(19)
(11) EP 0 775 637 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
28.05.1997  Patentblatt  1997/22

(21) Anmeldenummer: 95118494.4

(22) Anmeldetag:  24.11.1995
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6B65D 6/00, A62C 3/00, B65D 19/38
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
LT LV SI

(71) Anmelder: Georg Utz Holding AG
5620 Bremgarten (CH)

(72) Erfinder:
  • Ternes, Bernd
    D-48465 Schüttdorf (DE)

(74) Vertreter: Blum, Rudolf Emil Ernst 
c/o E. Blum & Co Patentanwälte Vorderberg 11
8044 Zürich
8044 Zürich (CH)

   


(54) Brandgeschütztes Lager- und/oder Transportgebilde aus Kunststoff


(57) Das Lager- bzw. Transportgebilde aus Kunststoff kann zum Beispiel als Behälter mit Boden (1) und Seitenwänden (2) ausgestaltet sein. Im Boden sind mehrere Kammern (7) angeordnet, in denen ein Löschmedium (8) angeordnet ist. Bei einem Brand verzögert das Wasser die Erwärmung des Behälters. Sobald es aus den Kammern (7) austritt, entfaltet es eine lokale Löschwirkung im Bereich der Brandfront. Im Gegensatz zu chemischen, in das Kunststoffmaterial eingebrachten Brandhemmern entstehen bei der vorliegenden Lösung keine giftigen Dämpfe bzw. Abfallstoffe.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein brandgeschütztes Lager- und/oder Transportgebilde aus Kunststoff gemäss dem Oberbegriff des unabhängigen Patentanspruchs.

[0002] Lager- bzw. Transportgebilde dieser Art sind in der Regel als Behälter, Paletten, Tablare, Gebinde bzw. Gebindeteile, Kunststoffgehäuse oder dergleichen ausgeführt.

[0003] Da Kunststoff einen sehr hohen Brennwert hat, der etwa jenem von Heizöl entspricht, müssen in Lagersystemen, die solche Kunststoffgebilde verwenden, aufwendige Brandschutzmassnahmen vorgesehen sein, z.B. in Form von Sprinkleranlagen. Zum Vermindern der Brandgefahr kann auch die Brennbarkeit des Kunststoffs durch chemische Additive reduziert werden.

[0004] Bei einem Brand lässt sich so zwar die Brandgeschwindigkeit heruntersetzen, bei der Verbrennung oder Entsorgung der mit Additiven versehenen Kunststoffe entstehen jedoch giftige Dämpfe oder Abfälle. Aus diesem Grunde haben sich Additive bei Lager- und Transportgebilden nicht durchgesetzt.

[0005] Die Erfindung beruht auf der Aufgabe, ein Lager- bzw. Transportgebilde der eingangs genannten Art bereitzustellen, das eine reduzierte Brandanfälligkeit aufweist aber die Nachteile möglichst vermeidet, die bei der Anwendung bekannter chemischer Brandschutz-Additive im Kunststoff entstehen.

[0006] Diese Aufgabe wird vom Gegenstand des ersten Patentanspruchs gelöst.

[0007] Indem im erfindungsgemässen Lager- bzw. Transportgebilde mindestens eine separate Kammer für das Löschmedium vorgesehen ist, können verschiedenste Löschmedien, wie z.B. Wasser, Sand, Pulver und dergleichen verwendet werden, die bei der Verbrennung wenige oder keine unerwünschten Dämpfe abgeben. Auch die Entsorgung und das Recycling der Gebilde gestaltet sich einfacher, da Löschmedium und Kunststoff einfach trennbar sind. Bei einem Brand wird die Kammer durch Hitze oder Feuer geöffnet und das Löschmedium freigesetzt. Dabei kann das Löschmedium seine Wirkung am Brandherd selbst entfalten, während zum Beispiel das Wasser einer Sprinkleranlage nicht alle Orte eines Lagers erreicht.

[0008] Vorzugsweise wird als Löschmedium ein Stoff verwendet, der eine gute Wärmeleitfähigkeit und/oder eine hohe spezifische Wärmekapazität hat, wie z.B. Wasser. Ein solches Medium verzögert eine Erwärmung des Kunststoffs und der Flammpunkt wird später erreicht.

