hat folgende Vorteile:
- Es kann chargenweise, z.B. in einem Taumeltrockner oder mittels geeigneter Förderelemente
kontinuierlich, z.B. in einem geneigten Drehrohrtrockner, ausgeführt werden.
- Ausgehend von normalviskosen, bevorzugt handelsüblichen Polyamidfasern lassen sich
besonders hohe Molmassen mit Lösungsviskositäten in H₂SO₄ von mindestens 7,0, bevorzugt
mindestens 9,0 erreichen. Fasern mit so extrem hohen Viskositäten können nicht mehr
mit konventionellen Verfahren gesponnen werden.
- Mit dem erfindungsgemässen Verfahren lassen sich Polyamidfasern mit hervorragender
Scheuerbeständigkeit mit einem vielfach erhöhten Wert der Drahtscheuertouren herstellen.
Es lassen sich Fasern aus nicht vernetztem Polyamid herstellen, die gut löslich sind
und keine Versprödung zeigen, d.h. Fasern, die keine verschlechterten Eigenschaften
aufweisen, wie z.B. eine Erniedrigung der Reissdehnung. Damit darf angenommen werden,
dass die erzielte Erhöhung der Molmasse durch weitere Amidbindungen im Polyamid und
nicht durch Vernetzung erreicht wird.
[0015] Die nachfolgenden Beispiele zeigen Ausführungsformen der Erfindung, ohne sie darauf
zu beschränken. Die Ergebnisse der Prüfuntersuchungen sind tabellarisch zusammengefasst.
[0016] Die in den Tabellen 1 bis 3 zusammengestellten Ergebnisse belegen, dass durch das
erfindungsgemässe Nachkondensationsverfahren ein Anstieg der Lösungsviskosität, welche
ein Mass für die Molmasse ist, und ein Anstieg der Drahtscheuertouren, die ein Mass
für die Scheuerbeständigkeit sind, erreicht wird, ohne dass andere erwünschte Fasereigenschaften,
wie z.B. Titer, Reissfestigkeit und Reissdehnung, negativ beeinflusst werden.
[0017] Die in den Beispielen und Tabellen angegebenen Polyamidfasertypen sind:
- Grilon TM 26 R (EMS-CHEMIE AG/Schweiz): eine gekräuselte PA-6-Faser mit einer relativen
Lösungsviskosität von ca. 3,30 bis 3,45
- Grilon TM 26/2 R (EMS-CHEMIE AG/Schweiz): eine gekräuselte PA-6-Faser mit einer relativen
Lösungsvsikosität von ca. 3,70 bis 3,90
- Grilon TM 26 hochviskos (EMS-CHEMIE AG/Schweiz): eine gekräuselte PA-6-Faser mit einer
relativen Lösungsviskosität von ca. 4,45 bis 4,60
- Nylon/T 310 (DuPont/USA): eine gekräuselte PA-6.6-Faser mit einer relativen Lösungsviskosität
von ca. 3,00 bis 3,10
[0018] Alle Polyamidtypen enthalten handelsübliche Hitzestabilisatoren der Firma Ciba-Geigy/Schweiz
vom Typ Irganox, ausgenommen Grilon TM 26 hochviskos.
[0019] Die relativen Lösungsviskositäten werden als 1 %ige Lösung in 98 %iger Schwefelsäure
gemäss DIN 53727 bei 20°C gemessen.
Beispiel 1 = Vergleichsbeispiel 1
[0020] 17 dtex-PA-6-Fasern vom Typ Grilon TM 26 R mit 11 Bögen pro cm und relativen Lösungsviskositäten
von 3,36 werden bei 180°C im Vakuum während der in Tabelle 1 angegebenen Zeiten ohne
Katalysator thermisch nachkondensiert.
