[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Vorbehandlung von textilen Materialien in
wäßrigen Medien durch alkalisches Abkochen und/oder Bleichen unter Verwendung von
phosphorhaltigen Hilfsmitteln und die Verwendung bestimmter phosphorhaltiger Hilfsmittel
bei der Vorbehandlung textiler Materialien.
[0002] Die Vorbehandlung von textilen Materialien, die Cellulose, insbesondere Baumwolle,
enthalten oder daraus bestehen, ist seit langem bekannt und in Ullmanns Encyklopädie
der technischen Chemie, Band 9, Verlag Chemie 1975, S. 250 und 251 und Band 23, 1983,
S. 19 bis 31 beschrieben. Die Materialien, die als Faser, Kammzug, Garn, Strang, Wickelkörper,
Webware, Maschenware oder in anderer Aufmachung eingesetzt werden können, werden dabei
vorbereitet für die nachfolgenden Veredlungsschritte, wie Färben, Bedrucken, Aufhellen
und Ausrüsten.
[0003] Das alkalische Abkochen dient im allgemeinen dem Quellen der Faser und dem Abbau
bzw. der teilweisen Extraktion von Störstoffen, damit die Faser für das nachfolgende
Bleichen vorbereitet wird und die Störstoffe leichter entfernt werden können.
[0004] Beim Bleichen werden üblicherweise farbige Begleitstoffe, die beim alkalischen Abkochen
nur ungenügend extrahiert wurden, meist oxidativ durch peroxidische Verbindungen,
daneben auch durch Natriumchlorit oder Hypochlorit, zerstört.
[0005] Beim alkalischen Abkochen wie beim Bleichen werden im allgemeinen stickstoffhaltige
oder phosphorhaltige Hilfsmittel wie Nitrilotriessigsäure, Ethylendiamintetraessigsäure,
Diethylentriaminpentaacetat, Gluconsäure oder Phosphonsäuren eingesetzt, da sie u.a.
die bei diesen Prozessen schädlichen Schwermetallionen wie Fe²⁺ oder Fe³⁺ komplexieren
können. Diese Eigenschaft wird z.B. beim Bleichen zur Stabilisierung von oxidativen
Bleichmitteln genutzt.
[0006] So wurde in der DE-B 22 26 784 zur Stabilisierung von Peroxidverbindungen in wäßrig-alkalischer
Lösung ein Gemisch aus 1-Hydroxiethylen-1,1-diphosphonsäure, Nitrilotriessigsäure
und einem wasserlöslichen Magnesium- oder Calciumsalz empfohlen. In der DE-B 22 11
578 wurde zur Stabilisierung von Peroxiden ein Gemisch von Polyoxiverbindungen mit
Aminoalkanphosphonsäuren, abgeleitet von C₁- bis C₆-Alkanen, und/oder Hydroxialkanphosphonaten,
abgeleitet von C₁- bis C₄-Alkanen, und Polyaminocarbonsäuren offenbart.
[0007] Die bekannten stickstoffhaltigen Stabilisierungsmittel sind jedoch wegen ihrer hohen
Oxidationsempfindlichkeit nicht ausreichend wirksam. Ihre Verwendung zusammen mit
Phosphonsäuren führt zu einem aufwendigen Verfahren, das durch den Einsatz mehrerer
Komponenten unhandlich und wenig wirtschaftlich ist und zum Teil zu schwankender Warenqualität
führt.
[0008] Aus der US-A-3 122 417 war es bekannt, als Hilfsmittel zur Stabilisierung von Peroxidverbindungen
1-Hydroxialkan-1,1-diphosphonsäuren, die von linearen C₁- bis C₆-Alkanen abgeleitet
sind, zu verwenden. Die Stabilisierwirkung ist jedoch mangelhaft.
[0009] Nachteilig bei dem bekannten phosphonsäurehaltigen Hilfsmitteln ist es, daß sie in
Kläranlagen nur schwer aus dem Abwasser eliminierbar sind. Daher müssen große Anstrengungen
unternommen werden, um die verwendeten Hilfsmittel, wie z.B. die Phosphonsäuren, in
aufwendigen Verfahren zu entfernen.
