[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Optimierung eines Erwärmungsofens, insbesondere
eines Stoßofens oder eines Hubbalkenofens, zur Weiterbehandlung von Walzgut.
[0002] Bekannte Verfahren zur Steuerung von Erwärmungsöfen verwenden für jede Bramme einen
Sollerwärmungsverlauf als Sollerwärmungskurve dargestellt, d.h. dass der Erwärmungsverlauf
im Ofen schon beim Eintrag der Bramme vorbestimmt ist. Zu jeder Position der Ofenreise
wird dann versucht die Brammentemperatur so weit als möglich an die aktuelle Solltemperatur
anzugleichen. Dafür werden Temperatursollwerte für die verschiedenen Zonen des Ofens
berechnet, in denen sich mehrere Brammen befinden können. Die Austragezeitpunkte sind
durch ein übergeordnetes System meist schon vorbestimmt.
[0003] Nachteilig an diesen Verfahren ist vor allem, dass Sonderfälle, wie Ofenstörungen
oder der gemischte Einsatz von warmen und kalten Brammen (Warm- bzw. Kalteinsatz)
durch die Sollerwärmungskurven nicht oder nur sehr ungenügend unter großen Kompromissen
abgebildet werden können.
[0004] Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein Verfahren zur Steuerung von Erwärmungsöfen
zu entwickeln, das einen, gegenüber dem Stand der Technik, verbesserten, optimalen
Betrieb, unter Berücksichtigung von technologischen Bedingungen, ermöglicht.
[0005] Die Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Zielfunktion gebildet wird, die
unter Einbeziehung zumindest eines mathematischen Modells als Nebenbedingung einer
mathematischen Optimierung, wie z. B. einer Extremwertbildung, unterworfen wird, und
die auf diese Art bestimmten Funktionswerte der Zielfunktion zur Steuerung der Ofenfahrweise
verwendet werden.
[0006] Neu an dieser Erfindung ist, dass nicht nur gültige Sollwerte berechnet werden, sondern
dass die Sollwerte, wie etwa für Ofentemperatur und/ oder Austragezeit, durch eine
mathematische Optimierung gefunden werden, wobei die Optimierung nach verschiedenen
Kriterien möglich ist.
[0007] Neu an dieser Erfindung ist ebenfalls, dass nicht nur das Walzgut, wie z.B. Brammen,
das sich bereits im Ofen befindet, für das also der Erwärmvorgang bereits begonnen
hat, sondern auch Walzgut, das sich noch vor dem Ofen befindet, berücksichtigt wird.
[0008] Eine mögliche Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird dadurch erreicht,
dass die Zielfunktion eine Funktion von Zustandsvariablen des Walzguts, wie die Walzgutoberflächentemperatur
oder die Temperaturverteilung, und/ oder von Kontrollvariablen, wie die Stückfolgezeit
oder die Ofentemperatur einzelner Ofenzonen, ist. Durch die Berücksichtigung der Zustandsvariablen
wird einerseits der ist-Zustand des Ofens weitgehend erfasst und andererseits sichergestellt,
dass über die ermittelte Zielfunktion eine optimale Steuerung erreicht wird.
[0009] Nach einer weiteren Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird durch die
Optimierung eine Maximierung des Ofendurchsatzes erzielt. Damit lassen sich Ofenaggregate
sehr effizient und wirtschaftlich betreiben.
[0010] Eine alternative Ausgestaltung dazu sieht eine Optimierung hinsichtlich einer Minimierung
des Energiebedarfs des Ofens vor. Durch diese Vorgehensweise können Öfen entsprechend
der anlagentechnischen Gegebenheiten bzw. der Produktionserfordernisse hinsichtlich
ihrer Fahrweise, also z.B. der Ofenbetriebsparameter, angepasst werden. Es wird dadurch
ein besonders wirtschaftlicher Betrieb und damit einhergehend eine Reduktion von Prozesskosten,
bezogen auf das Walzgut, erreicht. Da die Energiekosten für die Erwärmung einen hohen
Anteil an den Produktionskosten je Gewichtseinheit erzeugtes Walzgut haben, können
so sehr hohe Einsparungen erzielt werden.
[0011] Nach einer bevorzugten Ausführung der Erfindung werden mit dem erfindungsgemäßen
Verfahren die Ofentemperatursollwerte und die Austragezeiten berechnet. Durch diese
Berechnung gelingt es, unmittelbar für die Steuerung des Ofens verwertbare Größen
zu ermitteln.
