[0001] Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zum Spinnen eines echtgedrehten Garnes mittels
einer Spindel und einer Glocke nach dem Oberbegriff des Anspruches 1 und ein Verfahren
nach Anspruch 6.
[0002] Es ist bei Glockenspinnvorrichtungen seit längerer Zeit bekannt, dass die Aufwindung
des gesponnenen Fadens mit einer periodisch ändernden Fadenspannung geschieht. Dazu
hat man verschiedene neue Lösungen zur Behebung dieses Problems vorgeschlagen. Unter
anderem ist aus EP-A-0 319 783 bekannt, Einzelmotoren für sowohl die Spindel als auch
die Glocke zu verwenden, die je mit einer gemeinsamen Frequenzsteuereinrichtung verbunden
sind. Die Drehzahl der Spindeln wird bestimmt durch den Schnittpunkt der Drehmomentkennlinie
des Einzelmotors und der Lastmomentkennlinie der Spindel. Die Drehmomentkennlinie
des Einzelmotors für die Glocke ist hingegen mit einer sogenannten "weichen" Drehmomentkennlinie
ausgelegt, d.h. mit einer Kennlinie mit sehr viel flacherer Neigung. Der Schnittpunkt
mit der Lastkennlinie der Glocke bestimmt dann die Drehzahl der Glocke. Mittels eines
Schaltelementes können ein einstellbarer Widerstand und eine einstellbare Spule zugeschaltet
werden, so dass die Drehmomentkennlinie des Einzelmotors der Glocke geringfügig geändert
werden kann. Die Antriebe sind vorgesehen, um besonders feine und wenig zugfeste Fäden
mit der Glockenspinnvorrichtung spinnen zu können. Ferner ist es beim Spinnen von
Garnen mit ausreichender Reissfestigkeit vorgesehen, mit dieser Einrichtung, beim
Beenden des Spinnens die Glocke abzubremsen, damit die Fadenspannung nicht zu stark
abfällt.
[0003] Mit der obenerwähnten Vorrichtung ist zwar eine bestimmte Einstellung der Differenz
zwischen Glockendrehzahl und Spindeldrehzahl möglich, jedoch lässt sich nicht jede
beliebige Differenz damit einstellen. Eine gezielte Einstellung der Fadenspannung
für ein beliebiges mit der Glockenspinnvorrichtung gesponnenes Garn ist daher nicht
möglich.
[0004] Es ist nun Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine Vorrichtung zum Spinnen eines
echtgedrehten Garnes mittels einer Spindel und einer Glocke zu bilden, die ermöglicht,
die Fadenspannung in Abhängigkeit einer vorgegebenen Garnnummer in engen Grenzen konstant
zu halten, auch während die Glocke beschleunigt oder abgebremst wird. Ebenfalls ist
es Aufgabe der Erfindung, ein geeignetes Verfahren zum Spinnen mit einer solchen Vorrichtung
anzugeben.
[0005] Diese Aufgabe wird durch die Merkmale der Ansprüche 1 und 6 gelöst.
[0006] Die erfindungsgemässe Vorrichtung hat den grossen Vorteil, dass fast jeder beliebige
Punkt im ersten Quadrant des Koordinatensystems Drehmoment-Drehzahl erreichbar ist.
Dies gilt sowohl für die Drehzahl der Glocke als auch für die Drehzahl der Spindel.
Damit ist fast jedes beliebige Antriebsmoment dieser beiden Drehzahlen einstellbar.
Diese Möglichkeit der fast beliebigen Einstellbarkeit der Drehzahlen, z.B. über das
Statorfeld bei einem Asynchronmotor, lässt ein Konstanthalten der Fadenspannung für
eine bestimmte Garnnummer in sehr engen Grenzen zu. Durch die Berücksichtigung der
Hubbewegung der Spindel können sogar die durch die verschiedenen Aufwindedurchmesser
des Kopses verursachte Unterschiede in der Fadenspannung weitgehend ausgeglichen werden.
Diese Vorteile lassen sich mit einem geeigneten Höhenmessgerät und zugehörigen Messwandler
erzielen. Als Höhenmessgerät haben sich vor allem solche mit einem kapazitiven oder
induktiven Messgeber bewährt. Es können jedoch auch sehrwohl digitale Messgeber mit
lichtemittierenden Dioden und Photozellen angewandt werden.
[0007] Weitere Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung. Dort
wird die Erfindung anhand eines in der Zeichnung beschriebenen Beispieles näher erläutert.
