[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Innenhochdruckumformen
eines insbesondere rohrförmigen Werkstücks und ferner ein unter Anwendung des Verfahrens
und der Vorrichtung hergestelltes Formteil.
[0002] Der Verformbarkeit hohler Werkstücke durch Innenhochdruckumformen sind Grenzen gesetzt.
Übersteigt die gewünschte Aufweitung ein vom Material des Werkstücks und der Werkstückgeometrie
abhängiges Maß, so kommt es zum Bersten des Werkstücks, bevor sich die Werkstückwand
unter der Wirkung des Innendrucks allseitig gegen die Innenwand des aus mehreren Formwerkzeugteilen
gebildeten Formhohlraums angelegt hat.
[0003] Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, für das Innenhochdruckumformen
weitere Anwendungsbereiche zu erschließen.
[0004] Erfindungsgemäß wird ein Verfahren zum Innenhochdruckumformen vorgeschlagen, bei
dem das Werkstück in einem ersten Wandbereich geschwächt wird, um unter der Einwirkung
des Innendrucks in einem zweiten Wandbereich durch Nachfließen von Material aus dem
ersten Wandbereich eine gewünschte Ausformung zu erreichen. In einer entsprechenden
Vorrichtung zum Innenhochdruckumformen mit mehreren, einen Formhohlraum bildenden
Werkzeugteilen ist erfindungsgemäß wenigstens eines der Werkzeugteile mit einem zur
Schwächung des Werkstücks in die Werkstückwand eindringenden Vorsprung versehen.
[0005] Gemäß dieser Erfindungslösung lassen sich durch Innenhochdruckumformung Formteile
hergestellen, die gegenüber bisher auf diese Art gefertigten Teilen erheblich größere
Aufweitungen und schärfer ausgeprägte Konturen aufweisen können. Zum Beispiel läßt
sich ein Rohr an einer Rohrwandseite sehr weit ausbuchten, wenn an der gegenüberliegenden
Rohrwandseite, vorzugsweise entlang einer Rohrmantellinie, zur Schwächung in das Rohr
eingeschnitten wird. Material von der den Einschnitt aufweisenden Rohrseite kann dann
in den auszubuchtenden Bereich nachfließen, wobei sich der Innendruck bis zum Bersten
des Rohrs an der Schnittstelle steigern läßt.
[0006] Das Bersten des Werkstücks ist insbesondere dann nicht störend, wenn der betroffene
Wandbereich nicht Bestandteil des herzustellenden Formteils ist und nach dem Innenhochdruckumformen
vom Werkstück abgeschnitten wird.
[0007] Als aus rohrförmigen Rohlingen herstellbare Formteile kommen vor allem die Reling
eines Fahrzeugdachgepäckträgers, Fahrgestellkomponenten, insbesondere Achsenkomponenten,
Anhängerkupplungen und andere Fahrzeugteile, z.B. Karosserieteile, in Betracht.
[0008] Während es denkbar ist, ein Werkstück vor dem Einlegen in ein Werkzeug zum Innenhochdruckumformen,
z.B. durch Bildung eines Einschnitts oder Lochs, zu schwächen, erfolgt eine solche
Schwächung vorzugsweise während der Einwirkung des Innendrucks, d.h. während des Umformvorgangs.
Dabei kann die Schwächung zu einem im Gesamtablauf der Umformung geeigneten Zeitpunkt
erfolgen, also z.B. nach einer ersten Formungsphase, in welcher das Werkstück seine
Endform noch nicht oder nur teilweise erreicht hat.
[0009] In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist der zur Schwächung des Werkstücks
verwendete Vorsprung, z.B. eine Schneide oder Spitze, an einer Stempelfläche eines
in der Art eines Stempels ausgebildeten Werkzeugteils angebracht, wobei das Stempelwerkzeugteil
gegen das durch den Innendruck beaufschlagte Werkstück gepreßt werden kann. Solange
sich das Stempelwerkzeugteil in einer zurückgezogenen Position befindet, baucht der
Innendruck die Werkstückwand an der betreffenden Stelle etwas aus, wodurch der Vorsprung
auf einen stark vorgespannten Teil der Werkstückwand trifft, und dadurch in das Werkstück
eindringen und es letztlich an der Schwächungsstelle zum Bersten bringen kann.
