[0001] Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf einen motorisch angetriebenen Rollstuhl,
der insbesondere zur Überwindung von Hindernissen ausgestattet ist.
[0002] Ferner ist eine bevorzugte Anwendung dieser Erfindung in einem bekannten Rollstuhl
beschrieben, der vom Anmelder unter der Bezeichnung "Turbo-Twist" verkauft wird und
dessen hauptsächlichen Merkmale in der Patentanmeldung FR 2 727 012 dargestellt und
beschrieben sind.
[0003] Solch ein Rollstuhl soll für den Innen- und Aussenbetrieb verwendbar sein. Mit ihm
können Hindernisse bis 5 cm Höhe problemlos überfahren werden. Das Überwinden von
Hindernissen bis 10 cm Höhe ist möglich, setzt allerdings eine spezielle Fahrtechnik
voraus, welche aber bei vielen Kunden aufgrund ihrer Behinderung nicht vorausgesetzt
werden kann.
[0004] Ein besonderes Ziel der Erfindung ist ein Antriebskonzept, welches kostengünstig
ist und sich an bestehenden Rollstühlen, insbesondere am "Turbo-Twist", montieren
und demontieren lässt. Es muss sich für den Innen- und Aussenbetrieb eignen. Hindernisse
bis 10 cm Höhe, sollten möglichst ohne Schläge und ohne weiteres überfahren werden
können.
[0005] Die wesentlichen Merkmale des erfindungsgemässen Rollstuhls sind im Patentanspruch
1 angegeben. Die abhängigen Patentansprüche beziehen sich auf besondere Ausführungsarten.
[0006] Nachstehend ist ein Beispiel eines erfindungsgemässen Rollstuhls mit elektrischem
Antrieb mit Bezug auf die schematischen beiliegenden Zeichnungen beschrieben. Andere
Merkmale des Rollstuhls sind aus der oben genannten FR 2 727 012 Veröffentlichung
zu entnehmen.
[0007] In den Zeichnungen zeigen die Fig. 1-5 schematisch die Funktionsweise des Rollstuhls.
Das Unterteil des Rollstuhls ist in Fig. 6-8 seitlich, in Fig. 9 und 10 schräg, und
in Fig. 11 von hinten gesehen dargestellt.
[0008] Um den bis dahin gemachten Erkenntnissen möglichst gerecht zu werden, kam der Erfinder
auf die Idee vom Reibradantrieb. Auch mit diesem Konzept kann die Grundidee der Radstandsverlängerung
wie beim Zahnriemen-Antrieb beibehalten werden.
[0009] Der Reibradantrieb ist bekannt und kommt heute bei verschiedenen Geräten und Fahrzeugen
zum Einsatz:
- Spez. Schienenfahrzeuge
- Zuggeräte für Handrollstühle
- Fahrräder mit Hilfsmotor (legendär ist der Velo-Solex).
[0010] Bei diesem Stand der Ermittlungen wurde festgehalten, dass vorzüglich mit dem Reibradprinzip
weiter gearbeitet werden soll. Als Erstes müssen die Vor- und Nachteile des Reibradkonzeptes
aufgezeigt werden. Diese sind in der Tabelle 9 ersichtlich.
Tabelle 9:
Vor- und Nachteile des Reibradkonzeptes |
Vorteile |
Nachteile |
- Zusatzräder nur bei Bedarf angetrieben. |
- Schlupf abhängig von mehreren Einflüssen |
- gut geeignet für den Innen- und Aussenbetrieb |
- erfordert grosse Anpressdrücke |
- unproblematisch bei Montage / Demontage |
- nur für kleine Leistungen |
- geräuscharm |
|
- preisgünstig |
|
- gleiche Umfangsgeschwindigkeit der Räder |
|
[0011] Folgende Schwerpunkte müssen in diesem Fall beachtet werden:
1. Gesamtlänge von max. 1200 mm und der Wendekreis dürfen nicht überschritten werden
2. Welche Art von Rädern soll zum Einsatz kommen?
3. Die dynamische und die statische Kippsicherheit.
4. Kann genügend Zugkraft auf die Zusatzräder übertragen werden?
5. Unter welchen Umständen sollen die Zusatzräder angetrieben werden?
Zu Punkt 1:
[0012] Den hintersten Punkt des Rollstuhls stellt bis jetzt der Heckradbügel dar. Dieser
Heckradbügel fällt beim Reibradantrieb weg.
Die Durchmesser sowie die Position der Zusatz- und Zwischenräder müssen nach diesem
Punkt ausgewählt werden.
Zu Punkt 2:
[0013] Grundsätzlich sollten graue Reifen mit einer ausgeprägten Profilierung zum Einsatz
kommen (graue Reifen eignen sich besser für den Innenbereich).
