(19)
(11) EP 0 931 825 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
28.07.1999  Patentblatt  1999/30

(21) Anmeldenummer: 98124680.4

(22) Anmeldetag:  24.12.1998
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C10L 1/18
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 24.01.1998 DE 19802689

(71) Anmelder: Clariant GmbH
65929 Frankfurt am Main (DE)

(72) Erfinder:
  • Krull, Matthias, Dr.
    46147 Oberhausen (DE)
  • Reimann, Werner, Dr.
    65929 Frankfurt (DE)

   


(54) Verfahren zur Verbesserung der Kaltfliesseigenschaften von Brennstoffölen


(57) Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Verbesserung der Kaltfließeigenschaften von Ölen mit einem Schwefelgehalt von weniger als 500 ppm und einem Gehalt an n-Paraffinen der Kettenlänge C18 und länger von mindestens 8 Gew.-%, gekennzeichnet durch die Zugabe eines Additivs, enthaltend eine Mischung aus

A) 15 bis 50 Gew.-% eines Copolymers, enthaltend neben 87 bis 92 mol-% von Struktureinheiten, die sich von Ethylen ableiten;

a) 6,5 bis 12 mol-% Struktureinheiten, die sich von Vinylacetat ableiten,

b) 0,5 bis 6 mol-% Struktureinheiten, die sich von 4-Methylpenten-1 ableiten,
mit der Maßgabe, daß die Summe der molaren Anteile der Struktureinheiten a) und b) 8 bis 14 mol-% beträgt,

und

B) 85 bis 50 Gew.-% mindestens eines weiteren Copolymers oder Terpolymers aus Ethylen und Vinylestern oder Acrylsäureestern, das für sich allein ein Kaltfließverbesserer ist.

Weitere Gegenstände der Erfindung sind ein Additiv zur Verbesserung der Kaltfließeigenschaften von Mineralölen und Mineralöldestillaten sowie Brennstoffölzusammensetzungen, die diese Additive umfassen.


Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Verbesserung der Kaltfließeigenschaften von Mineralölen und Mineralöldestillaten, wobei gleichzeitig die Filtrierbarkeit der Öle erhalten bleibt, eine Additivmischung und die additivierten Öle.

[0002] Rohöle und durch Destillation von Rohölen gewonnene Mitteldestillate wie Gasöl, Dieselöl oder Heizöl, enthalten je nach Herkunft der Rohöle unterschiedliche Mengen an n-Paraffinen, die bei Erniedrigung der Temperatur als plättchenförmige Kristalle auskristallisieren und teilweise unter Einschluß von Öl agglomerieren. Dadurch kommt es zu einer Verschlechterung der Fließeigenschaften dieser Öle bzw. Destillate, wodurch beispielsweise bei Gewinnung, Transport, Lagerung und/oder Einsatz der Mineralöle und Mineralöldestillate Störungen auftreten können. Bei Mineralölen kann dieses Kristallisationsphänomen beim Transport durch Rohrleitungen vor allem im Winter zu Ablagerungen an den Rohrwänden, in Einzelfällen, z.B. bei Stillstand einer Pipeline, sogar zu deren völliger Verstopfung führen. Auch bei der Lagerung und Weiterverarbeitung der Mineralöle kann die Ausfällung von Paraffinen Schwierigkeiten verursachen. So kann es im Winter unter Umständen erforderlich sein, die Mineralöle in beheizten Tanks zu lagern. Bei Mineralöldestillaten können als Folge der Kristallisation Verstopfung der Filter in Dieselmotoren und Feuerungsanlagen auftreten, wodurch eine sichere Dosierung der Brennstoffe verhindert wird und gegebenenfalls eine völlige Unterbrechung der Kraftstoff- bzw. Heizmittelzufuhr eintritt.

[0003] Neben den klassischen Methoden zur Beseitigung der auskristallisierten Paraffine (thermisch, mechanisch oder mit Lösungsmitteln), die sich lediglich auf die Entfernung der bereits gebildeten Ausfällungen beziehen, wurden in den letzten Jahren chemische Additive (sogenannten Fließverbesserer oder Paraffin-Inhibitoren) entwickelt, die durch physikalisches Zusammenwirken mit den ausfallenden Paraffinkristallen dazu führen, daß deren Form, Größe und Adhäsionseigenschaften modifiziert werden. Die Additive wirken dabei als zusätzliche Kristallkeime und kristallisieren teilweise mit den Paraffinen aus, wodurch eine größere Anzahl von kleineren Paraffinkristallen mit veränderter Kristallform resultiert. Ein Teil der Wirkung der Additive wird auch durch eine Dispergierung der Paraffinkristalle erklärt. Die modifizierten Paraffinkristalle neigen weniger zur Agglomeration, so daß sich die mit diesen Additiven versetzten Öle noch bei Temperaturen pumpen bzw. verarbeiten lassen, die oft mehr als 20° tiefer liegen als bei nichtadditivierten Ölen.

