[0001] Die Erfindung betrifft ein Kunstfaserseil, insbesondere als Tragorgan für Aufzüge,
bestehend aus einem Bündel hochfester tragender Kunststofffasern.
[0002] Hochfeste Kunstfaserseile ersetzen in zunehmendem Masse herkömmliche Drahtseile in
Anwendungen wie beispielsweise bei Aufzugsanlagen, wo einerseits grosse Seillängen
nötig sind, andererseits aus energetischen Gründen die Forderung nach möglichst kleinen
bewegten Massen besteht.
[0003] Solche Kunstfaserseile sind ein textiles Erzeugnis aus linear hochfesten Chemiefaserwerkstoffen,
vorzugsweise Aramide oder Polyamide, die zu Seilgarnen verspinnt sind und entweder
durch Seilformung ohne Drehung, durch zwei- oder mehrstufiges Verseilen und/oder Ummanteln
hergestellt sind. Allerdings nimmt gegenüber Stahlseilen die Seilbruchkraft bei Chemiefasern
bereits bei wesentlich niedrigeren Temperaturen deutlich ab, bevor sie schliesslich
schmelzen. Der Schmelzpunkt von Aramiden liegt im Bereich von 450 - 500° Celsius.
Bereits bei Temperaturen von oberhalb 180° Celsius beginnt sich die Tragfähigkeit
der Kunstfaserseile zu reduzieren.
[0004] Um die Vorteile derartiger Kunstfaserseile insbesondere als laufendes Seil in der
Fördertechnik, wie dem Aufzugsbau, nutzen zu können, wird gefordert, den Seilzustand
zweifelsfrei zu erkennen.
[0005] Hierzu ist aus der EP 0 731 209 A1 der Anmelderin eine Einrichtung zur Erkennung
der Ablegereife von Kunstfaserseilen bekannt. Das Funktionsprinzip dieser Einrichtung
besteht darin, dass in einigen der Litzen aus hochtesten Fasern mit spezifischen mechanischen
Eigenschaften, Indikatorfasern integriert sind. Die Materialeigenschaften dieser Indikatorfasern
richten sich nach denjenigen der tragenden Kunstfasern aus, wobei die Bruchdehnung
und der Elastizitätsmodul so gewählt sind, dass die Indikatorfasern infolge Materialermüdung
und abrassivem Verschleiss, usw., früher reissen, als die tragenden Fasern. Diese
Indikatorfasern sind stromleitend und werden permanent messtechnisch überwacht. Erkennt
die Permanentüberwachung eine vordefinierte Anzahl von ausgefallenen Indikatorfasern,
muss das Seil durch ein neues ersetzt werden.
[0006] Mit der insoweit hinsichtlich Aufbau und Funktion beschriebenen Einrichtung kann
der Ausfall des Seiles bedingt durch mechanische Beanspruchung zuverlässig erkannt
werden, speziell an Kunstfaserseile gestellte Brandschutzanforderungen können damit
aber nicht zufriedenstellend erfüllt werden.
[0007] Die durch die Merkmale der Ansprüche angegebene Erfindung löst die Aufgabe, ein eingangs
genanntes Kunstfaserseil derart weiterzubilden, dass die Betriebsicherheit bei thermischer
Überhitzung und/oder im Brandfall sichergestellt ist. Das Kunstfaserseil erfüllt insbesondere
die Brandschutzanforderungen im Aufzugsbau, wo die Sicherheit der Passagiere zur keiner
Zeit gefährdet sein darf.
[0008] Mit dem erfindungsgemässen Kunstfaserseil ist erstmals eine Überwachung der Temperatur
im Seil und somit indirekt auch über die gesamte Schachtlänge und dem Maschinenraum
möglich. Die leitende Verbindung durch das Seil ist nur bei Temperaturen unterhalb
der für das Seil kristischen Temperatur ausgebildet.
