[0001] Handelsübliche Bremsflüssigkeiten enthalten neben Glykolethern, wie Triethylenglykolmonomethylether,
Tetra- und Pentaethylenglykolmonomethylether, Tri-, Tetra- und Pentaethylenglykolmonobutylether
große Mengen Borate der genannten Glykolether, die in begrenztem Umfang Feuchtigkeit
binden, so daß die Funktionsfähigkeit des Bremssystems über längere Zeit hinweg trotz
eindringender Feuchtigkeit erhalten bleibt.
[0002] Dennoch ist es erforderlich, die Bremsflüssigkeit auszutauschen, sobald aufgrund
der eingedrungenen Feuchtigkeit der Naßsiedepunkt der Bremsflüssigkeit einen nicht
mehr akzeptablen Wert unterschritten hat. Durch diesen Austausch und durch das Trockenlegen
zu verschrottender Altfahrzeuge fallen in der Bundesrepublik Deutschland derzeit allein
pro Jahr etwa 10.000 Tonnen gebrauchter Bremsflüssigkeit an.
[0003] Verfahren zur Wiederaufarbeitung gebrauchter Bremsflüssigkeiten sind bekannt. So
beschreibt die DE-A-39 10 932 die Aufbereitung von gebrauchten Hydraulik- und Bremsflüssigkeiten
auf der Basis von Glykolen, Glykolethern und deren Borsäureestern, die auf mehreren
aufeinander folgenden Einzelstufen beruht und zu einer einsatzfähigen Hydraulik- oder
Bremsflüssigkeit führt. In diesem Verfahren werden hochsiedende Borsäureester durch
Erhitzen mit Alkali- und/oder Erdalkalioxiden, -hydroxiden oder -carbonaten hydrolisiert,
und die nach Vakuumdestillation erhaltene Borsäure oder Borsäureanhydrid unter destillativer
Entfernung des Reaktionswassers zu Gemischen aus Glykolen, Glykolethern und deren
Borsäureestern unterschiedlicher Zusammensetzung umgesetzt. Hier findet also eine
Rückveresterung der destillativ gewonnenen Glykolether und Borsäure statt.
[0004] Siedepunkte der in den Bremsflüssigkeiten üblicherweise vorhandenen Glykoletherborate,
wie Tris(triethylenglykolmonomethylether)borat, Tris(tetraethylenglykolmonomethylether)borat,
Tris(triethylenglykolmonobutylether)borat und Tris(tetraethylenglykolmonobutylether)borat
sind nicht bekannt. In der US-A-3 080 412 werden die Siedepunkte von Tris(2-n-butoxyethyl)borat
mit 161 bis 163 °C bei 0,7 Torr, von Tris[2-(2-ethoxyethoxy)ethyl]borat mit 222 bis
223 °C bei 5 Torr und Tris[1-(1-methoxy-2-propoxy)-2-propyl]borat mit 183 bis 184
°C bei 2 Torr angegeben. Aus diesen Angaben und aus dem relativ hohen Molekulargewicht
dieser Borate kann ihr Siedepunkt auf 450 bis 500 °C bei Atmosphärendruck geschätzt
werden. Da die thermische Zersetzung der Borate aber bei etwa 220 bis 230 °C beginnt,
kann die destillative Trennung der Glykoletherborate nur im Vakuum erfolgen.
[0005] Die DE-A-40 23 579 stellt in diesem Zusammenhang fest, daß eine destillative Rückgewinnung
der Rohstoffe bei Bremsflüssigkeiten, wie es beim Motoröl schon lange geschieht, am
hohen Siedepunkt der Glykoletherborate scheitert und technisch nicht durchführbar
sei. Diese Dokument schlägt deshalb ein Verfahren zur Aufbereitung gebrauchter Hydraulikflüssigkeiten
auf Glykoletherbasis vor, in dem die Glykoletherborate mit kurzkettigen aliphatischen
Alkoholen zu den entsprechenden Trialkoxyboraten umgesetzt und diese destillativ aus
den Glykolethergemischen entfernt werden. Das abdestillierte Azeotrop des Trimethlyborats
kann dann etwa durch Zusatz von Borsäure oder Borsäureanhydrid zu dem reinen Ester
umgesetzt werden, oder aber es wird nach Hydrolyse mit Wasser und Rückgewinnung des
Methanols die reine Borsäure gewonnen. Wegen der als nicht möglich angenommenen destillativen
Abtrennung der Glykoletherborate wird hier ein aufwendiger verfahrensmäßiger Umweg
beschritten.
