(19)
(11) EP 1 201 593 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.05.2002  Patentblatt  2002/18

(21) Anmeldenummer: 01123846.6

(22) Anmeldetag:  05.10.2001
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B66B 11/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 23.10.2000 EP 00810979

(71) Anmelder: INVENTIO AG
CH-6052 Hergiswil (CH)

(72) Erfinder:
  • Grundmann, Steffen, Dr.
    8906 Bonstetten (CH)

   


(54) Verfahren und System zur Kompensation von Schwingungen in Aufzugskabinen


(57) Verfahren und System zur Kompensation von Schwingungen in einer Aufzugskabine (5), welche Aufzugskabine (5) an mindestens einer Führungsschiene (7) geführt wird, wobei Schwingungen über mindestens einen ersten Sensor (1, 1') an einer Störquelle (8) erfasst werden, Schwingungen über mindestens einen zweiten Sensor (2) am Auswirkungsort an der Aufzugskabine (5) erfasst werden, von einer Regeleinrichtung (3) die erfassten Schwingungen auswertet werden, durch die Regeleinrichtung (3) eine Kompensationsmasse (4) gezielt aufgeschaltet wird und erfasste Schwingungen durch eine Kompensationskraft von umgekehrtem Vorzeichen und gleichem Betrag neutralisiert werden.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung bezieht sich auf das Fördern von Personen in Aufzugskabinen und im Besonderen auf ein Verfahren und ein System zur Kompensation von Schwingungen in Aufzugskabinen gemäss der Definition der Patentansprüche.

[0002] Systeme zum Fördern von Personen bestehen oft aus einer Aufzugskabine, die über Führungsschuhe entlang von Führungsschienen geführt wird. Bei dieser Art der Führung treten Schwingungen auf, die ihre Ursache in der Form und Befestigung der Führungsschienen bzw. in Druckschwankungen bei der Luftumströmung der Aufzugskabine haben. Solche, auf die Aufzugskabine übertragene Schwingungen werden gerade bei hohen Fördergeschwindigkeiten von den Fahrgästen als unangenehm empfunden. Auch können Resonanzen auftreten, wenn die Schwingungsfrequenz bei Annäherung an die Eigenfrequenz der Aufzugskabine grosse Werte annimmt.

[0003] Aus der Schrift US 5 811 743 ist eine Regeleinrichtung für Aufzugskabinen bekannt, bei der Schwingungen über Sensoren permanent aufgenommen werden und daraufhin in einer Feedback-Regelung durch geeignete Mittel kompensiert werden. Eine solche Kompensation von Schwingungen erfolgt entweder durch Bewegung der Aufzugskabine bezüglich der Führungsschuhe oder sie erfolgt durch Bewegung einer Kompensationsmasse bezüglich der Aufzugskabine. In letzterer Ausführungsform ist die Ankopplung der Aufzugskabine an die Führungsschuhe nicht starr, sondern elastisch, so dass während der Fahrt der Aufzugskabine Schwingungen verzögert von den Führungsschuhen auf die Aufzugskabine übertragen werden und die Regeleinrichtung ausreichend Zeit zum Bewegen der Kompensationsmasse hat. Hierbei erfolgt eine Absenkung von Schwingungen, es erfolgt jedoch keine vollständige Eliminierung derselben.

[0004] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es nun, eine hocheffektive Kompensation von Schwingungen in Systemen zum Fördern von Personen zu erzielen, derart dass die Schwingungen von den Fahrgästen nicht bemerkt werden. Insbesondere sollen niederfrequente Schwingungen, sogenannte Störschwingungen, die von den Fahrgästen als besonders störend empfunden werden, kompensiert werden. Die Erfindung soll mit gängigen Techniken und Verfahren der Lasten- und Personenförderindustrie kompatibel sein. Auch sollen bestehende Personenfördersysteme mit der Erfindung auf einfache Art und Weise nachrüstbar sein.

[0005] Diese Aufgabe wird durch die Erfindung gemäss der Definition der Patentansprüche gelöst.

[0006] Die Erfindung basiert auf einer Abkehr von der im Stand der Technik realisierten Kompensation von Schwingungen an Aufzugskabinen. Der Grundgedanke der Erfindung besteht darin, Schwingungen und insbesondere Störschwingungen, so früh wie möglich zu detektieren, um sie so optimal zu kompensieren. Dies erfolgt durch ein mehrfaches Erfassen vom zeitlichen Verlauf von Schwingungen. Zum einen werden Schwingungen dort erfasst, wo sie als störend empfunden werden, d.h. an der Aufzugskabine und zum anderen werden sie dort erfasst, wo sie erzeugt werden, d.h. an einer Störquelle.