[0010] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zur Vorbehandlung von textilen
Materialien durch alkalisches Abkochen und/oder Bleichen bereitzustellen, das die
geschilderten Nachteile vermeidet, in einfacher Weise erfolgreich durchzuführen ist
und Hilfsmittel hoher Wirksamkeit verwendet, die leicht aus dem Abwasser eliminierbar
sind.
[0011] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß mit einem Verfahren zur Vorbehandlung von textilen
Materialien in wäßrigen Medien durch alkalisches Abkochen und/oder Bleichen unter
Verwendung von phosphorhaltigen Hilfsmitteln dadurch gelöst, daß man als Hilfsmittel
eine Verbindung der allgemeinen Formel I

einsetzt, in der R ein verzweigter C₇- bis C₉-Alkylrest, X = H, Na, K oder NR¹R²R³R⁴
ist, und R¹, R², R³ und R⁴ = H, C₁- bis C₄-Alkyl oder -CH₂-CH₂-OH bedeuten.
[0012] Weiterhin wurde die Verwendung der Hilfsmittel der allgemeinen Formel I zur Vorbehandlung
von textilen Materialien in wäßrigen Medien durch alkalisches Abkochen und/oder Bleichen
gefunden. Die textilen Materialien bestehen aus Cellulosefasern oder enthalten Cellulosefasern
im Gemisch mit anderen Fasern, z.B. Viskose, Zellwolle oder Polyester.
[0013] Bevorzugt werden die Verbindungen I verwendet, in denen R 2,4,4-Trimethylpentyl oder
1-Ethylpentyl ist. X ist bevorzugt H, besonders bevorzugt Na.
[0014] Solche Verbindungen sind an sich bekannt, z.B. aus GB-C 1 469 894, GB-C 1 182 483
oder DE-B 1 194 852 (incorporated by reference).
[0015] Die verwendete Menge richtet sich nach den eingesetzten Materialien und Apparaturen
und liegt im allgemeinen zwischen 0,1 bis 2, bevorzugt 0,1 bis 1 Gew.%, bezogen auf
das wäßrige Medium. Beim alkalischen Abkochen haben sich insbesondere Konzentrationen
von 0,3 bis 1 Gew.% bewährt. Beim Bleichen erzielt man gute Erfolge, wenn man 0,1
bis 0,7 Gew.%, jeweils bezogen auf das wäßrige Medium, einsetzt, wobei bei einem hohen
Gehalt an Bleichmittel selbstverständlich hohe Mengen verwendet werden sollten.
[0016] Die Zugabeart ist unkritisch. Die Verbindung I wird in fester oder gelöster Form
dem wäßrigen Medium vor dem gleichen bzw. vor dem alkalischen Abkochen zugegeben.
[0017] Die wäßrigen Medien, in denen das alkalische Abkochen durchgeführt wird, enthalten
in der Regel große Mengen Alkali, vorzugsweise 5 bis 100 g NaOH pro Liter oder äquivalente
Mengen an KOH. Es wird beispielsweise in langer Flotte bei 5 bis 30 g NaOH oder in
kurzer Flotte, wie beim Imprägnierverfahren, mit 40 bis 100 g NaOH, jeweils bezogen
auf 1 Liter wäßriges Medium, gearbeitet. Das Abkochen wird überwiegend bei einem Flottenverhältnis
von 1:1 und bei 90 bis 130°C diskontinuierlich oder kontinuierlich in üblicher Weise
in bekannten Dämpfern oder Druckkesseln vorgenommen. Die Dauer liegt im allgemeinen
zwischen 1 und 90 Minuten.
[0018] Der Zusammenhang zwischen Zeit, Temperatur und Laugenkonzentration ist dem Fachmann
bekannt und kann gegebenenfalls zur Optimierung genutzt werden. Als Hilfsstoffe können
bekannte alkalistabile Waschmittel wie Fettalkoholethoxylate, alkalistabile Netzmittel
wie Alkylsulfonate und Reduktionsmittel wie Sulfit in üblichen Mengen zugegen sein.