[0010] In weiterer Ausgestaltung der Erfindung weist die Vorrichtung eine Steuereinrichtung
auf, durch welche die Preßkraft des Stempelwerkzeugteils, die mechanische Anpreßkraft
der zur Innendruckbeaufschlagung verwendeten Druckstempel sowie den Innendruck entsprechend
vorbestimmten Zeitfunktionen verändert werden kann. Durch eine solche Einrichtung
läßt sich der Umformvorgang unter Minimierung der Materialdehnung optimal steuern.
[0011] Die Erfindung soll nun anhand von Ausführungsbeispielen und der beiliegenden, sich
auf diese Ausführungsbeispiele beziehenden Zeichnungen näher erläutert werden. Es
zeigen:
- Fig. 1
- ein Werkzeug zum Innenhochdruckumformen mit eingelegtem Werkstück (ausschnittsweise)
gemäß einem ersten Ausführungsbeispiel für die vorliegende Erfindung,
- Fig. 2
- ein mit Hilfe des Werkzeugs von Fig. 1 hergestelltes Formteil (ausschnittsweise) in
einer Draufsicht,
- Fig. 3
- das Formteil von Fig. 2 in einer geschnittenen Seitenansicht,
- Fig. 4
- ein weiteres, mit Hilfe eines dem Werkzeug von Fig. 1 ähnlichen Werkzeugs hergestelltes
Formteil (ausschnittsweise) in einer geschnittenen Seitenansicht,
- Fig. 5
- das Formteil von Fig. 4 in einer Draufsicht,
- Fig. 6
- ein Werkzeug zum Innenhochdruckumformen mit eingelegtem Werkstück (ausschnittsweise)
gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel für die vorliegende Erfindung, und
- Fig. 7
- ein mit Hilfe des Werkzeugs von Fig. 6 hergestelltes Formteil (ausschnittsweise).
[0012] Mit dem Bezugszeichen 1 ist in der Fig. 1 ein aus mehreren Teilen bestehendes Werkzeug
zum Innenhochdruckumformen bezeichnet. Das ausschnittsweise dargestellte Werkzeug
weist Werkzeugteile 2 bis 5 auf, durch die ein Formhohlraum 6 gebildet ist. In dem
Formhohlraum ist ein mit Hilfe des Werkzeugs 1 bereits verformtes Werkstück 7 angeordnet,
welches ursprünglich die Form eines gebogenen Rohrs hatte, wie in Fig. 1 durch Strichlinien
31,32 angedeutet ist.
[0013] An ein Stirnende des Werkstücks 7 ist ein Druckstempel 8 angesetzt, über den gemäß
einem Pfeil 8 auf das Werkstück 7 eine mechanische Druckkraft ausgeübt werden kann.
Vor allem dient der Druckstempel 8 dazu, in den Innenraum des Werkstücks 7 ein Druckfluid,
vorzugsweise Wasser, über einen nicht gezeigten Zuführungskanal im Druckstempel 8
einzupressen. Ein weiterer solcher Druckstempel ist an der entgegengesetzten, in Fig.
1 nicht sichtbaren Rohröffnung des Werkstücks angeordnet.
[0014] Bei dem Werkstückteil 5 handelt es sich um einen gemäß Doppelpfeil 10 hin- und herschiebbaren
Stempel, welcher an einer ersten, dem Werkstück 7 zugewandten Stempelfläche 11 eine,
in Fig. 2 sichtbare, Schneide 12 aufweist. Die von dem Stempelwerkzeugteil 5 vorstehende
Schneide 12 hat in dem gezeigten Ausführungsbeispiel eine Höhe, welche etwa einem
Drittel bis der Hälfte der ursprünglichen Rohrwanddicke des Werkstücks 7 entspricht.
[0015] Eine zweite Stempelfläche 13 weist einen ebenen Abschnitt 14 und eine vorstehende
Rundung 15 auf.
[0016] In dem Werkzeugteil 3 ist eine sich im Formhohlraum 6 an die vorstehende Rundung
15 anschließende Vertiefung 16 vorgesehen.
[0017] Zur Herstellung des in den Fig. 2 und 3 gezeigten Formteils wird in das Werkzeug
1 das gebogene Rohr eingelegt und mit Hilfe der Druckstempel 8 der Innenraum des Rohrs
durch Fluiddruck beaufschlagt.
[0018] In dieser ersten Verformungsphase befindet sich der als Stempel ausgebildete Werkzeugteil
5 in einer von der Rohrwand zurückgezogenen Position. Die Rohrwand des gebogenen Werkstückrohrs
hat in dieser Phase den durch die eingezeichnete Strichlinie 31 angedeuteten Verlauf.
