[0001] Verfahren zur Herstellung von hochfesten und hochzähen Stahlprofilrohren, die von
der runden Querschnittsform abweichen, aus warmgewalzten nahtlosen Stahlrohren mit
kreisförmigem Querschnitt.
[0002] Die Herstellung von Stahlprofilrohren, deren Querschnitt vom kreisförmigen Querschnitt
abweicht (z.B. rechteckig oder quadratisch), ist seit vielen Jahren bekannt. Ausgangspunkt
ist dabei z.B. ein längsnahtgeschweißtes Stahlrohr mit kreisrundem Querschnitt (Rundrohr).
Ein solches Rundrohr wird auf eine Temperatur oberhalb Ac
3 (z.B. 950 °C) erwärmt und einer Warmumformung in einem Rohrprofilwalzwerk (sog. Türkenköpfe)
zu dem jeweils gewünschten Rohrprofil unterzogen. Bei dieser Umformung bleiben die
Rohrlänge und die Wanddicke weitestgehend unverändert.
[0003] Die Herstellung von nahtlosen Rohrprofilen erfolgt heute vielfach in der Weise, daß
in der letzten Fertigungsstufe einer Nahtlosrohrstraße das gefertigte Rundrohr abschließend
profiliert wird. Hierzu sind die letzten Walzgerüste eines Streckreduzierwalzwerks
mit entsprechenden Walzen ausgerüstet.
[0004] Die mechanischen Eigenschaften der so gefertigten Stahlprofilrohre sind im Walzzustand
erwartungsgemäß relativ schlecht. Dies gilt insbesondere für die Zähigkeitseigenschaften.
Um den zunehmenden Anforderungen hinsichtlich der Festigkeit und des Zähigkeitsverhaltens
gerecht zu werden, müssen entweder entsprechend höherwertige Werkstoffe bei der Rohrherstellung
eingesetzt werden, die die Herstellkosten in unerwünschter Weise erhöhen, oder es
müssen geeignete Maßnahmen zur Wärmebehandlung der Profilrohre (Normalisieren, Vergütung)
ergriffen werden. Letzteres führt jedoch vielfach zu erheblichen Problemen. So ergeben
sich in den Wärmebehandlungsanlagen beispielsweise Transportprobleme wegen der fehlenden
Möglichkeit, die Profilrohre rollen zu lassen. Auch läßt sich das Abschrecken von
Rohren, deren Querschnittsform nicht kreisrund ist, sondern beispielsweise rechteckig,
in der Regel nicht in einer Weise durchführen, bei der über den Umfang des Profilrohres
gleichmäßige Eigenschaften erzielt werden. Für das Drehtauchen, das z.B. aus der EP
0 345 205 B1 bekannt ist, sind Rohre mit z.B. rechteckigem Querschnitt nicht geeignet.
Man kann das Abschrecken nach dem Austenitisieren zwar beispielsweise mit Hilfe von
oberhalb und unterhalb des Profilrohres angeordneten Wasserduschen durchführen, die
die Deckflächen des rechteckigen Profilrohres beaufschlagen. Es liegt jedoch auf der
Hand, daß die Seitenflächen in einem solchen Fall deutlich weniger stark abgekühlt
werden als die Deckflächen des Profilrohrs. Durch zusätzliche seitliche Spritzdüsen
ließe sich in dieser Hinsicht zwar eine gewisse Verbesserung erreichen; von einer
wirklich gleichmäßigen Kühlung über den Umfang des Profilrohres könnte man aber dennoch
nicht sprechen. Insbesondere im Bereich der Profilkanten ist regelmäßig eine weniger
intensive Abkühlung zu verzeichnen. Dies führt praktisch unvermeidbar dazu, daß die
sich einstellenden Werkstoffeigenschaften, also insbesondere die Festigkeits- und
die Zähigkeitskennwerte, über den Umfang sehr ungleichmäßig sind. Durch den Einsatz
teuerer Legierungselemente lassen sich diese Nachteile bis zu einem gewissen Maß abmildern.
Infolge der ungleichmäßigen Abkühlung kommt es nicht nur zu ungleichmäßigen Eigenschaften,
sondern auch zur Ausbildung extremer Eigenspannungszustände, die schon beim Abschrecken
und auch beim Anlassen zu starken Verwerfungen an den Profilen führen. Zu beachten
ist auch, daß eine Wärmebehandlung durch Normalisieren oder Vergüten bei dünnwandigen
Stahlprofilrohren (z.B. in den Abmessungen 100 x 100 x 4 mm) gar nicht möglich ist,
da die Seiten des Profilrohrs unter der Temperaturbelastung stark einfallen, so daß
das Profilrohr wegen der in diesem Stadium fehlenden Richtmöglichkeit unbrauchbar
wird.
