(19)
(11) EP 1 288 383 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
05.03.2003  Patentblatt  2003/10

(21) Anmeldenummer: 02019641.6

(22) Anmeldetag:  03.09.2002
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7E04B 2/88, E06B 1/38
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 04.09.2001 DE 10143339

(71) Anmelder: Leonhardt, Andrä und Partner Beratende Ingenieure VBI GmbH
70192 Stuttgart (DE)

(72) Erfinder:
  • Fink, Roland Dr. Ing.
    01445 Radebeul (DE)

(74) Vertreter: Katscher, Helmut, Dipl.-Ing. 
Patentanwalt, Fröbelweg 1
64291 Darmstadt
64291 Darmstadt (DE)

   


(54) Räumliche Tragwerksanordnung


(57) Eine räumliche Tragwerksanordnung weist zwei parallel im Abstand zueinander angeordneten ebenen Tragwerke auf, wobei zueinander benachbarte Tragwerksknoten (3, 4) der beiden Tragwerke (1, 2) durch Orthogonal-Druckstäbe (5) miteinander verbunden sind. Spannseile (11, 12, 13, 14) weisen zwischen Tragwerksknoten (3, 4) der beiden Tragwerke (1, 2 ) verlaufende Diagonal-Seilabschnitte (11a, 12a, 13a, 14a) auf. Jedes Spannseil (11, 12, 13, 14) ist nur an seinen beiden Seilenden an dem selben Tragwerk (1 bzw. 2) verankert. Jedes Spannseil (11, 12, 13, 14) ist an den von ihm durchlaufenen Tragwerksknoten (3, 4) längsbeweglich geführt. An den Tragwerksknoten (3, 4) an beiden Enden jedes Orthogonal-Druckstabs (5.1 - 5.5) greift jeweils mindestens ein Diagonal-Seilabschnitt (1a, 12a, 13a, 14a) an.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine räumliche Tragwerksanordnung mit zwei parallel im Abstand zueinander angeordneten ebenen Tragwerken, wobei zueinander benachbarte Tragwerksknoten der beiden Tragwerke durch Orthogonal-Druckstäbe miteinander verbunden sind, und mit Spannseilen, die zwischen Tragwerksknoten der beiden Tragwerke verlaufende Diagonal-Seilabschnitte aufweisen.

[0002] Räumliche Tragwerksanordnungen, die zwei parallele ebene Tragwerke aufweisen, müssen durch Diagonal-Verstrebungen stabilisiert werden. Ein typisches Ausführungsbeispiel solcher räumlichen Tragwerksanordnungen sind zweischalige Gebäudefassaden, die aus einem das eine Tragwerk bildenden inneren Fassadengitter und einem das andere Tragwerk bildenden äußeren Fassadengitter bestehen. Die Diagonal-Verstrebungen bestehen üblicherweise aus Spannseilen, die diagonal in den einzelnen Feldern der Tragwerksanordnung verlaufen und eine Auskreuzung dieser Felder bilden. Die Diagonal-Seile sind jeweils an ihren Enden mit den Tragwerksknoten verbunden, so daß ein mit Spannseilen ausgekreuztes Fachwerk gebildet wird.

[0003] Bei unsymmetrischem Zwang kann es zu hohen Beanspruchungen der Elemente der Tragwerksanordnung, insbesondere der Diagonal-Spannseile kommen. Diese Beanspruchungen können die Materialfestigkeit übersteigen, so daß es zu einem Bruch und sogar zu einem Versagen der gesamten räumlichen Tragwerksanordnung kommen kann. Diese Gefahr besteht insbesondere bei Leichtbauweise. Eine Abhilfemöglichkeit besteht bisher nur darin, eine Überdimensionierung der Stäbe und Spannseile der Tragwerksanordnung vorzusehen, um einem Stabilitätsversagen vorzubeugen. Damit wird von der angestrebten Leichtbauweise aber wieder abgewichen.

[0004] Aufgabe der Erfindung ist es daher, eine räumliche Tragwerksanordnung der eingangs genannten Gattung zu schaffen, bei der auch bei Leichtbauweise eine Überbeanspruchung von Bauelementen der Tragwerksanordnung vermieden wird.

[0005] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß jedes Spannseil nur an seinen beiden Seilenden an dem selben Tragwerk verankert ist, daß jedes Spannseil an den von ihm durchlaufenen Tragwerksknoten längsbeweglich geführt ist, und daß an den Tragwerksknoten an beiden Enden jedes Orthogonal-Druckstabs jeweils mindestens ein Diagonal-Seilabschnitt angreift.

[0006] Da die Spannseile nicht an jedem Tragwerksknoten, sondern nur an den Seilenden fest angeschlossen sind und an den übrigen Tragwerksknoten durchlaufen, können Verformungen, die sich aus auf die Tragwerksanordnung einwirkenden Zwang ergeben, weitestgehend spannungsfrei aufgenommen werden. Auch bei einer sich infolge des Zwangs ergebenden Relativverschiebung zwischen den beiden Tragwerken wird eine Überlastung der Spannseile vermieden.