Es zeigt:
Fig. 1 eine schematische Darstellung einer Glockenspinnvorrichtung mit zwei Einzelmotoren,
und
Fig. 2 ein Diagramm zwischen dem Drehmoment und der Drehzahl für die Spindel und für
die Glocke.
[0008] In Fig. 1 ist eine Glockenspinnvorrichtung dargestellt, mit einer Spindel 1, welche
einen Kops 2 trägt. Dieser Kops 2 ist von einer Glocke 3 umgeben und wird in der bekannten
Art von Lieferwalzen 4 mit einem Faden mit der Liefergeschwindigkeit V beliefert,
siehe z.B. EP-A 0 255 660. Die Spindel 1 ist mit einem Einzelmotor 5 angetrieben,
und die Glocke 3 mit einem Einzelmotor 6. Die Einzelmotoren 5 und 6 sind mit Frequenzumrichtern
7 und 8 verbunden, die je aufgrund eines von einer programmierbaren Steuereinheit
9 übermittelten Gleichstromsignals eine unterschiedliche Frequenz f
1 oder f
2 bilden, wodurch die Einzelmotoren mit unterschiedlichen Drehzahlen angetrieben werden.
Für diese Art der Frequenzsteuerung haben sich vor allem Asynchronmotoren bewährt.
Mit dem Einzelmotor der Spindel ist ein Hubmechanismus 10 verbunden, der für das Spinnen
erforderlichen Hub sorgt. Die jeweilige Höhe des Hubmechanismus 10 wird mit einem
Höhenmessgerät 11 gemessen. Symbolisch ist dieses Messgerät 11 durch eine Messlatte
11 und einen Messwandler 13 dargestellt. In der Praxis haben sich die induktive oder
kapazitive Verschiebungsmessung bewährt, wie sie z.B aus dem Buch "Dubbel - Taschenbuch
für Maschinenbau", 16. Auflage, Seite V24 bekannt sind. Es können jedoch auch Inkrementalgeber
verwendet werden, die beispielsweise auf der Basis von lichtemittierenden Dioden und
Photozellen ausgebildet sind.
[0009] Die Einstellung der Fadenspannung lässt sich durch den Schlupf des Einzelmotors 6
der Glocke nun gemäss der Formel

für eine bestimmte Garnnummer genau einstellen, wobei:
C = Schlupfkonstante des Einzelmotors der Glocke
K = Parameter der Fadenspannung
nG' = Drehzahl im Statorfeld des Einzelmotors der Glocke
ns' = Drehzahl im Statorfeld des Einzelmotors der Spindel
V = Liefergeschwindigkeit des Fadens
d = Aufwindedurchmesser der Spule
und wobei der Parameter K durch Veränderung der Drehzahlen n'
s und n'
G oder der entsprechenden Frequenzen f
1 und f
2 an den Frequenzumrichtern 7 und 8 einstellbar ist. Dabei ist der Parameter K im wesentlichen
eine Funktion der Garnnummer in tex und des Durchmessers d.
[0010] Die Schlupfkonstante C ist abhängig vom TYP des Einzelmotors 6 und liegt im Bereich
von 1,005 bis 1,025. Sie beträgt beispielsweise für den Asynchromotor vom Typ EV 40-20
der Firma KaVo Elektrotechnisches Werk GmbH, D-7970 Leutkirch im Allgäu mit einer
maximalen Leistung von 100 Watt etwa 1.01. Die geringeren Schwankungen können dabei
mittels des vorgeschriebenen Höhenmessgerätes ausgeglichen werden.
[0011] Die in Fig. 2 dargestellten Kennlinien des Einzelmotors für die Glocke mi, m
2 und m
3 lassen sich über den Parameter K, d.h. über die Frequenzen f
1 und f
2, einstellen. Die effektive Drehzahl n
G der Glocke wird durch die Formel

bestimmt und ist um den durch den Schlupf verursachten Faktor C geringer als die Drehzahl
n
G' des Statorfeldes. Der Schlupf für die Spindel beträgt höchstens etwa 1 bis 2% und
ist deshalb für die gemachten Ueberlegungen von untergeordneter Bedeutung, d.h. n
s = n
s'. Die Liefergeschwindigkeit V hängt von der Garnnummer in tex und von der Spindeldrehzahl
n
s ab. Für eine bestimmte Fadenspannung ergeben sich dann die Lastkennlinien 1
1, 1
2 oder 1
3. Die Drehzahl der Glocke ist für die dargestellten Drehmomentkennlinien und die dargestellten
Lastkennlinien jeweils gleich. Da der Schlupf des als Asynchronmotor ausgebildeten
Einzelmotors sich nach den obigen Gesetzmässigkeiten verändert, lässt sich die Fadenspannung
des gebildeten Garns für jede Garnnummer beliebig einstellen. Die an die Frequenzumrichter
7 und 8 abgegebene Gleichspannungssignale sind nun nach einem bestimmten Programm
von der programmierten Steuereinheit vorbestimmt.
