(19)
(11) EP 0 632 126 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
04.01.1995  Patentblatt  1995/01

(21) Anmeldenummer: 94109932.7

(22) Anmeldetag:  28.06.1994
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C10M 175/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE DE FR GB IT NL

(30) Priorität: 03.07.1993 DE 4336295

(71) Anmelder: Scherle, Johann Dr. Dipl.-Chem.
D-52382 Niederzier (DE)

(72) Erfinder:
  • Scherle, Johann Dr. Dipl.-Chem.
    D-52382 Niederzier (DE)

(74) Vertreter: Minderop, Ralph H., Dr. rer. nat. 
Cohausz & Florack Patentanwälte Postfach 33 02 29
D-40435 Düsseldorf
D-40435 Düsseldorf (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Aufbereitung gebrauchter Brems- und Hydraulikflüssigkeiten


    (57) In einem Verfahren zur Aufbereitung gebrauchter Brems- und Hydraulikflüssigkeiten auf der Basis von Glykolethern und Glykoletherboraten durch Destillation wird bei Bedarf zunächst im Vakuum entwässert, dann gegebenenfalls durch Dünnschichtdestillation eine Abtrennung der Leichtsieder, bestehend aus Glykolen und Glykolethern, und einer Mittelfraktion, bestehend aus längerkettigen Glykolethern, von einem Glykoletherborate enthaltenden Rückstand herbeigeführt und anschließend der Glykoletherborate enthaltende Rückstand mit einer Kurzwegdestillation zur Abtrennung der Glykoletherborate destilliert.


    Beschreibung


    [0001] Handelsübliche Bremsflüssigkeiten enthalten neben Glykolethern, wie Triethylenglykolmonomethylether, Tetra- und Pentaethylenglykolmonomethylether, Tri-, Tetra- und Pentaethylenglykolmonobutylether große Mengen Borate der genannten Glykolether, die in begrenztem Umfang Feuchtigkeit binden, so daß die Funktionsfähigkeit des Bremssystems über längere Zeit hinweg trotz eindringender Feuchtigkeit erhalten bleibt.

    [0002] Dennoch ist es erforderlich, die Bremsflüssigkeit auszutauschen, sobald aufgrund der eingedrungenen Feuchtigkeit der Naßsiedepunkt der Bremsflüssigkeit einen nicht mehr akzeptablen Wert unterschritten hat. Durch diesen Austausch und durch das Trockenlegen zu verschrottender Altfahrzeuge fallen in der Bundesrepublik Deutschland derzeit allein pro Jahr etwa 10.000 Tonnen gebrauchter Bremsflüssigkeit an.

    [0003] Verfahren zur Wiederaufarbeitung gebrauchter Bremsflüssigkeiten sind bekannt. So beschreibt die DE-A-39 10 932 die Aufbereitung von gebrauchten Hydraulik- und Bremsflüssigkeiten auf der Basis von Glykolen, Glykolethern und deren Borsäureestern, die auf mehreren aufeinander folgenden Einzelstufen beruht und zu einer einsatzfähigen Hydraulik- oder Bremsflüssigkeit führt. In diesem Verfahren werden hochsiedende Borsäureester durch Erhitzen mit Alkali- und/oder Erdalkalioxiden, -hydroxiden oder -carbonaten hydrolisiert, und die nach Vakuumdestillation erhaltene Borsäure oder Borsäureanhydrid unter destillativer Entfernung des Reaktionswassers zu Gemischen aus Glykolen, Glykolethern und deren Borsäureestern unterschiedlicher Zusammensetzung umgesetzt. Hier findet also eine Rückveresterung der destillativ gewonnenen Glykolether und Borsäure statt.

    [0004] Siedepunkte der in den Bremsflüssigkeiten üblicherweise vorhandenen Glykoletherborate, wie Tris(triethylenglykolmonomethylether)borat, Tris(tetraethylenglykolmonomethylether)borat, Tris(triethylenglykolmonobutylether)borat und Tris(tetraethylenglykolmonobutylether)borat sind nicht bekannt. In der US-A-3 080 412 werden die Siedepunkte von Tris(2-n-butoxyethyl)borat mit 161 bis 163 °C bei 0,7 Torr, von Tris[2-(2-ethoxyethoxy)ethyl]borat mit 222 bis 223 °C bei 5 Torr und Tris[1-(1-methoxy-2-propoxy)-2-propyl]borat mit 183 bis 184 °C bei 2 Torr angegeben. Aus diesen Angaben und aus dem relativ hohen Molekulargewicht dieser Borate kann ihr Siedepunkt auf 450 bis 500 °C bei Atmosphärendruck geschätzt werden. Da die thermische Zersetzung der Borate aber bei etwa 220 bis 230 °C beginnt, kann die destillative Trennung der Glykoletherborate nur im Vakuum erfolgen.

