(19)
(11) EP 0 881 338 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.12.1998  Patentblatt  1998/49

(21) Anmeldenummer: 98109718.1

(22) Anmeldetag:  28.05.1998
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6E04D 1/22, D06N 5/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 30.05.1997 DE 29709804 U

(71) Anmelder: Hoechst Trevira GmbH & Co. KG
65926 Frankfurt (DE)

(72) Erfinder:
  • Heidel, Peter, Dr.
    86399 Bobingen (DE)
  • Weiter, Bertrand Claude
    86399 Bobingen (DE)

(74) Vertreter: Luderschmidt, Schüler & Partner GbR 
Patentanwälte, John-F.-Kennedy-Strasse 4
65189 Wiesbaden
65189 Wiesbaden (DE)

   


(54) Schwerentflammbare Schindel


(57) Die vorliegende Erfindung betrifft eine schwerentflammbare Schindel enthaltend mindestens ein beidseitig bituminiertes textiles Flächengebilde auf dessen Oberfläche zumindest einseitig ein pulver- oder flockenförmiges Flammschutzmittel aufgebracht ist, sowie Dächer enthaltend diese Schindel.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine schwerentflammbare Schindel, sowie daraus hergestellte Dächer und Dachflächen.

[0002] Schwerentflammbare Schindeln müssen vielfältigen Anforderungen genügen. Dies wird durch einen mehrschichtigen Aufbau der Schindel erreicht. Bekannte, schwerentflammbare Schindeln, die den Anforderungen im wesentlichen genügen, haben einen laminatartigen Aufbau aus mehreren diskreten Spezialbitumen- und Glasfaservliesschichten. Darüber hinaus sind auch schwerentflammbare Schindeln bekannt, die nur eine Schwer-Glasvlies-Einlage enthalten, so daß der vorstehend beschriebene mehrschichtige Aufbau vereinfacht wird. Die vorstehend genannten Schwer-Glasvlieseinlagen haben üblicherweise ein Flächengewicht von mindestens 100 g/m2. Der vorstehend beschriebene laminatartige Aufbau oder die Schwer-Glasvlieseinlage geben der Schindel einerseits eine ausreichende mechanische Stabilität und andererseits eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen Flugfeuer und strahlende Wärme.

[0003] Neben diesen Eigenschaffen müssen die schwerentflammbaren Schindeln eine hohe Formstabilität besitzen, so daß sie auch nach längerem, anwendungsgemäßem Gebrauch keine Verformungen aufweisen, die in Dachundichtigkeiten resultieren würden.

[0004] Die bisher bekannten schwerentflammbaren Schindeln zeigen entweder einen laminatartigen Aufbau aus diskreten Spezialbitumen- und Glasfaservliesschichten, der nur relativ aufwendig realisierbar ist, oder aber sie enthalten Schwer-Glasvlies-Einlage, die relativ teuer sind. Ein weiterer Nachteil ist, daß die Bitumenhaftung auf Glasfaservliesen problematisch ist. Weiterhin ist aufgrund der unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften der einzelnen Schichten eine Delaminierung nicht auszuschließen ist. Zusätzlich zu den vorstehend beschriebenen Nachteilen ist es wünschenswert, daß die Schindeln eine hohe Nagelausreißfestigkeit aufweisen, da die Schindel üblicherweise durch Nägel auf der Dachkonstruktion befestigt werden.

[0005] Es bestand daher die Aufgabe, weitere - einfach zu realisierende - schwerentflammbare Schindeln bereitzustellen, die einerseits den brandschutztechnischen Anforderungen der Brandschutznorm DIN 4102, Teil 7 sowie der Brandschutznorm

Nordtest Methode Nr. 6" genügen und andererseits eine ausreichende Nagelausreißfestigkeit besitzen. Weiterhin soll die erfindungsgemäße Schindel eine hohe Delaminierungsbeständigkeit und eine verbesserte Bitumenhaftung aufweisen. Eine weitere Forderung ist - aus wirtschaftlichen Gründen - auf eine relativ teure Glasfaservlies-Einlage zu verzichten.