[0005] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zur Herstellung von hochfesten
und hochzähen Profilrohren aus nahtlosen Stahlrohren dahingehend weiterzubilden, daß
auch ohne die Notwendigkeit zum Einsatz von teueren Legierungselementen eine Profilrohrherstellung
möglich wird, bei der nicht nur hinsichtlich der Spitzenwerte sehr gute Werkstoffeigenschaften
an den hergestellten Stahlprofilrohren eingestellt werden, sondern bei denen diese
Eigenschaften auch in einer sehr gleichmäßigen Form über den Umfang der Profilrohre
anzutreffen sind. Dieses Verfahren soll auch für die Herstellung von Profilrohren
mit vergleichsweise dünner Wand geeignet sein.
[0006] Gelöst wird diese Aufgabe erfindungsgemäß dadurch, daß die warmgewalzten Stahlrohre
nach Erreichen ihrer Endabmessung als Rundrohr in an sich bekannter Weise zunächst
gehärtet und anschließend angelassen werden und daß die Stahlrohre erst danach bei
gegenüber der bisher üblichen Vorgehensweise abgesenkter Temperatur, nämlich bei Anlaßtemperatur
(d.h. 500 °C bis < Ac
1) in ein Profilwalzwerk eingesetzt und in ihre endgültige Form gewalzt werden. Anschließend
kühlen die so hergestellten Stahlprofilrohre an Luft ab.
[0007] Durch diese überraschend einfache Maßnahme läßt sich erreichen, daß die bei der Vergütung
der Stahlrohre, die mit kreisrundem Profil durchgeführt wird, erreichten guten und
gleichmäßigen Festigkeits- und Zähigkeitseigenschaften trotz der anschließenden Umformung
im Rohrprofilwalzwerk praktisch unverändert beibehalten werden. Die Umformung des
Profils kann trotz der erheblich abgesenkten Temperatur ohne Probleme in einem herkömmlichen
Profilrohrwalzwerk vorgenommen werden.
[0008] Da die Einstellung der Werkstoffeigenschaften durch die Vergütungsbehandlung noch
im kreisrunden Formzustand des Stahlrohres erfolgt, läßt sich das Abschrecken der
Stahlrohre nach bekannten Verfahren durchführen, bei denen besonders gleichmäßige
Eigenschaften in Umfangs- und Längsrichtung des Rohres gewährleistet werden können.
Vorteilhafterweise wird hierfür das bekannte Drehtauchverfahren eingesetzt. Selbstverständlich
sollte aus Energiespargründen das Einsetzen des Stahlrohres in das Rohrprofilwalzwerk
bei Anlaßtemperatur unmittelbar aus der Anlaßhitze heraus erfolgen, also ohne erneutes
Wiedererwärmen nach dem Anlassen.
[0009] Eine Anlage zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens umfaßt einen Härteofen
zum Austenitisieren der Rundrohre, eine Abschreckeinrichtung für die Härtung der Stahlrohre,
einen Anlaßofen sowie ein Rohrprofilwalzwerk, wobei das Rohrprofilwalzwerk dem Anlaßofen
unmittelbar nachgeschaltet ist, so daß die angelassenen Rohre mit Anlaßtemperatur
aus diesem Ofen gezogen und unmittelbar dem Rohrprofilwalzwerk zur Umformung in die
gewünschte Profilform bei erhöhter Temperatur zugeführt werden können. Besonders vorteilhaft
ist es im Hinblick auf die Gleichmäßigkeit der Werkstoffeigenschaften, die Abschreckeinrichtung
als Drehtauchanlage auszubilden. Zweckmäßigerweise wird man eine bereits vorhandene
Vergüterei für Rundrohre um ein Rohrprofilwalzwerk erweitern, um das erfindungsgemäße
Verfahren möglichst kostengünstig ausführen zu können.
[0010] Die Wirksamkeit des erfindungsgemäßen Verfahrens wird nachfolgend an zwei Ausführungsbeispielen
näher erläutert. Die Fig. 1 bis 4 zeigen grafisch die Verteilung der Kerbschlagzähigkeit
bzw. der Härte HV10 über den Umfang erfindungsgemäß hergestellter Stahlprofilrohre.
[0011] Auf einer Rohrkontistraße wurden Stahlrohre aus den beiden Stählen A und B hergestellt,
deren Zusammensetzung in Tabelle 1 wiedergegeben ist. Bei dem Stahl A handelt es sich
um einen modifizierten St52 und bei dem Stahl B um einen hochfesten und hochzähen
Feinkornbaustahl. Die Rohre hatten einen Außendurchmesser von ca. 128 mm und eine
Wanddicke von 4 mm, als sie das Streckreduzierwalzwerk der Warmrohrfertigung verließen.