[0004] Das Fließ- und Kälteverhalten von Mineralölen und Mineralöldestillaten wird durch Angabe des Cloud Point (bestimmt nach ISO 3015), des Pour-Points (bestimmt nach ISO 3016) und des Cold-Filter-Plugging-Points (CFPP; bestimmt nach EN 116) beschrieben. Beide Kenngrößen werden in °C gemessen.

[0005] Typische Fließverbesserer für Rohöle und Mitteldestillate sind Copolymerisate des Ethylens mit Carbonsäureestern des Vinylalkohols. So setzt man nach der DE-A-11 4 799 Erdöldestillat-Treib- bzw. -Brennstoffen mit einem Siedepunkt zwischen etwa 120 und 400°C öllösliche Mischpolymerisate aus Ethylen und Vinylacetat mit einem Molekulargewicht zwischen etwa 1.000 und 3.000 zu. Bevorzugt werden Mischpolymerisate, die etwa 60 bis 99 Gew.-% Ethylen und etwa 1 bis 40 Gew.-% Vinylacetat enthalten. Sie sind besonders wirksam, wenn sie durch radikalische Polymerisation in einem inerten Lösungsmittel bei Temperaturen von etwa 70 bis 130°C und Drücken von 35 bis 2.100 atü hergestellt wurden (DE-A-19 14 756). Im Stand der Technik sind auch Mischungen von Copolymeren als Fließverbesserer beschrieben.

[0006] DE-A-22 06 719 offenbart Mischungen von Ethylen/Vinylacetat-Copolymeren mit unterschiedlichen Comonomergehalten zur Verbesserung des Kaltfließverhaltens von Mitteldestillaten.

[0007] US-3 961 916 offenbart Mischungen aus verschiedenen Vinylestern oder Acrylestern untereinander oder miteinander als Kaltfließverbesserer für Mitteldestillate.

[0008] DE-A-196 20 118 offenbart Terpolymere aus Ethylen, Vinylacetat und 4-Methylpenten-1 als Kaltfließverbesserer für Mitteldestillate.

[0009] EP-A-0 796 306 offenbart Additive zur Stabilisierung des CFPP in Mitteldestillaten. Diese Additive enthalten Mischungen aus Co- und Terpolymeren von Ethylen und Vinylestern. Nachteilig an den dort vorgeschlagenen Mischungen ist der Anteil an hochkristallinen Polymeranteilen, die insbesondere bei niedrigen Öl- und/oder Additivtemperaturen bei der Additivierung die Filtrierbarkeit der additivierten Öle beeinträchtigen.

[0010] Insbesondere in Mitteldestillaten mit geringer Destillationsbreite bei gleichzeitig hohem Siedeende bereiten herkömmliche Fließverbesserer Probleme. Man beobachtet, daß der mit solchen Fließverbesserern in diesen Ölen eingestellte CFPP nicht stabil ist, sondern im Verlauf einiger Tage bis Wochen auf den CFPP des nicht additivierten Öls zurückgeht (CFPP-Reversion). Die Ursache dafür ist nicht bekannt. Es wird vermutet, daß sie in einer unvollständigen Rücklösung der Polymeranteile mit niedrigem Comonomergehalt aus dem einmal eingetrübten Öl zu suchen ist. Ein besonderes Problem stellt die Verhinderung der CFPP-Reversion bei Ölen mit niedrigem Schwefelgehalt dar, da diese aufgrund der Entschwefelungschritte besonders hohe Anteile langkettiger n-Paraffine mit Kettenlängen größer als C18 aufweisen.

[0011] Es bestand daher die Aufgabe, Additive für die genannten Mineralöle und Mineralöldestillate zu finden, die zu einer sehr guten CFPP-Erniedrigung führen, und bei denen keine CFPP-Reversion auftritt und die die Filtrierbarkeit der additivierten Öle oberhalb des Cloud Points nicht beeinträchtigen.

[0012] Überraschenderweise wurde gefunden, daß Mischungen, die ein Copolymer aus Vinylacetat, Ethylen und 4-Methylpenten-1 und ein Copolymer aus Ethylen und Vinylestern oder Acrylestern enthalten, eine Lösung dieser Aufgabe darstellen.