[0006] Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist eine schwerentflammbare Schindel enthaltend mindestens ein beidseitig bituminiertes textiles Flächengebilde auf dessen Oberfläche zumindest einseitig ein pulver- oder flockenförmiges Flammschutzmittel aufgebracht ist.

[0007] Der Begriff "textiles Flächengebilde" ist im Rahmen dieser Beschreibung in seiner breitesten Bedeutung zu verstehen. Dabei kann es sich um alle Gebilde aus natürlichen oder synthetischen Fasern, insbesondere aus synthetisierten Polymeren, handeln, die nach einer flächenbildenden Technik hergestellt worden sind. Beispiele für solche Gebilde sind Gewebe, Gestricke und vorzugsweise Gelege, Gewirke und Vliese.

[0008] Als natürliche Fasern werden insbesondere Woll-, Baumwoll-, Flachs-, Sisal-, Kokos-, und/oder Zellulosefasern verstanden.

[0009] Als Fasern werden sowohl Fasern endlicher Länge, sogenannte Stapelfasern, als auch endlose Fasern, sogenannte Filamente, verstanden.

[0010] Wird das textile Flächengebilde durch synthetische Stapelfasern aufgebaut, so bestehen diese aus dem gleichen Material wie die nachfolgend beschriebenen Spinnvliese.

[0011] Von den Vliesen aus Fasern aus synthetischen Polymeren sind Spinnvliese, sogenannte Spunbonds, die durch eine Wirrablage frisch schmelzgesponnener Filamente erzeugt werden, bevorzugt.
Sie bestehen aus Endlos-Synthesefasern aus schmelzspinnbaren Polymermatierialien. Geeignete Polymermaterialien sind beispielsweise Polyamide, wie z.B. Polyhexamethylen-diadipamid, Poly-caprolactam, aromatische oder teilaromatische Polyamide ("Aramide"), teilaromatische oder vollaromatische Polyester, Polyphenylensulfid (PPS), Polymere mit Ether- und Keto-gruppen, wie z.B. Polyetherketone (PEK) und Polyetheretherketon (PEEK), oder Polybenzimidazole.

[0012] Bevorzugt bestehen die Spinnvliese aus schmelzspinnbaren Polyestern. Als Polyestermaterial kommen im Prinzip alle zur Faserherstellung geeigneten bekannten Typen in Betracht. Derartige Polyester bestehen überwiegend aus Bausteinen, die sich von aromatischen Dicarbonsäuren und von aliphatischen Diolen ableiten. Gängige aromatische Dicarbonsäurebausteine sind die zweiwertigen Reste von Benzoldicarbonsäuren, insbesondere der Terephthalsäure und der Isophthalsäure; gängige Diole haben 2 bis 4 C-Atome, wobei das Ethylenglycol besonders geeignet ist. Besonders vorteilhaft sind erfindungsgemäße Verbundstoffe, deren Vliese aus einem Polyestermaterial bestehen, das zu mindestens 85 mol% aus Polyethylenterephthalat besteht. Die restlichen 15 mol% bauen sich dann aus Dicarbonsäureeinheiten und Glycoleinheiten auf, die als sogenannte Modifizierungsmittel wirken und die es dem Fachmann gestatten, die physikalischen und chemischen Eigenschaften der hergestellten Filamente gezielt zu beeinflussen. Beispiele für solche Dicarbonsäureeinheiten sind Reste der Isophthalsäure oder von aliphatischen Dicarbonsäure wie z.B. Glutarsäure, Adipinsäure, Sebazinsäure; Beispiele für modifizierend wirkende Diolreste sind solche von längerkettigen Diolen, z.B. von Propandiol oder Butandiol, von Di- oder Triethylenglycol oder, sofern in geringer Menge vorhanden, von Polyglycol mit einem Molgewicht von ca. 500 bis 2000.

