(19)
(11) EP 1 335 630 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
13.08.2003  Patentblatt  2003/33

(21) Anmeldenummer: 03000816.3

(22) Anmeldetag:  14.01.2003
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7H04R 25/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IT LI LU MC NL PT SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO

(30) Priorität: 06.02.2002 DE 10204894

(71) Anmelder: Siemens Audiologische Technik GmbH
91058 Erlangen (DE)

(72) Erfinder:
  • Niederdränk, Torsten, Dr.
    91056 Erlangen (DE)

(74) Vertreter: Berg, Peter, Dipl.-Ing. 
European Patent Attorney, Siemens AG, Postfach 22 16 34
80506 München
80506 München (DE)

   


(54) Im Ohr tragbares Hörhilfegerät oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik


(57) Durch den bei im Ohr tragbaren Hörhilfegeräten (2) oder Hörhilfegeräten mit im Ohr tragbarer Otoplastik vorhandenen Belüftungskanal (5) können akustische Rückkopplungen verursacht werden. Um diese zu vermeiden, ist vorgesehen, den Belüftungskanal in wenigstens einen ersten und einen zweiten Teilbereich zu unterteilen, wobei der bei getragenem Hörhilfegerät (2) oder getragener Otoplastik proximale Teilbereich (5A) eine kleine Querschnittsfläche und eine große Länge gegenüber dem distalen zweiten Teilbereich (5B) aufweist.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein im Ohr tragbares Hörhilfegerät oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik mit einem Belüftungskanal.

[0002] Der Belüftungskanal, auch als Ventilationsbohrung oder kurz Vent bezeichnet, eines im Ohr tragbaren Hörhilfegeräts oder eines Hörhilfegeräts mit im Ohr tragbarer Otoplastik dient der Belüftung des Ohrkanals, dem atmosphärischen Druckausgleich oder zur Verringerung des Verschlusseffekts (Okklusionseffekt). Dafür ist ein möglichst großer Querschnitt des Belüftungskanals wünschenswert. Andererseits stellt er einen akustischen Bypass zum Signalpfad über den Eingangswandler, die Signalverarbeitungseinheit und den Ausgangswandler des Hörhilfegeräts dar, was insbesondere in einer lauten Schallsituation dazu führen kann, dass Funktionen des Hörhilfegeräts wie eine besondere Richtwirkung oder eine Störgeräuschminderung unwirksam werden. Darüber hinaus kommt es vor allem in Schallsituationen mit einem niedrigen Pegel des Eingangssignals und einer durch die Dynamikkompression bedingten hohen Verstärkung des Hörhilfegeräts über den Belüftungskanal zu Rückkopplungen zwischen dem Ausgangswandler und dem Eingangswandler. Auch dieser Effekt ist abhängig vom Querschnitt des Belüftungskanals. Aus den genannten Gründen resultiert die Forderung nach einem möglichst kleinen Querschnitt des Belüftungskanals. Die Weite des Belüftungskanals stellt somit einen Kompromiss zwischen Tragekomfort und Leistungsmerkmalen des Hörhilfegeräts dar. Sie wird in der Regel bei der Anpassung des Hörhilfegeräts durch Einsetzen von Hülsen mit unterschiedlichen Bohrungen zur Verengung des Belüftungskanals eingestellt.

[0003] Aus der US 6,339,648 B1 ist ein in einen Gehörgang einsetzbares Teil bekannt. Dieses Teil kann als Otoplastik in Verbindung mit einem hinter dem Ohr tragbaren Hörgerät, als Gehörschutzgerät oder als in dem Ohr tragbares Hörgerät ausgebildet sein. Durch einen ersten Kanal kann das Teil befüllt werden, so dass sich die äußere Form des Teils individuell an den jeweiligen Gehörgang anpasst. Weiterhin ist ein Belüftungskanal mit über seinen gesamten Verlauf gleichbleibender Querschnittsfläche vorhanden. Darüber hinaus ist ein Akustik-Kanal vorhanden, der an einem Ende aufgeweitet ist und dadurch bei der Ausführung des Teils als Gehörschutzgerät einen Stöpsel und bei der Ausführung des Teils als Otoplastik einen Schallschlauch aufnehmen kann.

[0004] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, den Belüftungskanal bei einem im Ohr tragbaren Hörhilfegerät oder einem Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik so weiterzubilden, dass eine gute Ventilationswirkung erreicht wird und gleichzeitig die Gefahr von Rückkopplungen durch den Belüftungskanal minimiert wird.

[0005] Diese Aufgabe wird für ein im Ohr tragbares Hörhilfegerät oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik mit einem Belüftungskanal dadurch gelöst, dass der Belüftungskanal in wenigstens einen ersten und einen zweiten Teilbereich unterteilt ist, wobei der bei getragenem Hörhilfegerät oder getragener Otoplastik proximale erste Teilbereich eine erste Querschnittsfläche und eine erste Länge aufweist und der distale zweite Teilbereich eine kleinere Länge und eine größere Querschnittsfläche im Vergleich zu dem ersten Teilbereich aufweist.