[0007] So wird der zeitliche Verlauf von störenden Beschleunigungswerten der Aufzugskabine durch mindestens einen Beschleunigungssensor an der Aufzugskabine erfasst und es wird der zeitliche Verlauf von störenden Beschleunigungs- bzw. Druckwerten durch einen mindestens einen weiteren Beschleunigungs- bzw. Drucksensor an der Störquelle erfasst. Störende Beschleunigungswerte werden bspw. durch Abweichungen von der Lot- bzw. Ideallinie eines Führungsschuhes entlang von Führungsschienen verursacht. Störende Druckwerte sind bspw. Druckschwankungen bei der Luftumströmung der Aufzugskabine. Vorteilhafterweise ist der Beschleunigungssensor an einem Führungsschuh bzw. der Drucksensor an der Aufzugskabine angebracht.

[0008] Die Beschleunigungswerte der Aufzugskabine werden als Istwerte und die Beschleunigungs- bzw. Druckwerte an der Störquelle werden als Störgrössen an den Eingang einer Regeleinrichtung gelegt. Somit stehen am Eingang der Regeleinrichtung der zeitliche Verlauf von Störgrössen und der zeitliche Verlauf von Istwerten, d.h. der Auswirkung der Störung auf die Aufzugskabine zur Verfügung. Der zeitliche Verlauf von Istwerten beziehungsweise von Störgrössen wird als Zeitfunktion in vorzugsweise regelmässigen Zeitabschnitten erfasst. Im Rahmen dieser Erfassungsgenauigkeit werden der Zeitpunkt vom Auftreten einer Störkraft und deren zeitliche Entwicklung, sowohl an der Störquelle als auch an der Aufzugskabine erfasst.

[0009] Der Zusammenhang zwischen diesen Zeitfunktionen wird durch eine Übertragungsfunktion beschrieben. Störgrössen und Istwerte werden in der Regeleinrichtung gemäss der Übertragungsfunktion ausgewertet. Die Übertragungsfunktion basiert auf mechanischen Parametern des Personenfördersystems wie dem Leergewicht der Aufzugskabine, der Härte von Federungs-/ Dämpfungselementen, der aktuellen Position und dem Gewicht einer Kompensationsmasse, der aktuellen Förderlast, der aktuellen Lastverteilung in der Aufzugskabine, usw.. Wenigstens einer dieser mechanischen Parameter ist bekannt bzw. wird in vorzugsweise regelmässigen Zeitabschnitten aktualisiert ermittelt und ist somit aktualisiert bekannt. Bestimmte mechanische Parameter wie das Leergewicht der Aufzugskabine, das Gewicht der Kompensationsmasse, die Härte von Federungs-/ Dämpfungselementen lassen sich einmalig vor Inbetriebnahme des Personenfördersystems ermitteln. Andere mechanische Parameter wie die Position der Kompensationsmasse, die Förderlast sowie die Lastverteilung in der Aufzugskabine lassen sich aktualisiert ermitteln.

[0010] In der Regeleinrichtung werden Störgrössen zu einer Feedforward-Regelung und Istwerte zu einer Feedback-Regelung verwendet. Die Übertragungsfunktion erlaubt somit ein gezieltes Aufschalten von mindestens einer Kompensationsmasse unter Berücksichtigung der bekannten bzw. aktualisiert bekannten mechanischen Parametern des Personenfördersystems. Unter gezieltem Aufschalten der Kompensationsmasse wird ein Antreiben der linear bzw. rotatorisch bewegten, an der Aufzugskabine angebrachten Kompensationsmasse verstanden, mit dem Ziel, der aufgetretenen Störkraft eine derartige Kompensationskraft entgegenzusetzen, dass die Störkraft weitgehend neutralisiert wird. Die Störkraft wird durch eine Kompensationskraft von umgekehrtem Vorzeichen und vorzugsweise gleichem Betrag neutralisiert. Die Kompensationskraft muss nicht zwingend betragsgleich zur Störkraft sein, sie sollte allerdings mindestens so gross sein, dass die durch unkompensierte Störkraftanteile erregten Schwingungen von den Fahrgästen nicht wahrgenommen werden. An der Aufzugskabine wird der sich zeitlich entwickelnden Störkraft eine sich zeitlich entwickelnde Kompensationskraft entgegengesetzt. Die Kompensationsmasse wird über mindestens einen Antrieb bewegt. Der Antrieb wird von der Regeleinrichtung über Stellgrössen angesteuert.

