(19)
(11) EP 0 637 423 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
08.02.1995  Patentblatt  1995/06

(21) Anmeldenummer: 93112618.9

(22) Anmeldetag:  06.08.1993
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6A47C 7/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE GB IT LI

(71) Anmelder: Schöpf, Hermann
CH-8634 Hombrechtikon (CH)

(72) Erfinder:
  • Schöpf, Hermann
    CH-8634 Hombrechtikon (CH)

(74) Vertreter: Blum, Rudolf Emil Ernst 
c/o E. Blum & Co Patentanwälte Vorderberg 11
8044 Zürich
8044 Zürich (CH)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Ergonomischer Stuhl


    (57) Die Sitzfläche des Stuhls ist in einen vorderen, nach vorne abfallenden und einen hinteren, nach vorne ansteigenden Bereich (6 resp. 7) aufgeteilt. Die Rückenlehne (2) ist im Gesässbereich ausgespart und stützt den Sitzenden im Brustbereich (23). Die Breite der Sitzfläche nimmt nach vorne, jene der Rückenlehne nach oben ab.
    Eine Person, die auf dem Stuhl sitzt, nimmt automatisch eine ergonomisch richtige Sitzposition ein. Die Beine (20) sind leicht abgewinkelt, das Becken nach vorne gekippt, der Brustkasten aufgerichtet und die Wirbelsäule optimal belastet. Die Schulterblätter sind frei.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft einen Stuhl gemäss dem Oberbergriff des ersten Patentanspruchs.

    [0002] Bei herkömmlichen Stühlen besteht das Problem, dass ein Sitzender oftmals eine ergonomisch ungünstige Sitzhaltung einnimmt, bei welcher insbesondere der Rücken falsch belastet wird.

    [0003] Deshalb wurden verschiedene Stuhlmodelle vorgeschlagen, bei denen der Sitzende in eine günstigere Sitzstellung gebracht wird. So wurde vorgeschlagen, die Sitzfläche eines Stuhls nach vorne abfallend zu gestalten oder einen Sitzkeil auf einen konventionellen Stuhl zu legen. Dies vereinfacht es dem Sitzenden, in eine Entlastungshaltung mit nach vorne gekipptem Becken zu gehen. Jedoch wird die abfallende Sitzfläche als unangenehm empfunden, da der Sitzende nach vorne abrutscht. Auch muss die Sitzfläche aus rutschfestem Material sein und kann nicht mit einem beliebigen Ueberzug versehen werden.

    [0004] Somit stellt sich die Aufgabe, einen ergonomischen Stuhl bereitzustellen, der diese Nachteile nicht aufweist. Insbesondere soll jemand, der auf dem Stuhl sitzt, eine Haltung einnehmen, die den Rücken schont, ohne dass der Sitzende dabei ermüdet.

    [0005] Diese Aufgabe wird durch den Stuhl gemäss dem kennzeichnenden Teil von Anspruch 1 gelöst.

    [0006] Auf dem erfindungsgemässen Stuhl kommen die Oberschenkel auf dem nach vorne abfallenden vorderen Bereich der Sitzfläche zu liegen. Somit ergibt sich, ähnlich wie beim Sitzkeil, eine leicht nach unten abfallende Stellung der Oberschenkel, was ein Aufrichten des Oberkörpers erleichtert. Anderseits ruht das Sitzbein (os tuber ischii) auf dem hinteren, nach vorne ansteigenden Bereich der Sitzfläche und vermittelt einen guten Halt. Ausserdem stützt die Rückenlehne den Rücken im Bereich der Brustwirbel, was ein entspanntes, aufrechtes Sitzen erlaubt.

    [0007] Vorzugsweise ist die Rückenlehne so geformt, dass das Gesäss von hinten nicht behindert und höchstens seitlich abgestützt wird. Auch kann die Sitzfläche und insbesondere deren vorderer Bereich nach vorne schmaler werden. Dadurch nehmen die Oberschenkel eine leicht gespreizte, V-förmige Stellung ein. Somit wird ein nach vorne Kippen des Beckens weiter erleichtert.