    [0005] Die DE-A-40 23 579 stellt in diesem Zusammenhang fest, daß eine destillative Rückgewinnung der Rohstoffe bei Bremsflüssigkeiten, wie es beim Motoröl schon lange geschieht, am hohen Siedepunkt der Glykoletherborate scheitert und technisch nicht durchführbar sei. Diese Dokument schlägt deshalb ein Verfahren zur Aufbereitung gebrauchter Hydraulikflüssigkeiten auf Glykoletherbasis vor, in dem die Glykoletherborate mit kurzkettigen aliphatischen Alkoholen zu den entsprechenden Trialkoxyboraten umgesetzt und diese destillativ aus den Glykolethergemischen entfernt werden. Das abdestillierte Azeotrop des Trimethlyborats kann dann etwa durch Zusatz von Borsäure oder Borsäureanhydrid zu dem reinen Ester umgesetzt werden, oder aber es wird nach Hydrolyse mit Wasser und Rückgewinnung des Methanols die reine Borsäure gewonnen. Wegen der als nicht möglich angenommenen destillativen Abtrennung der Glykoletherborate wird hier ein aufwendiger verfahrensmäßiger Umweg beschritten.

    [0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein verfahren zur Aufbereitung gebrauchter Brems- oder Hydraulikflüssigkeiten auf der Basis von Glykolethern mit einem Gehalt an Glykoletherboraten bereitzustellen, das unter wirtschaftlich vorteilhaften Bedingungen eine Reinigung der Glykoletherprodukte ermöglicht, so daß diese ohne weitere Behandlung zur Herstellung von frischen Bremsflüssigkeiten eingesetzt werden können.

    [0007] Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren zur Aufbereitung gebrauchter Brems- und Hydraulikflüssigkeiten auf der Basis von Glykolethern und Glykoletherboraten durch Destillation, welches dadurch gekennzeichnet ist, daß man im Vakuum bei Bedarf zunächst entwässert, eine Abtrennung der Leichtsieder, bestehend aus Glykolen und Glykolethern, und einer Mittelfraktion, bestehend aus längerkettigen Glykolethern, von einem Glykoletherborate enthaltenen Rückstand herbeiführt.

    [0008] Vorzugsweise erfolgt die Kurzwegdestillation der Glykoletherborate bei einer Temperatur von bis zu 270 °C und einem Druck von bis zu 0,01 mbar. Es ist weiterhin bevorzugt, Leichtsieder und Mittelfraktion durch eine Dünnschichtdestillation abzutrennen.

    [0009] Bekannte leistungsfähige Destillationsverfahren wie die Dünnschichtdestillation, bei der der Kondensator außerhalb des Verdampfungsraums angeordnet ist, erwiesen sich zur Destillation von Glykoletherboraten als ungeeignet, weil die erforderlichen geringen Drücke nicht zu erhalten oder die benötigten Destillationstemperaturen zu hoch sind. Dieses Verfahren erscheint deshalb nur für thermostabile Substanzen geeignet.

    [0010] Da schon das Speiseprodukt, die gebrauchte Bremsflüssigkeit, sehr viskos ist und die Viskosität des die Glykoletherborate enthaltenden Rückstands noch sehr viel größer ist, war davon auszugehen, daß auch die Kurzwegdestillation für den erfindungsgemäß beabsichtigten Zweck ungeeignet sein würde. Es war anzunehmen, daß eine ausreichende Verteilung des Rückstands in Form eines dünnen Films auf den Verdampferflächen mittels geeigneten Wischern wegen der großen Viskosität nicht zu erzielen sei. Die schon 1930 erstmalig kommerziell eingesetzte Kurzwegdestillation war bisher ferner zur Abdestillation von prozentual kleinen Mengen eingesetzt worden. In dem erfindungsgemäßen Verfahren werden aber etwa 90 % des sehr zähen Rückstands abdestilliert, dessen Viskosität während der Destillation noch weiter steigt. Die Verweilzeit für den Glykoletherborate enthaltenden Rückstand erschien deshalb zu hoch und Verkrustungen aufgrund thermischer Zersetzung der Borate auf den Verdampferflächen mußten befürchtet werden. Überraschenderweise erwies sich dieses Destillationverfahren für den erfindungsgemäßen Zweck aber dennoch als geeignet.