[0011] Neben der beschriebenen Störgrössenkompensation wird eine Feedback-Regelung der Beschleunigung der Aufzugskabine durchgeführt. In der Regeleinrichtung ist für diesen Zweck eine Reglerfunktion vorgesehen. Sie erhält als Beschleunigungs-Sollwert den Wert 0, denn die Beschleunigung an der Aufzugskabine soll für optimalen Fahrkomfort möglichst niedrig sein. Der Istwert für diese Feedback-Regelung ist ein durch mindestens einen Sensor erfasster Beschleunigungs-Messwert. Die Stellgrösse der Reglerfunktion bildet zusammen mit der die Störung kompensierenden Kompensationskraft die Stellgrösse der Regeleinrichtung. Im Rahmen der frei wählbaren Erfassungsgenauigkeit der Störgrössen und Istwerte erfolgt das Aufschalten der Kompensationsmasse sehr rasch, vorteilhafterweise in Echtzeit, es tritt keine für den Fahrgast spürbare Zeitverzögerung bei der Schwingungskompensation auf, die Eliminierung der Schwingungen erfolgt vollständig.

[0012] Zur Unterstützung dieses Verfahrens werden gezielt niederfrequente Schwingungen von 1 bis 100 Hz, bevorzugt von 2 bis 20 Hz durch die Regeleinrichtung isoliert. Über gezielt niederfrequente Stellgrössen wird die Kompensationsmasse entsprechend niederfrequent angetrieben und Störschwingungen gezielt eliminiert.

[0013] Im Folgenden wird das Verfahren und System zur Kompensation von Schwingungen in Aufzugskabinen anhand von Figuren in beispielhaften Varianten und Ausführungsformen im Detail erläutert.
Figur 1
zeigt einen Wirkungsplan einer ersten Variante mit einem Beschleunigungssensor an einem Führungsschuh,
Figur 2
zeigt einen Wirkungsplan einer zweiten Variante mit einem Drucksensor an der Aufzugskabine,
Figur 3
zeigt einen Wirkungsplan einer dritten Variante mit einem Beschleunigungssensor an einem Führungsschuh und einem Drucksensor an der Aufzugskabine,
Figur 4
zeigt einen Wirkungsplan einer vierten Variante mit einem Speicher zum Speichern eines Streckenprofiles,
Figur 5
zeigt eine Blockdarstellung der Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung,
Figur 6
zeigt einen Teil einer ersten Ausführungsform eines Systems mit Aufzugskabine, Führungsschiene, Sensoren und Regeleinrichtung,
Figur 7
zeigt einen Teil einer zweiten Ausführungsform eines Systems mit Aufzugskabine, Führungsschiene, Sensoren und Regeleinrichtung, und
Figur 8
zeigt einen Teil einer dritten Ausführungsform eines Systems mit Aufzugskabine, Führungsschiene, Sensoren und Regeleinrichtung.


[0014] Das Verfahren zur Kompensation von Schwingungen in Aufzugskabinen ist in beispielhaften Varianten anhand schematischen Wirkungsplänen gemäss den Figuren 1 bis 4 gezeigt. Das System zur Kompensation von Schwingungen in Aufzugskabinen ist in beispielhaften Ausführungsbeispielen gemäss den Figuren 6 bis 8 gezeigt. Dabei wird eine Aufzugskabine 5 mittels Führungsschuhen 6 entlang von Führungsschienen 7 geführt. Die Aufzugskabine 5 ist bspw. über Federungs- / Dämpfungselemente 11 und über einen Fangrahmen 12 mit den Führungsschuhen 6 verbunden. Die Führungsschuhe 6 rollen bspw. über Führungsrollen 6' auf den Führungsschienen 7. In den Ausführungsformen gemäss Figur 6 und 8 sind die Federungs- / Dämpfungselemente 11 am Boden der Aufzugskabine 5 angebracht, in der Ausführungsform gemäss Figur 7 sind die Federungs- / Dämpfungselemente 11 am Dach der Aufzugskabine 5 angebracht.