[0012] Nach einer weiteren Ausführung der Erfindung werden mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
Sollwerte für Brenngasmengen und Luftmengen berechnet. Mit Hilfe physikalischer Modelle
zu den Erwärmungsöfen, Modelle der Strömungsverhältnisse und der Kenntnis der Energie
der Gase kann die Ofentemperatur berechnet werden, die dann wieder Grundlage für den
Erwärmungsprozess ist.
[0013] Eine besondere Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens sieht vor, dass zumindest
eine an die Sollwerte in Form eines Grenzwerts gestellte Bedingung bei der Optimierung
als Nebenbedingung berücksichtigt wird. Durch dieses Merkmal, werden auf einfache
Weise anlagentechnische oder technologische Grenzwerte in die Optimierung einbezogen.
Die Nebenbedingung wird mathematisch als Ungleichung dargestellt.
[0014] Eine weitere Ausführung der Erfindung sieht vor, dass zumindest eine Bedingung, die
einen fixierten Wert für eine Kontroll- oder Zustandsvariable angibt, bei der Optimierung
als Nebenbedingung berücksichtigt wird, wodurch in einfacher Art und Weise Fixgrößen
Berücksichtigung finden.
[0015] Eine mögliche Ausführung der Erfindung verwendet als Optimierungsalgorithmus ein
Verfahren zur sequentiellen quadratischen Optimierung, wie z.B. das Verfahren nach
Schittkowski. Dieses Optimierungsverfahren, siehe z.B.:
- Schittkowski Klaus: "On the Convergence of a Sequential Quadratic Programming Method
with Augmented Lagrangian Line Search Funktion", Math. Operationsforschung und Statistik,
Ser. Optimization, Vol. 14(1983) No.2, Seiten 197-216)
hat den Vorteil, dass es gute Konvergenzeigenschaften besitzt. Außerdem findet es
sehr rasch eine zulässige Lösung, sodass auch bei vorzeitigem Abbruch des Optimierungsverfahrens
bereits eine gute Näherung zur Verfügung steht.
[0016] Für die Lösung, der aus dem Verfahren nach Schittkowski bestimmten quadratischen
Hilfsprobleme, kann die Methode von Gill und Murray verwendet werden:
- Gill P., Murray: "Numerically Stable Methods for Quadratic Programming", Mathematical
Programming 14 (1978), Seiten 349-372).
[0017] Eine besondere Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens sieht vor, dass im Falle
der Unlösbarkeit der mathematischen Optimierung unter vorgegebenen Nebenbedingungen,
die Lösung mit der kleinsten Verletzung der Nebenbedingungen, insbesondere der Grenzwert-bezogenen
Nebenbedingungen, berechnet wird. Dadurch wird erreicht, dass optimierte Sollwerte
ermittelt werden, die nur sehr wenig von den vorgegebenen Bedingungen abweichen.
[0018] Nach einer weiteren Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird eine Prioritätenreihenfolge
der aufzugebenden Nebenbedingungen und/ oder alternativen Nebenbedingungen vorgegeben.
Damit ist es möglich, das Verfahren sehr individuell an die Gegebenheiten anzupassen
und Optima sicher zu finden.
[0019] Entsprechend einer speziellen Ausführung der Erfindung wird die Optimierung offline
zur Berechnung von Durchsatzzeiten für zeitlich nachfolgende Ofenbelegungen durchgeführt.
Diese berechneten Durchsatzzeiten können beispielsweise zur Auslegung von Anlagen
oder zur Walzprogrammerstellung herangezogen werden.
[0020] Nach einer weiteren, speziellen Ausführung der Erfindung wird die Optimierung online
und zwar unmittelbar vor und/ oder während des Erwärmungsvorganges durchgeführt und
die Ergebnisse der Optimierung zur Steuerung des Erwärmungsvorganges verwendet. Dabei
kann während des Erwärmungsvorganges, unter Verwendung aktueller Messwerte des Ofens,
die Optimierung zur Berechnung von Sollwerten für die Steuerung des Erwärmungsvorganges
verwendet werden.
