(19)
(11) EP 1 306 462 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.05.2003  Patentblatt  2003/18

(21) Anmeldenummer: 02023737.6

(22) Anmeldetag:  23.10.2002
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7C23C 8/20, C23C 8/22
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 23.10.2001 DE 10152204

(71) Anmelder: Schwäbische Härtetechnik Ulm GmbH
89079 Ulm Donautal (DE)

(72) Erfinder:
  • Hiebsch, Peter
    89134 Blaustein (DE)

(74) Vertreter: Emde, Eric et al
Wagner & Geyer, Gewürzmühlstrasse 5
80538 München
80538 München (DE)

   


(54) Vorrichtung und Verfahren zum Messen und/oder Regeln der Aufkohlungsatmosphäre in einer Vakuumgasaufkohlungsanlage


(57) Die vorliegende Erfindung bezieht sich allgemein auf das Gebiet der Aufkohlung und insbesondere auf eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Messen und/oder Regeln der Aufkohlungsatmosphäre in einer Vakuumgasaufkohlungsanlage. Gemäß der vorliegenden Erfindung ist vorgesehen, dass bei einer Vakuumgasaufkohlungsanlage mit mindestens einer Aufkohlungskammer die Aufkohlungskammer eine Öffnung aufweist, in der eine Sonde zur Messung der Atmosphäre in der Aufkohlungskammer vakuumdicht angeordnet ist. Vorzugsweise ist die Sonde eine vakuumdichte Sauerstoffsonde. Beispielsweise verwendet die Sonde Zirkonoxid-Keramik zur Messung. Durch die Verwendung der Sonde ergibt sich auch ein besonders einfaches und wirkungsvolles Verfahren zum Messen und/oder Regeln der Aufkohlungsatmosphäre.


Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung bezieht sich allgemein auf das Gebiet der Aufkohlung und insbesondere auf eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Messen und/oder Regeln der Aufkohlungsatmosphäre in einer Vakuumgasaufkohlungsanlage.

[0002] Vakuumgasaufkohlungsanlagen sind in der Technik bekannt. Eine Vakuumgasaufkohlungsanlage weist üblicherweise eine Einschleuskammer, eine oder mehrere Aufkohlungskammern sowie eine Abschreckkammer auf. Die Kammern sind alle miteinander verbunden und durch Klappen oder Türen räumlich voneinander getrennt. Figur 1 zeigt schematisch den Aufbau einer beispielhaften Aufkohlungsanlage 1. Alle Kammern einschließlich einer Einschleuskammer 2, sechs Aufkohlungskammern 3 und einer Abschreckkammer 4 sind mit einem zentralen Korridor 5 verbunden. Es kann jegliche beliebige Anzahl von Aufkohlungskammern vorhanden sein. Die sechs gezeigten Aufkohlungskammern 3 sind lediglich als Beispiel dargestellt.

[0003] Die in der Aufkohlungsanlage zu bearbeitenden Chargen bestehen aus einem oder mehreren Werkstücken, insbesondere aus Stahl. Normalerweise besteht eine Charge aus mehreren Werkstücken mit einem Gesamtgewicht von beispielsweise etwa 600 kg. Die Chargen können zwischen den Kammern, d. h. von einer Kammer in eine andere, bewegt werden anhand eines im Innern der Aufkohlungsanlage angeordneten Fahrwagens 6. Natürlich sind andere Transportmittel für die Chargen möglich.

[0004] Die gesamte Anlage steht ständig unter Vakuum, das mittels einer Vakuumpumpe (nicht gezeigt) geregelt werden kann. Im Zusammenhang mit der vorliegenden Erfindung soll der Ausdruck "Vakuum" allgemein jeden sub-atmosphärischen Druck umfassen. Vorzugsweise beträgt der Druck in der Anlage ungefähr 0-200 mbar. Bei einem bestimmten Ausführungsbeispiel der Erfindung ist der Druck auf ca. 11 mbar eingestellt.