[0013] Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Verbesserung der Kaltfließeigenschaften von Ölen mit einem Schwefelgehalt von weniger als 500 ppm und einem Gehalt an n-Paraffinen der Kettenlänge C18 und länger von mindestens 8 Gew.-%, gekennzeichnet durch die Zugabe eines Additivs, enthaltend eine Mischung aus

A) 15 bis 50 Gew.-% eines Copolymers, enthaltend neben 87 bis 92 mol-% von Struktureinheiten, die sich von Ethylen ableiten;

a) 6,5 bis 11 mol-% Struktureinheiten, die sich von Vinylacetat ableiten,

b) 0,5 bis 5 mol-% Struktureinheiten, die sich von 4-Methylpenten-1 ableiten,
mit der Maßgabe, daß die Summe der molaren Anteile der Struktureinheiten a) und b) 8 bis 13 mol-% beträgt,

und

B) 85 bis 50 Gew-% mindestens eines weiteren Copolymers oder Terpolymers aus Ethylen und Vinylestern oder Acrylsäureestern, das für sich allein ein Kaltfließverbesserer ist.



[0014] Die Angaben in Gew.-% beziehen sich auf das Gesamtgewicht der Mischung aus A) und B).

[0015] Weitere Gegenstände der Erfindung sind ein Additiv zur Verbesserung der Kaltfließeigenschaften von Mineralölen und Mineralöldestillaten sowie Brennstoffölzusammensetzungen, die diese Additive enthalten.

[0016] Vorzugsweise besteht die Mischung der Copolymeren aus 20 bis 40 Gew.-% der Komponenten A) und 60 bis 80 Gew.-% der Komponente B).

[0017] Die Komponente A) ist vorzugsweise ein Terpolymer, das 7 bis 11 mol-% Struktureinheiten, die sich vom Vinylacetat ableiten, enthält. Weiterhin enthalt die Komponente A) vorzugsweise 1 bis 4 mol-% Struktureinheiten, die sich vom 4-Methylpenten-1 ableiten. Der Gesamtcomonomergehalt, d.h. der Gehalt an Struktureinheiten a) und b) beträgt in einer bevorzugten Ausführungsform zwischen 10 und 13 mol-%. In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform enthält die Komponente A) 5 bis 9 Methylgruppen pro 100 Methylengruppen, wobei solche Methylgruppen ausgenommen sind, die vom Vinylacetat herrühren. Die Bestimmung der Zahl der Methylgruppen erfolgt mittels 1H-NMR-Spektroskopie.

[0018] Copolymer B) ist vorzugsweise ein Ethylen-Copolymerisat mit einem Comonomergehalt von 10 bis 20 mol-%, bevorzugt 12 bis 18 mol-%. Geeignete Comonomere sind Vinylester aliphatischer Carbonsäuren mit 2 bis 15 C-Atomen. Bevorzugte Vinylester für Copolymer B) sind Vinylacetat, Vinylpropionat, Vinylhexanoat, Vinyllaurat und Vinylester von Neocarbonsäuren, hier insbesondere von Neononan-, Neodecan- und Neoundecansäure. Insbesondere bevorzugt sind ein Ethylen-Vinylacetat-Copolymer, ein Ethylen-Vinylpropionat-Copolymer, ein Ethylen-Vinylacetat-Neononansäurevinylester-Terpolymer oder ein Ethylen-Vinylacetat-Neodecansäurevinylester-Terpolymer. Bevorzugte Acrylsäureester sind Acrylsäureester mit Alkoholresten von 1 bis 20, insbesondere von 2 bis 12 und speziell von 4 bis 8 Kohlenstoffatomen, wie beispielsweise Methylacrylat, Ethylacrylat und 2-Ethylhexylacrylat. Weitere geeignete Comonomere sind Olefine wie Propen, Hexen, Buten, Isobuten, Diisobutylen, 4-Methylpenten-1 und Norbornen. Besonders bevorzugt sind Ethylen-Vinylacetat-Diisobutylen und Ethylen-Vinylacetat-4-Methylpenten-1-Terpolymerisate.