[0009] Bei darüberliegenden Temperaturen ist die leitende Verbindung unterbochen und es
kann deshalb kein elektrisches oder optisches Signal, oder dergleichen übertragen
werden, was messtechnisch einfach festgestellt werden kann. Im Zusammenwirken mit
einer Kontrolleinrichtung können auf diese Weise hitzebedingte Seilschäden frühzeitig
detektiert, beispielweise an eine Aufzugssteuerung weitergeben und von dieser ohne
zeitliche Verzögerung geeignete Massnahmen zur Evakuierung der Passagiere veranlasst
werden.
[0010] In Weiterbildung der Erfindung ist ein Temperaturfühlerelement mit temperaturabhängiger
Leitfähigkeit für das angelegte Kontrollsignal vorgesehen. Dieses bietet den Vorteil,
dass sich ausgehend von einem konstruktiv bestimmten Wert, auch die Stärke des Kontrollsignals
entsprechend verändert. Auf der Basis dieses Quantitativen Signal kann die jeweilige
Seiltemperatur ermittelt werden. Die Temperaturabhängigkeit kann hierbei so gewählt
sein, dass bei Übersteigen der kritischen Temperatur keine Leitfähigkeit mehr vorhanden
ist.
[0011] Eine bevorzugte Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass das Temperaturfühlerelement
eine temperaturkritische Materialfestigkeit aufweist, die kleiner ist als diejenige
der tragenden Kunststofffasern. Bei Erreichen einer konstruktiv vorgegebenen Temperatur
versagt das Temperaturfühlerelement, in dem es beispielsweise schmilzt oder reisst
und so die leitende Verbindung unterbricht. Hiermit wird ein qualitatives Kontrollsignal
erhalten, zu dessen Auswertung eine sehr einfache Messtechnik ausreichend ist.
[0012] In bevorzugten Ausführungen kann das Temperaturfühlerelement als elektrischer Leiter,
Lichtleiter oder dergleichen ausgebildet sein, durch das ein Kontrollsignal übertragen
werden kann. Wesentlich bei der Wahl des hierbei verwendeten Leitermaterials ist eine
Dauerbiegewechselfestigkeit, die mindestens derjenigen der tragenden Faser entspricht,
so dass ein betriebsbedingtes Materialversagen ausgeschlossen ist. Beispielsweise
kann das Temperaturfühlerelement als elektrischer Leiter in Form eines Metalldrahts
oder eines Synthetikgarns beziehungsweise einer daraus bestehender Materialkombination
in dem Seil mitverarbeitet sein.
[0013] Das Temperaturfühlerelement ist vorzugsweise um das Seil herumgewickelt und von einem
vorzugsweise im Druckspritzverfahren ausgebrachten Seilmantel überdeckt. Bei einer
vorteilhaften Ausführung sind hierbei mehrere Temperaturfühlerelemente parallel zu
den Litzen und/oder in Seillängsrichtung um das Seil herum im Seilmantel eingebettet
angeordnet. Diese bietet den Vorteil, dass sich das Temperaturfühlerelement eng an
die Seilstruktur anlegen kann und die mechanische Beanspruchung des Temperaturfühlerelements
beim Lauf über Rollen gering ist.
[0014] Im folgenden wird die Erfindung anhand eines Beispiels und mit Bezug auf die beiliegende
Zeichnung näher erläutert. Es zeigen:
- Figur 1,
- ein mehrlagiges Aramidfaserseil mit einem schraubenlinienförmig um das Seil gewickelten,
im Seilmantel eingelegten Temperaturfühlerelement,
- Figur 2,
- schematisch einen Überwachungsschaltkreis für das in Figur 1 dargestellte Aramidfaserseil,
- Figur 3,
- ein Schaltschema einer Kontrollschaltung.
[0015] Die perspektivische Darstellung in Figur 1 zeigt den Aufbau eines ummantelten Aramidfaserseils
1 aus Aramidfaserlitzen 2, die zusammen mit Füllitzen 3 um eine Seele 4 lagenweise
angeordnet sind. Zwischen einer inneren Litzenlage 5 und einer äussersten Litzenlage
6 ist ein vorzugsweise profilierter reibungsmindernder Zwischenmantel 7 angebracht.