[0006] In einer Modellvorstellung kann der Belüftungskanal in erster Näherung durch eine Übertragung des Schalldrucks über eine Masse dargestellt werden. Der Ausgang des Belüftungskanals, die sog. Ventilationsöffnung, strahlt ein Schallsignal in den freien Raum ab, was wiederum über eine bewegte Mediumsmasse beschrieben werden kann. Diese massenbehaftete Aufteilung des anliegenden Schalldrucks ist näherungsweise frequenzunabhängig und sorgt für eine starke Abstrahlung aus der Ventilationsöffnung.

[0007] Ausgehend von dieser Modellvorstellung kann über eine gezielte Veränderung des Ventilationskanals die entscheidende bewegte Mediumsmasse der Ventilationsöffnung reduziert werden. Dabei wirkt durch einen veränderten Querschnitt am Ende des Belüftungskanals bei ansonsten unverändertem Belüftungskanal eine verringerte Strahlungsimpedanz. Der Vorteil gegenüber den herkömmlichen Ventilationssystemen besteht in der vermindernden akustischen Abstrahlung in den Raum. Dies ergibt eine deutlich verbesserte Stabilität der Hörgeräte in der Praxis und erlaubt zum anderen die Verwendung eines Belüftungskanals mit gegenüber einem herkömmlichen Hörhilfegerät bzw. einer herkömmlichen Otoplastik in allen Teilbereichen vergrößerten Querschnittsfläche unter Beibehaltung der Stabilitätsbedingungen.

[0008] Vorteilhaft ist der bei getragenem Hörhilfegerät oder getragener Otoplastik proximale Teilbereich des Belüftungskanals gemäß der Erfindung wesentlich länger als der distale Teilbereich mit der vergrößerten Querschnittsfläche. So wird erreicht, dass der Strömungswiderstand des Belüftungskanals im Wesentlichen unverändert bleibt. In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Länge des ersten Teilbereiches wenigstens die fünffache Länge des zweiten Teilbereiches aufweisen sollte.

[0009] Bezüglich der Größenverhältnisse der Querschnittsflächen konnte festgestellt werden, dass die Querschnittsfläche des zweiten Teilbereiches vorteilhaft wenigstens die dreifache Querschnittsfläche des ersten Teilbereiches aufweist, womit eine wesentliche Reduzierung der Abstrahlung der von der Ventilationsöffnung abgestrahlten Schallanteile erreicht wird.

[0010] Eine Ausführungsform der Erfindung sieht vor, dass insbesondere bei längeren Belüftungskanälen akustische Filterelemente in einem Belüftungskanal angeordnet sind. Längere Belüftungskanäle bewirken nämlich das Auftreten von Leitungsresonanzen, an denen die akustische Leitfähigkeit des Belüftungskanals maximiert wird. Durch die akustischen Filterelemente wird das Auftreten von Resonanzeffekten verhindert. Die Filterelemente können beispielsweise als Querschnittssprünge oder als in den Belüftungskanal eingebrachte akustische Dämpfungselemente ausgebildet sein.

[0011] Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels näher beschrieben. Dabei zeigen:

Figur 1 ein in dem Ohr tragbares Hörhilfegerät mit einem Belüftungskanal nach dem Stand der Technik und

Figur 2 ein in dem Ohr tragbares Hörhilfegerät mit einem Belüftungskanal gemäß der Erfindung.



[0012] In Figur 1 ist in schematischer, stark vereinfachter Darstellung ein in dem Gehörgang 1 eines Hörgeräteträgers angeordnetes Hörhilfegerät 2 dargestellt. Ein akustisches Signal wird dem Ohr des Hörgeräteträgers einerseits über ein Mikrofon 8, eine Signalverarbeitungseinheit (nicht dargestellt) und einen Hörer 3 mit zugeordnetem Hörerkanal 4 und andererseits über den Belüftungskanal 5 zugeführt. Der Belüftungskanal 5 stellt somit einen Bypass zum elektroakustischen Signalpfad durch das Hörhilfegerät 2 dar. In bestimmten akustischen Situationen, z.B. bei geringer akustischer Verstärkung des Hörhilfegeräts aufgrund einer lauten Schallumgebung, ist dieser Bypass gegenüber dem Signalpfad durch das Hörhilfegerät dominierend. Dies kann dazu führen, dass bestimmte Funktionen des Hörhilfegeräts, wie z.B. eine gewünschte Richtwirkung oder eine Störgeräuschminderung, nurmehr eingeschränkt ausgeführt werden können. Darüber hinaus kann es durch den Belüftungskanal 5 auch zu Rückkopplungen zwischen dem Hörer 3 und dem Mikrofon 8 kommen. Die von dem Mikrofon 8 aufgenommenen und in elektrische Signale umgewandelten akustischen Eingangssignale werden durch die Signalverarbeitungseinheit geleitet und anschließend einem Hörer 3 zugeführt. Dieser strahlt wiederum über den Hörerkanal 4 akustische Signale in den Ohrkanal 1 ab. Über die proximale Ventilationsöffnung 7 und den Belüftungskanal 5 gelangen diese akustischen Signale teilweise wieder in den Außenraum und erreichen nach der Abstrahlung von der distalen Ventilationsöffnung 6 das Mikrofon 8. Der Rückkopplungspfad ist so geschlossen. Daher sollte der Belüftungskanal 5 lediglich eine verhältnismäßig kleine Querschnittsfläche aufweisen. Dies verschlechtert jedoch die Belüftung des durch das Hörhilfegerät 2 abgeschlossenen Teils des Ohrkanals 1.