[0019] Während der ersten Verformungsphase werden sowohl die durch den Druckstempel 8 auf
das Rohrende des Werkstücks 7 ausgeübte mechanische Preßkraft als auch der Fluiddruck
im Werkstück erhöht. Es kommt dadurch zu einer zunehmenden Aufweitung des Werkstücks,
wobei sich die Werkstückwand der Formhohlraumwand annähert. Der dem Stempelwerkzeugteil
5 gegenüberliegende Rohrwandbereich wird zu den Stempelflächen 11,13,14 hin gedrückt.
[0020] Nach Erreichen einer bestimmten Vorverformung erfolgt nun ein Vorschub des Stempelwerkzeugteils
5, wobei dieser gegen den wirkenden Innendruck arbeitend mit seinen Stempelflächen
11,13,14 das Werkstück 7 verformt. Dabei dringt die Schneide 12 in das Rohrwandmaterial
ein. In einer weiteren Phase der Verformung, in der der Fluiddruck und die Stempelpreß-kräfte
weiter erhöht werden, reißt die Rohrwand entlang des Einschnittes auf. Durch das Einschneiden
und insbesondere Aufreißen kann Material nachfließen, so daß sich der dem Einschnitt
gegenüberliegende Rohrwandbereich sehr weit, sogar unter Bildung von Ecken 17,18 (Fig.
2), aufweiten und gegen die Formhohlraumwand anlegen läßt.
[0021] In einer Endphase der Verformung wird, wie auch beim herkömmlichen Innenhochdruckumformen,
der Innendruck noch einmal stark erhöht, um eine möglichst vollkommene Anlage des
Werkstücks gegen die Formhohlraumwand unter Ausfüllung aller Konturen zu erreichen.
[0022] Bei der Verformung werden der Fluiddruck im Werkstück 7, die Preßkraft des Druckstempels
8 sowie die Preßkraft des Stempelwerkzeugteils 5 entsprechend vorbestimmter Zeitfunktionen
gesteuert.
[0023] Zur Fertigstellung des in den Fig. 2 und 3 gezeigten Formteils wird nach Entnahme
des Werkstücks 7 aus dem Werkzeug 1 das weitgehend unverformte und entlang dem Einschnitt
aufgerissene Rohrende bei 19 abgeschnitten.
[0024] Bei dem in den Fig. 2 und 3 ausschnittsweise dargestellten Formteil handelt es sich
um eine, nach dem vorangehend beschriebenen Verfahren aus einem einzigen Rohrstück
hergestellte Reling eines Dachgepäckträgers für ein Fahrzeug, wobei die Rohrstückenden
zur Bildung von auf dem Fahrzeugdach aufsitzenden Fußteilen aufgeweitet sind. Durch
die Vertiefung bei 16 in dem Werkzeugteil 3 ist ein Vorsprung 20 gebildet, über welchen
die Reling mit dem Dach des Fahrzeugs verschraubt wird. Der ebene Teil 14 der Stempelfläche
bildet eine ebene Auflagefläche 21, über die die Reling gegen das Fahrzeugdach anliegt.
Ebenfalls zur Anlage gegen das Dach kommt der Schnittrand 19.
[0025] Durch das beschriebene Herstellungsverfahren läßt sich eine an beiden Enden stark
verbreiterte Dachreling herstellen, so daß entsprechend große Auflageflächen für eine
stabile Halterung der Reling auf dem Fahrzeugdach gebildet sind.
[0026] Fig. 4 und 5 zeigen eine gegenüber der Dachreling von Fig. 2 und 3 modifizierte Reling,
bei der eine Auflagefläche 21a und ein Schnittrand 19a zur Anpassung an die Dachkontur
gewölbt sind. In dem gezeigten Ausführungsbeispiel ist die Werkstückrohrwand über
die Einschnittlänge hinaus aufgerissen, so daß bei 22 eine entsprechende Einbuchtung
gebildet ist.
[0027] Es wird nun Bezug auf Fig. 6 und 7 genommen, wo mit den Bezugszeichen 23 und 24 Teile
eines Werkzeugs zum Innenhochdruckumformen bezeichnet sind. Die Werkzeugteile bilden
einen Formhohlraum 25, in dem ein bereits verformtes, ursprünglich rohrförmiges Werkstück
26 angeordnet ist.