[0015] Durch diese Führung 5 mittels Führungsschuhen 6 treten besonders bei hohen Führungsgeschwindigkeiten Schwingungen in der Aufzugskabine 5 auf. Hervorgerufen werden solche Schwingungen durch Störquellen 8. Solche Störquellen 8 sind bspw. unebene Übergänge von Führungsschienen sowie Krümmungen in Führungsschienen 7, wodurch Erschütterungen, Flieh- und Trägheitskräfte in der Aufzugskabine 5 erzeugt werden. Störquellen 8 werden bspw. über die Führungsschiene 7 auf die Führungsschuhe 6 und von dort in die Aufzugskabine 5 übertragen. Andere Störquellen 8 rühren von Druckschwankungen bei der Luftumströmung der Aufzugskabine 5 her und werden in die Aufzugskabine 5 übertragen.

[0016] Störquellen 8 werden mittels mindestens eines ersten Sensors 1, 1' als Störgrössen Z aufgenommen. In vorteilhaften Ausführungsformen gemäss den Figuren 6 bis 8 ist ein solcher erster Sensor 1 als Beschleunigungssensor 1 an einem Führungsschuh 6 angebracht. In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform gemäss den Figuren 6 und 8 ist ein solcher erster Sensor 1' als Drucksensor 1' an der Aufzugskabine 5, bspw. seitlich an der Aufzugskabine 5 angebracht. Störende Schwingungen werden somit als Störgrössen Z möglichst nah dort erfasst, wo sie auftreten, d.h. an der Störquelle 8.

[0017] Beschleunigungswerte der Aufzugskabinen werden als Istwerte X von mindestens einem zweiten Sensor 2 aufgenommen. In den vorteilhaften Ausführungsformen gemäss den Figuren 6 bis 8 ist ein solcher zweiter Sensor 2 als Beschleunigungssensor 2 an der Aufzugskabine 5, bspw. am Boden bzw. auf dem Dach der Aufzugskabine 5 angebracht. Die Auswirkungen von störenden Schwingungen werden somit als Istwerte X möglichst nah dort erfasst, wo sie als störend empfunden werden, d.h. an der Aufzugskabine 5, bevorzugt nahe der störende Schwingungen auf die Aufzugskabine 5 übertragenden Federungs- / Dämpfungselementen 11.

[0018] Der zeitliche Verlauf von Istwerten X respektive von Störgrössen Z wird als Zeitfunktion in vorzugsweise regelmässigen Zeitabschnitten erfasst. Im Rahmen dieser Erfassungsgenauigkeit werden der Zeitpunkt vom Auftreten einer Störkraft und deren zeitliche Entwicklung, sowohl an der Störquelle als auch an der Aufzugskabine 5 erfasst. Der Fachmann kann bei Kenntnis der vorliegenden Erfindung vielfältige Variationen bei der Erfassung und Anordnung von mindestens einem zweiten Sensor 2 vornehmen. Bspw. sind in der Ausführungsform gemäss Figur 7 zwei Beschleunigungssensoren 2 angebracht. Ein erster Beschleunigungssensor 2 ist auf dem Dach der Aufzugskabine 5 nahe der Federungs- / Dämpfungselemente 11 montiert, einer zweiter Beschleunigungssensor 2 ist am Boden der Aufzugskabine 5 in einer Entfernung von den Federungs- / Dämpfungselementen 11 montiert. Dies erlaubt eine räumlich differenzierte Erfassung der Ausbreitung und Kompensation von störender Schwingungen von Federungs- / Dämpfungselementen 11 in der Aufzugskabine 5 mittels zwei Beschleunigungssensoren 2.

[0019] Die Erfassungsgenauigkeit der Sensoren 1, 1', 2 entspricht gängigen Industriestandard, bspw. werden von Sensoren 1, 1', 2 bspw. 200 Messungen, bevorzugt 20 Messungen pro Sekunde erfasst. Als Sensoren 1, 1', 2 lassen sich alle bekannten Sensortypen mechanischer, optischer und elektrischer Bauart verwenden. Die in den Figuren gezeigten Ausführungsformen sind nicht zwingend, der Fachmann kann bei Kenntnis der vorliegenden Erfindung andere Plazierungen von Sensoren 1, 1', 2 in Personenfördersystemen vornehmen. Bspw. lässt sich ein Drucksensor 1' auch am Boden bzw. auf dem Dach der Aufzugskabine 5 montieren. Auch lassen langsamer bzw. schneller messende Sensoren 1, 1', 2 verwenden.

