(19)
(11) EP 0 683 243 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
22.11.1995  Patentblatt  1995/47

(21) Anmeldenummer: 95107208.1

(22) Anmeldetag:  12.05.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C23C 8/10
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE DE ES FR GB IT NL

(30) Priorität: 19.05.1994 DE 4417455

(71) Anmelder: WIELAND-WERKE AG
D-89070 Ulm (DE)

(72) Erfinder:
  • Breu, Monika, Dr., Dipl.-Ing.
    D-89073 Ulm (DE)
  • Ohla, Klaus, Dr.-Ing.
    D-89269 Vöhringen (DE)

   


(54) Korrosionsbeständiges Rohr mit inneren Oxidschichten


(57) Die Erfindung betrifft ein korrosionsbeständiges Rohr aus einer Kupferlegierung, das durch mindestens eine Oxidschicht geschützt ist.
Um die Kupferlässigkeit des Rohres durch die Ausbildung spezieller Oxidschichten zu reduzieren, wird erfindungsgemäß vorgeschlagen, daß das aus einer Kupferlegierung mit 0,01 bis 1,0 % eines zulegierten Elements aus der Gruppe Aluminium, Zinn, Zink oder Silizium bestehende Rohr unter der inneren und äußeren Rohroberfläche befindliche, innere Oxidschichten aufweist, die jeweils ausschließlich aus dem Oxid des zulegierten Elements bestehen.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein korrosionsbeständiges Rohr aus einer Kupferlegierung, das durch mindestens eine Oxidschicht geschützt ist.

[0002] Bringt man Kupfer in Kontakt mit wäßrigen Medien, löst sich ein Teil des Kupfers im Wasser. Dieser vom wäßrigen Medium (z. B. pH-Wert und Wasserhärte), dem Werkstoff (Legierungszusammensetzung, Gefüge und Oberflächenzustand) und den Betriebsbedingungen (Stagnationsphasen, Fließgeschwindigkeit, Rohrquerschnitt) abhängige Vorgang verläuft ohne äußeren Eingriff solange, bis sich ein Gleichgewicht zwischen den in Lösung befindlichen Ionen und dem festen Metall eingestellt hat. Unter ungünstigen Umständen führt der Prozeß zu einer irreparablen Materialschädigung.

[0003] In der letzten Zeit hat die Diskussion der Kupferlöslichkeit in Trinkwasserinstallationen sowohl aufgrund eines gesteigerten Umweltbewußtseins als auch mit Hinblick auf gebietsweise schlechte Wasserqualitäten zugenommen.

[0004] In Deutschland gibt die Trinkwasserverordnung derzeit einen Richtwert von max. 3 mg Cu/l vor. Aufgrund der anhaltenden Diskussionen ist eine Absenkung dieses Richtwertes oder auch die Einführung eines darunterliegenden Grenzwertes in nächster Zeit wahrscheinlich. Der Richtwert von 3 mg Cu/l und erst recht kleinere Grenzwerte können unter gewissen Umständen (Neuinstallationen, schlechte Wasserqualität) zumindest zeitweise überschritten werden.

[0005] Ein bekanntes Verfahren zur Erhöhung der Korrosionsbeständigkeit ist die Modifizierung des Ausgangsmaterials durch Legierungsbildung. Diese Möglichkeit wird für spezielle Anwendungsfälle wie stark verschmutzte Brauchwässer oder auch Meerwasser genutzt. Je nach Art und Menge der Legierungselemente - in der Regel werden hier höher konzentrierte Legierungen eingesetzt - ist das jedoch teuer und der Werkstoff ist zwangsläufig schwieriger umformbar als reines Kupfer, was außerdem die Produktionskosten erhöht.

