(19)
(11) EP 0 572 923 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
08.12.1993  Patentblatt  1993/49

(21) Anmeldenummer: 93108577.3

(22) Anmeldetag:  27.05.1993
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)5D06M 13/192
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE FR LI SE

(30) Priorität: 02.06.1992 DE 4218091

(71) Anmelder: HOECHST AKTIENGESELLSCHAFT
D-65926 Frankfurt am Main (DE)

(72) Erfinder:
  • Lämmermann, D., Dr.
    W-6238 Hofheim (DE)
  • Mees, Bernhard, Dr.
    W-6239 Eppstein/Ts. (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur formaldehydfreien Pflegeleicht-Ausrüstung von cellulosehaltigem Textilgut


    (57) Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur formaldehydfreien Pflegeleicht-Ausrüstung von cellulosehaltigem Textilgut durch Behandeln mit einer wäßrigen Flotte enthaltend Polycarbonsäuren als Vernetzer und einen Vernetzungskatalysator, anschließender Trocknung und Wärmebehandlung, das dadurch gekennzeichnet ist, daß als Vernetzungs-Katalysatoren Borsäure und/oder deren Derivate verwendet werden.


    Beschreibung


    [0001] Seit vielen Jahren wird cellulosehaltiges Textilgut oder Mischungen von Cellulosefasern mit Synthesefasern in der Hochveredelung mittels sogenannter Vernetzer formstabil gemacht, damit das Textilgut auch nach dem Waschen und Trocknen seine ursprüngliche Form wieder erhält (Pflegeleicht-Ausrüstung). Als Vernetzer sind eine Reihe von chemischen Verbindungen bekannt, die mit den freien OH-Gruppen der Baumwolle eine mehr oder minder stabile chemische Bindung eingehen.

    [0002] Besonders finden methylolisierte Harnstoffverbindungen, wie die Glyoxylharnstoffderivate Verwendung. Im Regelfall werden zur vollständigen Vernetzung der Cellulosefasern bei diesen Verbindungen Katalysatoren eingesetzt, welche auch die Aufgabe haben, die Vernetzungszeit zu verkürzen. Als Katalysatoren haben sich vor allem Magnesium- bzw. Aluminiumverbindungen, insbesondere ihre wasserlöslichen Halogenide bewährt. Da unter den Reaktionsbedingungen der Vernetzung (140 - 180°C während 30 bis 300 Sekunden) eine Rückspaltung der im Molekül vorhandenen Methylolgruppierung zu Formaldehyd möglich ist, wurden in jüngster Zeit zunehmend sogenannte formaldehydfreie Vernetzer eingesetzt.

    [0003] Neuere Arbeiten zeigen, daß Polycarbonsäuren in der Lage sind, unter geeigneten Reaktionsbedingungen stabile Vernetzungen mit der Cellulose einzugehen.

    [0004] Die US-A-4 820 307 beschreibt die Verwendung von Polycarbonsäuren, wie Maleinsäure, Zitronensäure oder Butantetracarbonsäure unter Zusatz phosphorhaltiger Katalysatoren, wie Alkalimetallhypophosphite, -phosphite, -polyphosphate und -dihydrogenphosphate zum Vernetzen von Cellulose.

    [0005] Der Einsatz von phosphorhaltigen Katalysatoren bei der Vernetzung von cellulosehaltigem Textilgut mit Polycarbonsäuren ist nicht ohne Nachteile. Erstens können bei den hohen Temperaturen während der Vernetzung (Kondensation) Phosphorwasserstoffverbindungen freigesetzt werden, die unangenehm riechen und gesundheitsschädlich sind. Zum zweiten ist man in der Industrie bemüht - wegen der zunehmenden Überdüngung der Gewässer - Phosphorverbindungen so weit als möglich zu ersetzen.

    [0006] Aufgrund der bekannten Nachteile besteht weiterhin ein Interesse an geeigneten Katalysatoren, die bei der Vernetzung von cellulosehaltigem Textilgut eingesetzt werden können.

    [0007] Überraschenderweise hat sich gezeigt, daß borhaltige Verbindungen, insbesondere Borsäure und deren Salze als Katalysatoren eingesetzt werden können.

    [0008] Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Pflegeleicht-Ausrüstung von cellulosehaltigem Textilgut durch Behandeln des cellulosehaltigen Textilgutes mit einer wäßrigen Flotte, enthaltend Polycarbonsäuren als Vernetzer und einen Vernetzungskatalysator, anschließender Trocknung und Wärmebehandlung, dadurch gekennzeichnet, daß als Vernetzungskatalysatoren Borsäure und/oder deren Derivate verwendet werden.