[0021] Nach einer anderen Ausführung der Erfindung wird die Optimierung online durchgeführt
und die Ergebnisse für die Optimierung der Ziehreihenfolge und/ oder der Einstoßreihenfolge
eingesetzt. Damit kann eine weitere Verbesserung des Ofenbetriebes bzw. des Erwärmungsvorganges
erreicht werden. Nach einer vereinfachten Variante dazu kann die Ermittlung der Ziehreihenfolge
bzw. der Einstoßreihenfolge auch in einer Offline-Version durchgeführt werden.
[0022] Nach einer weiteren, speziellen Ausführung der Erfindung werden als Startlösung für
die Optimierung Werte, also Ofenparameter, mit ähnlicher Charakteristik verwendet.
Beispielsweise können im kontinuierlichen Betrieb des Ofens die Ergebnisse der letzten
Optimierung als Startwerte verwendet werden.
[0023] Nach einer weiteren, speziellen Ausführung der Erfindung wird das erfindungsgemäße
Verfahren zur Steuerung mehrerer Erwärmungsöfen, insbesondere mit unterschiedlichen
Ofentypen, eingesetzt. Damit können z.B. zwei Stoßöfen und ein Hubbalkenofen im gemeinsamen
Betrieb optimiert werden. Dies ist ein wesentlicher Vorteil der Erfindung, da derartige
Anlagenkonfigurationen häufig vorkommen und daher technisch beherrscht werden müssen.
[0024] Bei der gemeinsamen Optimierung mehrerer Öfen wird von einer bekannten Ziehreihenfolge
ausgegangen. Jede Bramme besitzt ihren eigenen Parametersatz (z.B. Ofentemperatur,
bzw. weiteren Parametern), der vom jeweiligen Ofen bestimmt ist. Ein Zusammenhang
zwischen mehreren Erwärmungsöfen ergibt sich durch die Ziehreihenfolge, da alle nachfolgenden
Brammen über die Austragezeitpunkte einer vorhergehenden Bramme beeinflusst werden.
Für das nachfolgende Prozessaggregat, wie z.B. einem Warmwalzwerk, ist es nötig eine
bestimmte Brammenfolge, die einem Walzprogramm genügen muss, sicherzustellen.
[0025] Für die Optimierungsaufgabe ändert sich durch die Optimierung mehrerer Erwärmungsöfen
nur die Dimension, die Zielfunktion bleibt im Sinne unverändert.
[0026] Nach einer weiteren möglichen Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird
die Optimierung, im Falle geplanter oder auch ungeplanter Störungen, zur Maximierung
des Ofendurchsatzes oder zur Minimierung des Energiebedarfs durchgeführt, wobei die
Optimierung unter Verwendung wenigstens einer Störgröße erneut erfolgt. Entsprechend
der zu lösenden Aufgabe kann das erfindungsgemäße Verfahren angewendet werden, wobei
diese Flexibilität in der betrieblichen Praxis große Vorteile bietet. Geplante Störungen
sind z.B. Walzenwechsel in einem nachfolgenden Walzwerk. Diese können zumindest großteils
vorab geplant und auch in der Ofenfahrweise berücksichtigt werden. Durch die Optimierung
können z.B. mittels Vorausberechnung die Stückfolgezeiten für das Ziehen des Walzguts
ermittelt und optimiert werden.
[0027] Ungeplante Störungen können z.B. sein:
- ein Ausfall in einem nach geschalteten Prozessaggregat, wie z.B. dem Warmwalzwerk,
sodass ein Austrag des Walzguts erst nach der Behebung des Ausfalls möglich ist.
- eine Ofensteuerung, die dazu führt, dass einer der Öfen einer Produktionsanlage ausfällt
- eine Störung im Ofen, die dazu führt, dass die Solltemperatur nicht eingehalten werden
kann.
[0028] Derartige Störungen können in der Optimierung berücksichtigt werden, wobei über die
Störung charakterisierende Störgrößen eine neue Optimierung für die geänderte Situation
durchgeführt wird. Im Falle einer Störung im nachfolgenden Warmwalzwerk wird z.B.
die zu erwartenden Dauer der Störung bei der Optimierung berücksichtigt. Bei längeren
Störungen kann dies zu einer Absenkung der Ofentemperatur und damit zu einer Energieeinsparung
führen.
[0029] Bei Ausfall eines Ofens, etwa durch einen technischen Defekt, wird z.B. auf Basis
dieser Situation die Ziehreihenfolge für das Walzgut neu berechnet, sodass eine Synchronisation
mit dem Walzprogramm erreicht wird. Liegt nur ein eingeschränkter Ofenbetrieb vor,
wird unter Berücksichtigung von Art und Dauer der Störung, also unter Berücksichtigung
einer geringeren max. Ofentemperatur eine Optimierung und Vorausberechnung durchgeführt.