[0009] In einer bevorzugten Ausführung der Erfindung ist das Lager- bzw. Transportgebilde als Behälter ausgeformt, wobei vorzugsweise in dessen Boden, gegebenenfalls auch in dessen Wänden, mindestens eine Kammer für das Löschmedium angeordnet ist. Sind solche Behälter zum Beispiel übereinander angeordnet, so kann sich im Brandfall das Löschmedium eines oberen Behälters in den nächst unteren ergiessen und dort lokal seine Wirkung entfalten. Die Kammern können dem Behälter zusätzliche Stabilität verleihen, so dass spezielle Versteifungsrippen entfallen bzw. in die Kammern integriert werden können. Beispielsweise kann die mindestens eine Kammer durch ein Wandstück, senkrecht zum Wandstück stehende Rippen und eine auf den Rippen befestigte Abdeckplatte gebildet werden.

[0010] Eine weitere bevorzugte Ausführung der Erfindung ist eine Palette, in deren Innenraum das Löschmittel angeordnet ist. Solche Paletten haben ein relativ grosses Volumen, das in dieser Weise effizient genutzt werden kann.

[0011] Das Löschmedium kann in einem Beutel angeordnet sein. Der Beutel kann die Kammer bilden oder in die eigentliche Kammer eingebracht sein. Dadurch wird die Gefahr eines Leckes verringert.

[0012] Als besonders geeignetes Löschmedium hat sich Wasser herausgestellt, da dieses chemisch gut verträglich und nicht toxisch ist und gleichzeitig eine grosse Wärmekapazität und Verdampfungswärme aufweist.

[0013] Weitere Vorteile, Anwendungen und Aspekte der Erfindung ergeben sich aus der nun folgenden Beschreibung einiger Ausführungsbeispiele anhand der Figuren. Dabei zeigen:

Figur 1 einen Schnitt durch einen ersten erfindungsgemässen Behälter,

Figur 2 einen Teilschnitt durch einen zweiten erfindungsgemässen Behälter,

Figur 3 einen Teilschnitt durch einen dritten erfindungsgemässen Behälter, und

Figur 4 einen Teilschnitt durch eine erfindungsgemässe Palette.



[0014] Der Behälter gemäss Figur 1 weist einen Boden 1 und Seitenwände 2 auf. In der Figur ist nur ein Teil des Bodens und einer Seitenwand deutlich gezeigt, die übrigen Teile sind schematisch angedeutet. Der hier gezeigte Behälter ist von oben gesehen rechteckig, kann aber auch eine andere Form haben. Er besteht im wesentlichen aus Kunststoff und ist im Spritzgussverfahren hergestellt. Andere Herstellungsverfahren sind denkbar.

[0015] Der Boden 1 und die Seitenwände 2 bilden ein Behälterinneres 3 zur Aufnahme der Nutzlast. Behälter dieser Art werden zum Beispiel als Lagerbehälter in Lagerhäusern eingesetzt.

[0016] Der Boden 1 ist doppelwandig ausgeführt und weist eine Bodenwand 4 und eine untere Deckplatte 5 auf. Die Deckplatte 5 ist an Rippen 6 befestigt, die in der Bodenwand 4 ausgeformt sind. Zwischen der Bodenwand 4, der Deckplatte 5 und den Rippen 6 werden mehrere, geschlossene, wasserdichte Kammern 7 gebildet. In diesen Kammern befindet sich Wasser 8, das in einem Brandfall als Löschmedium wirkt.

[0017] Die Wirkung des Wassers 8 basiert auf verschiedenen Effekten. Einerseits verzögert es aufgrund seiner Wärmekapazität die Erwärmung des Bodens. Sobald die Kammern 7 undicht werden, tritt es aus und fliesst nach unten, z.B. in einen unteren, bereits in Flammen stehenden Behälter, wo es einen gezielten Löscheffekt entwickelt. Schliesslich benötigt die Verdampfung des Wassers Wärmeenergie, was die Brandgeschwindigkeit zusätzlich reduziert oder sogar die Temperatur des Kunststoffes unter den Flammpunkt senkt.

[0018] Die Anordnung des Wassers 8 im Boden 1 hat den Vorteil, dass es eine Barriere quer zur im wesentlichen vertikal fortschreitenden Brandfront bildet.

[0019] Zur Herstellung des Behälters gemäss Fig. 1 gibt es verschiedene Möglichkeiten. In einem bevorzugten Verfahren wird der Behälter zunächst ohne die untere Deckplatte 5 geformt. Dann wird er mit dem Boden nach oben hingestellt, und die Bereiche zwischen den Rippen 6 werden mit Wasser gefüllt. Danach wird die Deckplatte 5 mit den Rippen 6 verschweisst, um das Wasser einzuschliessen.