Die äusserste Litzenlage 6 ist durch den Seilmantel 8 , vorzugsweise aus Polyurethan
oder Polyamid, abgedeckt. Um die äusserste Litzenlage 6 ist hier über die gesamte
Seillänge ein dünner Draht 9 schraubenlinienförmig herumgewickelt. Über den Draht
9 ist der Seilmantel 8 aufextrudiert, so dass der Draht 9 in das Seilmantelmaterial
eingebettet und von diesem überdeckt ist.
[0016] Der Draht 9 besteht aus einer Metallegierung und ist elektrisch leitend. Er besitzt
einen mit zunehmender Temperatur steigenden eletrischen Widerstand. Der Widerstand
wird mit einer weiter unten beschriebenen Kontrollsteuerung permanent ermittelt. Die
Zusammensetzung der Legierung ist derart gewählt, dass der Draht bei einem Temperaturbereich
von 100° bis 120° Celsius schmilzt.
[0017] Anstatt den Draht 9 um das Seil 1 herumzuwickeln, kann dieser auch parallel zu den
Aramidfaserlitzen 2 der äussersten Litzenlage 6 angeordnet im Seilmantel 8 eingelegt
sein oder aber gemeinsam mit den tragenden Aramidfaserlitzen 2 zu dem Aramidfaserseil
verarbeitet werden.
[0018] In Figur 2 ist die messtechnische Überwachung des in Figur 1 dargestellten Aramidfaserseils
1 gezeigt. Zur Kontrolle, ob die mittels Temperaturfühlerelement(en), hier dem Kupferdraht
9, über die Seillänge 10 oder einen bestimmten Seillängenabschnitt hergestellte leitende
Verbindung intakt ist, kann in einem Kontrollkreis 11 beispielsweise eine elektrische
Spannung an die beiden Enden des Drahtes 9 angelegt werden. Als Spannungsquelle eignet
sich hierzu beispielweise eine Batterie 12 oder ein Spannungsgenerator. Mit Hilfe
eines Ampèremeters 13 oder einer Kontrolllampe kann dann erkannt werden, ob ein Strom
durch den Kupferdraht 9 fliesst oder nicht.
[0019] Bei Ausführungsformen mit einer Vielzahl von Drähten 9, die jeweils einzeln überwacht
werden, kann ein Versagen der Temperaturfühlerelemente aus anderen Gründen als zu
hoher Seiltemperatur durch Vergleichen der Messergebnisse der einzelnen Temperaturfühlerelemente
erkannt werden. Ein Fehlalarm kann auf diese Weise ausgeschlossen werden. Analog wird
zwischen Messergebnissen von Temperaturfühlerelementen beispielweise mehrerer einem
Aufzugsantrieb zugeordneter Seile unterschieden, um einen Einzelverlust auszuschliessen.
[0020] Eine hierzu geeignete Schaltung ist beispielsweise aus der EP 0 731 209 A1 bekannt.
Figur 3 zeigt eine solche Kontrollschaltung 21, die anstelle eines Ampèremeters in
den Überwachungskreis 11 geschalteten ist. Über eine Spannungsquelle 14 wird ein konstanter
Strom 15 in jeden Draht 9 eingespeist, für den jeder Draht 9 ein Widerstand R1 bis
Rn darstellt. Ein Tiefpassfilter 16 filtert die ankommenden Impulse und führt diese
einem Schwellwertschalter 17 zu. Der Schwellwertschalter 17 vergleicht die gemessenen
Spannungen. Bei Überschreiten spezifischer Grenzwerte, d. h. aufgrund einer termischen
Überhitzung des Temperaturfühlerelementes 9, wird der Widerstand so gross, dass der
zulässige Spannungswert überschritten wird. Diese Überschreitung des Grenzwertes wird
von einem nicht flüchtigen Speicher 18 gespeichert. Dieser Speicher 18 kann mittels
einer Reset-Taste 19 gelöscht werden oder er gibt seine Informationen an eine Logik
20 weiter, die mit der Aufzugssteuerung verbunden ist.