[0013] Darüber hinaus können auch flammhemmend modifizierte Polyester verwendet werden. Derartige Polyester sind beispielsweise in der DE-A-3,940,713 beschrieben und im Handel unter der Bezeichnung ®TREVIRA CS oder ®TREVIRA FR (Hoechst AG) erhältlich. Hinsichtlich ihrer flammhemmenden Modifizierung unterliegen die Polyester keiner Einschränkung.

[0014] Besonders bevorzugt sind Polyester, die mindestens 95 mol% Polyethylenterephthalat enthalten, insbesondere solche aus unmodifiziertem Polyethylenterephthalat.

[0015] Die in den Vliesen enthaltenen Polyester haben üblicherweise ein Molekulargewicht entsprechend einer intrinsischen Viskosität (IV) von 0,5 bis 1,4 (dl/g), gemessen an Lösungen in Dichloressigsäure bei 25°C.

[0016] Die textilen Flächengebilde aus Fasern aus synthetischen Polymeren zur Herstellung der erfindungsgemäßen Trägereinlage weisen Flächengewichte von 20 bis 2000 g/m2 auf, vorzugsweise 50 bis 400 g/m2.

[0017] Die Vliese werden nach ihrer Herstellung mechanisch beispielsweise durch Vernadeln oder thermisch durch Kalandrieren bei erhöhter Temperatur und Druck und/oder chemisch beispielsweise durch Schmelzbinder, die bevorzugt in Faserform eingebracht werden, verfestigt.

[0018] In einer weiteren Ausführungsform der Erfindung kann das textile Flächengebilde aus Fasern aus synthetischen Polymeren auch ein schmelzbindervertestigter Vliesstoff sein, welcher Träger- und Bindefasern enthält. Die Träger- und Bindefasern können sich von beliebigen thermoplastischen fadenbildenden Polymeren ableiten entsprechend dem Anforderungsprofil des Anwenders. Der Anteil der beiden Faserntypen zueinander kann in weiten Grenzen gewählt werden, wobei darauf zu achten ist, daß der Anteil der Bindefasern so hoch gewählt wird, daß der Vliesstoff durch Verklebung der Trägerfasern mit den Bindefasern eine für die gewünschte Anwendung ausreichende Festigkeit erhält. Der Anteil des aus der Bindefaser stammenden Bindemittels im Vliesstoff beträgt üblicherweise weniger als 50 Gew.-%, bezogen auf das Gewicht des Vliesstoffes.

[0019] Als Schmelzbinder kommen insbesondere modifizierte Polyester mit einem gegenüber dem Vliesstoff-Rohstoff um bis zu 50°C, vorzugsweise 10 bis 50°C, insbesondere 30 bis 50°C abgesenkten Schmelzpunkt in Betracht. Beispiele für ein derartiges Bindemittel sind Polypropylen, Polybutylenterephthalat oder durch Einkondensieren längerkettiger Diole und/oder von Isophthalsäure oder aliphatischen Dicarbonsäuren modifiziertes Polyethylenterephthalat. Die Schmelzbinder werden vorzugsweise in Faserform in die Vliese eingebracht, insbesondere in einer solchen Weise, daß mindenstens eine - in der Regel die mit dem Flamm- und/oder Brandschutzmaterialien auszurüstende - Oberfläche nahezu vollständig aus Bindefasern besteht, wie dies die EP-A-0530769 beschreibt. Die Einzelfasertiter der Träger- und der Bindefasern betragen üblicherweise 1 bis 16 dtex., vorzugsweise 2 bis 6 dtex.

[0020] In einer weiteren Ausführungsform können die Vliese nach einer mechanischen Verfestigung durch Vernadelung und/oder mittels Fluidstrahlen gegebenenfalls mit Hilfe eines chemischen Binders beispielsweise auf Basis eines Polyacrylats endverfestigt werden.

[0021] Besonders bevorzugt sind auch solche textilen Flächengebilde, die eine Kombination von bevorzugten Merkmalen aufweisen.

