[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Vermeiden von Webfehlern bei
der Gewebebildung in einer Webmaschine nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1, sowie
eine Webmaschine zur Durchführung dieses Verfahrens nach dem Oberbegriff des Anspruchs
4.
[0002] Ein derartiges Verfahren bzw. eine derartige Webmaschine ist der DE-C2-41 37 681
und auch der EP-A1-0 629 726 zu entnehmen.
[0003] Die Ursache von Gewebefehlern, auch Standstellen oder Anlaufstellen (offene und dichte
Stellen) genannt, ist dadurch zu erklären, daß bei hoher Geschwindigkeit der Webmaschine
die Anschlagposition des Weberietes (bedingt durch die Massenkräfte) näher beim fertigen
Gewebe liegt als z.B. bei einer Kriechganggeschwindigkeit von ca. 20 min
-1. Daher entsteht beim Wechsel zwischen den beiden Betriebsarten eine Fehlerstelle.
Im Falle eines Übergangs von hoher Geschwindigkeit zur Kriechganggeschwindigkeit tritt
also eine offene Gewebestelle auf, folglich tritt im Falle eines Übergangs von Kriechganggeschwindigkeit
zur hohen Geschwindigkeit eine dichte Gewebestelle auf. Dieses Problem kann natürlich
auch beim schußgarnbedingten Wechsel der Webgeschwindigkeit innerhalb eines Gewebes
z.B. von 500 min
-1 auf 250 min
-1 auftreten.
[0004] Die DE-C2-41 37 681 beschreibt ein Verfahren zur Verhinderung eines Schußstreifens
in einer Webmaschine bei dem die Webware und somit die Warenkante im Stillstand bzw.
Kriechgang oder Positionierung der Webmaschine verschoben wird, um dann beim Wiederanlauf
der Webmaschine Schußstreifen zu vermeiden.
[0005] Ähnlich ist es bei der EP-A1-0 629 726. Nach dieser Lehre wird, wenn nach einem Störsignal
die webmaschine stillgesetzt wird, der Warenrand in eine Ausweichstellung verlagert.
Durch ein auf die Art des Gewebes, des Kettfadens und des Schußfadens, abgestimmtes
Startverfahren, werden Anlaufstellen im Gewebe verhindert.
[0006] Nach ähnlichem Prinzip wird auch in den anderen vorbekannten Druckschriften gearbeitet,
siehe z.B. EP-A1-0 629 725, EP-B1 0 151 940, EP-B1-0 594 250, EP-A1-0 567 428, CH-A5-668
997 und DE-U-91 08 796.
[0007] Beim Stand der Technik wird versucht, diese Standstellen auszugleichen durch die
Verschiebung der Gewebekante vor der Kriechgangfunktion. Dies hat zur Folge, daß diese
nötigen Verschiebungen der Gewebekante erst angefordert, ausgeführt und deren Vollzug
überwacht werden muß. Diese Vorgehensweise funktioniert nur beim Übergang von Stillstand
der Webmaschine in die Kriechgangfunktion. In der Praxis wird also z.B. nach dem Stopp
der Webmaschine so lange auf den Schalter Kriechgang gedrückt, bis die Hilfsantriebe
den Warenrand in entsprechende Position gebracht haben. In dieser Zeit passiert in
bezug auf den Webvorgang noch gar nichts. Erst nach erfolgter Warenrandverschiebung
durch die Hilfsantriebe startet dann die Webmaschine den Webvorgang im Kriechgangbetrieb
und der Finger kann von dem Kriechgangschalter genommen werden. Eine automatische
Korrektur des Warenrandes durch die Hilfsantriebe, z.B. beim schußgarnbedingten Wechsel
von Webgeschwindigkeiten innerhalb eines Gewebes , ist also mit dem Stand der Technik
nicht möglich.
[0008] Der vorliegenden Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, das eingangs beschriebene
Verfahren und die Webmaschine zur Durchführung dieses Verfahrens derart zu verbessern,
daß sie die geschilderten Nachteile sicher vermeiden und mit einfacher und sicherer
Handhabung jegliche Webfehler bei der Gewebebildung ausgeschlossen werden können.