[0030] Nach einer anderen möglichen Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens werden
bei der Optimierung, unter Verwendung eines Modells zur Ermittlung diverser Emissionen,
diese Emissionen in der Zielfunktion und/ oder als Nebenbedingung berücksichtigt.
Emissionen sind hinsichtlich der geltenden Umweltauflagen, die Grenzwerte definieren,
einzuhalten. Derartige Emissionen sind z. B. Anteile und/ oder absolute Mengen von
Schwefeloxiden, Stickoxiden, Kohlendioxid und Kohlenmonoxid usw. im Abgas.
[0031] Die Emissionen können aus der Kenntnis der chemischen Zusammensetzung und der Betriebsparameter
berechnet werden. Eine weitere Möglichkeit der Ermittlung der Emissionen basiert auf
den Emissionswerten der Vergangenheit und den aktuellen Ofenparametern. Mit Hilfe
dieser Werte kann eine Prognose berechnet werden.
[0032] Eine mögliche Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens sieht vor, dass die
Optimierung kritisches Walzgut ermittelt, sodass Steuerungsvorgaben für die Ziehtemperatur
oder weiteren Nebenbedingungen für das kritische Walzgut angepasst werden können.
Diese Vorgaben können z.B. für die Steuerung oder als Information für das Bedienpersonal
des Erwärmungsofens herangezogen werden. Als kritisches Walzgut, wie z.B. kritische
Brammen, sind solche zu verstehen, für die die Nebenbedingungen am schwierigsten einzuhalten
sind. Anders ausgedrückt bedeutet das, dass die Einhaltung der Grenzwerte für kritisches
Walzgut einen starken Einfluss auf die Zielfunktion hat, diese also stark verändert.
Ein kritische Bramme wäre z.B. eine kalt eingesetzte Bramme zwischen warm eingesetzten
Brammen.
[0033] Nach einer zusätzlichen, möglichen Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens
wird kritisches Walzgut, das sich noch vor dem Ofeneintrag befindet, ermittelt und
die Optimierung auf Basis einer berechneten Zielfunktion, unter Ausscheidung des kritischen
Walzguts durchgeführt, wobei die Ausscheidung z.B. einer Bramme auf Basis bewerteter
Kosten für den Ausfall dieser Bramme erfolgt. Dabei werden die Auswirkungen hinsichtlich
der Produktionskosten z.B. zwischen der Beibehaltung einer Ziehreihenfolge und einer
Umplanung dieser verglichen, wobei diese Veränderungen bei den Produktionskosten in
die Entscheidung, umzuplanen oder nicht, mit einbezogen werden. Insbesondere wirtschaftliche
und technologische Kriterien finden damit Berücksichtigung und ermöglichen für den
Betreiber eine besonders wirtschaftliche Betriebsweise des Erwärmungsofens.
[0034] Nach einer weiteren Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird zur Adaption
des mathematischen Modells, um eine höhere Modellgenauigkeit zu erreichen, zumindest
eine Temperaturmessung herangezogen, wobei die Temperatur beim Ofenaustrag und/oder
in der Vorstrasse, verbunden mit einer Rückrechnung auf die Austragetemperatur, verwendet
wird. Durch die erhöhte Modellgenauigkeit ist ein noch höheres Optimierungspotential
erreichbar.
[0035] Zur beispielhaften Beschreibung der Erfindung sind folgende Darstellungen vorgesehen:
Fig. 1: Schematische Darstellung der Brammenbewegung und des zeitlichen Ablaufs
Fig. 2: Schematische Darstellung eines Ofens
[0036] Die Erfindung soll anhand eines Stoßofens 1 zur Erwärmung von Brammen 2 (siehe Fig.
2) erläutert werden: Der Stoßofen 1 besitzt eine Anzahl von z beheizten Zonen, Im
konkreten Fall sind es fünf:
- Vorheizzone 3 (oben/ unten),
- Heizzone 4 (oben/ unten) und Ausgleichszone 5 (nur oben).
[0037] In der Konvektivzone 6 werden die eintretenden Brammen vom ausströmenden Gas der
Vorheizzone 3 und der Heizzone 4 vorgewärmt, bevor sie in die beheizten Zonen eintreten.
