[0001] Seit vielen Jahren wird cellulosehaltiges Textilgut oder Mischungen von Cellulosefasern
mit Synthesefasern in der Hochveredelung mittels sogenannter Vernetzer formstabil
gemacht, damit das Textilgut auch nach dem Waschen und Trocknen seine ursprüngliche
Form wieder erhält (Pflegeleicht-Ausrüstung). Als Vernetzer sind eine Reihe von chemischen
Verbindungen bekannt, die mit den freien OH-Gruppen der Baumwolle eine mehr oder minder
stabile chemische Bindung eingehen.
[0002] Besonders finden methylolisierte Harnstoffverbindungen, wie die Glyoxylharnstoffderivate
Verwendung. Im Regelfall werden zur vollständigen Vernetzung der Cellulosefasern bei
diesen Verbindungen Katalysatoren eingesetzt, welche auch die Aufgabe haben, die Vernetzungszeit
zu verkürzen. Als Katalysatoren haben sich vor allem Magnesium- bzw. Aluminiumverbindungen,
insbesondere ihre wasserlöslichen Halogenide bewährt. Da unter den Reaktionsbedingungen
der Vernetzung (140 - 180°C während 30 bis 300 Sekunden) eine Rückspaltung der im
Molekül vorhandenen Methylolgruppierung zu Formaldehyd möglich ist, wurden in jüngster
Zeit zunehmend sogenannte formaldehydfreie Vernetzer eingesetzt.
[0003] Neuere Arbeiten zeigen, daß Polycarbonsäuren in der Lage sind, unter geeigneten Reaktionsbedingungen
stabile Vernetzungen mit der Cellulose einzugehen.
[0004] Die US-A-4 820 307 beschreibt die Verwendung von Polycarbonsäuren, wie Maleinsäure,
Zitronensäure oder Butantetracarbonsäure unter Zusatz phosphorhaltiger Katalysatoren,
wie Alkalimetallhypophosphite, -phosphite, -polyphosphate und -dihydrogenphosphate
zum Vernetzen von Cellulose.
[0005] Der Einsatz von phosphorhaltigen Katalysatoren bei der Vernetzung von cellulosehaltigem
Textilgut mit Polycarbonsäuren ist nicht ohne Nachteile. Erstens können bei den hohen
Temperaturen während der Vernetzung (Kondensation) Phosphorwasserstoffverbindungen
freigesetzt werden, die unangenehm riechen und gesundheitsschädlich sind. Zum zweiten
ist man in der Industrie bemüht - wegen der zunehmenden Überdüngung der Gewässer -
Phosphorverbindungen so weit als möglich zu ersetzen.
[0006] Aufgrund der bekannten Nachteile besteht weiterhin ein Interesse an geeigneten Katalysatoren,
die bei der Vernetzung von cellulosehaltigem Textilgut eingesetzt werden können.
[0007] Überraschenderweise hat sich gezeigt, daß borhaltige Verbindungen, insbesondere Borsäure
und deren Salze als Katalysatoren eingesetzt werden können.
[0008] Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Pflegeleicht-Ausrüstung von cellulosehaltigem
Textilgut durch Behandeln des cellulosehaltigen Textilgutes mit einer wäßrigen Flotte,
enthaltend Polycarbonsäuren als Vernetzer und einen Vernetzungskatalysator, anschließender
Trocknung und Wärmebehandlung, dadurch gekennzeichnet, daß als Vernetzungskatalysatoren
Borsäure und/oder deren Derivate verwendet werden.
[0009] Unter cellulosehaltigem Textilgut werden beispielsweise Gewebe, Gewirke, Gestricke,
Garne und Fasern in sämtlichen Verarbeitungsstadien verstanden. Sie können aus Cellulosefasern
oder aus Mischungen der Cellulosefasern mit anderen Fasern, wie Polyesterfasern, Polyamidfasern,
Polyacrylfasern, Polyolefinfasern oder Wolle bestehen, wobei die Mischungen einen
Celluloseanteil von mehr als 30 %, bevorzugt 50 bis 90 %, besitzen.
[0010] Als Vernetzungsmittel für das cellulosehaltige Textilgut eignen sich aliphatische,
alicyclische und aromatische Carbonsäuren mit mindestens 3 Carborylgruppen, wie sie
in US-A-4 820 307 genannt werden. Besonders geeignete Polycarbonsäuren sind Zitronensäure,
Propantricarbonsäure, Cyclopentantetracarbonsäure, Cyclohexanhexacarbonsäure und insbesondere
Butantetracarbonsäure.