[0019] Die für die Additivmischungen verwendeten Copolymere sind durch die üblichen Copolymerisationsverfahren wie beispielsweise Suspensionspolymerisation, Lösungsmittelpolymerisation, Gasphasenpolymerisation oder Hochdruckmassepolymerisation herstellbar. Bevorzugt ist dabei die Hochdruckmassepolymerisation bei Drucken von vorzugsweise 50 bis 400, insbesondere 100 bis 300 MPa und Temperaturen von vorzugsweise 50 bis 350, insbesondere 100 bis 250°C. Die Reaktion der Monomeren wird durch Radikale bildende Initiatoren (Radikalkettenstarter) eingeleitet. Zu dieser Substanzklasse gehören z.B. Sauerstoff, Hydroperoxide, Peroxide und Azoverbindungen wie Cumolhydroperoxid, t-Butylhydroperoxid, Dilauroylperoxid, Dibenzoylperoxid, Bis(2-ethylhexyl)peroxid-carbonat, t-Butylperpivalat, t-Butylpermaleinat, t-Butylperbenzoat, Dicumylperoxid, t-Butylcumylperoxid, Di-(t-butyl)peroxid, 2,2'-Azo-bis(2-methylpropanonitril), 2,2'-Azo-bis(2-methylbutyronitril). Die Initiatoren werden einzeln oder als Gemisch aus zwei oder mehr Substanzen in Mengen von 0,01 bis 20 Gew.-%, vorzugsweise 0,05 bis 10 Gew.-%, bezogen auf das Monomerengemisch, eingesetzt.

[0020] Vorzugsweise haben die Additivkomponenten Schmelzviskositäten bei 140°C von 20 bis 10.000 mPas, insbesondere von 30 bis 5000 mPas, speziell von 50 bis 2000 mPas. Die Schmelzviskositäten von A und B können gleich oder verschieden sein. Bevorzugt ist A > B. Die gewünschte Schmelzviskosität der Mischungen wird durch Auswahl der Einzelkomponenten und Variation des Mischungsverhältnisses der Copolymeren eingestellt.

[0021] Die unter A) und B) genannten Copolymere können bis zu 5 Gew.-% weiterer Comonomere enthalten. Solche Comonomere können beispielsweise Vinylester, Vinylether, Acrylsäurealkylester, Methacrylsäurealkylester mit C1- bis C20-Alkylresten, Isobutylen und höhere Olefine mit mindestens 5 Kohlenstoffatomen sein. Bevorzugt als höhere Olefine sind Hexen, Isobutylen, Octen und/oder Diisobutylen.

[0022] Die Hochdruckmassepolymerisation wird in bekannten Hochdruckreaktoren, z.B. Autoklaven oder Rohrreaktoren, diskontinuierlich oder kontinuierlich durchgeführt, besonders bewährt haben sich Rohrreaktoren. Lösungsmittel wie aliphatische und/oder aromatische Kohlenwasserstoffe oder Kohlenwasserstoffgemische, Benzol oder Toluol, können im Reaktionsgemisch enthalten sein. Bevorzugt ist die lösungsmittelfreie Arbeitsweise. In einer bevorzugten Ausführungsform der Polymerisation wird das Gemisch aus den Monomeren, dem Initiator und, sofern eingesetzt, dem Moderator, einem Rohrreaktor über den Reaktoreingang sowie über einen oder mehrere Seitenäste zugeführt. Hierbei können die Monomerenströme unterschiedlich zusammengesetzt sein (EP-A-0 271 738).

[0023] Die Additivmischungen werden Mineralölen oder Mineralöldestillaten in Form von Lösungen oder Dispersionen zugesetzt. Diese Lösungen oder Dispersionen enthalten vorzugsweise 1 bis 90, insbesondere 5 bis 80 Gew.-% der Mischungen. Geeignete Lösungs- oder Dispersionsmittel sind aliphatische und/oder aromatische Kohlenwasserstoffe oder Kohlenwasserstoffgemische, z.B. Benzinfraktionen, Kerosin, Decan, Pentadecan, Toluol, Xylol, Ethylbenzol oder kommerzielle Lösungsmittelgemische wie Solvent Naphtha, ®Shellsoll AB, ®Solvesso 150, ®Solvesso 200, ®Exxsol, ®ISOPAR- und ®Shellsol D-Typen. Die angegebenen Lösemittelgemische enthalten unterschiedliche Mengen an aliphatischen und/oder aromatischen Kohlenwasserstoffen. Die Aliphaten können geradkettig (n-Paraffine) oder verzweigt sein (iso-Paraffine). Aromatische Kohlenwasserstoffe können mono-, di- oder polyzyklisch sein und gegebenfalls einen oder mehrere Substituenten tragen. Durch die Additivmischungen in ihren rheologischen Eigenschaften verbesserte Mineralöle oder Mineralöldestillate enthalten 0,001 bis 2, vorzugsweise 0,005 bis 0,5 Gew.-% der Mischungen, bezogen auf das Destillat.