[0006] Andere Verfahren beschränken sich auf den Oberflächenschutz. In der Zeitschrift "Tube & Pipe Technology", Mai/Juni 1989, S.19 bis 21 wird eine Innenverzinnung von Rohren beschrieben. An anderer Stelle wird ein Verfahren beschrieben (DE-OS 4.110.584), bei dem während des Ziehvorgangs durch Polymerisation, Polyaddition oder Polykondensation eine Kunststoffschicht auf die Rohrinnenfläche aufgebracht wird. Eine definierte Aufbringung solcher Schichten mit gleichmäßiger Dicke ist schwierig und bei großen Rohrlängen nicht praktikabel. Außerdem ist zu befürchten, daß sich diese Schichten infolge Wärmeeinbringung, beispielsweise beim Löten oder Warmbiegen, nachteilig verändern. Beim Vorhandensein kleiner Fehlstellen ist eine Unterwanderung derartiger Schichten mit lokalem Korrosionsangriff nicht auszuschließen.

[0007] Weiterhin werden durch entsprechende Glühbehandlungen künstliche äußere Oxidschichten erzeugt (EPS 0.356.732). Diese Schichten sind jedoch sehr dünn und somit anfällig gegenüber mechanischen Beschädigungen. Durch die Glühbehandlung zur Erzeugung der Schutzschicht liegt der Werkstoff stets im weichen Zustand vor. Harte Rohre können auf diese Art und Weise nicht hergestellt werden.

[0008] Die Korrosionsbeständigkeit harter Rohre kann bisher nur durch gründliche Entfettung zwecks Entfernung schädlicher Schmiermittelrückstände bzw. durch aufwendige Innenbehandlung mit einem Strahlmittel (DE-OS 3.730.367) verbessert werden.

[0009] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Rohr aus einer Kupferlegierung zur Verfügung zu stellen, dessen Kupferlässigkeit durch die Ausbildung spezieller Oxidschichten reduziert wird.

[0010] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß das aus einer Kupferlegierung mit 0,01 bis 1,0 % eines zulegierten Elements aus der Gruppe Aluminium, Zinn, Zink oder Silizium bestehende Rohr unter der inneren und äußeren Rohroberfläche befindliche, innere Oxidschichten aufweist, die jeweils ausschließlich aus dem Oxid des zulegierten Elements bestehen.

[0011] Die Dicke der inneren Oxidschichten beträgt vorzugsweise D = 2 bis 20 µm.

[0012] Durch die Auswahl bestimmter Legierungselemente wie Aluminium, Zinn, Zink oder Silizium, können damit, angepaßt an die Wasserqualität, spezielle Oxidschutzschichten erzeugt werden, die einen verstärkten Korrosionsschutz in sauren bzw. basischen Wässern bieten.
Das Basismaterial wird in seiner Zusammensetzung nur gering verändert, wodurch das Umformverhalten bei der Rohrherstellung nicht nennenswert beeinträchtigt wird. Die gebildete Oxidschicht wird durch mechanische Einwirkung in gewissen Grenzen nicht zerstört, und somit sind eine Verarbeitung mit weiterer Querschnittsreduzierung oder Biegeoperationen unproblematisch.

[0013] Wie im folgenden noch gezeigt wird, wird die Herstellung der Schutzschicht durch einfache, in der Praxis bewährte Behandlungen erzielt. Mit der Erfindung können Rohre aus niedriglegierten Kupferwerkstoffen sowohl im harten als auch im weichen Zustand bereitgestellt werden.

[0014] Das Verfahren zur Herstellung der erfindungsgemäßen, korrosionsbeständigen Rohre ist dadurch gekennzeichnet, daß das Rohr vor oder an Endabmessung in einer Gasatmosphäre mit geringem Sauerstoffpartialdruck bei Glühtemperaturen oberhalb von 600 °C für mindestens eine Stunde geglüht wird.

[0015] Um die Bildung von Mischoxiden zu vermeiden und um ausschließlich reine Oxide zu bilden, muß der Sauerstoffpartialdruck in der Glühatmosphäre möglichst gering gewählt werden. In jedem Fall muß der Sauerstoffpartialdruck geringer sein als der Gleichgewichtsdruck folgender Reaktion:



        Cu₂O ⇄ 2 Cu + 1/2 O₂.