[0022] Die die Vliesstoffe aufbauenden Filamente oder Stapelfasern können einen praktisch runden Querschnitt besitzen oder auch andere Formen aufweisen, wie hantel-, nierenförmige, dreieckige bzw. tri- oder multilobale Querschnitte. Es sind auch Hohlfasern einsetzbar. Ferner läßt sich die Bindefaser auch in Form von Bi- oder Mehrkomponentenfasern einsetzen, wobei sicher gestellt sein muß, daß der Binder zur Verfestigung zur Verfügung steht. Im Falle von Kern/Hülle Bikomponentenfasern bedeutet dies, das die Hüllenkomponente im wesentlichen aus dem Schmelzbinder aufgebaut wird.

[0023] Die das Spinnvlies bildenden Filamente können durch übliche Zusätze modifiziert sein, beispielsweise durch Antistatika, wie Ruß und/oder Hydrophobierungsmittel. Vorteilhafterweise enthält die erfindungsgemäße Schindel zumindest ein Spinnvlies der vorstehend beschreibenen Art als textiles Flächengebilde. Eine derartige Schindel zeigt eine hohe Nagelausreißfestigkeit. Darüber hinaus kann die erfindungsgemäße Schindel auch mehrere textile Flächengebilde enthalten.

[0024] Weiterhin enthält die erfindungsgemäße Schindel ein zumindest auf einer Seite der textilen Fläche aufgebrachtes pulver- oder flockenförmiges Flammschutzmittel. Bei den verwendeten Flammschutzmaterialien handelt es sich um ansich bekannte intumeszenz und/oder gasentwickelnde Flammschutzmittel.
Derartige Flamm- bzw. Brandschutzmaterialien sind oder enthalten insbesondere:

(i) Graphit und/oder Graphit-Verbindungen, beispielsweise ®Sigraflex, der unter Wärmeentwicklung expandiert und/oder brandhemmende Gase freisetzt (intumeszens Effekt) und/oder

(ii) Phosphor-Stickstoff-Verbindungen, wie Ammoniumphosphate und -polyhosphate, die unter dem Handelsnamen ®Exolith erhältlich sind, und/oder

(iii) Kohlenstoffspender enthaltende Zusammensetzungen, wie beispielsweise Stärke plus Penthaerythrit, gegebenenfalls plus Phosphor-Stickstoff-Verbindung(en), wie z.B. Dicyandiamid und/oder Diammoniumphosphat.

(iv) roter Phosphor, der in rieselfähiger Pastillen-Form vorliegt und gegebenenfalls Phosphate und Wachse enthält. Beispiele hierfür sind Handelsprodukte wie ®Hostaflam RP 681, 682 und 683.



[0025] Bei den vorstehend genannten Graphit-Verbindungen handelt es sich insbesondere um Graphit-Salze, d.h. um Verbindungen aus Graphit und Mineralsäuren, wie Salpetersäure oder Schwefelsäure.

[0026] Die erfindungsgemäß eingesetzten Flammschutzmaterialien können neben den vorstehend genannten Verbindung noch weitere Zusätze, beispielsweise Aluminiumhydroxide, enthalten. Durch Auswahl des Zusatzes und Auswahl der Zuschlagsmenge können die Eigenschaften des Flammschutzmittels gezielt beeinflußt werden.

[0027] Vorzugsweise wird das Flamm- oder Brandschutzmaterial in einer Menge von 10 bis 120 g/m2, besonders bevorzugt in einer Menge von 20 bis 80 g/m2, zumindest einseitig auf das textile Flächengebilde aufgebracht.

[0028] Besonders vorteilhaft ist es, wenn das Flammschutzmittel eine mittlere Teilchengröße von 150 bis 650 µm (D 50%-Wert) aufweist, da hierdurch eine besonders gleichmäßige Verteilung erzielt werden kann.