[0020] Die Istwerte X und Störgrössen Z werden an den Eingang einer Regeleinrichtung 3 gelegt. Eine solche Regeleinrichtung 3 ist in einem beispielhaften Blockdiagramm gemäss Figur 5 gezeigt. Die Regeleinrichtung 3 operiert mit einer Übertragungsfunktion. Die Übertragungsfunktion beinhaltet Abbildungsvorschriften, die es erlauben, in eindeutiger Weise jeder Eingangsgrösse der Regeleinrichtung 3 eine Ausgangsgrösse zuzuordnen. Die Übertragungsfunktion stellt somit einen Zusammenhang her, zwischen dem zeitlichen Verlauf der Istwerte X und Störgrössen Z, den Eingangsgrössen am Eingang der Regeleinrichtung 3 und dem zeitlichen Verlauf von Stellgrössen Y, den Ausgangsgrössen am Ausgang der Regeleinrichtung 3. Vorteilhafterweise gliedert sich die Übertragungsfunktion in eine zeitabhängige Reglerfunktion GR(t) und in eine zeitabhängige Störübertragungsfunktion GZ(t). Am Eingang der Reglerfunktion GR(t) liegen die sich zeitlich ändernden Istwerte X an sowie ein vorgegebener Beschleunigungs-Sollwert 0 für die Beschleunigung der Aufzugskabine mit dem Wert 0. Am Eingang der Störübertragungsfunktion GZ(t) liegen die sich zeitlich ändernden Störgrössen Z an. Die Ausgänge der Reglerfunktion GR(t) und der Störübertragungsfunktion GZ(t) werden subtrahiert und bilden damit die sich zeitlich ändernde ausgehende Stellgrösse Y.

[0021] Die Übertragungsfunktion lässt sich prinzipiell auf zwei Arten ermitteln, einmal, indem möglichst alle mechanischen Parameter des Personenfördersystems, die ja grundsätzlich bekannt sind, so genau wie möglich erfasst und in Relation zueinander gestellt werden, und zum anderen, indem zumindestens die wichtigsten der mechanischen Parameter des Personenfördersystems mit hinreichender Genauigkeit mittels eines Modellbildungsverfahrens geschätzt werden. Für die Modellbildung werden die gemessenen Störgrössen Z und die gemessenen Istwerte X verwendet. Die mechanischen Parameter des Personenfördersystems sind das Leergewicht der Aufzugskabine 5, die aktuelle Position und das Gewicht der mindestens einen Kompensationsmasse 4, die Härte der Federungs-/ Dämpfungselemente 11 die aktuelle Förderlast, die aktuellen Lastverteilung in der Aufzugskabine 5, usw.. Bestimmte mechanische Parameter wie das Leergewicht der Aufzugskabine, das Gewicht der Kompensationsmasse 4, die Härte der Federungs-/ Dämpfungselementen 11 lassen sich einmalig vor Inbetriebnahme des Personenfördersystems ermitteln. Andere mechanische Parameter wie die Position der Kompensationsmasse, die Förderlast sowie die Lastverteilung in der Aufzugskabine werden aktualisiert ermittelt.