[0007] Bei der Ausführung der räumlichen Tragwerksanordnung als zweischalige Gebäudefassade kann es insbesondere durch Temperaturunterschiede zu Relativverschiebungen zwischen den beiden Fassadengittern kommen. Die erfindungsgemäße Anordnung der Spannseile verhindert dabei, daß ein zu einem Stabilitätsversagen von Fassadenbauteilen führender Zwang entstehen kann.

[0008] Gemäß einer Ausgestaltung des Erfindungsgedankens ist vorgesehen, daß die mögliche Relativverschiebung zwischen den beiden Tragwerken durch eine äußere Verankerung begrenzt ist. Damit wird konstruktiv eine Grenze der möglichen Relativverschiebungen zwischen den beiden Tragwerken vorgegeben, ohne daß beim Erreichen dieser Grenze die Gefahr eines Stabilitätsversagens besteht.

[0009] Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen des Erfindungsgedankens sind Gegenstand weiterer Unteransprüche.

[0010] Die Erfindung wird nachfolgend an Ausführungsbeispielen näher erläutert, die in der Zeichnung dargestellt sind. Es zeigt:

Fig. 1 in einem senkrechten Schnitt eine Gebäudefassade als Beispiel einer räumlichen Tragwerksanordnung aus zwei ebenen Tragwerken im unverformten Zustand,

Fig. 2 die Tragwerksanordnung nach Fig. 1 nach einer vertikalen Relativverschiebung zwischen den beiden Tragwerken,

Fig. 3 in einer vergrößerten Teildarstellung, teilweise aufgeschnitten, einen Tragwerksknoten an der in Fig. 1 mit III bezeichneten Stelle,

Fig. 4 einen Schnitt längs der Linie IV-IV in Fig. 3, und

Fig. 5 und 6 abgewandelte Ausführungsformen räumlicher Tragwerksanordnungen in Darstellungen gemäß der Fig. 1.



[0011] Die in den Fig. 1-4 am Beispiel einer zweischaligen Gebäudefassade in Stahlbauweise dargestellte räumliche Tragwerksanordnung weist ein inneres ebenes Tragwerk 1 und ein äußeres ebenes Tragwerk 2 auf, die durch die beiden ebenen Gittertragwerke der Gebäudefassade gebildet werden. Die beiden Tragwerke 1 und 2 sind parallel und im Abstand zueinander angeordnet. Jeweils benachbarte Tragwerksknoten 3 und 4 der beiden Tragwerke 1, 2 sind jeweils durch einen Orthogonal-Druckstab 5 miteinander verbunden.

[0012] Das innere Tragwerk 1 ist durch Verankerungen 6, 7 mit tragenden Gebäudeteilen 8 verbunden. Das äußere Tragwerk 2 ist durch mindestens eine äußere Verankerung 9 an einer Gebäudewand 10 elastisch abgestützt, wodurch eine mögliche Relativverschiebung zwischen den beiden Tragwerken 1, 2 begrenzt ist.

[0013] Mehrere Spannseile 11, 12, 13 und 14 stabilisieren die räumliche Tragwerksanordnung. Aus der unterschiedlichen Strichdarstellung der Spannseile 11, 12, 13 und 14 in Fig. 1 erkennt man, daß jedes Spannseil 11, 12, 13 und 14 an seinen beiden Seilenden jeweils an dem selben Tragwerk 1 bzw. 2 verankert ist und das jedes Spannseil 11, 12, 13 und 14 zwischen Tragwerksknoten 3, 4 der beiden Tragwerke 1, 2 verlaufende Diagonal-Seilabschnitte 11a, 12a, 13a und 14a aufweist. Die beiden sich über die gesamte Höhe der Tragwerksanordnung erstreckenden Spannseile 11 und 12 weisen darüber hinaus Längs-Seilabschnitte 11b bzw. 12b auf.

[0014] Man erkennt, daß das Spannseil 11 am äußeren Tragwerksknoten 4 des in Fig. 1 obersten Orthogonal-Druckstabs 5.1 verankert ist. Ein Diagonal-Seilabschnitt 11a verläuft zu dem inneren Tragwerksknoten 2 des nächsten Orthogonal-Druckstabs 5.2. In den nächsten beiden Feldern und über den Orthogonal-Druckstab 5.3 hinweg verläuft das Spannseil 11 in zwei Längs-Seilabschnitten 11b bis zum inneren Knoten 3 des Orthogonal-Druckstabs 5.4 und von dort als Diagonal-Seilabschnitt 11a zum äußeren Tragwerksknoten 4 des in der Fig. 1 untersten Orthogonal-Druckstabs 5.5 und ist dort verankert. Symmetrisch hierzu verläuft das Spannseil 12, das jeweils an den inneren Tragwerksknoten 3 der Orthogonal-Druckstäbe 5.1 und 5.5 verankert ist.