[0020] Das Wasser 8 kann auch in Beuteln 10 eingeschweisst werden, wie dies in Fig. 2 dargestellt ist. Diese Beutel werden in den Boden eingelegt und die Deckplatte 5 wird sodann ebenfalls mit den Rippen 6 verschweisst. In diesem Falle brauchen die Kammern 7 nicht wasserdicht zu sein, bzw. die eigentlichen Kammern für das Wasser werden von den Beuteln 10 gebildet.

[0021] In den Ausführungen nach Fig. 1 und 2 bilden die Rippen 6 und auch die Deckplatte 5 nicht nur die Kammern 7, sondern gleichzeitig eine erwünschte Verstärkung des Bodenbereichs. Da auch bei konventionellen Behältern zur Aufnahme grösserer Lasten der Boden mit Verstärkungsrippen versehen werden muss, bewirkt die zusätzliche Anordnung des Löschmediums im Boden keinen oder nur einen geringen Raumverlust.

[0022] Zusätzlich oder alternativ zur Anordnung nach Fig. 1 und 2 können auch in den Wänden 2 des Behälters Kammern mit Wasser ausgeformt werden. Ein Beispiel eines entsprechenden Behälters wird in Fig. 3 offenbart. Hier ist im oberen Rand des Behälters eine Kammer 7' ausgebildet, in welche das Wasser 8 eingefüllt ist, entweder direkt oder in einem Beutel. Auch dieser Behälter kann ähnlich wie jener gemäss Fig. 1 und 2 hergestellt werden. Es ist jedoch auch möglich, im Spritzprozess das Wasser mit hohem Druck direkt in den verdickten Randbereich (z.B. in der Nachdruckphase) einzudrücken - auf diese Weise können Lager- bzw. Transportgebilde ohne doppelten Boden und ohne konstruktionsbedingte Hohlräume einfach mit Löschmedium versehen werden.

[0023] Eine weitere Anordnungsmöglichkeit des Löschmediums ist der Deckel eines Behälters. Auch dieser steht quer zur primären Bewegungsrichtung der Brandfront und kann somit die Brandgeschwindigkeit in sehr effizienter Weise reduzieren.

[0024] Figur 4 zeigt eine weitere Ausführung der Erfindung, diesmal in der Form einer Kunststoffpalette. Eine solche Palette besitzt eine Auflagefläche 20 für eine Nutzlast, die von einem doppelwandigen Palettenoberteil 21 gebildet wird. Der Palettenoberteil 21 steht auf mehreren Füssen 22, die durch Querstreben 23 miteinander verbunden sind. Solche Paletten werden zum Beispiel in Lagerhäusern als Unterlage für Güter verschiedenster Art verwendet.

[0025] Im Palettenoberteil 21 sind konstruktionsbedingt mehrere Hohlräume 7 ausgeformt, in denen Wasser 8 als Löschmedium angeordnet ist. In dieser Ausführung ist das Wasser, wie in Fig. 2, von Beuteln 10 umschlossen.

[0026] Die Wirkungsweise der Palette nach Fig. 4 entspricht im Brandfall im wesentlichen jener der Behälter gemäss Fig. 1 und 2. Auch hier bildet das Wasser eine horizontale, quer zur primären Brandausbreitungsrichtung liegende Barriere, die die Brandgeschwindigkeit heruntersetzt.

[0027] Durch die Anordnung des Löschmediums in der Palette wird ein normalerweise brach liegender Raum in wirtschaftlicher Weise genutzt.

[0028] In den vorangegangenen Beispielen wurde jeweils Wasser als Löschmedium verwendet. Es ist jedoch auch möglich, anstelle von Wasser, oder zusätzlich zu Wasser, andere fliess- bzw. schüttfähige Brandbekämpfungsstoffe einzusetzen, wie z.B. Sand, Löschpulver, Schaumbildner und/oder Steinmehl. Solche Stoffe ergiessen sich bei einem Brand nach dem Öffnen der Kammern nach unten der Brandfront entgegen und verzögern deren Ausbreitung. Als Löschmedium können auch gasförmige Brandbekämpfungsstoffe wirken, wie z.B. CO2, welche unter Normal- oder Überdruck in den Kammern eingeschlossen sind und im Brandfall austreten.