[0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein verfahren zur Aufbereitung gebrauchter
Brems- oder Hydraulikflüssigkeiten auf der Basis von Glykolethern mit einem Gehalt
an Glykoletherboraten bereitzustellen, das unter wirtschaftlich vorteilhaften Bedingungen
eine Reinigung der Glykoletherprodukte ermöglicht, so daß diese ohne weitere Behandlung
zur Herstellung von frischen Bremsflüssigkeiten eingesetzt werden können.
[0007] Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren zur Aufbereitung gebrauchter Brems-
und Hydraulikflüssigkeiten auf der Basis von Glykolethern und Glykoletherboraten durch
Destillation, welches dadurch gekennzeichnet ist, daß man im Vakuum bei Bedarf zunächst
entwässert, eine Abtrennung der Leichtsieder, bestehend aus Glykolen und Glykolethern,
und einer Mittelfraktion, bestehend aus längerkettigen Glykolethern, von einem Glykoletherborate
enthaltenen Rückstand herbeiführt.
[0008] Vorzugsweise erfolgt die Kurzwegdestillation der Glykoletherborate bei einer Temperatur
von bis zu 270 °C und einem Druck von bis zu 0,01 mbar. Es ist weiterhin bevorzugt,
Leichtsieder und Mittelfraktion durch eine Dünnschichtdestillation abzutrennen.
[0009] Bekannte leistungsfähige Destillationsverfahren wie die Dünnschichtdestillation,
bei der der Kondensator außerhalb des Verdampfungsraums angeordnet ist, erwiesen sich
zur Destillation von Glykoletherboraten als ungeeignet, weil die erforderlichen geringen
Drücke nicht zu erhalten oder die benötigten Destillationstemperaturen zu hoch sind.
Dieses Verfahren erscheint deshalb nur für thermostabile Substanzen geeignet.
[0010] Da schon das Speiseprodukt, die gebrauchte Bremsflüssigkeit, sehr viskos ist und
die Viskosität des die Glykoletherborate enthaltenden Rückstands noch sehr viel größer
ist, war davon auszugehen, daß auch die Kurzwegdestillation für den erfindungsgemäß
beabsichtigten Zweck ungeeignet sein würde. Es war anzunehmen, daß eine ausreichende
Verteilung des Rückstands in Form eines dünnen Films auf den Verdampferflächen mittels
geeigneten Wischern wegen der großen Viskosität nicht zu erzielen sei. Die schon 1930
erstmalig kommerziell eingesetzte Kurzwegdestillation war bisher ferner zur Abdestillation
von prozentual kleinen Mengen eingesetzt worden. In dem erfindungsgemäßen Verfahren
werden aber etwa 90 % des sehr zähen Rückstands abdestilliert, dessen Viskosität während
der Destillation noch weiter steigt. Die Verweilzeit für den Glykoletherborate enthaltenden
Rückstand erschien deshalb zu hoch und Verkrustungen aufgrund thermischer Zersetzung
der Borate auf den Verdampferflächen mußten befürchtet werden. Überraschenderweise
erwies sich dieses Destillationverfahren für den erfindungsgemäßen Zweck aber dennoch
als geeignet.
[0011] Bei der Kurzwegdestillation ist in einem Vakuum-Verdampferrohr ein innenliegender
Kondensator zentrisch angeordnet, so daß sich Verdampfungs- und Kondensationspunkt
unmittelbar gegenüberstehen. Das an der Verdampferoberfläche entstehende Gas hat so
einen extrem kurzen Weg zur Kondensatoroberfläche zurückzulegen. Arbeitsdrücke zwischen
0,1 und 0,001 mbar können hier erzielt werden. Spezifisch für die Kurzwegdestillation
ist ein eigens für dieses Verfahren entwickeltes Wischersystem. Dabei wird das zu
destillierende Gemisch beispielsweise auf einen oben angebrachten Schleuderteller
gegeben und von diesem gleichmäßig auf den Umfang des Verdampferrohrs verteilt. Die
Wischerelemente sind beispielsweise PolytetrafluorethylenRollen, die in Form von kurzen
Rohrstücken auf vertikalen Stangen aufgefädelt sind und sich unter dem Einfluß der
Zentrifugalkraft an die Verdampferfläche anlegen und so den Produktfilm teils gleitend
und teils rollend mit einer Drehgeschwindigkeit von etwa 3 m/s gleichmäßig umwälzen,
verteilen und erneuern. Auch Wischerleisten aus Polytetrafluorethylen oder Wischerklappen
aus Edelstahl werden eingesetzt.