[0024] Zur Herstellung von Additivpaketen für spezielle Problemlösungen können die Mischungen auch zusammen mit einem oder mehreren öllöslichen Co-Additiven eingesetzt werden, die bereits für sich allein die Kaltfließeigenschaften von Rohölen, Schmierölen oder Brennölen verbessern. Beispiele solcher Co-Additive sind polare Verbindungen, die ein Paraffindispergierung bewirken (Paraffindispergatoren), sowie Kammpolymere.

[0025] Paraffindispergatoren reduzieren die Größe der Paraffinkristalle und bewirken, daß die Paraffinpartikel sich nicht absetzen, sondern kolloidal mit deutlich reduziertem Sedimentationsbestreben, dispergiert bleiben. Als Paraffindispergatoren haben sich öllösliche polare Verbindungen mit ionischen oder polaren Gruppen, z.B. Aminsalze und/oder Amide bewährt, die durch Reaktion aliphatischer oder aromatischer Amine, vorzugsweise langkettiger aliphatischer Amine, mit aliphatischen oder aromatischen Mono-, Di-, Tri- oder Tetracarbonsäuren oder deren Anhydriden erhalten werden (US-4 211 534). Andere Paraffindispergatoren sind Copolymere des Maleinsäureanhydrids und ,ß-ungesättigter Verbindungen, die gegebenenfalls mit primären Monoalkylaminen und/oder aliphatischen Alkoholen umgesetzt werden können (EP-A-0 154 177), die Umsetzungsprodukte von Alkenylspirobislactonen mit Aminen (EP-A-0 413 279) und nach EP-A-0 606 055 Umsetzungsprodukte von Terpolymerisaten auf Basis α,ß-ungesättigter Dicarbonsäureanhydride, α,ß-ungesättigter Verbindungen und Polyoxyalkenylether niederer ungesättigter Alkohole. Auch Alkylphenol-Formaldehydharze sind als Paraffindispergatoren geeignet.

[0026] Unter Kammpolymeren versteht man Polymere, bei denen Kohlenwasserstoffreste mit mindestens 8, insbesondere mindestens 10 Kohlenstoffatomen an einem Polymerrückgrat gebunden sind. Vorzugsweise handelt es sich um Homopolymere, deren Alkylseitenketten mindestens 8 und insbesondere mindestens 10 Kohlenstoffatome enthalten. Bei Copolymeren weisen mindestens 20 %, bevorzugt mindestens 30 % der Monomeren Seitenketten auf (vgl. Comb-like Polymers - Structure and Properties; N.A. Platé and V.P. Shibaev, J. Polym. Sci. Macromolecular Revs. 1974, 8, 117 ff). Beispiele für geeignete Kammpolymere sind z.B. Fumarat/Vinylacetat-Copolymere (vgl. EP-A- 0 153 176), Copolymere aus einem C6-C24- -Olefin und einem N-C6- bis C22-Alkylmaleinsäureimid (vgl. EP-A-0 320 766), ferner veresterte Olefin/Maleinsäureanhydrid-Copolymere, Polymere und Copolymere von α-Olefinen und veresterte Copolymere von Styrol und Maleinsäureanhydrid.

[0027] Beispielsweise können Kammpolymere durch die Formel

beschrieben werden. Darin bedeuten
A
R', COOR', OCOR', R''-COOR', DR';
D
H, CH3, A oder R'';
E
H, A;
G
H, R'', R''-COOR', einen Arylrest oder einen heterocyclischen Rest;
M
H, COOR'', OCOR'', OR'', COOH;
N
H, R'', COOR'', OCOR, einen Arylrest;
R'
eine Kohlenwasserstoffkette mit 8 bis 50 Kohlenstoffatomen;
R''
eine Kohlenwasserstoffkette mit 1 bis 10 Kohlenstoffatomen;
m
eine Zahl zwischen 0,4 und 1,0; und
n
eine Zahl zwischen 0 und 0,6.


[0028] Das Mischungsverhältnis (in Gewichtsteilen) der Additivmischungen mit Paraffindispergatoren und/oder Kammpolymeren beträgt jeweils 1:10 bis 20:1, vorzugsweise 1:1 bis 10:1.