[0028] Der Werkzeugteil 23 weist eine vorstehende Schneide 27 auf, welche in das Werkstück
eingedrungen ist und das durch Innendruck beaufschlagte Werkstück unter Bildung einer
Rißöffnung 28 etwa über die Länge der Schneide zum Bersten gebracht hat. Auf der der
Rißöffnung 28 gegenüberliegenden Rohrwandseite ist eine Ausformung 29 gebildet, zu
deren Bildung Material in Richtung der bei 30 eingezeichneten Pfeile 30 nachfließen
konnte.
[0029] Im Unterschied zu dem vorangehenden Ausführungsbeispiel ist die Schneide 27 nicht
auf einem beweglichen Stempelwerkzeugteil vorgesehen, so daß der Einschnitt in das
Werkstück 26 allein durch die Wirkung des Innendrucks zustande kommt.
1. Verfahren zum Innenhochdruckumformen eines insbesondere rohrförmigen Werkstücks (7),
dadurch gekennzeichnet,
daß das Werkstück (7) in einem ersten Wandbereich geschwächt wird, um unter der Einwirkung
des Innendrucks in einem zweiten Wandbereich durch Nachfließen von Material aus dem
ersten Wandbereich eine gewünschte Ausformung zu erreichen.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß der erste Wandbereich und der zweite Wandbereich einander gegenüberliegen.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Schwächung des Werkstücks (7) vor dem Umformen außerhalb eines Formwerkzeugs
oder/und innerhalb eines Formwerkzeugs, insbesondere während der Einwirkung des Innendrucks,
erfolgt.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Schwächung durch Einschneiden in das Werkstück (7) erfolgt.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet,
daß in das Werkstück (7) zu seiner Schwächung entlang einer Rohrmantellinie des Werkstücks
eingeschnitten wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Schwächung des Werkstücks nach einer ersten Verformungsphase erfolgt.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Innendruck oder/und die Schneidkraft bis zum Bersten des Werkstücks in dem
geschwächten Wandbereich gesteigert wird.
8. Vorrichtung zum Innenhochdruckumformen eines insbesondere rohrförmigen Werkstücks
(7), mit mehreren, einen Formhohlraum (6) bildenden Formwerkzeugteilen (2-5),
dadurch gekennzeichnet,
daß wenigstens eines (5) der Formwerkzeugteile (2-5) einen zur Schwächung des Werkstücks
(7) in die Werkstückwand eindringenden Vorsprung (14) aufweist.
9. Vorrichtung nach Anspruch 8,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Vorsprung eine Schneide (14) ist.
10. Vorrichtung nach Anspruch 8 oder 9,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Vorsprung an einer Stempelfläche eines ein einen beweglichen Werkzeugstempel
bildenden Werkzeugteils (5) vorgesehen ist.
11. Vorrichtung nach Anspruch 10,
dadurch gekennzeichnet,
daß eine Steuervorrichtung vorgesehen ist, welche den Preßdruck des Werkzeugstempels
(5), den mechanischen Anpreßdruck, der zur Druckbeaufschlagung verwendeten Druckstempel
und den Innendruck im Werkstück entsprechend vorgegebenen Zeitfunktionen steuert.
12. Unter Innenhochdruckumformung, insbesondere unter Innenhochdruckumformung eines Rohres,
hergestelltes Formteil (7),
dadurch gekennzeichnet,
daß das zur Bildung des Formteils verwendete Werkstück in einem ersten Wandbereich
geschwächt worden ist, um unter Einwirkung des Innendrucks in einem zweiten Wandbereich
durch Nachfließen von Material aus dem ersten Wandbereich eine gewünschte Ausformung
(17,18) des Werkstücks (7) zu erreichen.
13. Formteil nach Anspruch 12,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Formteil eine aus einem einzigen Rohrstück hergestellte Reling eines Dachgepäckträgers
für ein Fahrzeug ist, deren Enden durch die Innenhochdruckumformung zur Bildung gegen
das Fahrzeugdach anlegbarer Fußteile aufgeweitet und von deren Enden zur Zuführung
von Druckfluid benötigte Rohrendabschnitte abgeschnitten sind.
14. Formteil nach Anspruch 12,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Formteil ein Element eines Fahrzeugfahrgestells, insbesondere eine Achsenkomponente,
oder eine Anhängerkupplung ist.