[0022] Aus rein praktischen Gründen wird meistens die zweite Ermittlungsart verwendet. Der Aufwand zur Ermittlung der Übertragungsfunktion ist bei Verwendung von einem adaptiv ausgestaltbaren Modellbildungsverfahren meistens geringer. Bspw. sind dem Konstrukteur und dem Monteur natürlich Federungs- / Dämpfungskennlinien bekannt, die bei einem bestimmten Gewicht der Aufzugskabine 5 aus einer bestimmten Härte der Federungs-/ Dämpfungselemente 11 resultiert. Jedoch ist oft das Gewicht der Aufzugskabine 5 nicht genau bekannt. Dies trifft insbesondere bei der Montage des Personenfördersystems zu, wo die Aufzugskabine bspw. oft noch nicht vollständig ausgestattet, bspw. innen nicht ausgekleidet ist, und ihr Leergewicht somit nur mit hinreichender Genauigkeit von bspw. 10% bekannt ist. Für die Durchführung des Modellbildungsverfahrens muss zumindestens einer der mechanischen Parameter mit hinreichender Genauigkeit bekannt sein bzw. wird in vorzugsweise regelmässigen Zeitabschnitten aktualisiert ermittelt und muss somit mit hinreichender Genauigkeit aktualisiert bekannt sein. Hinreichende Genauigkeit heisst, dass die Genauigkeit der Parametererfassung ausreicht, um das Modellbildungsverfahren erfolgreich durchzuführen. Erfolgreich ist das das Modellbildungsverfahren dann, wenn zwischen den Eingangs- und Ausgangsgrössen der Regeleinrichtung 3 ein Zusammenhang herstellbar ist, um die Wirkung eingehender Istwerte X und Störgrössen Z gezielt durch ausgehende Stellgrössen Y zu kompensieren. Dabei ist der mechanische Parameter die Basis der Übertragungsfunktion. In Abhängigkeit der Ein- und Ausgangsgrössen der Regeleinrichtung 3 wird ein Modell der Übertragungsstrecke erstellt, welches das tatsächliche Verhalten nachbildet. In Funktion der eingehenden Istwerte X und Störgrössen Z liefert das Modell der Übertragungsstrecke dann ausgehende Stellgrössen Y. Der Zusammenhang der Ein- und Ausgangsgrössen der Regeleinrichtung 3 wird adaptiv optimiert, d.h. die Übertragungsfunktion, welche ja diesen Zusammenhang herstellt, wird in Testläufen derart angepasst, dass die Wirkung der eingehenden Störgrössen Z gezielt durch ausgehende Stellgrössen Y kompensiert wird. Bei der gezielten Kompensation von Störkräften wird der aufgetretenen Störkraft eine betragsgleiche Kompensationskraft entgegengesetzt. Bekannte Modellbildungsverfahren die solche Ein- und Ausgangsgrössen adaptiv optimieren sind die Methode der kleinsten Quadrate, die lineare Regression, usw.. Der Fachmann hat bei Kenntnis der vorliegenden Erfindung vielfältige Möglichkeiten der Realisierung einer solchen Regeleinrichtung 3.

[0023] In der Regeleinrichtung 3 werden Istwerte X über die Reglerfunktion GR(t) zu einer Feedback-Regelung verwendet und Störgrössen Z werden über die Störübertragungsfunktion GZ(t) zu einer Feedforward-Regelung verwendet. Die Übertragungsfunktion erlaubt ein gezieltes Aufschalten von mindestens einer Kompensationsmasse 4 unter Berücksichtigung der bekannten bzw. aktualisiert bekannten mechanischen Parameter des Personenfördersystems. Unter gezieltem Aufschalten der Kompensationsmasse 4 wird ein Antreiben der an der Aufzugskabine 5 angebrachten Kompensationsmasse 4 verstanden, mit dem Ziel, der aufgetretenen Störkraft eine betragsgleiche Kompensationskraft entgegenzusetzen und die Störkraft zu neutralisieren.

[0024] Die Regeleinrichtung 3 gibt Stellgrössen Y an mindestens einen Antrieb 4' von mindestens einer zu bewegenden Kompensationsmasse 4 aus. Bspw. handelt es sich beim Antrieb 4' um einen Servoantrieb, der eine über bekannte Führungsmittel geführte Kompensationsmasse 4 kontrolliert bezüglich der Aufzugskabine 5 positioniert. Vorteilhafterweise beträgt die Kompensationsmasse 4 bis 5%, bevorzugt 2% vom zugelassenen Gesamtgewicht der Aufzugskabine 5. Vorteilhafterweise wird die Kompensationsmasse 4 linear bzw. rotatorisch über eine Distanz von +/- 10 cm, bevorzugt +/- 5cm bewegt. Der Antrieb 4' wird von der Regeleinrichtung 3 über die Stellgrössen Y angesteuert. Die Kompensationsmasse 4 kann periodisch bzw. aperiodisch mit Frequenzen von bspw. 1 bis 30 Hz vor- und zurückgefahren werden. An der Aufzugskabine 5 wird somit der sich zeitlich entwickelnden Störkraft eine sich zeitlich mit gleichem Betrag entwickelnde Kompensationskraft entgegengesetzt. Vorteilhafterweise wird der Feedback-Regler, dessen Stellglied der Antrieb 4' der Kompensationsmasse 4 ist, mit einem Beschleunigungs-Sollwert 0 betrieben. In der beispielhaften Ausführungsform gemäss Figur 6 ist der Antrieb 4' und die Kompensationsmasse 4 auf dem Dach der Aufzugskabine 5 angeordnet. in den beiden beispielhaften Ausführungsformen gemäss Figur 7 und 8 ist der Antrieb 4' und die Kompensationsmasse 4 unterhalb vom Boden der Aufzugskabine 5 angebracht. Die Art und Weise des Antriebs die Dimensionierung der zu bewegenden Kompensationsmasse 4 sowie die Anordnung von Antrieb 4' und Kompensationsmasse 4 bezüglich der Aufzugskabine 5 kann der Fachmann bei Kenntnis der vorliegenden Erfindung in einem weiten Rahmen frei gestalten. In der beispielhaften Ausführungsform gemäss Figur 8 sind Antrieb 4' und Kompensationsmasse 4 nahe der Federungs- / Dämpfungselementen 11 angeordnet, um so über die Federungs-/ Dämpfungselementen 11 auf die Aufzugskabine 5 übertragende Störkräfte möglichst frühzeitig, d.h. vor einem sich Weiterverpflanzen von störenden Schwingungen in das Innere der Aufzugskabine 5, zu den Fahrgästen hin, zu kompensieren.