[0029] Als Brennstoffkomponente sind Mitteldestillate besonders gut geeignet. Als Mitteldestillate bezeichnet man insbesondere solche Mineralöle, die durch Destillation von Rohöl gewonnen werden und im Bereich von 120 bis 400°C sieden, wie beispielsweise Kerosin, Jet-Fuel, Diesel und Heizöl. Die erfindungsgemäßen Brennstoffe enthalten vorzugsweise weniger als 350 ppm und speziell weniger als 200 ppm Schwefel. Ihr mit GC bestimmter Gehalt an n-Paraffinen, die Kettenlängen von 18 Kohlenstoffatomen oder mehr aufweisen, liegt bei mindestens 8 Flächen-%, bevorzugt bei mehr als 10 Flächen-%. Im Vergleich zum nächstliegenden Stand der Technik, insbesondere zu EP-A-0 796 306, besteht der Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens in einer verbesserten Löslichkeit der Additive, so daß die Filtrierbarkeit der mit ihnen additivierten Öle auch nach Additivierung bei niedrigen Temperaturen von Öl- und/oder Additiv erhalten bleibt. Außerdem zeigen die erfindungsgemäßen Mischungen ausgeprägte synergistische Effekte gegenüber den Einzelkomponenten bei der CFPP-Absenkung.

[0030] Die Additivmischungen können allein oder auch zusammen mit anderen Zusatzstoffen verwendet werden, beispielsweise mit Entwachsungshilfsmitteln, Korrosionsinhibitoren, Antioxidantien, Lubricity-Additiven, Dehazern, Leitfähigkeitsverbesserern, Cetanzahlverbesserern oder Schlamminhibitoren.

Beispiele



[0031] 
Tabelle 1
Charakterisierung der Additive
Es werden folgende Co-und Terpolymere des Ethylens, jeweils 50 %ig in Kerosin suspendiert, eingesetzt:
  Vinylacetat CH3/100CH2 Termonomer V140
A1) 24,9 % (10,0 mol-%) 5,4 1,5 mol-% 4-MP 375 mPas
A2) 22,5 % (9,1 mol-%) 6,5 2,6 mol-% 4-MP 287 mPas
A3) 26,2 % (10,8 mol-%) 6,0 2,11 mol-% 4-MP 486 mPas
A4) 22,0 % (9,0 mol-%) 8,0 3,8 mol-% 4-MP 335 mPas
       
B1) 32,0 % (13,3 mol-%) 3,2 - 125 mPas
B2) 32,0 % (14,0 mol-%) 6,5 1,6 mol-% VeoVa 110 mPas
B3) 31,7 % (14,9 Mol-%) 7,2 2,2 mol-% VeoVa 240 mPas
V140 = Schmelzviskosität bei 140°C gemäß EN 3219
VeoVa = Neodecansäurevinylester
4-MP = 4-Methylpenten-1
Tabelle 2
Charakterisierung der Testöle
Die Bestimmung der Siedekenndaten erfolgt gemäß ASTM D-86, die Bestimmung des CFPP-Werts gemäß EN 116 und die Bestimmung des Cloud Points gemäß ISO 3015. Die Bestimmung des Paraffingehalts erfolgt durch gaschromatographische Trennung des Öls (Detektion mittels FiD) und Berechnung des Integrals der n-Paraffine ≥ C18 im Verhältnis zum Gesamtintegral.
  Testöl 1 (°C) Testöl 2 (°C) Testöl 3 (°C) Testöl 4 (°C) Testöl 5 (°C) Testöl 6 (°C)
Siedebeginn 180 169 183 183 184 182
20 % 267 255 226 232 258 243
90 % 350 350 330 358 329 351
95 % 365 364 347 378 344 366
Cloud Point -0,4 -1 -9 +4 -5 -3
CFPP -3 -3 -12 -4 -9 -6
(90-20) % 83 95 104 126 71 108
           
n-Paraff. ≥C18 [Fl-%] 11,8 10,9 9,6 10,5 8,5 11,3
S-Gehalt [ppm] 270 540 175 375 295 430

Bestimmung der CFPP-Stabilität



[0032] Der CFPP-Wert des mit der angegebenen Menge Fließverbesserer additivierten Öls wurde direkt nach der Additivierung gemessen und der Rest der Probe bei -3°C, also unterhalb des Cloud Points gelagert. In wöchentlichen Abständen wurden die Proben auf 12°C erwärmt, 50 ml für eine erneute CFPP-Messung entnommen und der Rest bei -3°C weiter gelagert.
Tabelle 3
CFPP-Stabilität in Testöl 1
Die Dosierrate in Testöl 1 betrug 800 ppm Additiv, 50 % in Kerosin
  CFPP
  (sofort) 1 Woche 2 Wochen 3 Wochen 4 Wochen
A1 + B1 (1:5) -14 -13 -11 -12 -11
A1 + B2 (1:3) -12 -14 -12 -11 -12
A2 + B3 (1:4) -14 -12 -11 -13 -11
A3 + B2 (1:2) -12 -12 -11 -9 -11
A4 + B3 (1:4) -13 -12 -13 -11 -11
A1 + B2 (1:2) -14 -14 -10 -13 -14
A1 + B1 + B2 (1:2:2) -14 -12 -12 -15 -12
B1 (Vergleich) -10 -4 -5 -3 -4
B2 (Vergleich) -11 -7 -5 -4 -5
B3 (Vergleich) -10 -9 -7 -7 -5
Tabelle 4
CFPP-Stabilität in Testöl 2
Die Dosierrate in Testöl 2 betrug 800 ppm Additiv, 50 % in Kerosin
  CFPP
  (sofort) 1 Woche 2 Wochen 3 Wochen 4 Wochen
A1 + B2 (1:3) -12 -10 -10 -12 -10
A2 + B3 (1:4) -11 -12 -11 -12 -12
B2 (Vergleich) -10 -9 -7 -8 -5
B3 (Vergleich) -10 -9 -6 -6 -5