[0005] Die Arbeitstemperatur in der oder den Aufkohlungskammern beträgt normalerweise etwa 800-1100 °C. In der Aufkohlungskammer werden die Werkstücke ungefähr auf die Arbeitstemperatur von 800-1100 °C gebracht. Nach beendeter Aufkohlung und Diffusion werden die Werkstücke in der Abschreckkammer abgeschreckt. Dies erfolgt vorzugsweise durch Hochdruck von bis zu 40 bar (vorzugsweise etwa 20-40 bar) mit Gas. Bevorzugte Gase zum Abschrecken sind Stickstoff, Helium, Wasserstoff oder Luft.

[0006] Die Aufkohlung der Werkstücke in der Aufkohlungskammer erfolgt durch Zugabe von Acetylen, Propan, Methan oder anderen Aufkohlungsgasen. Ganz allgemein könnte als Aufkohlungsgas prinzipiell jedes kohlenstoffhaltige Gas verwendet werden. Die Aufkohlungsgase werden zeitlich gepulst (intermittierend) in die betreffende Aufkohlungskammer eingeleitet. Am Ende der Einleitung der Aufkohlungsgase können die Leitungen beispielsweise mit Stickstoff gespült werden. Die zeitliche Abfolge der Phasen von Einleitung des Aufkohlungsgases und anschließender Diffusion kann vorzugsweise durch ein Programm gesteuert werden. Verschiedene Programme sind möglich und werden für verschiedene Werkstücke oder verschiedene Aufkohlungstiefen verwendet. Figur 2 zeigt eine beispielhafte Bildschirmanzeige für ein bestimmtes Aufkohlungsprogramm (Programm 13). Die Programmdauer beträgt hier 3 Stunden und 40 Minuten. Zunächst erfolgen 60 min. Temperaturanstiegsdauer. Anschließend erfolgt die Programmschritte, die in Figur 2 mit 1 bis 10 bezeichnet sind. Die Anzeige gemäß Figur 2 gestattet 16 Programmsschritte, von denen das Programm 13 nur 10 Schritte verwendet. Im Schritt 1 erfolgt über 270 Sekunden hinweg die Zuführung des Aufkohlungsgases (beispielsweise Acetylen). Eine Diffusionsphase von 123 Sekunden ohne Zuführung von Aufkohlungsgasen schließt sich an. Als nächstes folgt im Schritt 2 eine Aufkohlungsphase (Zuführung von Aufkohlungsgas) von 86 Sekunden mit anschließender Diffusionsphase von 172 Sekunden, usw. Der Durchfluss der Aufkohlungsgase, die allgemein beispielsweise mit CxHy bezeichnet werden können, ist auf "großer Durchfluss" eingestellt.

[0007] Die Überwachung und Regelung der Aufkohlungsatmosphäre in den Aufkohlungskammern von Vakuumgasaufkohlungsanlagen war bisher nicht möglich. Die erforderliche Menge und Dauer der Zuführung von Aufkohlungsgasen wurde empirisch ermittelt anhand der Endergebnisse, wie beispielsweise Werkstückqualität, Aufkohlungstiefe usw.. Ungenügende Ergebnisse konnten erste im Nachhinein ermittelt und nicht mehr korrigiert werden. Zudem fehlen Aufzeichnungen über die Aufkohlungsatmosphäre während des Aufkohlungsvorgangs, was bei Reklamationen sehr wichtig und vorteilhaft für den Nachweis eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Aufkohlungsvorgangs wäre. In anderen Worten konnte die Aufkohlungsatmosphäre bisher nicht direkt während des Aufkohlungsvorgangs gemessen und kontrolliert werden. Aufgrund des vorherrschenden Vakuums wurde angenommen, dass die Verwendung herkömmlicher Sonden zur Überwachung der Aufkohlungsatmosphäre nicht möglich sei. Hinzu kommt, dass die üblichen Sonden nicht vakuumdicht sind und somit bei einer Verwendung in Vakuumgasaufkohlungsanlagen keine verwertbaren Messergebnisse liefern können.

[0008] Es ist daher eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine Vakuumgasaufkohlungsanlage derart zu verbessern, dass die Nachteile des Standes der Technik vermieden werden und Aufkohlungsatmosphäre während des Aufkohlungsvorgangs überwacht werden kann und entsprechende Aufzeichnungen erfolgen können.

[0009] Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1 sowie eine Vorrichtung gemäß Anspruch 10. Bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.