Danach wurden die Rohre über eine Dauer von etwa 20 min bei 940 °C in einen Härteofen
eingesetzt und anschließend in einer mit Wasser als Kühlmedium betriebenen Drehtauchanlage
abgeschreckt. Die auf diese Weise gehärteten Stahlrohre mit kreisrundem Querschnitt
wurden zum Abschluß der Wärmebehandlung über eine Dauer von jeweils 10 min bei 670
°C bis 680 °C in einem Anlaßofen einer Anlaßbehandlung unterzogen. Nach Verlassen
des Anlaßofens wurden die Stahlrohre unmittelbar einem Profilrohrwalzwerk zugeführt
und etwa auf dem Temperaturniveau des Anlassens in Profilrohre mit quadratischem Querschnitt
von 100 x 100 mm bei 4 mm Wanddicke umgeformt. Nach dieser Umformung aus der Anlaßhitze
heraus kühlten die Rohre an Luft ab. Die anschließend durchgeführten Werkstoffuntersuchungen
ergaben die Werte der mechanischen Eigenschaften, die in Tabelle 2 angegeben sind.
Dabei wurden die Werte für die Profilecken und die Profilflanken separat ermittelt.
Im Ergebnis zeigt sich, daß die Werte für die Profilecken nahezu identisch mit den
Werten für die Profilflanken sind, so daß man tatsächlich von einer außerordentlich
großen Gleichmäßigkeit der Werte für die mechanischen Eigenschaften über den Profilumfang
sprechen kann. Dies ergibt sich auch in eindrucksvoller Weise aus den in Fig. 1 für
Stahl A und in Fig. 2 für Stahl B grafisch dargestellten Werten für die Kerbschlagzähigkeit
sowie aus den in Umfangsrichtung gemessenen Werten der Härte HV10, die in Fig. 3 für
Stahl A und in Fig. 4 für Stahl B als Kurvenverlauf wiedergegeben sind.
[0012] Die vorliegende Erfindung ermöglicht auf überraschend einfache Weise die Herstellung
von hochfesten und hochzähen Stahlprofilrohren, die sich durch eine außerordentlich
hohe Gleichmäßigkeit der Werkstoffeigenschaften auszeichnen. Dieses Verfahren läßt
sich sowohl zur Herstellung dünnwandiger als auch dickwandiger Stahlprofilrohre anwenden.
Tabelle 1
Legierungselement |
Stahl A |
Stahl B |
C |
0,18 % |
0,18 % |
Si |
0,22 % |
0,34 % |
Mn |
1,31 % |
1,52 % |
P |
0,016 % |
0,011 % |
S |
0,006 % |
0,004 % |
Al |
0,045 % |
0,033 % |
Ni |
- |
0,56 % |
Mo |
- |
0,37 % |
V |
0,05 % |
0,09 % |
N |
0,0087 % |
0,0069 % |
Fe |
Rest |
Rest |
Tabelle 2
mechanische Eigenschaften |
Stahl A |
Stahl B |
|
Profilflanke |
Profilecke |
Profilflanke |
Profilecke |
Rp0.2 (N/mm2) |
714 |
724 |
954 |
965 |
Rm (N/mm2) |
772 |
783 |
994 |
1013 |
Bruchdehnung A5 (%) |
19,5 |
21,0 |
16,5 |
17,0 |
Kerbschlagzähigkeit (-20°C, J/cm2) |
90 |
100 |
70 |
70 |
Kerbschlagzähigkeit (-40°C, J/cm2) |
85 |
90 |
65 |
65 |
1. Verfahren zur Herstellung von hochfesten und hochzähen Stahlprofilrohren, die von
der runden Querschnittsform abweichen, aus warmgewalzten nahtlosen Stahlrohren mit
kreisförmigem Querschnitt,
dadurch gekennzeichnet,
daß die warmgewalzten Stahlrohre nach Erreichen ihrer Endabmessung als Rundrohr in
an sich bekannter Weise gehärtet und anschließend angelassen werden und
daß die Stahlrohre danach bei Anlaßtemperatur (500 °C bis < Ac1) in ein Rohrprofilwalzwerk eingesetzt und in ihre endgültige Form gewalzt und anschließend
an Luft abgekühlt werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Abkühlen der Rundrohre durch Eintauchen in ein Kühlmedium, insbesondere ein
Wasserbad, bei gleichzeitiger Rotation der Rundrohre durchgeführt wird.
3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Rohrprofilwalzen unmittelbar aus der Anlaßhitze heraus erfolgt.
4. Anlage zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 mit einem Härteofen, einer
Abschreckeinnchtung und einem Anlaßofen sowie einem Rohrprofilwalzwerk,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Rohrprofilwalzwerk dem Anlaßofen unmittelbar nachgeschaltet ist.
5. Anlage nach Anspruch 4,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Abschreckeinnchtung als Drehtauchanlage ausgebildet ist.