    [0009] Unter cellulosehaltigem Textilgut werden beispielsweise Gewebe, Gewirke, Gestricke, Garne und Fasern in sämtlichen Verarbeitungsstadien verstanden. Sie können aus Cellulosefasern oder aus Mischungen der Cellulosefasern mit anderen Fasern, wie Polyesterfasern, Polyamidfasern, Polyacrylfasern, Polyolefinfasern oder Wolle bestehen, wobei die Mischungen einen Celluloseanteil von mehr als 30 %, bevorzugt 50 bis 90 %, besitzen.

    [0010] Als Vernetzungsmittel für das cellulosehaltige Textilgut eignen sich aliphatische, alicyclische und aromatische Carbonsäuren mit mindestens 3 Carborylgruppen, wie sie in US-A-4 820 307 genannt werden. Besonders geeignete Polycarbonsäuren sind Zitronensäure, Propantricarbonsäure, Cyclopentantetracarbonsäure, Cyclohexanhexacarbonsäure und insbesondere Butantetracarbonsäure.

    [0011] Geeignete Vernetzungskatalysatoren sind Borsäure und/oder deren Derivate, wie Salze der Borsäure (Borate) und Borsäureester.
    Geeignete Borsäuren sind Metaborsäure (HBO₂), Orthoborsäure (H₃BO₃) und Polyborsäuren der allg. Formel Hn-2BnO2n-1, wobei n eine natürliche Zahl ist. Als Salze der Metaborsäure und Orthoborsäure werden bevorzugt Alkali- und Erdalkalimetallsalze eingesetzt.
    Da sich die Polyborsäuren der allg. Formel Hn-2BnO2n-1 im freien Zustand nicht darstellen lassen, werden bevorzugt die entsprechenden Salze, wie Alkali- und Erdalkalisalze, eingesetzt. Beispielhaft seien genannt: Panderit, Colemanit, Ulexit, Borocalcit, Boracit und Borax.
    Die erfindungsgemäß verwendeten Borsäureester besitzen die allg. Formel B(OR)₃, worin R bevorzugt einen Alkylrest, insbesondere C₁-C₆-Alkyl, oder Arylrest, bevorzugt Phenyl, bedeutet.

    [0012] Um das cellulosehaltige Textilgut pflegeleicht auszurüsten, wird es mit einer wäßrigen Flotte mit einem pH-Wert im Bereich von 2 bis 5, bevorzugt 3 bis 4, behandelt. Die Einstellung des pH-Wertes erfolgt gegebenenfalls durch Zugabe geeigneter Basen, wie Ammoniak, Alkalimetallhydroxid oder deren wäßrigen Lösung.

    [0013] Die wäßrige Flotte enthält die vorstehend genannten Polycarbonsäuren als Einzelstoffe oder als Mischungen in einer Menge von 20 g bis 150 g/l Flotte, sowie die Vernetzungskatalysatoren in einer Menge von 0,5 bis 100 Gew.-%, bezogen auf die Polycarbonsäure.
    Desweiteren kann die wäßrige Flotte übliche Hilfsmittel, wie Hydrophobier-, Weichmachungs- und Appreturmittel enthalten. Dadurch erhält das ausgerüstete Textilgut nicht nur zusätzliche spezifische Eigenschaften, wie Wasserabweisung, Ölabweisung und einen angenehmen Griff, sondern oftmals eine zusätzliche Verbesserung des Knitterverhaltens.

    [0014] Das cellulosehaltige Textilgut wird mit der wäßrigen Flotte behandelt. Die Behandlung erfolgt üblicherweise durch Imprägnieren, wobei die wäßrige Flotte durch Foulardieren auf das cellulosehaltige Textilgut aufgebracht wird und anschließend die überschüssige Flotte abgequetscht wird. Üblicherweise wird auf 50 % der Flottenaufnahme, bevorzugt auf 70 bis 80 % Flottenaufnahme abgequetscht. Zum Zwecke des Imprägnierens können die Komponenten der wäßrigen Flotte gemeinsam in Wasser gelöst werden und auf das cellulosehaltige Textilgut aufgebracht werden, oder jede Komponente wird als getrennte Lösung aufgebracht.

    [0015] Neben dem Imprägnieren kann die Behandlung durch Sprühen, Pflatschen oder Schäumen des cellulosehaltigen Textilgutes erfolgen. Diese Arbeitsvorgänge sind dem Fachmann auf dem Gebiet der Pflegeleicht-Ausrüstung von Textilien bestens bekannt und brauchen nicht näher erläutert zu werden.