[0010] Gemäß der vorliegenden Erfindung ist vorgesehen, dass bei einer Vakuumgasaufkohlungsanlage mit mindestens einer Aufkohlungskammer, beispielsweise einer Anlage gemäß Fig. 1, die Aufkohlungskammer 3 eine Öffnung aufweist, in der eine Sonde zur Messung der Atmosphäre in der Aufkohlungskammer vakuumdicht angeordnet ist. Die Sonde könnte auch als Sensor bezeichnet werden. Vorzugsweise ist die Sonde eine vakuumdichte Sauerstoffsonde. Beispielsweise verwendet die Sonde Zirkonoxid-Keramik (ZrO2) zur Messung, zum Beispiel in Form eines Rohrs oder einer Tablette. Durch die Verwendung der Sonde ergibt sich auch ein besonders einfaches und wirkungsvolles Verfahren zum Messen und/oder Regeln der Aufkohlungsatmosphäre.

[0011] Gegen die Verwendung einer Sauerstoffsonde spricht insbesondere das Vorurteil der Fachwelt, dass in einer Vakuumgasaufkohlungsanlage mit einer Sauerstoffsonde keine Messungen vorgenommen werden können, da in der Atmosphäre in der Aufkohlungskammer kein oder im wesentlichen kein Sauerstoff vorhanden ist, der gemessen werden könnte, und weil die Sauerstoffsonden nicht dicht waren, was aber nicht bekannt war. Überraschenderweise hat sich jedoch herausgestellt, dass dennoch Messergebnisse erhalten werden können, die zum Regeln des Aufkohlungsprozesses, insbesondere zum Regeln des Einbringens von Aufkohlungsgas, verwendet werden können.

[0012] Ein weiterer Grund, warum herkömmliche Sauerstoffsonden, wie sie beispielsweise in Atmosphärenschutzgasöfen verwendet werden, bei Vakuumgasaufkohlungsanlagen nicht funktionieren, besteht darin, dass diese Sonden nicht dicht sind. Wenn aber die Sonde nicht dicht ist, können keine verwertbaren Messergebnisse erhalten werden. Daher ist erforderlich, dass die Sonde vakuumdicht ist.

[0013] Weitere Ziele, Vorteile und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der folgenden Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels anhand der Zeichnung. In der Zeichnung zeigt:
Fig. 1
eine schematische Ansicht einer Aufkohlungsanlage;
Fig. 2
eine beispielhafte Bildschirmanzeige für ein bestimmtes Aufkohlungsprogramm;
Fig. 3
ein Diagramm, das den Kennlinienverlauf für die Temperatur in der Aufkohlungskammer und für die Ausgangsgröße der Sauerstoffsonde darstellt, und zwar bei Verwendung des Programms gemäß Figur 2 in einem ersten Durchlauf; und
Fig. 4
ein Diagramm, das den Kennlinienverlauf für die Temperatur in der Aufkohlungskammer und für die Ausgangsgröße der Sauerstoffsonde darstellt, und zwar bei Verwendung des Programms gemäß Figur 2 in einem weiteren Durchlauf.


[0014] Wie oben schon erwähnt wurde, hat sich überraschenderweise herausgestellt, dass bei erfindungsgemäßen Verwendung der Sonde in einer Vakuumgasaufkohlungsanlage Messergebnisse erhalten werden können, die zum Regeln des Aufkohlungsprozesses, insbesondere zum Regeln des Einbringens von Aufkohlungsgas, verwendet werden können. Jedenfalls hat sich herausgestellt, dass die Atmosphäre in der Aufkohlungskammer jederzeit sehr genau und reproduzierbar bestimmt werden kann.