[0011] Geeignete Vernetzungskatalysatoren sind Borsäure und/oder deren Derivate, wie Salze
der Borsäure (Borate) und Borsäureester.
Geeignete Borsäuren sind Metaborsäure (HBO₂), Orthoborsäure (H₃BO₃) und Polyborsäuren
der allg. Formel H
n-2B
nO
2n-1, wobei n eine natürliche Zahl ist. Als Salze der Metaborsäure und Orthoborsäure werden
bevorzugt Alkali- und Erdalkalimetallsalze eingesetzt.
Da sich die Polyborsäuren der allg. Formel H
n-2B
nO
2n-1 im freien Zustand nicht darstellen lassen, werden bevorzugt die entsprechenden Salze,
wie Alkali- und Erdalkalisalze, eingesetzt. Beispielhaft seien genannt: Panderit,
Colemanit, Ulexit, Borocalcit, Boracit und Borax.
Die erfindungsgemäß verwendeten Borsäureester besitzen die allg. Formel B(OR)₃, worin
R bevorzugt einen Alkylrest, insbesondere C₁-C₆-Alkyl, oder Arylrest, bevorzugt Phenyl,
bedeutet.
[0012] Um das cellulosehaltige Textilgut pflegeleicht auszurüsten, wird es mit einer wäßrigen
Flotte mit einem pH-Wert im Bereich von 2 bis 5, bevorzugt 3 bis 4, behandelt. Die
Einstellung des pH-Wertes erfolgt gegebenenfalls durch Zugabe geeigneter Basen, wie
Ammoniak, Alkalimetallhydroxid oder deren wäßrigen Lösung.
[0013] Die wäßrige Flotte enthält die vorstehend genannten Polycarbonsäuren als Einzelstoffe
oder als Mischungen in einer Menge von 20 g bis 150 g/l Flotte, sowie die Vernetzungskatalysatoren
in einer Menge von 0,5 bis 100 Gew.-%, bezogen auf die Polycarbonsäure.
Desweiteren kann die wäßrige Flotte übliche Hilfsmittel, wie Hydrophobier-, Weichmachungs-
und Appreturmittel enthalten. Dadurch erhält das ausgerüstete Textilgut nicht nur
zusätzliche spezifische Eigenschaften, wie Wasserabweisung, Ölabweisung und einen
angenehmen Griff, sondern oftmals eine zusätzliche Verbesserung des Knitterverhaltens.
[0014] Das cellulosehaltige Textilgut wird mit der wäßrigen Flotte behandelt. Die Behandlung
erfolgt üblicherweise durch Imprägnieren, wobei die wäßrige Flotte durch Foulardieren
auf das cellulosehaltige Textilgut aufgebracht wird und anschließend die überschüssige
Flotte abgequetscht wird. Üblicherweise wird auf 50 % der Flottenaufnahme, bevorzugt
auf 70 bis 80 % Flottenaufnahme abgequetscht. Zum Zwecke des Imprägnierens können
die Komponenten der wäßrigen Flotte gemeinsam in Wasser gelöst werden und auf das
cellulosehaltige Textilgut aufgebracht werden, oder jede Komponente wird als getrennte
Lösung aufgebracht.
[0015] Neben dem Imprägnieren kann die Behandlung durch Sprühen, Pflatschen oder Schäumen
des cellulosehaltigen Textilgutes erfolgen. Diese Arbeitsvorgänge sind dem Fachmann
auf dem Gebiet der Pflegeleicht-Ausrüstung von Textilien bestens bekannt und brauchen
nicht näher erläutert zu werden.
[0016] Nach dem Behandeln des cellulosehaltigen Textilgutes, z.B. durch Imprägnieren, erfolgt
eine Trocknung bei Temperaturen bis ca. 130°C, bevorzugt 100 bis 130°C, die üblicherweise
0,5 bis 5 Minuten andauert.
[0017] Anschließend wird bei Temperaturen von ca. 130 bis 190°C, vorzugsweise 160 bis 180°C,
eine Wärmebehandlung durchgeführt, die üblicherweise etwa 0,3 bis 10 Minuten, vorzugsweise
0,6 bis 5 Minuten, andauert.