    [0016] Nach dem Behandeln des cellulosehaltigen Textilgutes, z.B. durch Imprägnieren, erfolgt eine Trocknung bei Temperaturen bis ca. 130°C, bevorzugt 100 bis 130°C, die üblicherweise 0,5 bis 5 Minuten andauert.

    [0017] Anschließend wird bei Temperaturen von ca. 130 bis 190°C, vorzugsweise 160 bis 180°C, eine Wärmebehandlung durchgeführt, die üblicherweise etwa 0,3 bis 10 Minuten, vorzugsweise 0,6 bis 5 Minuten, andauert.

    [0018] Die Trocknung und Wärmebehandlung werden üblicherweise in einem Spannrahmen oder Umlufttrockenschrank durchgeführt.
    Die Trocknung und Wärmebehandlung können auch in einer Stufe durchgeführt werden, z.B. durch eine sogenannte Schock-Trocknung-Kondensation (STK-Verfahren) bei einer Temperatur im Bereich von 140 bis 200°C über einen Zeitraum von 0,5 bis 8 Minuten.

    Anwendungsbeispiele:



    [0019] Hemdenpopeline aus 100% Baumwolle mit einem Flächengewicht von 110 g/m² wurde mit den in Tabelle 1 beschriebenen wäßrigen Flotten mittels Foulard imprägniert, auf 70 % Flottenaufnahme abgequetscht und nachfolgend einer Trocknung und Wärmebehandlung in einem Laborspannrahmen (Fa. Mathis, Zürich, Schweiz) unterzogen.



    [0020] Die technologischen Eigenschaften der so ausgerüsteten Gewebe wurden nach Lagerung von mindestens 24 Stunden bei Normklima (20°C, 65 % relative Luftfeuchtigkeit) nach folgenden Methoden bestimmt.

    [0021] DIN 53 890: Bestimmung des Knittererholungswinkels von textilen Flächengebilden (Meßverfahren an der lufttrockenen Probe mit waagerechter Faltenkante und hochstehendem freien Schenkel).
    DIN 53 858: Bestimmung der Höchstzugkraft von textilen Flächengebilden (außer Vliesstoffen); Grab-Methode.

    [0022] Die Ergebnisse dieser Bestimmungen sind in Tabelle 2 zusammengefaßt.
    Tabelle 2
    Technologische Effekte
    Beispiel Knittererholungswinkel (Grad) Anfang Knittererholungswinkel (Grad) 3 x 95°C-Wäsche Reißfestigkeit (N)
    1 151 152 268
    2 173 153 265
    3 167 141 277
    4 120 126 340
    5 220 149 226
    6 229 258 226
    7 212 156 242
    8 218 163 246
    9 218 172 213
    10 101 120 343


    [0023] Wie aus Tabelle 2 zu entnehmen ist, erzielt man durch Borsäurekatalyse vergleichbare Knittererholungswerte wie mittels Katalyse von phosphorhaltigen, anorganischen Salzen, aber bei gleichzeitig höheren Festigkeiten.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur formaldehydfreien Pflegeleicht-Ausrüstung von cellulosehaltigem Textilgut durch Behandeln mit einer wäßrigen Flotte enthaltend Polycarbonsäuren als Vernetzer und einen Vernetzungskatalysator, anschließender Trocknung und Wärmebehandlung, dadurch gekennzeichnet, daß als Vernetzungskatalysatoren Borsäure und/oder deren Derivate verwendet werden.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Polycarbonsäuren Zitronensäure, Butantetracarbonsäure, Cyclopentantetracarbonsäure und/oder Cyclohexanhexacarbonsäure eingesetzt werden.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß als Vernetzungskatalysatoren Borsäure, bevorzugt Orthoborsäure, Borate, bevorzugt Alkalimetall- und Erdalkalimetallsalze der Polyborsäuren und/oder Borsäureester der allg. Formel B(OR)₃, worin R ein Alkyl- oder Arylrest ist, eingesetzt werden.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die wäßrige Flotte einen pH-Wert von 2,0 bis 5,0, vorzugsweise von 3,0 bis 4,0 besitzt.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Konzentration der eingesetzten Borsäure oder deren Derivate zwischen 0,5 und 100 Gew.-%, bezogen auf die Polycarbonsäure, liegt.
     
    6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Behandlung des cellulosehaltigen Textilgutes durch Imprägnieren, Sprühen, Pflatschen oder Schäumen erfolgt.
     
    7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Trocknung bei einer Temperatur bis 130°C, vorzugsweise 100 und 130°C erfolgt.
     
    8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Wärmebehandlung bei einer Temperatur zwischen 140 und 200°C, vorzugsweise zwischen 160 und 180°C erfolgt.
     





    Recherchenbericht