[0015] Die Figuren 3 und 4 zeigen die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse. Die Diagramme der Figuren 3 und 4 wurden erstellt bei Verwendung des Programms gemäß Fig. 2 in einer Vakuumgasaufkohlungsanlage gemäß Fig. 1. Die obere Kennlinie in Fig. 3 und 4 (Channel 2) zeigt die Temperatur in der Aufkohlungskammer, die im wesentlichen über den gesamten Zeitraum hinweg (auf einem Wert über 900 °C) konstant gehalten wurde. Die untere Kennlinie (Channel 1) repräsentiert die Ausgangsgröße der Sonde. Der Wert der Ausgangsgröße steigt bei Zuführen von Aufkohlungsgas an und fällt während der Diffusionsphase langsam ab. Wie bei einem Vergleich zwischen den Figuren 3 und 4 zu erkennen ist, ist der Verlauf der Kennlinie der Ausgangsgröße der Sonde identisch. Da die Figuren 3 und 4 den Ablauf desselben Programms unter denselben Bedingungen nur zu unterschiedlichen Zeiten dokumentieren, bedeutet dies, dass bei gleichen Voraussetzungen sehr gut reproduzierbare Messergebnisse erzielt werden können.

[0016] Die Steuerung der Zufuhr von Aufkohlungsgas (beispielsweise mit einem Programm, wie in Fig. 2) kann gemäß der vorliegenden Erfindung ersetzt werden durch eine Regelung, indem die Ausgangsgröße der Sonde verwendet wird zur Regelung der Zufuhr von Aufkohlungsgas. Weitere Einzelheiten einer solchen Regelung sind einem Fachmann auf dem Gebiet der Regelungstechnik geläufig und werden daher hier nicht beschrieben. Durch eine Regelung kann die Atmosphäre genauer kontrolliert werden.

[0017] Durch die Verwendung einer Sonde bzw. einer Regelung gemäß der vorliegenden Erfindung kann die Fertigung der Werkstücke ständig während des Prozesses überwacht werden. Die Messwerte können für jede Charge aufgezeichnet werden und beispielsweise zur Überprüfung bei Reklamationen oder unzureichenden Ergebnissen verwendet werden.


Ansprüche

1. Verfahren zum Messen und/oder Regeln der Aufkohlungsatmosphäre in einer Aufkohlungskammer (3) einer Vakuumgasaufkohlungsanlage (1), wobei folgendes vorgesehen ist:

a) Einbringen von Werkstücken in die Aufkohlungskammer (3);

b) Vorsehen und Aufrechterhalten eines Vakuums in der Aufkohlungskammer (3);

c) Einbringen eines Aufkohlungsgases in die Aufkohlungskammer (3);

d) Messen der Atmosphäre in der Aufkohlungskammer (3) mit einer Sonde.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass ferner der folgende Schritt vorgesehen ist:

e) Regeln des Einbringens des Aufkohlungsgases hinsichtlich Zeitpunkt und/oder Zeitraum und/oder Menge anhand eines Ausgangssignals der Sonde.


 
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Regelung derart erfolgt, dass das Ausgangssignal der Sonde auf einem vorbestimmten Wert oder in einem vorbestimmten Wertebereich gehalten wird.
 
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass der Schritt des Regelns die folgenden Schritte aufweist:

(i) Einbringen von Aufkohlungsgas, bis der vorbestimmte Wert bzw. Wertebereich überschritten wird,

(ii) bei Überschreitung des vorbestimmten Werts bzw. Wertebereichs, Beenden des Einbringens des Aufkohlungsgases,

(iii) Unterbrechen des Einbringens des Aufkohlungsgases, bis der vorbestimmte Wert bzw. Wertebereich unterschritten wird,

(vi) Wiederholen der Schritte (i) bis (vi), bis der Aufkohlungsvorgang beendet ist.


 
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Sonde eine vakuumdichte Sauerstoffsonde ist.
 
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Sonde zur Messung Zirkonoxid-Keramik verwendet.
 
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Aufkohlungsgas Acetylen ist.
 
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Vakuum etwa 0-200 mbar beträgt.
 
9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass das Vakuum etwa 11 mbar beträgt.
 
10. Vakuumgasaufkohlungsanlage mit mindestens einer Aufkohlungskammer, dadurch gekennzeichnet, dass die Aufkohlungskammer eine Öffnung aufweist, in der eine Sonde zur Messung der Atmosphäre in der Aufkohlungskammer vakuumdicht angeordnet ist.
 
11. Vakuumgasaufkohlungsanlage nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass die Sonde eine vakuumdichte Sauerstoffsonde ist.
 
12. Vakuumgasaufkohlungsanlage nach Anspruch 10 oder 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Sonde zur Messung Zirkonoxid-Keramik vewendet.
 




Zeichnung