    [0011] Bei der Kurzwegdestillation ist in einem Vakuum-Verdampferrohr ein innenliegender Kondensator zentrisch angeordnet, so daß sich Verdampfungs- und Kondensationspunkt unmittelbar gegenüberstehen. Das an der Verdampferoberfläche entstehende Gas hat so einen extrem kurzen Weg zur Kondensatoroberfläche zurückzulegen. Arbeitsdrücke zwischen 0,1 und 0,001 mbar können hier erzielt werden. Spezifisch für die Kurzwegdestillation ist ein eigens für dieses Verfahren entwickeltes Wischersystem. Dabei wird das zu destillierende Gemisch beispielsweise auf einen oben angebrachten Schleuderteller gegeben und von diesem gleichmäßig auf den Umfang des Verdampferrohrs verteilt. Die Wischerelemente sind beispielsweise PolytetrafluorethylenRollen, die in Form von kurzen Rohrstücken auf vertikalen Stangen aufgefädelt sind und sich unter dem Einfluß der Zentrifugalkraft an die Verdampferfläche anlegen und so den Produktfilm teils gleitend und teils rollend mit einer Drehgeschwindigkeit von etwa 3 m/s gleichmäßig umwälzen, verteilen und erneuern. Auch Wischerleisten aus Polytetrafluorethylen oder Wischerklappen aus Edelstahl werden eingesetzt.

    [0012] Der auf der Verdampferfläche bleibende Rückstand sammelt sich in einer unten angeordneten Sammeltasse, die gleichzeitig den Verdampferraum von dem Sammelraum für nicht kondensierte Gase trennt. Die Dämpfe strömen den vertikalen Kondensator von allen Seiten gleichmäßig an, kondensieren dort und laufen in das Unterteil des Verdampfers ab. Nicht kondensierte Gase werden im Zentrum des Kondensators gesammelt und abgesaugt. Im erzielten Feinvakuum treten nur vernachlässigbar kleine Druckkräfte auf, die Verdampfung findet deshalb nur auf der Oberfläche statt. Insoweit ist eine ständige Umwälzung des Produkts durch das Wischersystem besonders wichtig, um die sich im Film bildenden Konzentrations- und Temperaturdifferenzen wieder auszugleichen. Die Viskosität des zu destillierenden Rückstands ist deshalb von großer Bedeutung.

    [0013] Nach Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens bleibt ein nicht weiter verwertbarer Rückstand von etwa 5 bis 9 Gew.%, bezogen auf die eingesetzte Menge gebrauchter Bremsflüssigkeit, zurück. Die wiedergewonnenen Glykoletherfraktionen sowie Glykoletherborate entsprechen in ihrer Reinheit den Anforderungen, die an die Rohstoffe für die Neuherstellung von Bremsflüssigkeiten gestellt werden. Das erfindungsgemäße Verfahren zeichnet sich gegenüber den oben genannten Verfahren besonders dadurch aus, daß es sowohl den komplizierten Weg über die alkalische Hydrolyse der Glykoletherborate als auch den aufwendigen Weg über die Umesterung der Glykoletherborate vermeidet und somit eine vereinfachte und wirtschaftliche Art darstellt, aus gebrauchter Bremsflüssigkeit Rohstoffe für neue Bremsflüssigkeiten zurückzugewinnen.

    [0014] Die Erfindung wird nachfolgend detailliert anhand von zwei Ausführungsformen beschrieben.

    [0015] Die Destillationsanlage zur Aufbereitung gebrauchter Brems- und Hydraulikflüssigkeiten umfaßt gemäß einer besonderen Ausführungsform einen Fallfilmverdampfer zur Entfernung des Wassers, einen Dünnschichtverdampfer zur Trennung der Leicht- und Mittelsieder und einen Kurzwegverdampfer zur Destillation der Glykoletherborate. Das Produkt wird mit einer Pumpe zunächst in den Fallfilmverdampfer gebracht, wo bei einem Druck von 17 mbar und einer Heizmitteltemperatur von 120 °C Wasser und gegebenenfalls Leichtsieder abgetrennt werden. Die Kondensation erfolgt an einem außerhalb des Fallfilmverdampfers angeordneten Kondensator. Nach Entgasung wird das erhaltene Produkt in einen Dünnschichtverdampfer gefördert, in dem Glykolether destilliert werden. Der Druck in dieser Destillationsstufe beträgt kleiner 1 mbar, die Heizmitteltemperatur maximal 170 °C. Auch in dieser Verfahrensstufe erfolgt die Kondensation an einem außerhalb des Dünnschichtverdampfers angeordneten Kondensator.