Beispiel 2
[0021] 17 dtex-PA-6-Fasern vom Typ Grilon TM 26 R mit 11 Bögen pro cm und relativen Lösungsviskositäten
von 3,36 werden mit einer wässrigen Lösung von Orthophosphorsäure (Verhältnis Faser
: Wasser = 1 : 20) ohne Netzmittel 30 Minuten lang bei 95°C behandelt. Die eingesetzte
Säuremenge beträgt 0,2 Gew.-% bezogen auf die nachzukondensierenden Fasern. Nach Filtration
und Lufttrocknung erfolgt die Nachkondensation der so imprägnierten niederviskosen
PA-6-Fasern bei 180°C im Vakuum während der in Tabelle 1 angegebenen Zeiten.
Beispiel 3
[0022] Verfahren gemäss Beispiel 2 unter Verwendung von phosphoriger Säure.
Beispiel 4
[0023] Verfahren gemäss Beispiel 2 unter Verwendung von NaH₂PO₄.
Beispiel 5 = Vergleichsbeispiel 2
[0024] Verfahren gemäss Beispiel 1 unter Verwendung von Fasern des Typs TM 26/2R-1 mit relativen
Lösungsvikositäten von 3,72.
Beispiel 6
[0025] Verfahren gemäss Beispiel 2 unter Verwendung von Fasern des Typs TM 26/2R-1 mit relativen
Lösungsviskositäten von 3,72 und phosphoriger Säure.
Beispiel 7
[0026] Verfahren gemäss Beispiel 6 unter Verwendung von Orthophosphorsäure.
Beispiel 8 = Vergleichsbeispiel 3
[0027] Verfahren gemäss Beispiel 1 unter Verwendung von Fasern des Typs TM 26/2R-2 mit relativen
Lösungsviskositäten von 3,86.
Beispiel 9
[0028] Verfahren gemäss Beispiel 2 unter Verwendung von Fasern des Typs TM 26/2R-2 mit relativen
Lösungsviskositäten von 3,86 und phosphoriger Säure.
Beispiel 10
[0029] Verfahren gemäss Beispiel 9 unter Verwendung von Orthophosphorsäure.
Beispiel 11 = Vergleichsbeispiel 4
[0030] Verfahren gemäss Beispiel 1 unter Verwendung von Fasern des Typs TM 26/2R-3 mit relativen
Lösungsviskositäten von 3,88.
Beispiel 12
[0031] Verfahren gemäss Beispiel 2 unter Verwendung von Fasern des Typs TM 26/2R-3 mit relativen
Lösungsviskositäten von 3,88 und phosphoriger Säure.
Beispiel 13
[0032] Verfahren gemäss Beispiel 12 unter Verwendung von Orthophosphorsäure.
Beispiel 14 = Vergleichsbeispiel 5
[0033] Verfahren gemäss Beispiel 1 unter Verwendung von Fasern des Typs TM 26/2R-4 mit relativen
Lösungsviskositäten von 3,85.
Beispiel 15
[0034] Verfahren gemäss Beispiel 2 unter Verwendung von Fasern des Typs TM 26/2R-4 mit relativen
Lösungsviskositäten von 3,85 und phosphoriger Säure.
Beispiel 16
[0035] Verfahren gemäss Beispiel 15 unter Verwendung von Orthophosphorsäure.
Beispiel 17 = Vergleichsbeispiel 6
[0036] Prüfresultate von gekräuselten PA-6-Fasern des Typs TM 26 hochviskos mit 11 Bögen
pro cm und mit relativer Lösungsviskosität von 4,70 ohne Nachkondensation, die aus
einer hochmolekularen, industriell nicht mehr verspinnbaren Polyamid-Extrusionsgranulat-Type
(Grilon F50) mit relativen Lösungsviskositäten von 5,02 zu Fasern mit dem Titer von
etwa 17 dtex versponnen wurden.
Beispiel 18 = Vergleichsbeispiel 7
[0037] Prüfresultate von 17 dtex PA-6.6-Fasern vom Typ Nylon/T 310 mit 11 Bögen pro cm und
relativen Lösungsviskositäten von 3,07.