[0025] In der Variante gemäss Figur 4 nimmt der mindestens eine erste Sensor 1 ein Streckenprofil der Aufzugskabine 5 entlang der Führungsschiene 7 auf. Dieses Streckenprofil ist charakteristisch für das System bestehend aus Aufzugskabine, Führungsschuhen und Führungsschiene. Dieses Streckenprofil wird in einem Speicher 10 abgespeichert. Der Speicher 10 ist von handelsüblicher Bauart, bspw. handelt es sich um einen elektronischen, magnetischen beziehungsweise magnetooptischen Speicher von Daten. Das gespeicherte Streckenprofil wird vorteilhafterweise einmalig in einem Eichverfahren vor Inbetriebnahme des Personenfördersystems ermittelt. Unter der Annahme, dass das Streckenprofil zeitlich invariant ist, und bei Kenntnis der aktuellen Position der Aufzugskabine 5 auf der Förderstrecke, ist dann eine permanente Montage eines Beschleunigungssensor 1 an einem Führungsschuh 6 nicht notwendig. Eine Positionserfassung ist bei Aufzugskabinen üblich und erfolgt bspw. mit einer örtlichen Auflösung von 0,1 mm. Störgrössen Z liegen somit als gespeichertes Streckenprofil am Eingang der Regeleinrichtung 3 an und werden mit den Istwerten X in der Regeleinrichtung 3 gemäss der Übertragungsfunktion ausgewertet. Bei Revisionen kann das Streckenprofil überprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden. Auch bildet das Streckenprofil ein Protokoll über den Zustand des Systems bestehend aus Aufzugskabine, Führungsschuhen und Führungsschiene.

[0026] Die Regeleinrichtung 3 kann über einen Mehrfacheingang Störgrössen Z von mehreren Beschleunigungssensoren 1 an mehreren Führungsschuhen und/oder von mehr als einem Drucksensor 1' an der Aufzugskabine 5 erfassen. Auch kann die Regeleinrichtung 3 Istwerte X von mehr als einem Beschleunigungssensor 2 an der Aufzugskabine 5 erfassen. Schliesslich kann die Regeleinrichtung 3 Stellgrössen Y an mehrere Ausgänge an mehr als einen Antrieb 4' legen. Eine solche MIMO (multiple input multiple output)-Regeleinrichtung ist bspw. als nichtlinearer Regler, als neuronales Netz, als Fuzzy-Regler, als Neuro-Fuzzy-Regler, usw. ausgelegt. Bei Kenntnis der vorliegenden Erfindung hat der Fachmann vielfältige Möglichkeiten zur Auslegung der Regeleinrichtung.

[0027] In einer vorteilhaften Ausführungsform werden niederfrequente Schwingungen, sogenannte Störschwingungen mit Frequenzen von 1 bis 100 Hz, bevorzugt von 2 bis 20 Hz, in der Regeleinrichtung 3 bspw. mittels eines Hochpassfilters mit einer Grenzfrequenz von 1 bis 3 Hz isoliert. Solche niederfrequenten Schwingungen werden von üblichen Federungs- / Dämpfungselementen 11 unzureichend eliminiert. Störschwingungen werden jedoch von den Fahrgästen als besonders unangenehmen empfunden. Über gezielte Ansteuerung wird die Kompensationsmasse mit Frequenzen der Störschwingungen angetrieben und die Störschwingungen gezielt eliminiert.