[0009] Ein weiteres Ziel der Erfindung liegt darin, den Betrieb der Webmaschine möglichst
schnell zu machen, so daß auf die Positionierung der Warenkante bei einem Neustart
oder dergleichen verzichtet werden kann.
[0010] Diese Aufgabe und das Ziel werden dadurch gelöst bzw. erreicht, daß der Rechner kontinuierlich
während des Betriebs der Webmaschine mehrere Hilfsantriebsmotoren derart steuert,
daß die je nach Webmaschinengeschwindigkeit sonst aufgrund von Deformationen an der
Weblade auftretende Warenrandverschiebung ausgeglichen wird.
[0011] Da die Durchführung dieser Berechnung kontinuierlich und reproduzierbar innerhalb
des erfindungsgemäßen Rechners der Steuereinrichtung erfolgt, benötigt diese Verfahrensweise
auch bei Drehzahlvariationen innerhalb des Webvorganges, z.B. bedingt durch unterschiedliche
Schußgarne (z.B. Garnfeine und Material) keinerlei manuelle Korrekturen oder Nachstellungen
der Warenkante.
[0012] Bei der erfindungsgemäßen Verfahrensweise wird - anders ausgedrückt - von vornherein
die Ursache der Stand- bzw. Anlaufstellen im Gewebe dadurch kompensiert, daß die Gewebekante
durch die Hilfsantriebe entsprechend einer mathematischen Beziehung

) um das Maß der geänderten Anschlagkante positioniert wird. Dies erfolgt kontinuierlich
und reproduzierbar während des Laufs der Webmaschine. Bei der Ausführung der Kriechgangfunktion
aus dem Stand der Webmaschine sind daher z.B. keinerlei Vorabbewegungen der Warenkante
erforderlich, um Anlaufstellen zu vermeiden.
[0013] Beim Start der Webmaschine in die volle Webmaschinengeschwindigkeit wird beim Stand
der Technik der Warenrand nicht verschoben. Da die Webmaschine beim ersten Schußanschlag
ihre Endgeschwindigkeit häufig noch nicht erreicht hat, kann es zu einer offenen Stelle
im Gewebe kommen. Bei der erfindungsgemäßen Verfahrensweise paßt sich durch die Geweberandsteuerung
der Geweberand immer kontinuierlich der aktuellen Webgeschwindigkeit an. Auch wenn
z.B. nach dem Start der Webmaschine der erste Schußanschlag bei ca. 250 min
-1 erfolgt, der zweite dann bei 470 min
-1 und erst beim dritten Schußanschlag die Endgeschwindigkeit von 500 min
-1 erreicht ist, gibt es dabei keine Ansatzstellen (offene Stellen).
[0014] Die Verschiebung aller Hilfsantriebe für den Warenbaum und den oder die Kettbäume
erfolgt gleichzeitig. Alle Hilfsantriebe arbeiten nach dem Prinzip der "elektrischen
Welle", d.h. die absolute Synchronität aller Hilfsantriebe zur Hauptwelle der Webmaschine
erfolgt durch elektronische Steuerung.
[0015] Beim Start der Webmaschine, drehen die Motoren des bzw. der Kettbäume nur mit zuletzt
errechneten Getriebefaktor zum Hauptwellengeber. Nach der Einschwingzeit der Tänzersysteme
der Kettbäume, wird der Positionsregler der Tänzersysteme zugeschaltet. Erkennt der
Positionsregler eine zu- oder abnehmende Fadenspannung, so wird der entsprechende
Kettbaum über das Regelsystem positiv bzw. negativ beschleunigt, weiterhin wird auch
gleichzeitig der Getriebefaktor proportional zum Kettbaumdurchmesser neu angepaßt.
