[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Entwachsen von spritzgegossenen
Metallteilen aus einem Metall/Binder-Gemisch (Metal Injection Moulding).
[0002] Die Anwendung des Metal Injection Moulding (MIM) erlaubt die Produktion kompliziert
geformter, kleinster Teile, die mit der klassischen Preß- und Sintertechnik ohne eine
Nachbearbeitung nicht hergestellt werden können.
[0003] Häufig verwendete Legierungen für das MIM sind Fe, Fe-Ni, Fe-P und rostfreier Stahl.
[0004] Die zu diesem Verfahren grundlegenden Arbeiten sind in den US-Patenten 4 197 118
und 4 113 480 offenbart.
[0005] Dabei werden feinteilige Metallpulver - oft sind das Carbonyleisenpulver (CEP) und
Mischungen mit anderen Legierungspulvern - mit einem Binder gemischt und mit Hilfe
der Spritzgußtechnik in die Form des Grünlings gebracht. Durch anschließende Sinterung
werden Enddichten von etwa 94 % erreicht.
[0006] Der Binder soll dem Gemisch die zum Spritzen notwendige Viskosität verleihen und
den Grünling zusammenhalten. Das anschließende Entfernen des Binders hat sich als
der zeit- und qualitätsbestimmende Faktor des Verfahrens herausgestellt.
[0007] Als Binder werden of vielkomponente Systeme aus niedrigmolekularen, thermoplastischen
Kunststoffen, Wachsen, Harzen und speziellen Additiven, aber auch wasserlöslichen
Bindern auf Cellulosebasis verwendet.
[0008] Welches Bindersystem man verwendet, hängt in erster Linie von der Pulverteilchengröße
und -morphologie ab. Der Gewichtsanteil des Binders am fertigen Gemisch liegt etwa
zwischen 7 % und 20 % (US 3 989 518, GB 808 583).
[0009] In der Praxis haben sich immer mehr die thermoplastischen Binder durchgesetzt. Besonders
ist hier das Polyethylen und seine niedrigmolekularen Wachse zu nennen.
[0010] Das Entfernen des Binders kann auf mehrere Weisen geschehen. So beschreiben die Patente
GB 779 242, US 3 989 518 und US 4 431 449 das thermische Zersetzen des unterschiedlichen
Binders.
[0011] Man findet aber auch die Extraktion durch Lösen in verschiedenen Lösungsmitteln (US
4 197 118, US 4 404 166) und unter Druck (DE 31 20 501).
[0012] Aber auch hier hat sich in der Praxis die billigere, und technologisch schneller
zu beherrschende Methode der thermischen Zersetzung durchgesetzt.
[0013] In dem Dokument DE-A-1 483 604 wird ein verfahren zum Herstellen von Formkörpern
aus Pulvern von Metallen oder Metallegierungen, unter anderem aus reinem Eisenpulver,
beschrieben, bei dem die eingesetzten Pulver mit einem leicht reduzierbaren Metalloxid,
unter anderem Eisenoxid in Form von Fe₂O₃, behandelt werden, um Einfluß auf den Kohlenstoffgehalt
des gesinterten Formteils zu nehmen. Einen Einfluß der Behandlung auf die notwendige
Zeit der Entbinderung oder auf die erreichte Sinterdichte der Formteile wurde nicht
gefunden.
[0014] Die für den Entwachsungsprozeß notwendige Zeit kann sehr unterschiedlich sein und
bis zu mehrere Tage betragen.
[0015] Solch lange Zeiten waren notwendig, um durch ein zu schnelles Hochheizen des Grünlings
einen zu starken Druckanstieg im Innern durch die Verflüssigung und Verdampfung des
thermoplastischen Binders zu verhindern.-
[0016] Zu schnelles Entwachsen hatte somit oft eine starke Verformung des Grünlings, Riß
- oder Blasenbildung zur Folge.
[0017] Um das MIM-Verfahren weiter zu verbessern, werden im Moment große Anstrengungen unternommen,
den Entwachsungszyklus zu verkürzen.