[0029] Um eine möglichst breite Wirkung zu erzielen, sollte das Löschmedium bei einer Öffnung der Kammer schnell austreten. Hierzu sollten die Kammern vorzugsweise eine ausreichende, nicht mikroskopische Grösse aufweisen, so dass z.B. ein Verkleben mit dem flüssig werdenden Kunststoff verhindert wird.

[0030] Die Kammer 7 kann vorzugsweise mit einer Sollbruchstelle versehen werden, die so angeordnet ist, dass das Löschmedium im Brandfall in eine bevorzugte Richtung, z.B. nach unten, austritt. Damit kann die Wirkung des Löschmediums besser gesteuert werden.

[0031] Es zeigt sich, dass das Löschmittel, z.B. Wasser, etwa 5 bis 20, vorzugsweise etwa 10, Gewichtsprozent des gesamten Lager- bzw. Transportgebildes ausmachen sollte. Bei einem solchen Verhältnis ist der Brandbekämpfungseffekt ausreichend, während die Wirtschaftlichkeit nicht beeinträchtigt wird. Insbesondere wenn das Lager- bzw. Transportgebilde jedoch nur wenig transportiert wird, kann der Gewichtsanteil des Löschmediums auch erhöht werden.

[0032] Das Löschmedium kann nicht nur in Paletten und Behältern bzw. Palettenboxen in erfindungsgemässer Weise eingesetzt werden. Prinzipiell eignen sich zum Zwecke der Erfindung auch andere Transport- und Lagergebilde, wie z.B. Kunststoffgehäuse, Gebinde jeder Art und Lagereinrichtungsgegenstände (Kunststofftablare und dergleichen). Alle diese Gebilde dienen zur Aufnahme einer Nutzlast (bzw. Nutzinhalts) und können mit Kammern für ein von der Nutzlast getrenntes Löschmedium versehen werden.


Ansprüche

1. Lager- und/oder Transportgebilde aus Kunststoff, insbesondere Kunststoffbehälter oder Kunststoffpalette, zur Aufnahme einer Nutzlast, gekennzeichnet durch mindestens eine geschlossene, von der Nutzlast getrennte Kammer (7), in der ein schüttfähiges, fliessfähiges oder gasförmiges Löschmedium (8) zur Reduktion der Brandanfälligkeit des Lager- und/oder Transportgebildes angeordnet ist.
 
2. Lager- und/oder Transportgebilde nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass es als Behälter zur Aufnahme der Nutzlast ausgestaltet ist, wobei die mindestens eine Kammer (7) in einer Wand (2), einem Deckel und/oder einem Boden (1) des Behälters angeordnet ist.
 
3. Lager- und/oder Transportgebilde nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die mindestens eine Kammer (7) im Boden (1) des Behälters angeordnet ist.
 
4. Lager- und/oder Transportgebilde nach einem der Ansprüche 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die mindestens eine Kammer (7) von einem mit Rippen (6) versehenen Wand- und/oder Bodenelement (7) und einer an den Rippen (6) befestigten Deckplatte (5) gebildet ist.
 
5. Lager- und/oder Transportgebilde nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Löschmittel (8) in mindestens einem, das Löschmittel (8) dicht umschliessenden Beutel (10) angeordnet ist.
 
6. Lager- und/oder Transportgebilde nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Löschmedium (8) im wesentlichen Wasser ist.
 
7. Lager- und/oder Transportgebilde nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Löschmedium (8) pulverförmig ist und/oder dass es schaumerzeugend ist.
 
8. Lager- und/oder Transportgebilde nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es als Palette ausgestattet ist, in der die mindestens eine Kammer (7) angeordnet ist.
 
9. Lager- und/oder Transportgebilde nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es mehrere Kammern (7) mit Löschmedium (8) aufweist.
 
10. Lager- und/oder Transportgebilde nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die mindestens eine Kammer (7) durch Einspritzen des Löschmediums unter Druck in den plastischen Kunststoff herstellbar ist.
 
11. Lager- und/oder Transportgebilde nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Löschmittel (8) 5 - 20 Gewichtsprozent, vorzugsweise etwa 10 Gewichtsprozent, des ganzen Lager- bzw. Transportgebildes beträgt.
 
12. Lager- und/oder Transportgebilde nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die mindestens eine Kammer (7) eine Sollbruchstelle für den Austritt des Löschmediums (8) im Brandfall aufweist.
 




Zeichnung













Recherchenbericht