[0029] Die Fixierung des Flammschutzmittels auf dem textilen Flächengebilde erfolgt durch ein Bindemittel. Dieses kann ein chemischer Binder und/oder Schmelzbinder oder Harz sein. Geeignete Bindemittel sind beispielsweise polyvinylalkoholhaltige Lösungen, Lösungen von Stärke, Zellulose oder deren Derivate.
Polymere Bindemittel sind beispielsweise Kautschuk, Latex, Polyolefine wie Polyethylen oder Polypropylen, Polyvinylacetat, Polyurethan, Polyacrylat, Polystyrolbutadiene, Copolymerisate auf Basis von Polyvinylacetat, Acrylat/Styrol, Ethylen/Vinylacetat und halogenhaltige Polymere.
Geeignete Schmelzbinder sind Schmelzkleber auf Basis von Polyamid, Polyester oder Polyurethan, deren Copolymere und Mischungen derselben. Von diesen Schmelzbindern sind insbesondere Polybutylenterephthalat und modifizierte Polyethylenterephthalate - unter Verwendung von aliphatischen Dicarbonsäuren oder Isophthalsäure - geeignet.
Als Harze sind schmelzbare Melamin-Formaldehyd-Vorkondensate geeignet, die zu Duromeren kondensieren können.

[0030] Die polymeren Bindemittel sowie die Schmelzkleber können in Form diskreter Partikel, Pulvern, Granulaten, Stapelfasern, Endlosfasern, Film oder als textiles Flächengebilde, sowie als Schmelze aufgebracht werden.

[0031] Wichtig ist, daß der Schmelzkleber bzw. das polymere Bindemittel eine Klebetemperatur besitzt, die unter der Erweichungstemperatur zumindest der tragenden Fasern des textilen Flächengebildes liegt. Falls das textile Flächengebilde aus Fasern aus synthetischen Polymeren ein schmelzbinderverfestigter Vliesstoff ist, können die Erweichungstemperaturen des schmelzbaren Polymeren und der Bindefasern des schmelzbinderverfestigten Vliesstoffes auch nahezu gleich sein oder sogar überlappen.

[0032] Wenn das textile Flächengebilde einen Anteil an Fasern enthält, die als Schmelzbinder fungieren können, so ist es von besonderem Vorteil, wenn diese wie in EP-A-0,530,769 detailiert beschrieben angeordnet sind. Diese Klebefasern können auch als Bikomponenten- oder Heterofil-Faser vorliegen.

[0033] Darüber hinaus kann das Flammschutzmittel auch in den Bitumen eingearbeitet und mit diesem zusammen aufgebracht werden. Dies hat jedoch den Nachteil, daß nur eine geringe Menge des Flammschutzmittel aktiv werden kann und somit der Verbrauch an Flammschutzmittel ungleich höher ist. Dennoch bietet diese Variante, insbesondere bei günstigen Flammschutzmitteln, einen verfahrenstechnischen Vorteil, da ein Verfahrensschritt entfallen kann. Wesentlich ist jedoch, daß bei dieser Variante das Flammschutzmittel in einer Menge von bis zu 20 %, insbesondere 5 bis 10 %, bezogen auf das Warengewicht der fertigen Schindel, eingebracht wird.

[0034] Weiterhin kann das Flammschutzmittel zusammen mit dem gegebenenfalls verflüssigten Bindemittel in Form einer Dispersion oder Suspension aufgebracht werden.

[0035] Die zur Fixierung des Flammschutzmittels erforderliche Menge des Bindemittel hängt im wesentlichen von der Art des Bindemittels ab. Falls des Bindemittel ein schmelzbares polymeres Bindemittel ist, so wird diese in einer Menge von 5 bis 120 g/m2, besonders bevorzugt in einer Menge von 10 bis 40 g/m2, zumindest einseitig auf das textile Flächengebilde aufgebracht.

[0036] Anschließend wird das mit dem Flammschutzmaterial und dem Bindemittel beladene textile Flächengebilde mittels Wärmeeinwirkung und/oder Druck behandelt, so daß das Flammschutzmaterial auf der Oberseite des textilen Flächengebildes anhaftet.