Ansprüche

1. Verfahren zur Kompensation von Schwingungen in einer Aufzugskabine (5), unter Verwendung von mindestens einem Sensor (1, 2), welcher Sensor (1, 2) Schwingungen der Aufzugskabine (5) erfasst, einer Regeleinrichtung, welche die erfassten Schwingungen auswertet und mindestens einen Antrieb (4') zum Bewegen von mindestens einer Kompensationsmasse (4) an der Aufzugskabine (5) zur Kompensation der erfassten Schwingungen, ansteuert,
dadurch gekennzeichnet,
dass über mindestens einen ersten Sensor (1, 1') Schwingungen an einer Störquelle (8) und über mindestens einen zweiten Sensor (2) Schwingungen am Auswirkungsort an der Aufzugskabine (5) erfasst werden.
 
2. Verfahren gemäss Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass vom ersten Sensor (1, 1') erfasste Schwingungen als Störgrössen (Z) an einen Eingang der Reglereinrichtung (3) gelegt werden und dass vom zweiten Sensor (2) erfasste Schwingungen als Istwerte (X) an einen Eingang der Reglereinrichtung (3) gelegt werden.
 
3. Verfahren gemäss Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass vom ersten Sensor (1, 1') erfasste Schwingungen in einem Speicher (10) als Streckenprofil gespeichert werden und dass das Streckenprofil als Störgrössen (Z) an einen Eingang der Reglereinrichtung (3) gelegt wird und dass vom zweiten Sensor (2) erfasste Schwingungen als Istwerte (X) an einen Eingang der Reglereinrichtung (3) gelegt werden.
 
4. Verfahren gemäss Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Regeleinrichtung (3) Istwerte (X) zu einer Feedback-Regelung verwendet, dass die Regeleinrichtung (3) Störgrössen (Z) zu einer Feedforward-Regelung verwendet und dass an einem Ausgang der Regeleinrichtung (3) Stellgrössen (Y) ausgegeben werden.
 
5. Verfahren gemäss Anspruch 1 oder 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Antrieb (4') zum Bewegen der Kompensationsmasse (4) über Stellgrössen (Y) der Regeleinrichtung (3) angesteuert und mit einem Sollwert Null betrieben wird.
 
6. Verfahren gemäss Anspruch 1 oder 4, dadurch gekennzeichnet, dass Schwingungen mit Frequenzen von 1 bis 100 Hz, bevorzugt von 2 bis 20 Hz in der Regeleinrichtung (3) isoliert werden und dass die Kompensationsmasse'(4) mit Frequenzen der Schwingungen angetrieben wird und die Schwingungen gezielt eliminiert werden.
 
7. Verfahren gemäss Anspruch 1 oder 4, dadurch gekennzeichnet, dass ein Zusammenhang zwischen vom ersten Sensor (1, 1') erfassten Schwingungen und vom zweiten Sensor (2) erfassten Schwingungen über eine Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung (3) hergestellt wird.
 
8. System zur Kompensation von Schwingungen in einer Aufzugskabine (5), bestehend aus: mindestens einem Sensor (1, 2), welcher Sensor (1, 2) Schwingungen der Aufzugskabine (5) erfasst, einer Regeleinrichtung (3), welche die erfassten Schwingungen auswertet und mindestens einen Antrieb (4') zum Bewegen von mindestens einer Kompensationsmasse (4) an der Aufzugskabine (5) zur Kompensation der erfassten Schwingungen ansteuert, dadurch gekennzeichnet, dass mindestens ein erster Sensor (1, 1') Schwingungen an einer Störquelle (8) und mindestens ein zweiter Sensor (2) Schwingungen am Auswirkungsort an der Aufzugskabine (5) erfassen.
 
9. System gemäss Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Regeleinrichtung (3) Schwingungen mit Frequenzen von 1 bis 100 Hz, bevorzugt von 2 bis 20 Hz isoliert und dass die Regeleinrichtung (3) die Kompensationsmasse (4) mit Frequenzen der Schwingungen aufschaltet und die Schwingungen gezielt eliminiert.
 
10. System gemäss Anspruch 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, dass der erste Sensor (1, 1') ein Beschleunigungssensor (1) an einem Führungsschuh (6) ist bzw. ein Drucksensor (1') an der Aufzugskabine (5) ist und dass der zweite Sensor (2) ein Beschleunigungssensor (2) an der Aufzugskabine (5) ist.
 




Zeichnung
















Recherchenbericht