[0016] Zweckmäßig ist eine Glühung in Wasserstoff, Stickstoff, Formiergas (90 % N₂, 10 % H₂) oder weiteren Gasgemischen. Die bei den üblichen Reinheitsgraden (z.B. 99,9 %) vorhandenen Restsauerstoffgehalte reichen für die gewünschte Oxidbildung aus.
Es empfiehlt sich insbesondere, die Glühung bei 800 bis 900 °C für 6 bis 12 Stunden durchzuführen.

[0017] Durch die notwendige Glühung liegt das Material zunächst im rekristallisierten Zustand vor. Da die inneren Oxidschichten jedoch eine Kaltverformung des Grundmaterials bis zu einem gewissen Grad ohne Schädigung rißfrei ertragen, können die weichen Rohre anschließend noch mit mindestens einem Zug, ggf. mehreren Zügen weiterverfestigt werden, so daß ein ziehharter Zustand resultiert. Die inneren Schichten verbleiben bei der Umformung im Material, sind also in sich selbst gegen mechanische Beschädigungen und Abplatzen geschützt. Sie werden durch die Umformung sogar noch verdichtet und somit in ihrer Schutzwirkung verbessert.

[0018] Die Erfindung wird an Hand der folgenden Beispiele näher erläutert:
CuAl0,5-Gußbolzen wurden zunächst zu Vorrohren verpreßt und anschließend ohne Zwischenglühung in mehreren Zügen an die gewünschte Abmessung gezogen.

a) Bei Endabmessung 15 x 1 mm wurde das Rohr für 24 Stunden bei 850 °C in H₂-Atmosphäre geglüht. Fig. 1 zeigt die Rohroberfläche im Längsschliff in einer Vergrößerung 500:1. Dort hat sich unter der Rohroberfläche eine innere Oxidschicht von Aluminiumoxid bis zu einer Dicke D ≈ 10 µm ausgebildet.

b) Die Glühung 850 °C/24 Stunden/H₂ erfolgte vor dem letzten Zug. Danach wurde das Rohr an Endabmessung 18 x 1 mm bzw. 15 x 1 mm gezogen und erhielt somit eine Schlußumformung von ca 20 bzw. 30 %. Fig. 2a/2b (Vergrößerung 500:1) zeigt die Verdichtung der inneren Oxidschicht durch diesen letzten Zug für ε = 20 % bzw. ε = 30 %.

c) Bei Endabmessung 18 x 1 mm wurde das Rohr für 3 Stunden bei 900 °C in Formiergas (N₂:H₂-Gemisch im Verhältnis 90:10) geglüht (Fig. 3/Vergrößerung ebenfalls 500:1). Die Oxidationstiefe beträgt D ≈ 6 µm.




Ansprüche

1. Korrosionsbeständiges Rohr aus einer Kupferlegierung, das durch mindestens eine Oxidschicht geschützt ist, dadurch gekennzeichnet,
daß das aus einer Kupferlegierung mit 0,01 bis 1,0 % eines zulegierten Elements aus der Gruppe Aluminium, Zinn, Zink oder Silizium bestehende Rohr unter der inneren und äußeren Rohroberfläche befindliche, innere Oxidschichten aufweist, die jeweils ausschließlich aus dem Oxid des zulegierten Elements bestehen.
 
2. Korrosionsbeständiges Rohr nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß die Dicke der inneren Oxidschichten D = 2 bis 20 µm beträgt.
 
3. Korrosionsbeständiges Rohr nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet,
daß es im weichgeglühten Zustand vorliegt.
 
4. Korrosionsbeständiges Rohr nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet,
daß es im ziehharten Zustand vorliegt.
 
5. Verfahren zur Herstellung eines korrosionsbeständigen Rohres nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet,
daß das Rohr vor oder an Endabmessung in einer Gasatmosphäre mit geringem Sauerstoffpartialdruck bei Glühtemperaturen oberhalb von 600 °C für mindestens eine Stunde geglüht wird.
 
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß das Rohr in Wasserstoff, Stickstoff oder Formiergas geglüht wird.
 
7. Verfahren nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet,
daß das Rohr bei 800 bis 900 °C geglüht wird.
 
8. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 5 bis 7, dadurch gekennzeichnet,
daß das Rohr für 6 bis 12 Stunden geglüht wird.
 




Zeichnung