[0018] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht demgemäß darin, durch Veränderungen
des Metall/Binder-Gemisches den notwendigen Entwachsungszyklus zu verkürzen und die
Dichte der so hergestellten und gesinterten Teile zu verbessern.
[0019] Diese Aufgabe wird durch die Merkmale der Patentansprüche 1 bis 6 gelöst.
[0020] Die vorliegende Erfindung betrifft vorwiegend den metallischen Teil des Metall/Binder-Gemisches.
Als praktikabler Binder hat sich dabei ein vierkomponentiges Kunststoffgemisch (ein
langkettiges Polyethylen und 3 Polyethylenwachse mit verschiedenen Schmelzpunkten)
erwiesen.
[0021] Doch können auch andere Bindemittelsysteme benutzt werden, z.B. Polystyrol und Polypropylen.
[0022] Es war überraschend, daß der Zusatz von Eisenoxid das Entwachsen erleichtert. Für
die Ausübung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist es vorteilhaft, sehr reines Eisen
als Metall des Metall/Binder-Gemischs und Eisenoxide zu verwenden.
[0023] Es handelt sich bei dem Eisenoxid um ein über den Carbonylprozeß hergestelltes Eisenoxid.
[0024] Hierbei wird Eisenpentacarbonyl (Fe(CO)₅) unter Sauerstoffüberschuß verbrannt. Man
erhält so ein sehr feinteiliges Eisenoxid (5 bis 80 nm) mit hohen spezifischen Oberflächen
von 5 bis 120 m²/g.
[0025] Es hat sich als günstig erwiesen, das Oxid sehr intensiv mit dem Metall zu mischen,
so daß es zu einer innigen Bindung zwischen Metall und Oxid kommt. Das wird bevorzugt
durch Mahlen in einer rotierenden oder vibrierenden Mahlkörpermühle erreicht.
[0026] Das Oxid wird mit 2 bis 30 Gew.-% dem Metall zugeführt, vorzugsweise mit 4 bis 10
Gew.-%.
[0027] Die Oberfläche des Oxids beträgt 10 bis 120 m²/g, vorzugsweise 70 bis 110 m²/g.
[0028] Beim Entfernen des thermoplastischen Binders aus den so hergestellten Metall/Oxid/Binder-Gemischen
war eine deutliche Abnahme der notwendigen Zeit festzustellen.
[0029] So wiesen Teile aus Metall/Binder-Gemischen ohne Oxid nach einer Temperaturbehandlung
von 36 Stunden Blasen und Risse auf.
[0030] Bei Teilen hingegen, die aus dem erfindungsgemäßen Metall/Oxid/Binder-Gemisch unter
Aufmahlen von 4 bis 10 Gew.-% Carbonyleisenoxid hergestellt wurden, waren bereits
nach Temperaturbehandlungen von etwa 14 Stunden keine Risse oder Blasen zu erkennen.
[0031] Außerdem nimmt die Effektivität der Temperaturbehandlung mit zunehmendem Oxidgehalt
bis zu einer gewissen Grenze zu.
[0032] Das als Metallkomponente benutzte Carbonyleisenpulver OM der BASF besitzt einen Kohlenstoffgehalt
von etwa 0,9 %.
[0033] Nach dem Entfernen des Wachses aus einem ohne Oxid hergestellten Teil, war selbst
nach 36 Stunden noch ein Kohlenstoffgehalt von 1,2 % festzustellen, was auf das Vorhandensein
eines Restes an Binder zurückgeführt wird.
[0034] Bei den Teilen, die etwa 5 Gew.-% Carbonyleisenoxid enthielten, war der Kohlenstoffgehalt
bereits nach 14 Stunden auf 1 % gefallen.
[0035] Einen ähnlichen Einfluß zeigte die spezifische Oberfläche des Oxids auf das Entfernen
des Binders.
[0036] Der Effekt der spezifischen Oberfläche wurde bei der Dichte der gesinterten Teile
besonders deutlich. Mit zunehmender spezifischer Oberfläche des Oxids steigt die Dichte
der gesinterten Teile.