[0037] In einer weiteren Ausführungsform kann die erfindungsgemäße schwerentflammbare Schindel noch Verstärkungsschichten enthalten. Diese können die Formstabilität der fertigen Schindel weiter erhöhen. Eine weitere Funktion der Verstärkungsschicht kann darin bestehen, daß das textile Flächengebilde aus welchem die erfindungsgemäße Schindel zum wesentlichen besteht, während der Bituminierung eine Stabilisierung erfährt. Bei diesen Verstärkungsschichten handelt es sich um einzelne im wesentlichen parallel angeordnete Fäden, wobei deren Fadendichte zwischen 0,1 und 10 Fäden pro cm liegt, oder um Gewebe, Gestricke, Gelege, Gewirke und Vliese, insbesondere um Gewebe und Gelege, aus Hochleistungsfilamenten, beispielsweise aus Glas, Kohlenstoff, aromatischen Amiden (Aramide) und Polyester, bevorzugt Glas.
Bevorzugt werden die Verstärkungsschichten in Form eines Gewebe oder Geleges angeordnet, wobei die Fadendichte zwischen 0,1 und 10 Fäden pro cm beträgt.

[0038] Das mit Flammschutzmittel ausgerüstete textile Flächegebilde wird nachfolgend in an sich bekannter Weise beiseitig bituminiert. Als Bitumen sind alle zur Herstellung von Dachbahnen geeigneten Bitumen und Polymerbitumen geeignet.

[0039] Zusätzlich kann die erfindungsgemäße Schindel noch eine Abdeckschicht aus einem abriebfesten körnigen Material, beispielsweise Granulat oder Sand, aufweisen.

[0040] Durch Ausstanzen aus eine derartig hergestellten Bahn werden die erfindungsgemäßen Schindeln erhalten. Die Form der Schindeln unterliegt keiner Einschränkung, jedoch werden klassische Formen wie Biberschwanz -Schindeln aus ästhetischen Gründen bevorzugt. Die ausgestanzte Schindel kann als einzelne Schindeln oder als Schindelbahn vorliegen. Im letztgenannten Fall handelt es sich bedingt durch die Auswahl des Stanzwerkzeuges um einen Streifen von mehreren nebeneinander vorliegenden Schindeln, die noch miteinander verbunden sind. Derartige Schindelformen werden beispielsweise in Produktdatenblättern für ICOPAL Schindeln bzw. ICOPAL Schindeln exclusiv (Firma Icopal-Siplast GmbH, Deutschland) detailiert beschrieben.

[0041] Die erfindungsgemäße Schindel kann eine oder mehrere textile Flächengebilde enthalten, wobei mindestens ein textiles Flächengebilde eine flammhemmende Ausrüstungaufweisen muß um die geforderte Schwerentflammbarkeit zu gewährleisten. Je nach Flächengewicht der textile Fläche kann bereits ein flammhemmend ausgerüstetes textiles Flächengebilde ausreichen, um nach Bituminierung und gegebenenfalls Bestreung mit Sand und/oder Granulat eine Schindel zu erhalten, die den Anforderungen genügt. In diesem Fall sollte das Flächengewicht der unausgerüsteten textilen Fläche mindestens 100 g/m2 betragen. Im Sonderfällen, kann anstelle einer schweren textilen Flache zugunsten von mehreren leichteren textilen Flächen verzichtet werden, so daß sich insgesamt eine höher belastbare Schindel ergibt.

[0042] Diese besondere Ausführungsform der Erfindung besteht aus einem laminatartigen Aufbau, d.h. wenn die Schindel aus mehreren beidseitig bitumierten textilen Flächengebilden aufgebaut wird, die sowohl mit Flammschutzmitteln ausgerüstete und auch unausgerüstete textile Flächengebilde enthalten kann. Dieser sandwichartige Aufbau ist besonders bevorzugt wenn eine besonders hohe Nagelausreißfestigkeit und mechanische Stabilität gefordert wird. In einer weiteren Ausführungsform kann diese noch zusätzlich eine Verstärkungsschicht enthalten.