[0015] Die beiden Spannseile 13 und 14 bestehen nur aus zwei Diagonal-Seilabschnitten 13a bzw. 14a. Das Spannseil 13 ist am äußeren Tragwerksknoten 4 des Orthogonal-Druckstabs 5.2 verankert und verläuft zum inneren Tragwerksknoten 3 des Orthogonal-Druckstabs 3 und von dort zu seiner Verankerung am äußeren Tragwerksknoten 4 des Orthogonal-Druckstabs 5.4. Das Spannseil 14 verläuft symmetrisch hierzu. Zu jedem an einem (1) der beiden Tragwerke (1, 2) verankerten Spannseil (12, 14) ist somit symmetrisch ein an dem jeweils anderen Tragwerk (2) verankertes Spannseil (11, 13) angeordnet.

[0016] Wie in den Fig. 3 und 4 gezeigt, ist das hier als Beispiel dargestellte Spannseil 12 an dem von ihm durchlaufenen Tragwerksknoten 4 längsbeweglich geführt. Das Spannseil 12 läuft über einen am Orthogonal-Druckstab 5.2 angeordneten Umlenksattel 15 und erstreckt sich durch eine Öffnung 16 des Orthogonal-Druckstabs 5.2. Der Diagonal-Seilabschnitt 13a des Spannseils 13 greift mittels eines Ösenspannschlosses 17 am Orthogonal-Druckstab 5.2 an.

[0017] Fig. 2 zeigt die Tragwerksanordnung aus Fig. 1 nach einer Vertikalverschiebung des äußeren Tragwerks 2 relativ zu dem inneren Tragwerk 1. Die dadurch bedingte Längenänderung der Diagonalen der einzelnen Felder führt nicht zu einer Überbeanspruchung der Spannseile, weil diese an den Tragwerksknoten 3 bzw. 4 über die Umlenksättel 15 durchlaufen. Jedes Spannseil 11, 12, 13 und 14 weist zwei Diagonal-Seilabschnitte auf, von denen der eine in gleichem Maße verlängert wird, wie der jeweils andere Diagonal-Seilabschnitt verkürzt wird. Dadurch bleibt die Gesamtlänge des Spannseils unverändert.

[0018] Während beim Ausführungsbeispiel gemäß Fig. 1 eine gerade Anzahl von Feldern der Tragwerksanordnung dargestellt ist, nämlich vier Felder, sind in den Fig. 5 und 6 abgewandelte Ausführungsbeispiele mit fünf bzw. drei Feldern dargestellt. Man erkennt, daß auch hierbei jedes Spannseil nur an seinen beiden Seilenden an dem selben Tragwerk verankert ist und daß bei einer Relativverschiebung zwischen den beiden Tragwerken 1 und 2 die Seillängen unverändert bleiben, so daß eine Überlastung der Spannseile vermieden wird.


Ansprüche

1. Räumliche Tragwerksanordnung mit zwei parallel im Abstand zueinander angeordneten ebenen Tragwerken, wobei zueinander benachbarte Tragwerksknoten der beiden Tragwerke durch Orthogonal-Druckstäbe miteinander verbunden sind, und mit Spannseilen, die zwischen Tragwerksknoten der beiden Tragwerke verlaufende Diagonal-Seilabschnitte aufweisen, dadurch gekennzeichnet, daß jedes Spannseil (11, 12, 13, 14) nur an seinen beiden Seilenden an dem selben Tragwerk (1 bzw. 2) verankert ist, daß jedes Spannseil (11, 12, 13, 14) an den von ihm durchlaufenen Tragwerksknoten (3, 4) längsbeweglich geführt ist und daß an den Tragwerksknoten (3, 4) an beiden Enden jedes Orthogonal-Druckstabs (5.1 - 5.5) jeweils mindestens ein Diagonal-Seilabschnitt (1a, 12a, 13a, 14a) angreift.
 
2. Räumliche Tragwerksanordnung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die mögliche Relativverschiebung zwischen den beiden Tragwerken (1, 2) durch eine äußere Verankerung (9) begrenzt ist.
 
3. Räumliche Tragwerksanordnung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß jedes Spannseil (13, 14) aus zwei Diagonal-Seilabschnitten (13a, 14a) besteht.
 
4. Räumliche Tragwerksanordnung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß jedes Spannseil (11, 12) aus zwei Diagonal-Seilabschnitten (11a, 12a) und längs einem der beiden ebenen Tragwerke (1, 2) verlaufenden Längs-Seilabschnitten (11b, 12b) besteht.
 
5. Räumliche Tragwerksanordnung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß zu jedem an einem (1) der beiden Tragwerke (1, 2) verankerten Spannseil (12, 14) symmetrisch ein an dem jeweils anderen Tragwerk (2) verankertes Spannseil (11, 13) angeordnet ist.
 




Zeichnung













Recherchenbericht