[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum hydromechanischen Tiefziehen, indem das
Blech in der Trennebene zwischen einem Oberwerkzeug und einem Unterwerkzeug, von denen
eines die Formkontur aufweist, flüssigkeitsdicht eingespannt und mittels des die Formkontur
aufweisenden Werkzeugs gegen ein hydraulisches Kissen in dem anderen Werkzeug umgeformt
wird.
[0002] Neben dem herkömmlichen, mechanischen Tiefziehen zum Umformen von Metallblech setzen
sich zunehmend Tiefziehverfahren durch, bei denen das Wirkmedium eine Flüssigkeit,
im einfachsten Fall Wasser, ist. So wird bei dem sogenannten Hydro-Mec-Tiefziehverfahren
(DE 1 240 801) das Blech zwischen einem Niederhalter und einem Unterwerkzeug eingespannt.
Das Unterwerkzeug ist als Wasserkasten ausgebildet. Mit dem die Formkontur aufweisenden
Oberwerkzeug wird das Blech gegen das als Kissen wirkende Hydraulikmedium umgeformt
und das Hydraulikmedium entsprechend dem Vorschub des formenden Werkzeugs verdrängt.
Die umgekehrte Arbeitsweise bezeichnet man als hydromechanisches Streck-Umformen,
bei dem das Blech mittels steuerbaren Hydraulikdrucks gegen die Formkontur des Oberwerkzeugs
umgeformt wird. Das Hydro-Mec-Verfahren hat den Nachteil, daß danach hergestellte
Bauteile mit geringer Wandstärke und schwacher Konturierung nur eine mäßige Formstabilität
besitzen. Beim Streck-Umformen wird der gesamte Umformgrad allein durch Strecken des
Blechs erarbeitet. Dies führt zwar zu höherer Formstabilität, doch ist das Verfahren
hinsichtlich des Umformgrades, als auch hinsichtlich der verarbeitbaren Blechstärken
stark eingeschränkt.
[0003] Um insbesondere tiefere Konturen ausformen zu können, ist das Streck-Stülp-Umformen
bekannt (DE 41 34 596), bei dem das eine Werkzeug eine Vorform mit geringerer Formtiefe,
das andere Werkzeug die endgültige Formkontur aufweist und beide Werkzeuge mit Druckmittel
beaufschlagbar sind. Es wird das fest eingespannte Blech zunächst durch das Druckmittel
in das Vorformwerkzeug und anschließend durch Druckbeaufschlagung von der anderen
Seite in die endgültige Formkontur eingeformt. Dieses Verfahren ist vom Ablauf her,
wie auch werkzeug- und maschinentechnisch sehr aufwendig.
[0004] Schließlich ist es bekannt (EP 0 704 258), das bei hoher Blechhaltekraft eingespannte
Blech mittels des Hydraulikmediums im Unterwerkzeug in das Oberwerkzeug vorzuformen
und dabei gleichzeitig zu dehnen und anschließend bei geringerer Blechhaltekraft auf
die Formkontur des Oberwerkzeugs aufzuformen, wobei das Blech keine nennenswerte weitere
Dehnung erfährt. Hiermit läßt sich auch bei geringer Blechstärke und mäßigem Umformgrad
aufgrund der Dehnung beim Vorformen eine höhere Formstabilität verwirklichen. Nachteilig
ist die relativ große Umwälzmenge an Hydraulikmedium, so daß das Entleeren zeitaufwendig
ist. Auch wird das Material der Vorform beim Endformen gestülpt.
[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, das letztgenannte Verfahren zu verbessern,
insbesondere höhere Taktzeiten zu ermöglichen und das Stülpen zu vermeiden.
[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß das Blech mittels Druckgas
in Umformrichtung beaufschlagt und vorgeformt und anschließend mittels des die Formkontur
aufweisenden Werkzeugs endgeformt wird.
[0007] Durch das pneumatische Vorformen ist der Bedarf an Hydraulikmedium beim anschließenden
Endformen geringer und wird das Hydraulikmedium im Endformprozeß aus dem Unterwerkzeug
ausschließlich verdrängt. Das pneumatische Vorformen erfolgt vorzugsweise in das leere
oder teilweise gefüllte Unterwerkzeug, das erst gegen Ende oder nach Abschluß des
Vorformprozesses mit dem Hydraulikmedium gefüllt bzw. aufgefüllt wird. Anschließend
erfolgt das Endformen mittels des die Formkontur aufweisenden Oberwerkzeugs gegen
das als Kissen wirkende Hydraulikmedium im Unterwerkzeug, das entsprechend dem Vorschub
des formenden Werkzeugs aus dem Unterwerkzeug verdrängt wird. Das Vorformen und Endformen
erfolgt in einer Richtung, so daß die Nachteile des Streck-Stülpformens entfallen.
Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht es ferner, Verbundbleche und beschichtete
Bleche umzuformen, ohne daß es zur Delaminierung oder Rißbildung kommt.
[0008] In bevorzugter Ausführung wird das Blech mittels des Druckgases bei hoher Einspannkraft
(Blechhaltekraft) vorgeformt und dabei zugleich gedehnt. Dieses Verfahren empfiehlt
sich insbesondere beim Umformen höherfester Stähle und geringer Wandstärken. Dabei
wird aufgrund der hohen Blechhaltekraft eine geziehlte Ausstreckung der späteren Bauteilmitte
erreicht, was zu einer besseren Formstabilität des fertigen Bauteils führt. Dies gilt
insbesondere dann, wenn das Blech mittels des die Formkontur aufweisenden Werkzeugs
bei dann verminderter Blechhaltekraft endgeformt wird.
[0009] Bei einer Verfahrensvariante wird das Blech mit niedriger Blechhaltekraft vorgeformt
und bei höherer Blechhaltekraft endgeformt. Dadurch läßt sich das Material beim Vorformen
gezielt in die Bauteilmitte bringen und können beim Endformen komplexere Bauteile
bei verringerter Rißneigung hergestellt werden, wobei sich gegenüber konventionellen
Tiefziehverfahren eine verringerte Ziehstufenanzahl verwirklichen läßt.
[0010] Durch die Tatsache, daß ein Teil des Umformgrades, nämlich bis zur Bildung der Vorform,
mit einem gasförmigen Wirkmedium aufgebracht wird, ist eine schnelle Entleerung möglich
und keine Säuberung erforderlich.
[0011] Der Erfindung liegt ferner die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung zum hydromechanischen
Tiefziehen von Metallblech vorzuschlagen, mittels der das erfindungsgemäße Verfahren
durchgeführt werden kann. Eine solche Vorrichtung weist ein Unterwerkzeug, ein Oberwerkzeug
und einen Blechhalter auf, wobei das Oberwerkzeug die Formkontur besitzt, während
das Unterwerkzeug einen Anschluß für ein Hydraulikmedium aufweist. Eine solche Vorrichtung
zeichnet sich erfindungsgemäß dadurch aus, daß in den von dem Oberwerkzeug und dem
eingespannten Blech begrenzten Raum Druckgas zuführbar ist.
[0012] Dies kann beispielsweise dadurch geschehen, daß das Oberwerkzeug oder der Blechhalter,
sofern er als Niederhalter ausgebildet ist wenigstens einen Druckgasanschluß aufweist,
der nach Einspannen des Blechs aufsteuerbar ist.
[0013] Ferner kann das Oberwerkzeug wenigstens eine Entlüftungsöffnung aufweisen, die nach
Abschluß des Vorformens aufsteuerbar ist, so daß beim anschließenden Endformen das
die Formkontur aufweisende Werkzeug im wesentlichen unter Atmosphärendruck gegen das
vorgeformte Blech arbeitet. Stattdessen kann der Druckaufbau auch allein durch die
Bewegung des die Formkontur aufweisenden Pressenstössels erfolgen.
[0014] Nachstehend ist die Erfindung anhand eines in der Zeichnung schematisch wiedergegebenen
Ausführungsbeispiels in mehreren Betriebsphasen beschrieben. In der Zeichnung zeigen:
- Fig. 1
- die Umformeinheit einer Tiefziehpresse im Ausgangszustand;
- Fig. 2
- die Umformeinheit gemäß Fig. 1 nach dem Vorformen des Blechs und
- Fig. 3
- die Umformeinheit gemäß Fig. 1 nach dem Endformen des Blechs.