[0043] Die erfindungsgemäße schwerentflammbare Schindel weist eine Dicke zwischen 1 und 50 mm, insbesondere 2 und 10 mm, auf. Das Flächengewicht der erfindungsgemäßen bituminierten Schindel beträgt zwischen 1 und 40 kg/m2, insbesondere zwischen 2 und 8 kg/m2.

[0044] Die erfindungsgemäße schwerentflammbare Schindel läßt sich zur Herstellung von Dächern und Dachflächen verwenden.

[0045] Die erfindungsgemäße Schindel ist schwerentflammbar und genügt den Brandschutzanforderungen der Brandschutznorm nach DIN 4102, Teil 7 sowie dem Nordtest Methode Nr. 6.

[0046] Eine verbesserte Verarbeitbarkeit der schwerentflammbaren Schindel wird in ansich bekannter Weise erzielt, wenn ein Teil, der einem Naht- oder Stoßbereich der fertigen Schindel entspricht, von Flammschutzmaterial freigelassen wird, da hier eine Verbindung geschaffen werden kann, ohne daß die Gefahr einer Aktivierung des Flamm- oder Brandschutzmaterials besteht.
Weiterhin läßt sich die Verarbeitbarkeit verbessern, wenn an der Unterseite der fertigen Schindel eine schmelzbare Schutzfolie angebracht ist. Diese verhindert ein Zusammenkleben der Schindeln bei Lagerung und Transport und kann im Bedarfsfall mittels Flamme wieder entfernt werden. Dies ist insbesondere entlang aller Stösse and Anschlüsse erforderlich, da hier üblicherweise ein Schindelkleber aufgebracht wird.

[0047] Die Verlegung der Schindeln erfolgt mit den dem Fachmann geläufigen Verlegetechniken und unterliegt keinerlei Einschränkungen.

[0048] Weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung der erfindungsgemäßen schwerentflammbaren Schindel umfassend die Maßnahmen:

a) Bildung einer textilen Fläche,

b) Aufbringen des Bindemittels,

c) Aufbringen des Flammschutzmittels,

d) Ausüben von erhöhter Temperatur und/oder Druck, so daß das Flammschutzmittel auf der Oberfläche der textilen Fläche anhaftet,

e) Bituminieren der gemäß Maßnahme d) erhaltenen Fläche,

f) Konfektionieren der Schindel aus der gemäß Maßnahme e) erhaltenen Warenbahn,

dadurch gekennzeichnet, daß das Flammschutzmittel pulver- oder flockenförmig ist.

[0049] Eine bevorzugte Form der Bildung der textilen Fläche gemäß Maßnahme a) besteht in der Spunbond-Bildung.
An die Bildung der textilen Fläche kann sich gegebenenfalls noch eine Vorverfestigung der gebildeten textilen Fläche anschließen.

[0050] In einer Variante des Verfahrens ist es möglich vor oder nach den Maßnahmen a), b) oder c) mindestens eine Verstärkungsschicht in ansich bekannter Weise einzuarbeiten.

[0051] In einer Variante des Verfahrens ist es möglich die Maßnahmen b) und c) gemeinsam durchzuführen.

[0052] In einer Variante des Verfahrens ist es möglich mehrere gemäß Maßnahme e) erhaltene Warenbahnen zu kombinieren. Dies ermöglicht u.a. einen laminatförmigen Aufbau der Schindel, bei dem auch nicht mit Flammschutzmittel ausgerüstete textile Flächengebilde mit ausgerüsteten textilen Flächengebilden kombiniert werden können.

[0053] Gemäß Maßnahme c) des Verfahrens kann das pulverförmige Flammschutzmittel auch durch mehrere hintereinander angeordnete Bestreuungsstühle aufgebracht werden, wobei die Abfolge des Auftragens keiner Einschränkung unterliegt.

[0054] Das Bituminieren gemäß Maßnahme e) erfolgt durch Sättigung der Warenbahn mit Bitumen, beispielsweise durch Tränken (Bitumenbad) oder beidseitiges Beschichten. Derartige Bituminierungsverfahren sind bei der Herstellung von Dachbahnen bekannt.