[0012] Ferner ist der Hubmechanismus 10 in der Regel als Spindelbank in der bei Ringspinnmaschinen
bekannten Art vorgesehen. Mittels der vorbeschriebenen Höhenmessung lässt sich der
jeweilige Aufwindedurchmesser d des Kopses 2 ermitteln, und anhand davon lassen sich
mit der programmierbaren Steuereinheit 9 die noch verbleibenden periodischen Aenderungen
der Fadenspannung, welche durch die Hubbewegung verursacht werden, weitgehend ausgleichen.
Der Hubmechanismus 10 kann jedoch auch den Glocken 3 der Spinnmaschine zugeordnet
sein, wobei dann die Spindel 1 ortsfest mit der Spinnmaschine bleiben.
[0013] Obwohl die Asynchronmotoren sich für die beschriebene Vorrichtung besonders eignen,
können auch andere frequenzgesteuerte Motoren wie Synchronmotoren verwendet werden,
wobei in diesem Fall kein Schlupf vorhanden ist (C = 1).
1. Vorrichtung zum Spinnen eines echtgedrehten Garnes mittels einer Spindel (1) und
einer Glocke (3), die beiden je von einem Einzelmotor (5, 6) angetrieben und über
eine Spannungsfrequenz in ihrer Drehgeschwindigkeit steuerbar sind, dadurch gekennzeichnet,
dass dem Einzelmotor (5) der Spindel und dem Einzelmotor (6) der Glocke je ein Frequenzumrichter
(7, 8) zugeordnet ist, und die beiden Frequenzumrichter (7, 8) mit einer gemeinsamen,
programmierbaren Steuereinheit (9) verbunden sind, so dass zur Einstellung der gewünschten
Fadenspannung die Drehzahl der Spindel (1) und die Drehzahl der Glocke (3) unabhängig
von einander und in einer beliebigen Funktion der Zeit einstellbar sind.
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Einstellung der Fadenspannung
gemäss der Formel

erfolgt, wobei
K = Parameter der Fadenspannung
C = Schlupfkonstante des Einzelmotors der Glocke
nG' = Drehzahl im Statorfeld des Einzelmotors der Glocke
ns' = Drehzahl im Statorfeld des Einzelmotors der Spindel
V = Liefergeschwindigkeit des Fadens
d = Aufwindedurchmesser der Spule
und wobei der Parameter K durch Veränderung der Drehzahl n
G' und n
s' oder der entsprechenden Frequenzen (f1, f
2) am Frequenzumrichter (7, 8) einstellbar ist.
3. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Einzelmotoren
Asynchronmotoren sind und die Schlupfkonstante C zwischen 1,005 und 1,025, vorzugsweise
um 1,01 beträgt.
4. Vorrichtung nach einem der vorangehenden Ansprüchen, dadurch gekennzeichnet, dass
der Spindel (1) ein Höhenmessgerät (11) zugeordnet ist, das die Hubbewegung der Spindel
(1) registriert und über einem Messwandler (12) ein Signal an die gemeinsame Steuereinheit
(9) liefert, wodurch die Drehgeschwindigkeit des Einzelmotors (8) in Abhängigkeit
des Hubs des Hubmechanismus (10) steuerbar ist.
5. Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Höhenmessgerät (11)
mit einem induktiven oder kapazitiven Messgeber versehen ist.
6. Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Höhenmessgerät (11)
mit einem Inkremental-Messgeber versehen ist.
7. Verfahren zum Spinnen mit einer Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
dass die Drehzahl der Spindel (1) und die Drehzahl der Glocke (3) unabhängig voneinander
während des Spinnens einstellbar sind.
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Fadenspannung gemäss
der Formel

durch die Einstellung der Drehzahlen n
s' und n
G' oder der entsprechenden Frequenzen (f1, f
2) am Frequenzumrichter erfolgt, wobei
K = Parameter der Fadenspannung
C = Schlupfkonstante des Einzelmotors der Glocke
nG' = Drehzahl im Statorfeld des Einzelmotors der Glocke
ns' = Drehzahl im Statorfeld des Einzelmotors der Spindel
V = Liefergeschwindigkeit des Fadens
d = Aufwindedurchmesser der Spule