[0018] Die Trocknung und Wärmebehandlung werden üblicherweise in einem Spannrahmen oder
Umlufttrockenschrank durchgeführt.
Die Trocknung und Wärmebehandlung können auch in einer Stufe durchgeführt werden,
z.B. durch eine sogenannte Schock-Trocknung-Kondensation (STK-Verfahren) bei einer
Temperatur im Bereich von 140 bis 200°C über einen Zeitraum von 0,5 bis 8 Minuten.
Anwendungsbeispiele:
[0019] Hemdenpopeline aus 100% Baumwolle mit einem Flächengewicht von 110 g/m² wurde mit
den in Tabelle 1 beschriebenen wäßrigen Flotten mittels Foulard imprägniert, auf 70
% Flottenaufnahme abgequetscht und nachfolgend einer Trocknung und Wärmebehandlung
in einem Laborspannrahmen (Fa. Mathis, Zürich, Schweiz) unterzogen.

[0020] Die technologischen Eigenschaften der so ausgerüsteten Gewebe wurden nach Lagerung
von mindestens 24 Stunden bei Normklima (20°C, 65 % relative Luftfeuchtigkeit) nach
folgenden Methoden bestimmt.
[0021] DIN 53 890: Bestimmung des Knittererholungswinkels von textilen Flächengebilden (Meßverfahren
an der lufttrockenen Probe mit waagerechter Faltenkante und hochstehendem freien Schenkel).
DIN 53 858: Bestimmung der Höchstzugkraft von textilen Flächengebilden (außer Vliesstoffen);
Grab-Methode.
[0022] Die Ergebnisse dieser Bestimmungen sind in Tabelle 2 zusammengefaßt.
Tabelle 2
| Technologische Effekte |
| Beispiel |
Knittererholungswinkel (Grad) Anfang |
Knittererholungswinkel (Grad) 3 x 95°C-Wäsche |
Reißfestigkeit (N) |
| 1 |
151 |
152 |
268 |
| 2 |
173 |
153 |
265 |
| 3 |
167 |
141 |
277 |
| 4 |
120 |
126 |
340 |
| 5 |
220 |
149 |
226 |
| 6 |
229 |
258 |
226 |
| 7 |
212 |
156 |
242 |
| 8 |
218 |
163 |
246 |
| 9 |
218 |
172 |
213 |
| 10 |
101 |
120 |
343 |
[0023] Wie aus Tabelle 2 zu entnehmen ist, erzielt man durch Borsäurekatalyse vergleichbare
Knittererholungswerte wie mittels Katalyse von phosphorhaltigen, anorganischen Salzen,
aber bei gleichzeitig höheren Festigkeiten.
1. Verfahren zur formaldehydfreien Pflegeleicht-Ausrüstung von cellulosehaltigem Textilgut
durch Behandeln mit einer wäßrigen Flotte enthaltend Polycarbonsäuren als Vernetzer
und einen Vernetzungskatalysator, anschließender Trocknung und Wärmebehandlung, dadurch
gekennzeichnet, daß als Vernetzungskatalysatoren Borsäure und/oder deren Derivate
verwendet werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Polycarbonsäuren Zitronensäure,
Butantetracarbonsäure, Cyclopentantetracarbonsäure und/oder Cyclohexanhexacarbonsäure
eingesetzt werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß als Vernetzungskatalysatoren
Borsäure, bevorzugt Orthoborsäure, Borate, bevorzugt Alkalimetall- und Erdalkalimetallsalze
der Polyborsäuren und/oder Borsäureester der allg. Formel B(OR)₃, worin R ein Alkyl-
oder Arylrest ist, eingesetzt werden.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die wäßrige
Flotte einen pH-Wert von 2,0 bis 5,0, vorzugsweise von 3,0 bis 4,0 besitzt.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Konzentration
der eingesetzten Borsäure oder deren Derivate zwischen 0,5 und 100 Gew.-%, bezogen
auf die Polycarbonsäure, liegt.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Behandlung
des cellulosehaltigen Textilgutes durch Imprägnieren, Sprühen, Pflatschen oder Schäumen
erfolgt.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Trocknung
bei einer Temperatur bis 130°C, vorzugsweise 100 und 130°C erfolgt.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Wärmebehandlung
bei einer Temperatur zwischen 140 und 200°C, vorzugsweise zwischen 160 und 180°C erfolgt.