CFPP-Stabilität in Testöl 6



[0033] 
Tabelle 5a
CFPP-Werte sofort nach Additivierung
Additiv CFPP (°C)
  50 ppm 100 ppm 150 ppm
B1 -10 -15 -16
B2 -9 -14 -15
A4 + B1 (1:3) -11 -16 -17
A4 + B2 (1:5) -10 -14 -15
Tabelle 5b
CFPP-Werte nach 4-tägiger Lagerung bei 2°C
Additiv CFPP (°C)
  50 ppm 100 ppm 150 ppm
B1 -9 -10 -9
B2 -8 -10 -9
A4 + B1 (1:3) -11 -15 -17
A4 + B2 (1:5) -11 -15 -16
Tabelle 6
CFPP-Synergismus in Testöl 3
  50 ppm 100 ppm 200 ppm
A1 + B1 (1:2) -20 -22 -24
A1 + B2 (1:3) -19 -21 -26
     
A1 (Vergleich) -16 -18 -18
B1 (Vergleich) -17 -20 -23
B2 (Vergleich) -11 -15 -22
Tabelle 7
CFPP-Synergismus in Testöl 4
  100 ppm 200 ppm 300 ppm
A1 + B2 (1:1) -12 -15 -16
A1 + B1 (1:2) -11 -13 -17
     
A1 (Vergleich) -6 -8 -10
B1 (Vergleich) 1 -8 -12
B2 (Vergleich) -3 -2 -5

Löslichkeit der Mischungen



[0034] Das Löslichkeitsverhalten der Terpolymerisate wird im British-Rail Test wie folgt bestimmt: 400 ppm einer auf 22°C temperierten Dispersion des Polymerisats in Kerosin werden in 200 ml des auf 22°C temperierten Testöls 5 dosiert und 30 Sekunden kräftig geschüttelt. Nach 24 Stunden Lagerung bei +3°C wird 15 Sekunden geschüttelt und anschließend bei 3°C in drei Portionen von je 50 ml über einen 1,6 µm-Glasfibermicrofilter (25 mm; Whatman GFA, Best.-Nr. 1820025) filtriert. Aus den drei Filtrationszeiten T1, T2 und T3, deren Summe 20 Minuten nicht übersteigen darf, wird der ADT-Wert wie folgt berechnet:



[0035] Ein ADT-Wert ≤ 15 wird als Anhaltspunkt dafür angesehen, daß das Gasöl in "normal" kalter Witterung zufriedenstellend verwendbar ist. Produkte mit ADT-Werten ≤ 25 werden als nicht filtrierbar bezeichnet.
Tabelle 8
Löslichkeit der Additive
  ADT
Blindwert (ohne Additiv) 3,0
A1 + B2 (1:5) 5,8
A1 + B3 (1:3) 6,0
A3 + B1 (1:1) 12,5
A4 + B2 (1:4) 8,2
 
B2 (Vergleich) 5,4
B2 + 4 % EVA-Copolymer mit 13,5 Gew.-% Vinylacetat (gemäß WO 97/17905) 60
B2 + 10 % EVA-Copolymer mit 13,5 Gew.-% Vinylacetat (gemäß WO 97/17905) nicht filtrierbar (115 ml in 20 Minuten)

Liste der verwendeten Handelsbezeichnungen



[0036] 
Solvent Naphtha
aromatische Lösemittelgemische mit Siedebereich 180 bis 210°C
®Shellsol AB
®Solvesso 150
®Solvesso 200
aromatisches Lösemittelgemisch mit Siedebereich 230 bis 287°C
®Exxsol
Dearomatisierte Lösemittel in verschiedenen Siedebereichen, beispielsweise ®Exxsol D60: 187 bis 215°C
®ISOPAR (Exxon)
isoparaffinische Lösemittelgemische in verschiedenen Siedebereichen, beispielsweise ®ISOPAR L: 190 bis 210°C
®Shellsol D
hauptsächlich aliphatische Lösemittelgemische in verschiedenen Siedebereichen