[0012] Der auf der Verdampferfläche bleibende Rückstand sammelt sich in einer unten angeordneten
Sammeltasse, die gleichzeitig den Verdampferraum von dem Sammelraum für nicht kondensierte
Gase trennt. Die Dämpfe strömen den vertikalen Kondensator von allen Seiten gleichmäßig
an, kondensieren dort und laufen in das Unterteil des Verdampfers ab. Nicht kondensierte
Gase werden im Zentrum des Kondensators gesammelt und abgesaugt. Im erzielten Feinvakuum
treten nur vernachlässigbar kleine Druckkräfte auf, die Verdampfung findet deshalb
nur auf der Oberfläche statt. Insoweit ist eine ständige Umwälzung des Produkts durch
das Wischersystem besonders wichtig, um die sich im Film bildenden Konzentrations-
und Temperaturdifferenzen wieder auszugleichen. Die Viskosität des zu destillierenden
Rückstands ist deshalb von großer Bedeutung.
[0013] Nach Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens bleibt ein nicht weiter verwertbarer
Rückstand von etwa 5 bis 9 Gew.%, bezogen auf die eingesetzte Menge gebrauchter Bremsflüssigkeit,
zurück. Die wiedergewonnenen Glykoletherfraktionen sowie Glykoletherborate entsprechen
in ihrer Reinheit den Anforderungen, die an die Rohstoffe für die Neuherstellung von
Bremsflüssigkeiten gestellt werden. Das erfindungsgemäße Verfahren zeichnet sich gegenüber
den oben genannten Verfahren besonders dadurch aus, daß es sowohl den komplizierten
Weg über die alkalische Hydrolyse der Glykoletherborate als auch den aufwendigen Weg
über die Umesterung der Glykoletherborate vermeidet und somit eine vereinfachte und
wirtschaftliche Art darstellt, aus gebrauchter Bremsflüssigkeit Rohstoffe für neue
Bremsflüssigkeiten zurückzugewinnen.
[0014] Die Erfindung wird nachfolgend detailliert anhand von zwei Ausführungsformen beschrieben.
[0015] Die Destillationsanlage zur Aufbereitung gebrauchter Brems- und Hydraulikflüssigkeiten
umfaßt gemäß einer besonderen Ausführungsform einen Fallfilmverdampfer zur Entfernung
des Wassers, einen Dünnschichtverdampfer zur Trennung der Leicht- und Mittelsieder
und einen Kurzwegverdampfer zur Destillation der Glykoletherborate. Das Produkt wird
mit einer Pumpe zunächst in den Fallfilmverdampfer gebracht, wo bei einem Druck von
17 mbar und einer Heizmitteltemperatur von 120 °C Wasser und gegebenenfalls Leichtsieder
abgetrennt werden. Die Kondensation erfolgt an einem außerhalb des Fallfilmverdampfers
angeordneten Kondensator. Nach Entgasung wird das erhaltene Produkt in einen Dünnschichtverdampfer
gefördert, in dem Glykolether destilliert werden. Der Druck in dieser Destillationsstufe
beträgt kleiner 1 mbar, die Heizmitteltemperatur maximal 170 °C. Auch in dieser Verfahrensstufe
erfolgt die Kondensation an einem außerhalb des Dünnschichtverdampfers angeordneten
Kondensator.
[0016] Der Rückstand aus dem Dünnschichtverdampfer wird dem Kurzwegverdampfer zugeführt
und darin die Glykoletherborate destilliert. Im Kurzwegverdampfer herrscht ein Druck
von 0,003 mbar, die Heizmitteltemperatur kann bis 255 °C betragen. Der Kondensator
ist hier typischerweise innerhalb des Verdampfergefäßes angeordnet.
[0017] Die Beheizung der Verdampfer erfolgt in der beschriebenen Einrichtung durch Thermalöl,
das in einer gasbefeuerten Wärmeträgerölanlage erhitzt wird. Die Kühlung der Kondensatoren
erfolgt mit einem luftgekühlten Kühlwassersatz. Die Vakuumpumpen sind durch Kühlfallen
gesichert.