[0021] Jeder Draht 9 wird entsprechend verkabelt und ständig überprüft. Sobald zwei oder
mehr dieser Temperatursensoren unterbrochen und somit eine temperaturbedingte Schädigung
des Kunstfaserseils zu erwarten ist, fährt die Aufzugssteuerung die Aufzugskabine
selbstätig in Evakuierposition und setzt die Kabine fest. Ferner ist es möglich, über
die Kontrollsteuerung eine Leitzentrale oder die Feuerwehr automatisch über den abnormen
Zustand zu informieren.
[0022] Eine weitere Schutzmöglichkeit gegen hohe Temperaturen liegt darin, an die Endverbindung
des Kunstfaserseiles, beispielsweise bei einem Anbinden auf der Kabine, entweder auf
dem Oberjoch der Kabine oder auf dem Gegengewicht oder aber in dem Maschinenraum von
2:1 gehängten Aufzügen Thermoelemente stationär zu positionieren und beim Auslösen
eines Bimetallkontaktes oder dergleichen, bei ermittelten Temperaturen von etwa 100°
Celsius eine Meldung über das Übertragungsgerät an die Steuerung zu geben. Die Steuerung
informiert dann die Notrufzentrale oder direkt die Feuerwehr.
[0023] Beim Abfahren des Schachtes kann ein an der Kabine gebauter Rauchmelder gegebenenfalls
Rauch auf bestimmten Etagen detektieren, lokalisieren, den Aufzug vorbei steuern und
über das Übertragungsgerät die Notrufzentrale bzw. Feuerwehr verständigen. Aus den
der Steuerung vorliegenden Informationen bezüglich der Kabinenposition im Schacht
und dem Zeitpunkt der Alarmauslösung, kann die Notrufzentrale und/ oder Feuerwehr
zur Schadensminimierung entsprechende Informationen einholen.
1. Kunstfaserseil (1), insbesondere als Tragorgan für Aufzüge, bestehend aus einem Bündel
tragender Kunststofffasern (2), und mindestens einem Temperaturfühlerelement (9),
welches über die Länge des Kunstfaserseils (1) temperaturabhängig eine leitende Verbindung
bildet.
2. Kunstfaserseil (1) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Temperaturfühlerelement
(9) eine temperaturabhängige Leitfähigkeit aufweist.
3. Kunstfaserseil (1) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Temperaturfühlerelement
(9) eine temperaturkritische Materialfestigkeit aufweist, die kleiner ist als diejenige
der tragenden Kunststofffasern (2).
4. Kunstfaserseil (1) nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass
das Temperaturfühlerelement ( ) einen elektrischen Leiter (9) oder einen optischen
Leiter umfasst.
5. Kunstfaserseil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Temperaturfühlerelement
als Garn oder Draht (9) ausgebildet ist.
6. Kunstfaserseil nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass, das
Temperaturfühlerelement (6) in den seilmantel (8) eingelegt ist.
7. Kunstfaserseil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Temperaturfühlerelement
bei Temperaturen unter 100 ° Celsius eine leitende Verbindung ausbildet.
8. Kunstfaserseil nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennnzeichnet, dass das
Temperaturfühlerelement (9) Kontrollmitteln (11,12,13,21) zum permanenten Überprüfen
seiner Leitfähigkeit umfasst.
9. Kunstfaserseil nach einem der Ansprüche 1 bis 8 als Sensor für eine Feuermeldeeinrichtung.
10. Aufzugsanlage mit mindestens einem eine Aufzugskabine mit einem Gegengewicht verbindenden
Tragorgan, wobei das Tragorgan ein Kunstfaserseil (1) nach einem der Ansprüche 1 bis
8 ist.