[0013] Figur 2 zeigt ebenfalls ein im Ohr tragbares Hörhilfegerät 2, das sich in dem Ohrkanal 1 eines Hörgeräteträgers befindet. Hierbei ist jedoch der Belüftungskanal gemäß der Erfindung dahingehend abgewandelt, dass ein dem Kopf abgewandter zweiter Teilbereich 5B des Belüftungskanals gegenüber einem ersten, dem Kopf zugewandten Teilbereich 5A aufgeweitet ist, womit der zweite Teilbereich 5B eine gegenüber dem ersten Teilbereich 5A vergrößerte Querschnittsfläche aufweist. Die Längenverhältnisse der Teilbereiche sind dabei vorzugsweise so bemessen, dass der Teilbereich 5A wesentlich länger als der Teilbereich 5B ist. Dadurch ist gewährleistet, dass der Strömungswiderstand des Belüftungskanals im Wesentlichen dem Strömungswiderstand des Teilbereiches 5A entspricht. Durch die Veränderung des Belüftungskanals im Bereich der distalen Ventilationsöffnung 6 wird erreicht, dass die entscheidende bewegte Mediumsmasse dieser Ventilationsöffnung 6 reduziert ist. Durch den veränderten Querschnitt an dem dem Kopf abgewandten Ende des Belüftungskanals wird bei ansonsten unverändertem Kanal eine verringerte Strahlungsimpedanz erreicht. Dies bewirkt, dass der Schalldruck des über den Hörer 3 abgegebenen und über den Hörerkanal 4 und den Belüftungskanal 5A, 5B wieder zum Mikrofon 8 gelangenden Signals gegenüber dem Schalldruck eines vergleichbaren Signals bei einem Hörhilfegerät mit einem herkömmlichen Belüftungskanal reduziert ist. Die Rückkopplungsneigung des Hörhilfegeräts ist dadurch vermindert. Insgesamt kann dadurch die Bandbreite der durch das Hörhilfegerät 2 gemäß der Erfindung übertragbaren akustischen Signale in Richtung höherer Frequenzen erweitert werden. Weiterhin kann der gesamte Querschnitt des Belüftungskanals gegenüber dem Querschnitt eines Belüftungskanals bei einem herkömmlichen Hörhilfegerät erweitert werden, ohne dass hierbei die Rückkopplungsneigung des Hörhilfegerätes zunimmt.

[0014] Als weitere Möglichkeit zur Verringerung des Anteils der akustischen Energie, die über den Belüftungskanal in die freie Umgebung abgestrahlt und von dem Mikrofon erneut aufgenommen werden kann, ist bei dem Hörhilfegerät 2 gemäß Figur 2 ein akustischer Dämpfer in dem Belüftungskanal vorhanden. Dadurch wird das Auftreten von Resonanzeffekten in dem Belüftungskanal verhindert.


Ansprüche

1. Im Ohr tragbares Hörhilfegerät (2) oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik mit einem Belüftungskanal (5),
dadurch gekennzeichnet, dass der Belüftungskanal (5) in wenigstens einen ersten und einen zweiten Teilbereich unterteilt ist, wobei der bei getragenem Hörhilfegerät oder getragener Otoplastik proximale erste Teilbereich (5A) eine erste Querschnittsfläche und eine erste Länge aufweist und der distale zweite Teilbereich (5B) eine kleinere Länge und eine größere Querschnittsfläche im Vergleich zu dem ersten Teilbereich (5A) aufweist.
 
2. Im Ohr tragbares Hörhilfegerät (2) oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass der erste Teilbereich (5A) wenigstens die fünffache Länge des zweiten Teilbereiches (5B) aufweist.
 
3. Im Ohr tragbares Hörhilfegerät (2) oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass der zweite Teilbereich (5B) wenigstens die dreifache Querschnittsfläche des ersten Teilbereiches (5A) aufweist.
 
4. Im Ohr tragbares Hörhilfegerät (2) oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, dass der erste Teilbereich (5A) in die proximale Ventilationsöffnung (7) und der zweite Teilbereich (5B) in die distale Ventilationsöffnung (6) des Belüftungskanals (5A, 5B) mündet.
 
5. Im Ohr tragbares Hörhilfegerät (2) oder Hörhilfegerät mit im Ohr tragbarer Otoplastik nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, dass in dem Belüftungskanal (5A, 5B) ein akustisches Filterelement (9) angeordnet ist.
 




Zeichnung