[0015] Die Umformeinheit 1 einer ansonsten in üblicher Weise aufgebauten Tiefziehpresse
besteht aus einem Unterwerkzeug 2, das als Wasserkasten ausgebildet ist und mit wenigstens
einem Kanal 3 ausgestattet ist, über den gemäß Pfeil 4 ein Hydraulikmedium, vorzugsweise
Wasser, zuführbar ist. Die Umformeinheit weist ferner ein Oberwerkzeug 5 in Form eines
Stempels mit der Formkontur 6 auf. Das Oberwerkzeug 5 ist von einem Niederhalter 7
umgeben und in diesem geführt. Auf der Wirkfläche des Niederhalters ist eine Flachdichtung
angeordnet. Der Niederhalter 7 ist mit einem oder mehreren Kanälen 8 versehen, über
die das Druckgas gemäß Richtungspfeil 9 zugeführt wird. Das Druckgas gelangt über
einen Ringkanal im Niederhalter und zwischen diesem und der Flachdichtung angeordnete
Kanäle oder Spalte in den Raum unterhalb des Stempels 5. Stattdessen kann das Druckgas
auch durch den Stempel zugeführt werden.
[0016] In das geöffnete Werkzeug wird das Metallblech 10 in Form einer Platine eingelegt
und der Niederhalter 7 sowie das Unterwerkzeug 2 zusammengefahren, bis das Blech 10
fest eingespannt ist. Die Einspannung erfolgt mit einer hohen Blechhaltekraft F
1. Nach dem Einspannen des Blechs wird Druckgas in den Raum zwischen Oberwerkzeug 5
und Blech 10 zugeführt und letzteres unter Wirkung des Druckgases in das Unterwerkzeug
2 vorgeformt, wobei die Vorform achssymmetrisch ausgebildet ist. Das Vorformen kann
bei hoher Blechhaltekraft erfolgen und führt dann zu einem Dehnen des Blechs und damit
zu einer Stabilisierung. Bei niedriger Blechhaltekraft kann Material vorwiegend in
die Bauteilmitte verbracht werden, was sich bei komplexen Bauteilen empfiehlt. Nach
dem Vorformen wird über den Kanal 3 Druckwasser gemäß Richtungspfeil 4 zugeführt (Fig.
3), so daß das Unterwerkzeug 2 gefüllt bzw. aufgefüllt wird. Bei einer Blechhaltekraft
F
2 < F
1 wird das Oberwerkzeug 5 gemäß Pfeil 12 angetrieben und die Vorform gegen das hydraulische
Kissen 13 im Unterwerkzeug 2 zum endgültigen Bauteil umgeformt, wobei sich das Blech
aufgrund der verminderten Blechhaltekraft F
2 zwischen Niederhalter 7 und Unterwerkzeug 2 nachziehen kann.
1. Verfahren zum hydromechanischen Tiefziehen von Metallblech, indem das Blech in der
Trennebene zwischen einem Oberwerkzeug und einem Unterwerkzeug, von denen eines die
Formkontur aufweist, flüssigkeitsdicht eingespannt und mittels des die Formkontur
aufweisenden Werkzeugs gegen ein hydraulisches Kissen in dem anderen Werkzeug umgeformt
wird, dadurch gekennzeichnet, daß das Blech mittels Druckgas in Umformrichtung beaufschlagt
und vorgeformt und anschließend mittels des die Formkontur aufweisenden Werkzeugs
in der gleichen Richtung endgeformt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Blech mittels des Druckgases
bei hoher Einspannkraft vorgeformt und zugleich gedehnt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Blech mittels des
die Formkontur aufweisenden Werkzeugs bei verminderter Blechhaltekraft endgeformt
wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Blech
bei niedriger Blechhaltekraft vorgeformt und bei höherer Blechhaltekraft endgeformt
wird.
5. Vorrichtung zum hydromechanischen Tiefziehen von Metallblech mit einem Unterwerkzeug,
einem Oberwerkzeug und einem Blechhalter, wobei das Oberwerkzeug die Formkontur aufweist,
während das Unterwerkzeug einen Anschluß für ein Hydraulikmedium aufweist, dadurch
gekennzeichnet, daß in den von dem Oberwerkzeug (5) und dem eingespannten Blech (10)
begrenzten Raum (11) Druckgas zuführbar ist.
6. Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß an dem Oberwerkzeug (5) wenigstens
ein Druckgasanschluß (9) vorgesehen ist, der nach Einspannen des Blechs (10) aufsteuerbar
ist.
7. Vorrichtung nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, daß am Oberwerkzeug wenigstens
eine Entlüftungsöffnung vorgesehen ist, die nach Abschluß des Vorformens aufsteuerbar
ist.
8. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 5 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Blechhaltekraft
(F1, F2) des Blechhalters (7) steuerbar oder regelbar ist.
9. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 5 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß der Druckaufbau
in dem von dem Oberwerkzeug (5) und dem Blech (10) begrenzten Raum (11) zumindest
teilweise durch die Bewegung des Oberwerkzeugs erfolgt.