[0019] Das Bleichen kann oxidativ, beispielsweise mit Natriumchlorit oder -hypochlorit,
Perboraten oder mit peroxidischen Substanzen, insbesondere mit Wasserstoffperoxid,
das üblicherweise als 35 bis 50 gew.%ige wäßrige Lösung eingesetzt wird, erfolgen.
[0020] Die Menge an Bleichmittel richtet sich u.a. nach der Empfindlichkeit des textilen
Materials, der Bleichfähigkeit der Verunreinigungen und den verwendeten Apparaten.
Sie liegt üblicherweise bei Wasserstoffperoxid (100 %ig) bei 0,7 bis 30, bevorzugt
1,5 bis 20 g/Liter wäßriges Medium. Die übrigen Bedingungen hängen auch von der Art
des eingesetzten Bleichmittels ab. Der pH-Wert liegt üblicherweise bei 5 bis 14, bevorzugt
7 bis 14, insbesondere 9 bis 13. Er wird im allgemeinen durch Säuren wie Essigsäure
oder Alkalien wie NaOH oder Na₂CO₃ eingestellt. Die Temperatur liegt im allgemeinen
bei Raumtemperatur (Kaltbleiche), bei der Heißbleiche bei 70 bis 100°C. Es kann auch
bei leichtem Überdruck bei 130°C gearbeitet werden. Die Bleichdauer kann ca. 1 bis
2 Minuten bei der Schockbleiche, 10 bis 120 Minuten bei der Heißbleiche oder 16 bis
48 Stunden bei der Kaltbleiche betragen. Das Flottenverhältnis (Gewichtsverhältnis
des textilen Materials zu wäßrigem Medium) kann von 1:40 bei der Haspelkufe über 1:5
bei der Kurzflotte bis ca. 1:1 variieren. Gearbeitet wird kontinuierlich oder diskontinuierlich
in bekannten Apparaturen wie Haspelkufe, J-Box, U-Box, Kurzzeitdämpfer oder Kombidämpfer.
[0021] Als Zusatzstoffe können übliche Silikate wie Natriumsilikat in üblichen Mengen verwendet
werden. Auch geringere Mengen an Silikaten, z.B. von 0,1 bis 0,85 Gew.%, bezogen auf
das wäßrige Medium, können mit Erfolg zusammen mit der Verbindung I verwendet werden.
[0022] Bekannte Zusatzstoffe und Substanzen wie Puffer, beispielsweise Natriumpyrophosphat,
Aktivatoren, beispielsweise Ameisensäure oder Phthalsäureanhydrid oder wasserlösliche
Magnesium- oder Calciumsalze, z.B. Chloride oder Sulfate, können bei dem erfindungsgemäßen
Verfahren ebenfalls zugegen sein. Bevorzugt wird das Verfahren in wäßrigem Medium
durchgeführt, die eine Gesamthärte von 2 bis 20, insbesondere 2 bis 10 Grad dH (deutsche
Härte) aufweisen.
[0023] Das erfindungsgemäße Verfahren unter Verwendung der Verbindung I ist den bekannten
Vorbehandlungsverfahren, die übliche Hilfsmittel verwenden, deutlich überlegen. Bei
guter Schonung des textilen Materials verbunden mit hohem Bleichgrad wird das Bleichmittel
durch die Verbindung I sehr gut stabilisiert. Darüber hinaus ist die Verbindung I
in Kläranlagen leicht biologisch eliminierbar, so daß aufwendige Reinigungs- und Aufarbeitungsoperationen
entfallen können.
Beispiele und Vergleichsversuche
[0024] Zur Prüfung der stabilisierenden Wirkung der Hilfsmittel auf Wasserstoffperoxid im
alkalischen Medium wurden 10 g der in der Tabelle 1 angegebenen Hilfsmittel in 800
ml destilliertem Wasser, gegebenenfalls unter Zusatz der adäquaten Menge NaOH, gelöst.
Der pH-Wert wird mit verdünnter Natronlauge oder Schwefelsäure auf 7 eingestellt.