Beispiel 19
[0038] 17 dtex-PA-6.6-Fasern vom Typ Nylon/T 310 mit 11 Bögen pro cm und relativen Lösungsviskositäten
von 3,07 werden mit einer wässrigen Lösung von Orthophosphorsäure (Verhältnis Faser
: Wasser = 1 : 20) ohne Netzmittel 30 Minuten lang bei 95°C behandelt. Die eingesetzte
Säuremenge beträgt 0,2 Gew.-%, bezogen auf die nachzukondensierenden Fasern. Nach
Filtration und Lufttrocknung wird 8 Stunden bei 170°C im Vakuum nachkondensiert.
Beispiel 20
1. Verfahren zur Herstellung von besonders hochmolekuren Polyamidfasern, dadurch gekennzeichnet,
dass man normalviskose Polyamidfasern mit Lösungen von Nachkondensationskatalysatoren
imprägniert, trocknet und nachfolgend unter Sauerstoffausschluss unterhalb des Schmelzpunktes
des Polyamids in fester Phase thermisch nachkondensiert, wobei die nachzukondensierenden
Polyamidfasern übliche verarbeitungsbedingte und eigenschaftsverbessernde Additive
enthalten können.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass man normalviskose Polyamid
(PA)-Fasern mit relativen Lösungsviskositäten in H₂SO₄ von maximal 4,2, bevorzugt
2,4 bis 4,0, einsetzt.
3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet, dass man als normalviskose
PA-Fasern aliphatische PA-Fasern aus ω-Aminocarbonsäuren oder Lactamen mit 4 bis 12
Kohlenstoffatomen oder aus deren Gemischen, bevorzugt PA-4, PA-6, PA-11 und PA-12
und/oder aliphatischen PA-Fasern aus aliphatischen Diaminen mit 4 bis 12 Kohlenstoffatomen
und aliphatischen Dicarbonsäuren mit 5 bis 12 Kohlenstoffatomen oder aus deren Gemischen,
bevorzugt PA-4.6, PA-6.6, PA-6.10 oder PA-12.12 einsetzt.
4. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass man die normalviskosen
PA-Fasern bis zu Endlösungsviskositäten in H₂SO₄ von mindestens 7,0, bevorzugt mindestens
9,0, nachkondensiert.
5. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass man als Nachkondensationskatalysatoren
anorganische Phosphorverbindungen, bevorzugt phophorige Säure oder Orthophosphorsäure
oder Salze oder Ester davon; besonders bevorzugt H₃PO₄, H₃PO₃, Na₂HPO₄.12 H₂O, Na₂HPO₃.5
H₂O oder NaH₂PO₄ einsetzt.
6. Verfahren mach den Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass man die Nachkondensationskatalysatoren
als wässrige Lösungen auf die PA-Fasern appliziert.
7. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die eingesetzte
Katalysatormenge maximal 0,5 Gew.-%, bevorzugt 0,1 bis 0,3 Gew.-%, besonders bevorzugt
0,2 Gew.-% beträgt, bezogen auf die nachzukondensierende Fasermenge.
8. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass man die Nachkondensation
der PA-Fasern bei Temperaturen von 160 bis 200°C, bevorzugt 170 bis 190°C, in Inertgasatmosphäre
oder im Vakuum durchführt.
9. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass man die Nachkondensation
über einen Zeitraum von 5 bis 48 Stunden, bevorzugt 6 bis 24 Stunden, besonders bevorzugt
8 bis 12 Stunden durchführt.
10. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass man es kontinuierlich
oder chargenweise durchführt.
11. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass man PA-6-Fasern
mit wässrigen Lösungen von H₃PO₃ oder H₃PO₄ (0,2 Gew.-% bezogen auf die nachzukondensierende
Fasermenge) bei 180°C im Vakuum 8 Stunden lang nachkondensiert.
12. PA-Fasern mit einer relativen Lösungsviskosität in H₂SO₄ von mindestens 7,0, bevorzugt
mindestens 9,0, herstellbar nach dem Verfahren gemäss einem der vorhergehenden Ansprüche.