    [0008] Weitere Vorteile und Anwendungen des erfindungsgemässen Stuhls ergeben sich aus der folgenden Beschreibung anhand der Figuren. Dabei zeigen:

    Figur 1 einen Schnitt durch einen erfindungsgemässen Stuhl;

    Figur 2 eine Vorderansicht des Stuhls nach Figur 1;

    Figur 3 eine Aufsicht auf den Stuhl nach Fig. 1, und

    Figur 4 eine schematische Seitenansicht des Stuhls mit einem Sitzenden.



    [0009] Der prinzipielle Aufbau des beschriebenen Ausführungsbeispiels ist aus den Figuren 1 bis 3 ersichtlich.

    [0010] Der Stuhl weist eine nach vorne zusammenlaufende Sitzfläche 1 und eine nach oben zusammenlaufende Rückenlehne 2 auf und ruht auf drei Beinen 3, 4, 5. Die Sitzfläche ist in einen vorderen und einen hinteren Bereich 6 resp. 7 unterteilt. Beide Bereiche sind in diesem Ausführungsbeispiel eben ausgeführt. Der vordere Bereich fällt nach vorne ab, der hintere Bereich steigt nach vorne an. Die Lehne 2 ist in einem unteren Gesässbereich 8 ausgespart. Seitlich des Gesässbereichs befinden sich seitliche Stützteile 9 und 10 und oberhalb des Gesässbereichs ein oberer Stützteil 11. Der obere Stützteil 11 befindet sich über dem hinteren Bereich 7 der Sitzfläche. Die Oeffnung 12 dient zum Erfassen des Stuhls.

    [0011] Der hier gezeigte Stuhl ist aus Holz hergestellt und in der Stizfläche 1 gepolstert.

    [0012] Typische Masse des gezeigten Beispiels sind: Gesamthöhe a der Rückenlehne ab Sitzfläche ca. 45 cm; Länge b des hinteren Bereichs der Sitzfläche etwa 15 bis 25 cm (vorzugsweise 18 - 20 cm); Länge c des vorderen Bereichs der Sitzfläche bis zur Sptize etwa 15 bis 25 cm (vorzugsweise 20 bis 22 cm); Breite d des ausgesparten Gesässbereichs ca. 15 - 25 cm (vorzugsweise 20 cm); Höhe e des Gesässbereichs ca. 15 - 25 cm (vorzugsweise 20 cm); Anstiegswinkel des hinteren Bereichs der Sitzfläche ca. 4° bis 10° (vorzugsweise 6°); Abfallwinkel des vorderen Bereichs der Sitzfläche ca. 4° bis 10° (vorzugsweise 6°). Diese Masse beziehen sich auf das gezeigte Ausführungsmodell und können auch anders gewählt werden.

    [0013] Figur 4 zeigt den erfindungsgemässen Stuhl mit einer darauf sitzenden Person. Wie eingangs erwähnt befinden sich die Oberschenkel 20 in einer leicht abfallenden Stellung und sind dank der nach vorne schmaler werdenden Sitzfläche etwas abgespreizt. Das Sitzbein 21 des Sitzenden ruht auf dem hinteren Bereich 7 der Sitzfläche. Dank der Auspsparung 8 im Gesässbereich der Rückenlehne können der hintere Gesässteil und das Kreuzbein 22 ihrem natürlichen, geschwungenen Verlauf folgen und werden nicht behindert, sondern lediglich seitlich durch die Stützteile 9 und 10 gestützt. Der Oberkörper wird im Bereich 23 der Burstwirbel und insbesondere des sechsten Brustwirbels durch den oberen Stützteil 11 der Rückenlehne gestützt. Dank der nach oben schmaler werdenden Form der Rückenlehne liegen die Schulterblätter frei, so dass eine vollständige Aufrichtung der Schulterpartie nicht behindert wird.