Dann werden die in der Tabelle 1 angegebenen Mengen NaOH zugesetzt und die Lösungen
nach Zugabe von jeweils 20 ml 35 gew.%igem wäßrigem H₂O₂ mit destilliertem Wasser
auf 1 Liter aufgefüllt.
[0025] Der Nullwert der Peroxidgehalte der Lösungen wird durch Titration von 5 ml der jeweiligen
Lösung mit 0,1 normaler KMnO₄-Lösung in üblicher Art ermittelt.
[0026] Jeweils 100 ml dieser Peroxidlösung werden mit 0,5 ml wäßriger Prüflösung des Mischkatalysators
und 1 ml wäßriger 1 gew.%iger Lösung von MgCl₂ · 6 H₂O versetzt und 2 Stunden bei
80°C thermostatisiert.
[0027] Nach Abkühlen auf 25 bis 30°C innerhalb von 10 Minuten werden jeweils 5 ml entnommen
und mit 0,1 n KMnO₄-Lösung titriert. Durch Vergleich mit dem Nullwert ergibt sich
der prozentuale Restanteil an Peroxid.
Herstellung des Mischkatalysators
Stammlösung:
[0028] In einem Erlenmeyerkolben werden
1 g FeCl₃ · 6H₂O
0,1 g MnSO₄ · H₂O
0,1 g CuSO₄ · 5H₂O
in dest. Wasser gelöst, dann 0,35 g Salzsäure konz. zugegeben und auf 100 g mit dest.
Wasser aufgefüllt.
[0029] Diese Stammlösung muß klar sein. Sollten nach längerem Stehen Niederschläge auftreten,
muß sie neu angesetzt werden.
Prüflösung
[0030] Von obiger Lösung werden nun 10 g in einen Erlenmeyerkolben eingewogen und auf 100
g mit dest. Wasser aufgefüllt. Die Prüflösung sollte stets frisch angesetzt werden,
da die Haltbarkeit begrenzt ist.
[0031] Der Mischkatalysator simuliert auf reproduzierbare Art die negative Auswirkung von
Schwermetallen, insbesondere von Eisen, auf die Stabilität des Wasserstoffperoxids.
[0032] Die Ergebnisse der Untersuchungen sind in der Tabelle 1 angegeben. Wegen der guten
Stabilisierung bei sehr geringen Magnesiumkonzentrationen - die Beispiele entsprechen
2,76 Grad dH - sind die Verbindungen der Formel I insbesondere zur Stabilisierung
bei der Heißbleiche geeignet, wo niedrige Härtegrade die Belagbildung auf den Transportwalzen
verringern.
Tabelle 1
Restperoxid nach 2 Stunden bei 80°C (% bezogen auf Nullwert) |
NaOH-Menge |
1-Hydroxihexan-1,1-diphosphonsäure (nicht erfindungsgemäß) |
Dinatriumsalz der Verbindung I mit R = 1-Ethyl-pentyl (erfindungsgemäß) und X = Na |
|
80°C |
80°C |
10 g |
40,5 |
72,2 |
15 g |
12,4 |
44,0 |
1. Verfahren zur Vorbehandlung von textilen Materialien in wäßrigen Medien durch alkalisches
Abkochen und/oder Bleichen unter Verwendung von phosphorhaltigen Hilfsmitteln der
allgemeinen Formel I

in der X = H, Na, K oder NR¹R²R³R⁴ ist und R¹, R², R³ und R⁴H, C₁- bis C₄-Alkyl oder
-CH₂-CH₂-OH bedeuten, dadurch gekennzeichnet, daß R ein verzweigter C₇- bis C₉-Alkylrest
ist.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man die Verbindung I in Mengen
von 0,1 bis 2 Gew.%, bezogen auf das wäßrige Medium, einsetzt.
3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet, daß R 2,4,4-Trimethylpentyl
oder 1-Ethylpentyl ist.
4. Verwendung der Verbindung I gemäß den Ansprüchen 1 bis 3 zur Vorbehandlung von textilen
Materialien in wäßrigem Medium durch alkalisches Abkochen und/oder Bleichen.