[0055] Anschließend kann die bituminierte Warenbahn mit einer dekorativen Deckschicht, beispielsweise feinkörnigem Sand oder einen gegebenenfalls gefärbten Granulat bestreut werden. Das Bestreuen erfolgt zweckmäßigerweise kurz nach der Bituminierung auf die noch weiche Bitumenschicht. Zur Vefhinderung des Zusammenklebens der konfektionierten Schindeln ist es von Vorteil, wenn auf die Unterseite der gemäß Maßnahme e) erhaltenen Warenbahn eine schmelzbare Schutzfolie angebracht wird, die im Bedarfsfalle leicht entfernt werden kann.

[0056] Anschließend wird die Warenbahn konfektioniert, d.h. durch Ausstanzen, Aussägen oder andere geeignete Maßnahmen werden die erfindungsgemäßen Schindeln erhalten.

[0057] Es ist gleichermaßen bevorzugt das Verfahren nach dem Flächenbildungsprozess oder zu einem späteren geeigneten Zeitpunkt zu unterbrechen.

[0058] Die erhaltenen schwerentflammbaren Schindel können direkt als Belag für Dachflächen eingesetzt werden. Solche unter Verwendung der erfindungsgemäßen Schindeln hergestellte Dächer oder Dachflächen sind ebenfalls Gegenstand der vorliegenden Erfindung.


Ansprüche

1. Schwerentflammbare Schindel, enthaltend mindestens ein beidseitig bituminiertes textiles Flächengebilde, auf dessen Oberfläche zumindest einseitig ein pulver- oder flockenförmiges Flammschutzmittel aufgebracht ist.
 
2. Schindel gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das textile Flächengebilde aus natürlichen oder synthetischen Fasern besteht und ein Gewebe, Gestricke, Gelege, Gewirke oder ein Vlies, insbesondere ein Spinn- oder Stapelfaservlies ist.
 
3. Schindel gemäß Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Vlies thermisch, chemisch oder schmelzbinderverfestigt ist oder im wesentlichen aus Polyester besteht.
 
4. Schindel gemäß Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das textile Flächengebilde ein Flächengewicht von 20 bis 2000 g/m2, insbesondere von 50 bis 400 g/m2 hat.
 
5. Schindel gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Flammschutzmittel intumeszenz Graphit, eine intumeszenz Graphit-Verbindung, eine Phosphor-Stickstoff-Verbindung, eine einen Kohlenstoffspender enthaltende Zusammensetzung oder roten Phosphor, gegebenenfalls in Mischung mit Aluminiumhydroxiden, enthält und in einer Menge von 10 bis 120 g/m2 aufgebracht ist.
 
6. Schindel gemäß Anspruch 1 oder 5, dadurch gekennzeichnet, daß das Flammschutzmittel mit einem Bindemittel, insbesondere einem chemischen Binder, einem Schmelzbinder oder einem Harz fixiert ist.
 
7. Schindel gemäß Anspruch 1, gekennzeichnet durch einen schichtförmigen Aufbau, insbesondere mindestens eine weitere Verstärkungsschicht oder mindestens ein weiteres textiles Flächengebilde.
 
8. Schindel gemaß Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß auf der Oberfläche des weiteren textilen Flächengebildes zumindest einseitig ein pulver- oder flockenförmiges Flammschutzmittel aufgebracht ist.
 
9. Schindel gemäß Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß sie eine Deckschicht aus einem abriebfesten Material hat.
 
10. Schindel gemäß Anspruch 1, gekennzeichnet durch eine schmelzbare Schutzfolie auf der Unterseite.
 
11. Schindel gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie eine Dicke von 1 bis 50 mm, insbesondere von 2 bis 10 mm oder ein Flächengewicht von 1 bis 90 kg/m2, insbesondere von 2 bis 8 kg/m2 hat.
 
12. Dachfläche enthaltend Schindeln gemäß mindestens einem der Ansprüche 1 bis 11.