Die in den Ofen 1 eintretenden Brammen 2 weisen eine Temperatur T
E auf. Die Brammen 2 sollen nach dem Erwärmvorgang eine Temperatur T
A aufweisen. Die Austragreihenfolge der Brammen 2 ist z.B. durch die Einstoßreihenfolge
festgelegt. Jede Bramme kann zu jedem Zeitpunkt durch die Zustandsvariable
T: Temperaturverteilung (z.B. 2-dimensional, über Dicke und Breite od. Länge) beschrieben
werden.
[0038] Die Ofenlängsrichtung wird mit x bezeichnet, wobei x = 0 bei der Einstoßofenkante
angesetzt wird. Das bedeutet, dass Brammen im Ofen positive x-Werte und Brammen vor
dem Ofen, also im Vorlauf, negative x-Werte besitzen.
[0039] Die Prozesszeit wird mit dem Symbol t bezeichnet, wobei t=0 jenen Zeitpunkt kennzeichnet,
der der letzten Temperaturberechnung der Brammen entspricht. Die Temperatur der Brammen
wird zyklisch und/ oder bei jeder Bewegung der Brammensäule, also der Gesamtzahl der
Brammen vor dem bzw. im Ofen, mit Hilfe von Messwerten, wie z.B. der Umgebungstemperatur,
der Ofentemperatur oder auch Brenngasmengen berechnet. Zum Zeitpunkt t=0 hat jede
Bramme eine definierte Temperaturverteilung und eine eindeutige Temperatur, die einem
gewichteten Mittelwert aus der Temperaturverteilung entspricht. Aufgrund der Bewegung
der Bramme i ergibt sich der in Fig. 1 näher dargestellte Zusammenhang zwischen der
Position x, und dem Zeitpunkt t, wobei:
τi: Zeitpunkt, zu dem die Bramme i an die Austrageposition geschoben wird,
ξki: Position der Bramme i zur Zeit [τk-1 , τk],
ski: Vorschubzeitintervall
z.B. Bramme i: Temperatur Ti und Position ξ

.
[0040] Die verbleibende Verweilzeit im Ofen ist durch die Austragezeiten, wie A
i, A
i+1, der vorhergehenden Brammen bestimmt, da bei jedem Austrag einer Bramme, die Bramme
i nach vorne rückt (siehe Fig. 1 und 2)
[0041] Es werden n Brammen betrachtet, wobei nicht alle notwendigerweise im Ofen sind. Jede
Bramme i ≤ n hat noch i-1 Stufen bis zum Austrag 7, die mit der Laufvariablen k
i bezeichnet werden. In jeder Stufe k wird der Zustand der Bramme unter dem Einfluss
von Kontrollvariablen, wie etwa der Ofentemperatur, vom Zustand k auf den Zustand
k+1, geändert.
[0042] Die Zustandsvariablen, die durch die Laufvariable k gekennzeichnet sind, beschreiben
die Eintrittsparameter bei Eintritt in die Stufe k. Die Zustandsvariablen, die durch
die Laufvariable k+1 gekennzeichnet sind, beschreiben die Austrittsparameter bei Austritt
aus der Stufe k und gleichzeitig die Eintrittsparameter bei Eintritt in die Stufe
(k+1).
[0043] Die Zustandsvariablen, die durch die Laufvariable k = n gekennzeichnet sind, stellen
die Austrittsparameter bei Austritt aus der letzten Stufe dar, wenn der Austrag der
Bramme als letzte Stufe betrachtet wird. Der Übergang vom Zustand k
i auf den Zustand k
i+1 wird durch ein Modell in Form von Gleichungen beschrieben.
[0044] Die Änderung der Zustandsvariablen durch die Einwirkung der Ofentemperatur kann in
allen Stufen von einem Erwärmungsmodell, wie z.B. nach:
Dr. Ing. J. Henri Brunklaus: "Industrieöfen, Bau und Betrieb", Vulkan Verlag, 1979,
4. Auflage, Seiten 72-96,
beschrieben werden, wobei zu allen Stufen ein eigener Satz von Parametern p
k gehört, der die Eigenschaften des Ofens, wie Strahlung und Konvektion, enthält.