[0016] Diese neue erfindungsgemäße Verfahrensweise für Antrieb und Steuerung kann insbesondere
bei Webmaschinen für Flachgewebe, Webmaschinen, die nach dem Schub-Noppen-Pol-Gewebe-Prinzip
arbeiten (z.B. für Frottiergewebe) und bei Doppelflorwebmaschinen (z.B. für Samt-
und Plüschgewebe) angewendet werden.
[0017] Im folgenden werden verschiedene Ausführungsbeispiele anhand der Zeichnung näher
erläutert, die dem besseren Verständnis der Erfindung dienen, jedoch die Erfindung
in keiner Weise einschränken sollen.
[0018] Es zeigt:
- Fig. 1:
- eine schematische Seitenansicht einer erfindungsgemäß ausgerüsteten Flachgewebemaschine,
- Fig. 2:
- eine schematische Seitenansicht einer erfindungsgemäß ausgerüsteten Webmaschine, die
nach dem Schub-Noppen-Pol-Gewebe-Prinzip arbeitet und
- Fig. 3:
- eine schematische Seitenansicht einer erfindungsgemäßen Doppelflorwebmaschine mit
Schaftmaschine, die ebenfalls nach dem erfindungsgemäßen Verfahren arbeitet.
[0019] Fig. 1 zeigt eine Flachgewebemaschine 20 mit einem Hauptmotor 1, einem regelbaren
Hilfsantrieb 2 für den Warenbaum, einem regelbaren Hilfsantrieb 3 für den Kettbaum
und einem Positionsregler 4 für die Ermittlung der Kettfadenspannung. Die Hilfsantriebe
2 und 3 arbeiten nach dem Prinzip der elektrischen Welle, zur vom Hauptmotor 1 angetriebenen
Hauptwelle der Webmaschine 20, wobei diese Hilfsantriebe 2 und 3 ständig durch den
Rechner (nicht gezeigt) in der Webmaschinensteuerung beeinflußt bzw. geregelt werden.
[0020] Fig. 2 zeigt eine Webmaschine 30, die nach dem Schub-Noppen-Pol-Gewebe-Prinzip arbeitet
(z.B. eine Frottierwebmaschine). Zu den bei der Flachgewebemaschine 20 beschriebenen
Antrieben 1, 2 und 3 und dem Positionsregler 4 für die Grundkette, kommen bei diesen
Arten von Webmaschinen 30 noch der Hilfsantrieb 5 des Kettbaums für die Florkette
5 und der dazu gehörende Positionsregler 6 hinzu. Dieser Hilfsantrieb 5 wird wie auch
die anderen Hilfsantriebe 2 und 3 ständig durch den Rechner in der Webmaschinensteuerung
beeinflußt bzw. geregelt.
[0021] Die Zeichnung Fig. 3 zeigt eine Doppelflorwebmaschine 40 mit Schaftmaschine und einem
Hauptmotor 1, einem Hilfsantrieb 2 für den Warenbaum, einem oder mehreren Hilfsantrieben
für einen oder mehrere Polzugbäume 7, 8 und 9, wobei jeder Polzugbaum durch einen
eigenen regelbaren Hilfsantrieb gesteuert wird. Es ist jedoch auch üblich, mehrere
Polzugbäume durch eine Kupplung ein- und auszuschalten, mit zwei Hilfsantrieben für
die Grund-Kettbaumregulatoren 10 und 11 und den dazugehörigen Positionsreglern 12
und 13 und einem oder mehreren Hilfsantrieben für die Polkettbäume beispielsweise
14, 15 und 16 mit den dazugehörigen Positionsreglern 17, 18 und 19.
[0022] Bei einer Jacquardanlage entfallen die Hilfsantriebe für den Positionsregler und
die Polkettbäume, mit den dazugehörigen Positionsreglern, dafür kommen dann evtl.
ein oder mehrere Hilfsantriebe für Spiegelketten mit den entsprechenden Positionsreglern
hinzu.
[0023] Alle diese Hilfsantriebe werden nach dieser Erfindung ständig durch den Rechner in
der Webmaschinensteuerung beeinflußt bzw. geregelt.