Ansprüche

1. Verfahren zur Verbesserung der Kaltfließeigenschaften von Ölen mit einem Schwefelgehalt von weniger als 500 ppm und einem Gehalt an n-Paraffinen der Kettenlänge C18 und länger von mindestens 8 Gew.-%, gekennzeichnet durch die Zugabe eines Additivs, enthaltend eine Mischung aus

A) 15 bis 50 Gew.-% eines Copolymers, enthaltend neben 87 bis 92 mol-% von Struktureinheiten, die sich von Ethylen ableiten;

a) 6,5 bis 12 mol-% Struktureinheiten, die sich von Vinylacetat ableiten,

b) 0,5 bis 6 mol-% Struktureinheiten, die sich von 4-Methylpenten-1 ableiten,
mit der Maßgabe, daß die Summe der molaren Anteile der Struktureinheiten a) und b) 8 bis 14 mol-% beträgt,

und

B) 85 bis 50 Gew.-% mindestens eines weiteren Copolymers oder Terpolymers aus Ethylen und Vinylestern oder Acrylsäureestern, das für sich allein ein Kaltfließverbesserer ist.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet, daß Copolymer A) 7 bis 11 mol-% der unter a) genannten Struktureinheiten enthält.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 und/oder 2 dadurch gekennzeichnet, daß Copolymer A) 1 bis 4 mol-% der unter b) genannten Struktureinheiten enthält.
 
4. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die verwendete Additivmischung Schmelzviskositäten bei 140°C von 20 bis 10.000 mPas, insbesondere von 30 bis 5000 mPas aufweist.
 
5. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die unter A) oder B) genannten Copolymere bis zu 5 Gew.-% weiterer Comonomere enthalten.
 
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß als weitere Comonomere Vinylester, Vinylether, Acrylsäurealkylester, Methacrylsäurealkylester, Isobutylen oder höhere Olefine mit mindestens 5 Kohlenstoffatomen, bevorzugt Hexen, Octen oder Diisobutylen, Verwendung finden.
 
7. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß Paraffindispergatoren und/oder Kammpolymere als weitere Komponenten der Additivzusammensetzung zugesetzt werden.
 
8. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Additivmischungen 20 bis 40 Gew.-% der Komponenten A) und 60 bis 80 Gew-% der Komponente B) enthalten.
 
9. Additivmischung zur Verbesserung des Kaltfließverhaltens von Mitteldestillaten, enthaltend

A) 15 bis 50 Gew.-% eines Copolymers, enthaltend neben 87 bis 92 mol-% von Struktureinheiten, die sich von Ethylen ableiten;

a) 6,5 bis 12 mol-% Struktureinheiten, die sich von Vinylacetat ableiten,

b) 0,5 bis 6 mol-% Struktureinheiten, die sich von 4-Methylpenten-1 ableiten,
mit der Maßgabe, daß die Summe der molaren Anteile der Struktureinheiten a) und b) 8 bis 14 mol-% beträgt,

und

B) 85 bis 50 Gew-% mindestens eines weiteren Copolymers oder Terpolymers aus Ethylen und Vinylestern oder Acrylsäureestern, das für sich allein ein Kaltfließverbesserer ist.


 
10. Brennstoffölzusammensetzung, enthaltend ein Brennstofföl mit einem Schwefelgehalt von weniger als 500 ppm und einem Gehalt an n-Paraffinen der Kettenlänge C18 und länger von mindestens 8 Gew.-% sowie ein Additiv, enthaltend eine Mischung aus

A) 15 bis 50 Gew.-% eines Copolymers, enthaltend neben 87 bis 92 mol-% von Struktureinheiten, die sich von Ethylen ableiten;

a) 6,5 bis 12 mol-% Struktureinheiten, die sich von Vinylacetat ableiten,

b) 0,5 bis 6 mol-% Struktureinheiten, die sich von 4-Methylpenten-1 ableiten,
mit der Maßgabe, daß die Summe der molaren Anteile der Struktureinheiten a) und b) 8 bis 14 mol-% beträgt,

und

B) 85 bis 50 Gew-% mindestens eines weiteren Copolymers oder Terpolymers aus Ethylen und Vinylestern oder Acrylsäureestern, das für sich allein ein Kaltfließverbesserer ist.