[0045] Das Erwärmungsmodell hängt neben den Zustandsvariablen T auch von den Kontrollvariablen
- Ofentemperatur Tofen(z) für jede aktiv beheizte Zone
- Stückfolgezeit [τk-1 , τk] -> ski
der jeweiligen Stufe ab. Das Erwärmungsmodell enthält folgende Teilmodelle:
- Strahlungsmodell
- Konvektionsmodell
- Wärmeleitungsmodell
und lässt sich beschreiben als

mit
xi(
t) Position der Bramme i zum Zeitpunkt t
Z(
xi(
t),
t) Ofenparameter an der Stelle x zum Zeitpunkt t
[0046] Das Erwärmungsmodell enthält die zugehörigen Materialgesetze der Brammen.
[0047] Das Modell kann nur für sinnvolle Kombinationen von Zustands- und Kontrollvariablen
ausgewertet werden:
[0048] Ziel des Verfahrens ist es, Sollwerte für die Ofentemperatur T
ofen und die Austragezeiten A
i zu finden, die die Bedingungen
erfüllen, also aus der vorgegebenen Anfangstemperatur das Erreichen der vorgegebenen
Endtemperatur gewährleistet, wobei Grenzwerte für die Temperaturgradienten (Oberfläche
oben - Kern, Oberfläche oben - Oberfläche unten) und maximale Oberflächentemperaturen
nicht überschritten werden und Grenzwerte für die Summe einzelner Stückfolgezeiten
eingehalten werden.
[0049] Dazu wird eine nach den Variablen stetig differenzierbare Zielfunktion ermittelt,
mit der allgemeinen Form

x bezeichnet die Zustandsvariablen, wie T, und y die Kontrollvariablen, wie To
fen, und t die Austragezeiten. Jede Bramme liefert einen Beitrag, wobei alle Beiträge
zur Zielfunktion addiert werden.
[0050] Die Optimierungsaufgabe besteht darin, die Zielfunktion zu minimieren unter den Nebenbedingungen
- ck(xk, yk) = 0, siehe Gleichung (1)
- dk(xk, yk) ≥ 0, siehe Gleichungen (2) - (8)
- xk = vk wobei vk für die Werte der fixierten Zustandsvariablen T steht, so kann z.B. die Oberflächentemperatur
für bestimmte Stufen k festgelegt werden.
- xk = wk, wobei wk für die Werte der fixierten Kontrollvariable y steht, so kann z.B. die Ofentemperatur
für bestimmte Stufen k festgelegt werden.
[0051] Je nach Definition der Zielfunktion können die Sollwerte für einen Erwärmungsvorgang
mit maximalem Durchsatz oder mit minimaler Energie berechnet werden. Mit den Gewichtungsfaktoren
α und β sind auch Kombinationen daraus zu berechnen.
[0052] Die durch die Optimierung bestimmten Sollwerte für die Temperatur, in den verschiedenen
Zonen des Ofens und die Sollwerte für die Austragezeiten, stellen optimale Werte dar.
[0053] Kann aufgrund der vorgegebenen Nebenbedingungen des Optimierungsproblems bei einmaliger
Durchführung des Optimierungsverfahrens keine Lösung gefunden werden, wird als nächster
Schritt zumindest eine Nebenbedingung geändert, etwa ein Grenzwert oder ein fix vorgegebener
Wert für eine Kontrollvariable, und mit dieser veränderten Nebenbedingung erneut eine
Optimierung durchgeführt. Dabei kann vorgegeben werden, welche Nebenbedingung zuerst
und in welchem Ausmaß diese verändert werden soll. Wenn erneut keine gültige Lösung
gefunden werden kann, wird das Optimierungsverfahren unter Veränderung zumindest einer
Nebenbedingung wiederholt.
[0054] Das Verfahren kann in allen Erwärmungsöfen unabhängig vom Ofentyp, so beispielsweise
in Stoßöfen und Hubbalkenöfen, für die Optimierung der Erwärmung von Brammen, Knüppeln
und dergleichen eingesetzt werden.
1. Verfahren zur Optimierung eines Erwärmungsofens, insbesondere eines Stoßofens oder
eines Hubbalkenofens, zur Weiterbehandlung von Walzgut, dadurch gekennzeichnet, dass eine Zielfunktion gebildet wird, die unter Einbeziehung zumindest eines mathematischen
Modells als Nebenbedingung einer mathematischen Optimierung, wie z. B. einer Extremwertbildung,
unterworfen wird, und die auf diese Art bestimmten Funktionswerte der Zielfunktion
zur Steuerung der Ofenfahrweise verwendet werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Zielfunktion eine Funktion von Zustandsvariablen des Walzguts, wie die Walzgutoberflächentemperatur
oder die Temperaturverteilung, und/ oder von Kontrollvariablen, wie die Stückfolgezeit
oder die Ofentemperatur einzelner Ofenzonen, ist.