[0024] Die Faktoren k für erfindungsgemäße Webmaschinen wurden durch Versuche ermittelt.
Für die verschiedensten Webmaschinentypen ist eine Versuchsreihe erforderlich, durch
die mit einer Fehlerquote von ca. ± 10° bei einer bestimmten Geschwindigkeit der Wert
k bestimmt und in Tabellenform festgehalten wird. Die Fehlerquote kann individuell
durch manuellen Eingriff in die Webmaschinensteuerung ausgeglichen werden. Bei der
Webmaschine, Typ 260 AIR-F TERRYFLEX, wurde als Ausgangspunkt der Versuche der Wert
k mit 5 angenommen, wobei dann über die Zwischenwerte 6-7-8-8,5-7,5-8 der endgültige
Wert k = 8 ermittelt wurde.
[0025] Je nach Geschwindigkeit der Webmaschine errechnet der Rechner nun den Wert ΔS nach
oben erwähnter Formel

, beim Typ 260 AIR-F TERRYFLEX, z.B. bei einer Geschwindigkeit von 500 min
-1 den Wert 8 x 500
2 = 2.000.000. Dieser Wert stellt die Anzahl von Winkelschritten dar, um die die Motoren
der Hilfsantriebe verstellt werden müssen, um die optimale Lage der Anschlagposition
zu erreichen (in diesem Fall bedeuten 262144 = 2
18 Winkelschritte (Inkremente) eine Umdrehung des Motors). Wird die Webmaschine nun
mit einer anderen Geschwindigkeit betrieben, z.B. mit 20 min
-1 (Kriechganggeschwindigkeit), errechnet der Rechner in diesem Fall ein

. Die Motoren der Hilfsantriebe brauchen daher nur um 3200 Winkelschritte verstellt
zu werden.
1. Verfahren zum Vermeiden von Webfehlern bei der Gewebebildung in einer Webmaschine,
welche eine Kettablaßvorrichtung, eine Warenabzugsvorrichtung, eine Fachbildungsvorrichtung,
eine Weblade sowie Haupt- und Hilfsantriebsmotoren aufweist, die zum Verschieben des
vorderen Warenrandes des Gewebes durch einen Rechner gesteuert werden, dadurch gekennzeichnet,
daß der Rechner kontinuierlich während des Betriebs der Webmaschine mehrere Hilfsantriebsmotoren
derart steuert, daß die je nach Webmaschinengeschwindigkeit sonst aufgrund von Deformationen
an der Weblade auftretende Warenrandverschiebung ausgeglichen wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Rechner die Verschiebung
des Warenrandes nach der folgenden Gleichung

errechnet, worin
ΔS = Warenrandverschiebung gegenüber n = 0
n = Drehzahl der Webmaschine
k = Einflußfaktor,
wobei gleichzeitig sämtliche Hilfsantriebe für den Warenbaum und einen oder mehrere
Kettbäume für die Grund- und ggf. die Florkette bzw. für einen oder mehrere Polzugbäume
elektronisch gesteuert werden und k durch folgende Schritte empirisch ermittelt wird:
Festlegen eines minimalen Ausgangswertes,
Beobachten des Webvorganges,
Feststellung von Webfehlern,
Erhöhen des minimalen, festgelegten k-Wertes in einem oder mehreren Schritten mit
beliebig kleinen Quantlungen, insbesondere 0,5- oder 1,0-Werten, Festlegen eines endgültigen
Wertes.
3. Verfahren nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Warenrandverschiebung
ΔS im Bereich von 0 bis 2 mm ± 10 % oder geringerer Toleranz durchgeführt wird.
4. Webmaschine zur Durchführung des Verfahrens nach einem oder mehreren der vorstehenden
Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß mehrere Hilfsantriebe für den Warenbaum, einen
oder mehrere Kettbäume oder Polzugbäume und dazugehörige Positionsregeler vorgesehen
werden, die kontinuierlich im Betrieb durch einen Rechner derart gesteuert werden,
daß sie einen Ausgleich der errechneten Warenrandverschiebung durchführen.