    [0014] Auf diese Weise nimmt der Sitzende automatisch eine Entlastungshaltung ein, bei welcher das Becken nach vorne gekippt, der Brustkorb aufgerichtet und die Wirbelsäule optimal belastet ist. Sitzschäden und insbesondere Schäden an der Wirbelsäule und den Bandscheiben werden verhindert.

    [0015] Da der Stuhl nur ein vorderes Bein aufweist, werden die Unterschenkel nicht behindert und können auch nach hinten angewinkelt sein.

    [0016] Es zeigt sich, dass sich der Stuhl nicht nur für gesunde, sondern auch für kranke Menschen eignet. Insbesondere Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma, welche auf einem normalen Stuhl eine nach vorn gebeugte Haltung einnehmen, richten sich im beschriebenen Stuhl auf. Der Stuhl wird auch von Personen mit Hüftgelenkproblemen als sehr angenehm empfunden, da insbesondere die abgespreizte Beinstellung das Absitzen und Aufstehen erleichtert.

    [0017] Die in den Figuren gezeigte Ausführung des Stuhls kann in vielen Punkten abgeändert werden. So kann zum Beipsiel anstelle der drei Beine 3, 4, 5 ein konventionelles Teleskopbein verwendet werden, wie es von Bürostühlen bekannt ist. Damit kann die Höhe der Sitzfläche der Länge der Beine des Sitzenden angepasst werden.

    [0018] Die beiden Bereiche 6 und 7 der Sitzfläche bilden hier zwei flache Ebenen. Sie können aber auch gebogen und z.B. konvex ausgeführt sein. Auch kann der vordere Bereich 6 beidseits seitlich abfallend sein, um die Oberschenkel nicht zu behindern und eine abgespreizte Sitzstellung zu erleichtern.

    [0019] Die Aussparung 8 der Rückenlehne kann insbesondere dann entfallen, wenn die Rückenlehne im Gesässbereich genügend nach hinten zurückversetzt ist.


    Ansprüche

    1. Stuhl mit einer Sitzfläche (1) und einer Rückenlehne (2), dadurch gekennzeichnet, dass die Sitzfläche einen hinteren (7) und einen vorderen (6) Bereich aufweist, wobei der hintere Bereich gegen vorne ansteigend, und der vordere Bereich gegen vorne abfallend ist, und wobei die Rückenlehne (2) in einem Brustwirbelbereich einen oberen Stützteil (11) zur Stützung eines Sitzenden aufweist.
     
    2. Stuhl nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass unterhalb des Stützteils (11) die Rückenlehne in einem Gesässbereich (8) ausgespart oder zurückversetzt ist.
     
    3. Stuhl nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Rückenlehne (2) beidseits seitlich des Gesässbereichs (8) seitliche Stützteile (9, 10) zur Stützung des Sitzenden aufweist.
     
    4. Stuhl nach einem der Ansprüche 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass der Gesässbereich (8) sich maximal bis 15 - 25 cm oberhalb der Sitzfläche (1) erstreckt.
     
    5. Stuhl nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Breite der Sitzfläche (1) nach vorne abnimmt.
     
    6. Stuhl nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Breite der Rückenlehne (2) nach oben abnimmt.
     
    7. Stuhl nach einem der vorangehenden Ansprüche, gekennzeichnet durch eine höhenverstellbare Beinanordnung.
     
    8. Stuhl nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der obere Stützteil (11) der Rückenlehne sich mindestens teilweise über dem hinteren Bereich (7) der Sitzfläche befindet.
     
    9. Stuhl nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der hintere (7) und der vordere (6) Bereich der Sitzfläche ungefähr gleiche Länge aufweisen.
     
    10. Stuhl nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der hintere (7) und/oder vordere (6) Bereich der Sitzfläche mindestens teilweise als Ebene mit einem Anstiegs- resp. Abfallwinkel von 4° bis 10° ausgestaltet ist.
     




    Zeichnung










    Recherchenbericht