[0018] Die Einspeisung von etwa 550 kg gebrauchter Bremsflüssigkeit pro Stunde ergab nach
destillativer Trennung 2 bis 5 Gew.% Wasser, 45 Gew.% Glykolether, 45 Gew.% Glykoletherborate
und 2 bis 9 Gew.% nicht weiter verwertbaren Rückstand.
[0019] Gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung wird durch einen kontinuierlich
mit einer Geschwindigkeit von etwa 19 kg/h beschickten Fallfilmverdampfer, der mit
80 °C bei einem Druck von 100 mbar betrieben wurde und mit einem Ausgasgefäß verbunden
war, ein wasserfreier Rückstand von 96,82 Gew.%, bezogen auf die eingespeiste gebrauchte
Bremsflüssigkeit, erhalten.
[0020] Rückstände dieser Art wurden in eine Anlage eingespeist, die sowohl einen Dünnschicht-
und einen Kurzwegverdampfer enthielt. Aus der nachfolgenden Tabelle sind die Betriebsbedingungen
und die Produktzusammensetzungen dieser Ausführungsform ersichtlich.
Versuch Nr. |
1 |
2 |
3 |
Dünnschichtverdampfer °C |
+ 167,0 |
+ 143,0 |
+ 143,0 |
Kurzwegverdampfer °C |
+ 251,0 |
+ 252,0 |
+ 253,0 |
Innenkondensator °C |
+ 16,5 |
+ 17,8 |
+ 17,8 |
Außenkondensator °C |
+ 15,2 |
+ 14,8 |
+ 14,8 |
Kühlfalle °C |
- 25,0 |
- 25,0 |
- 25,0 |
Speiseprodukt °C |
+ 33,8 |
+ 33,0 |
+ 33,0 |
Arbeitsdruck (Dünnschicht) mbar |
0,0457 |
0,0880 |
0,0948 |
Arbeitsdruck (Kurzweg) mbar |
0,0355 |
0,0562 |
0,0568 |
Kühlfalle 1 Gew.% |
0,00 |
0,00 |
0,00 |
Destillat 1 Gew.% |
48,78 |
36,26 |
35,64 |
Kühlfalle 2 Gew.% |
0,00 |
0,00 |
0,00 |
Destillat 2 Gew.% |
41,60 |
55,56 |
56,46 |
Rückstand Gew.% |
8,62 |
8,18 |
7,90 |
Speisung kg/h |
18,92 |
18,96 |
19,02 |
[0021] Destillat 1 in dieser Tabelle bezeichnet die abgetrennten Glykolether, Destillat
2 die Glykoletherborate. Im Vergleich zu Versuch Nr. 1 wurden in den Versuchen Nr.
2 und 3 die Destillationsbedingungen so gewählt, daß der Anteil abgetrennter Glykolether
geringer als in Versuch Nr. 1 ist. Diese Verfahrensführung ist vorteilhaft, weil der
die Glykoletherborate enthaltene Rückstand in diesen Fällen eine geringere Viskosität
besitzt und somit im Kurzwegverdampfer besser aufgearbeitet werden kann. Insgesamt
zeigen die dargestellten Ergebnisse, daß Glykoletherborate aus gebrauchten Bremsflüssigkeiten
in hoher Reinheit zurückgewonnen und somit erneut in den Produktionskreislauf eingebracht
werden können.
1. Verfahren zur Aufbereitung gebrauchter Brems- und Hydraulikflüssigkeiten auf der Basis
von Glykolethern und Glykoletherboraten durch Destillation, dadurch gekennzeichnet, daß man im Vakuum bei Bedarf zunächst entwässert, eine Abtrennung der Leichtsieder,
bestehend aus Glykolen und Glykolethern, und einer Mittelfraktion, bestehend aus längerkettigen
Glykolethern, von einem Glykoletherborate enthaltenden Rückstand herbeiführt und anschließend
die Glykoletherborate destilliert.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man zur Abtrennung der Leichtsieder und der Mittelfraktion eine Dünnschichtdestillation
durchführt.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man die Kurzwegdestillation bei einer Temperatur von 270 °C und einem Druck
von kleiner 0,01 mbar durchführt.