3. Verfahren einem der Ansprüche 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Optimierung eine Maximierung des Ofendurchsatzes bewirkt.
4. Verfahren einem der Ansprüche 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Optimierung eine Minimierung des Energiebedarfs des Ofens bewirkt.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass mit dem Verfahren Ofentemperatursollwerte und Austragezeiten berechnet werden.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass mit dem Verfahren Sollwerte für Brenngasmengen und Luftmengen berechnet werden.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest eine an die Sollwerte in Form eines Grenzwerts gestellte Bedingung bei
der Optimierung als Nebenbedingung berücksichtigt wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest eine Bedingung, die einen fixierten Wert für eine Kontroll- oder Zustandsvariable
angibt, bei der Optimierung als Nebenbedingung berücksichtigt wird.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass als Optimierungsalgorithmus ein Verfahren zur sequentiellen quadratischen Optimierung,
wie z.B. das Verfahren nach Schittkowski, verwendet wird.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass im Falle der Unlösbarkeit der mathematischen Optimierung unter vorgegebenen Nebenbedingungen
die Lösung mit der kleinsten Verletzung der Nebenbedingungen, insbesondere der Grenzwert-bezogenen
Nebenbedingungen, berechnet wird.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass eine Prioritätenreihenfolge der aufzugebenden Nebenbedingungen und/ oder alternativen
Nebenbedingungen vorgegeben wird.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Optimierung offline zur Berechnung von Durchsatzzeiten für zeitlich nachfolgende
Ofenbelegungen durchgeführt wird.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass die Optimierung online unmittelbar vor und/ oder während des Erwärmungsvorganges
durchgeführt und die Ergebnisse der Optimierung zur Steuerung des Erwärmungsvorganges
verwendet werden.
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 13, dadurch gekennzeichnet, dass die Optimierung online durchgeführt und die Ergebnisse für die Optimierung der Ziehreihenfolge
und/ oder der Einstoßreihenfolge eingesetzt werden.
15. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 14, dadurch gekennzeichnet, dass als Startlösung für die Optimierung Ofenparameter mit ähnlicher Charakteristik verwendet
werden.
16. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 15, dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren zur Steuerung mehrerer Erwärmungsöfen, insbesondere mit unterschiedlichen
Ofentypen, eingesetzt wird.
17. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 16, dadurch gekennzeichnet, dass die Optimierung bei geplanten und/ oder bei ungeplanten Störungen unter Verwendung
zumindest einer Störgröße erneut durchgeführt wird, zur Maximierung des Ofendurchsatzes
und/ oder zur Minimierung des Energiebedarfs.
18. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 17, dadurch gekennzeichnet, dass bei der Optimierung, unter Verwendung eines Modells zur Ermittlung diverser Emissionen,
diese Emissionen in der Zielfunktion und/ oder als Nebenbedingung berücksichtigt werden.
19. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 18, dadurch gekennzeichnet, dass die Optimierung kritisches Walzgut ermittelt, damit Steuerungsvorgaben, wie für die
Ziehtemperatur oder weiteren Nebenbedingungen, für das kritische Walzgut angepasst
werden können.
20. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 19, dadurch gekennzeichnet, dass kritisches Walzgut, das sich noch vor dem Ofeneintrag befinden, ermittelt wird und
die Optimierung auf Basis einer berechneten Zielfunktion, unter Ausscheidung des kritischen
Walzguts erfolgt, wobei die Ausscheidung einer Bramme auf Basis bewerteter Kosten
für den Ausfall des Walzguts erfolgt.
21. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 20, dadurch gekennzeichnet, dass zur Adaption des mathematischen Modells, zum Zwecke einer Erhöhung der Modellgenauigkeit,
zumindest eine Temperaturmessung herangezogen wird, wobei die Temperatur beim Ofenaustrag
und/ oder in der Vorstrasse, verbunden mit einer Rückrechnung auf die Austragetemperatur,
verwendet wird.