[0037] Als herausragend hat sich Carbonyleisenoxid mit einer Oberfläche von 110 m²/g erwiesen,
mit dem bei den kürzesten notwendigen Zeiten zum Entfernen des Binders die höchste
Dichte des gesinterten Teils bestimmt wurde.
Beispiele
[0038] Die für den Spritzprozeß notwendigen Gemische wurden wie folgt hergestellt:
Metall/Binder-Gemisch
[0039] Handelsübliches Carbonyleisenpulver OM der BASF wurde bei laufendem Getriebe in einem
4-Liter-Sigma-Mischer vorgelegt. Der Mischer war geheizt und befand sich auf einer
Temperatur von 170°C. Das aus den vier o.g. Kunststoffen vorgemischte Bindersystem
wurde dann langsam dem Carbonyleisenpulver zudosiert.
[0040] Ab dem Zeitpunkt, wo die Masse eine pastöse Konsistenz aufwies - dieser Zeitpunkt
war sehr genau reproduzierbar - blieb das Gemisch noch 20 Minuten im laufenden Mischer
und wurde dann im warmen Zustand aus dem Mischer entfernt.
[0041] Die aus der erkaltenden Masse entstehenden Brocken konnte dann in einer Granuliermaschine
zu Granulat verarbeitet werden. Dieses Granulat wurde mit einer konventionellen Spritzgußmaschine
zu kleinen runden Teilen mit einer Wandstärke von 2 mm verspritzt.
Metall/Oxid/Binder-Gemisch
[0042] Der Vorgang vom Mischen im Sigma-Mischer bis zum Spritzen war identisch zu dem beim
Metall/Binder-Gemisch. Vor dem Mischvorgang wurde das Metallpulver zusammen mit dem
Carbonyleisenoxid in einer 200-Liter-Mühle gemahlen. Die Mühle war mit 60 kg des Produkts
und 200 kg Mahlkörpern (Cylpebs) gefüllt und arbeitete mit 15 U/min.
Beispiel 1
[0043] Die aus dem Metall/Binder-Gemisch hergestellten Teile wurden zum Entfernen des Binders
bei einem linearen Temperaturverlauf von Raumtemperatur auf ca. 480°C in Stickstoff
erhitzt und für 1 Stunde bei der Endtemperatur gehalten. Der Ofen wurde ständig mit
120 l/h Stickstoff gespült.
[0044] Der Gehalt des Binders betrug 8 Gew.-%.
a) Aufheizrate ca. 32°C/h
Massenverlust ca. 6 %
C-Gehalt ca. 1,2 %
b) Aufheizrate ca. 13°C/h
Massenverlust ca. 8 %
C-Gehalt ca. 1,2 %.
[0045] Alle Teile waren gerissen und zeigten Blasen.
Einige Teile waren außerdem stark verformt.
[0046] Der Sintervorgang wurde für alle Beispiele gleichgehalten. In einer Wasserstoffatmosphäre
wurde auf 900°C geheizt und die Temperatur für 15 min gehalten. Anschließend wurde
auf 1200°C geheizt und 4 Stunden gehalten. Der Ofen kühlte dann auf Raumtemperatur
ab.
[0047] Die nach Beispiel 1 behandelten Teile erreichten eine maximale Dichte von ca. 7,2
g/cm³.
Beispiel 2
[0048] 5 Gew.-% des Carbonyleisenoxids mit einer Oberfläche von 110 m²/g wurden wie beschrieben
in der Mühle zusammen mit den Carbonyleisenpulver gemahlen und anschließend wie oben
beschrieben verarbeitet. Die Teile wurden ebenfalls unter Stickstoff einer Temperaturbehandlung
unterworfen.
a) Aufheizrate ca. 32°C/h
Massenverluste ca. 7 %
C-Gehalt ca. 1 %.
[0049] An keinem Teil wurden Blasen oder Risse beobachtet. Die Teile waren nach dem Entwachsen
besser zu handhaben.
[0050] Die maximal erreichte Dichte der gesinterten Teile betrug etwa 7,6 g/cm³.