    [0016] Der Rückstand aus dem Dünnschichtverdampfer wird dem Kurzwegverdampfer zugeführt und darin die Glykoletherborate destilliert. Im Kurzwegverdampfer herrscht ein Druck von 0,003 mbar, die Heizmitteltemperatur kann bis 255 °C betragen. Der Kondensator ist hier typischerweise innerhalb des Verdampfergefäßes angeordnet.

    [0017] Die Beheizung der Verdampfer erfolgt in der beschriebenen Einrichtung durch Thermalöl, das in einer gasbefeuerten Wärmeträgerölanlage erhitzt wird. Die Kühlung der Kondensatoren erfolgt mit einem luftgekühlten Kühlwassersatz. Die Vakuumpumpen sind durch Kühlfallen gesichert.

    [0018] Die Einspeisung von etwa 550 kg gebrauchter Bremsflüssigkeit pro Stunde ergab nach destillativer Trennung 2 bis 5 Gew.% Wasser, 45 Gew.% Glykolether, 45 Gew.% Glykoletherborate und 2 bis 9 Gew.% nicht weiter verwertbaren Rückstand.

    [0019] Gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung wird durch einen kontinuierlich mit einer Geschwindigkeit von etwa 19 kg/h beschickten Fallfilmverdampfer, der mit 80 °C bei einem Druck von 100 mbar betrieben wurde und mit einem Ausgasgefäß verbunden war, ein wasserfreier Rückstand von 96,82 Gew.%, bezogen auf die eingespeiste gebrauchte Bremsflüssigkeit, erhalten.

    [0020] Rückstände dieser Art wurden in eine Anlage eingespeist, die sowohl einen Dünnschicht- und einen Kurzwegverdampfer enthielt. Aus der nachfolgenden Tabelle sind die Betriebsbedingungen und die Produktzusammensetzungen dieser Ausführungsform ersichtlich.
    Versuch Nr. 1 2 3
    Dünnschichtverdampfer °C + 167,0 + 143,0 + 143,0
    Kurzwegverdampfer °C + 251,0 + 252,0 + 253,0
    Innenkondensator °C + 16,5 + 17,8 + 17,8
    Außenkondensator °C + 15,2 + 14,8 + 14,8
    Kühlfalle °C - 25,0 - 25,0 - 25,0
    Speiseprodukt °C + 33,8 + 33,0 + 33,0
    Arbeitsdruck (Dünnschicht) mbar 0,0457 0,0880 0,0948
    Arbeitsdruck (Kurzweg) mbar 0,0355 0,0562 0,0568
    Kühlfalle 1 Gew.% 0,00 0,00 0,00
    Destillat 1 Gew.% 48,78 36,26 35,64
    Kühlfalle 2 Gew.% 0,00 0,00 0,00
    Destillat 2 Gew.% 41,60 55,56 56,46
    Rückstand Gew.% 8,62 8,18 7,90
    Speisung kg/h 18,92 18,96 19,02


    [0021] Destillat 1 in dieser Tabelle bezeichnet die abgetrennten Glykolether, Destillat 2 die Glykoletherborate. Im Vergleich zu Versuch Nr. 1 wurden in den Versuchen Nr. 2 und 3 die Destillationsbedingungen so gewählt, daß der Anteil abgetrennter Glykolether geringer als in Versuch Nr. 1 ist. Diese Verfahrensführung ist vorteilhaft, weil der die Glykoletherborate enthaltene Rückstand in diesen Fällen eine geringere Viskosität besitzt und somit im Kurzwegverdampfer besser aufgearbeitet werden kann. Insgesamt zeigen die dargestellten Ergebnisse, daß Glykoletherborate aus gebrauchten Bremsflüssigkeiten in hoher Reinheit zurückgewonnen und somit erneut in den Produktionskreislauf eingebracht werden können.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Aufbereitung gebrauchter Brems- und Hydraulikflüssigkeiten auf der Basis von Glykolethern und Glykoletherboraten durch Destillation, dadurch gekennzeichnet, daß man im Vakuum bei Bedarf zunächst entwässert, eine Abtrennung der Leichtsieder, bestehend aus Glykolen und Glykolethern, und einer Mittelfraktion, bestehend aus längerkettigen Glykolethern, von einem Glykoletherborate enthaltenden Rückstand herbeiführt und anschließend die Glykoletherborate destilliert.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man zur Abtrennung der Leichtsieder und der Mittelfraktion eine Dünnschichtdestillation durchführt.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man die Kurzwegdestillation bei einer Temperatur von 270 °C und einem Druck von kleiner 0,01 mbar durchführt.