[0014] Die Vorgabe vom geringen Platzbedarf und langem Radstand erfordert einen Kompromiss
bei der Wahl der Raddurchmesser. Im folgenden wurde bei den Zusatzräder für 180 mm
und für die Zwischenräder 60 mm Durchmesser entschieden. Bei den Antriebsrädern wird
der Durchmesser von 340 mm beibehalten.
[0015] Folgende Punkte sind zu beachten:
Antriebsräder:
Aus Sicherheitsgründen soll vorzüglich bei diesem Konzept auf luftbereifte Räder verzichtet
werden.
Es steht eine pannensichere Variante zur Verfügung.
Von der Firma Rollag können an Stelle von Luftschläuchen, spezielle "Flexel-Einlagen"
in die Reifen eingelegt werden. Es werden bereits heute viele Rollstühle mit diesen
Einlagen ausgerüstet.
Zwischenräder:
Wie gut die erforderliche Zugkraft übertragen werden kann, hängt stark von diesen
Rädern ab und muss anhand von Tests ausprobiert werden, da keine Messwerte vorliegen.
Diese Räder müssten über eine Verzahnung, Profilierung oder eine Randrierung verfügen.
Zusatzräder:
Da diese Räder beim Überfahren von Hindernissen praktisch das ganze Gewicht des Rollstuhls
und des Fahrers tragen, müssen sie vorzüglich eine Mindesttragfähigkeit von 115 kg
aufweisen. Der Durchmesser dieser Räder wurde auf 180 mm festgelegt. Profilierte Reifen
mit "Flexel-Einlagen" sind anwendbar.
Mögliche Alternativen sind Schwerlasträder mit Vollgummibereifung ohne Profilierung.
Zu Punkt 3:
[0016] Die dynamische und die statische Kippsicherheit müssten gewährleistet werden.
[0017] Die Standfestigkeit eines festen Körpers ist umso grösser:
- je grösser die Gewichtskraft des Körpers ist.
- je grösser die Grundfläche (Radstand, Spurbreite) ist.
- je tiefer und zentraler der Gesamtschwerpunkt liegt.
Zu Punkt 4:
[0018] Die übertragbare Zugkraft ist stark von folgenden Einflüssen abhängig:
- Profilierung und Rauhigkeit der Räder
- Anpresskräfte der Räder gegeneinander
- Eintauchtiefe des Zwischenrades ins Antriebs- und Zusatzrad
- Verschmutzungen / Nässe / Schnee
Zu Punkt 5:
[0019] Die Zusatzräder dürfen bei normaler Fahrt weder angetrieben werden, noch dürfen sie
Bodenkontakt haben.
[0020] Grundsätzlich dürfen die Zusatzräder erst dann angetrieben werden, wenn mit dem Rollstuhl
ein Hindernis befahren werden soll.
[0021] Wie oben bereits festgehalten, können Hindernisse in der Höhe von 5 cm ohne weiteres
überfahren werden. Bei Hindernissen > 5 cm soll das Reibradkonzept zum Einsatz kommen.
Wie funktioniert das Reibradkonzept:
[0022] Die Zusatzräder und die Zwischenräder (siehe Fig. 1-2) sind mit einer gefederten
Doppelschwinge verschraubt. Die Federung der Schwenkarme wird von sogenannten Rosta-Elementen
übernommen. Die Zwischenräder werden mit Hilfe von Exzentern gegen die Zusatzräder
vorgespannt und sind mit diesen dauernd im Eingriff.
[0023] Aus Gründen der Sicherheit und für die optimale Funktion des Reibradkonzeptes und
der vorderen Übersteighilfe müssen die Hindernisse frontal angefahren werden.
[0024] Die Grundidee der Betriebsart geht davon aus, dass bei Hindernissen bis 5 cm Höhe
die Doppelschwinge so weit eingefedert ist, dass die Zwischenräder den maximalen Anpressdruck
gegen die Antriebsräder aufgebaut haben und so die grössten Kräfte übertragen können.
Das Hindernis kann so noch überfahren werden, ohne dass die Antriebsräder abgehoben
werden.
[0025] Soll nun ein Hindernis überfahren werden, das höher als 5 cm ist, wird der Rollstuhl
vorne mit Hilfe der Übersteighilfe (siehe Fig. 1-2) weiter angehoben. Von da an werden
die Antriebsräder abgehoben und der Antrieb erfolgt über die Zusatzräder, bis die
Antriebsräder am Hindernis wieder Halt finden und normal weitergefahren werden kann.
Dabei bewegt sich die Doppelarmschwinge wieder in seine Ausgangsposition, und die
Kraftübertragung vom Antriebsrad auf das Zwischenrad wird wieder unterbrochen.
Positionierung der Zusatz- und Zwischenräder:
[0026] Das Ziel ist, dass die Doppelarmschwinge beim Überfahren von Hindernissen möglichst
früh und möglichst wenig einfedern soll, bis die Zwischenräder den vollen Anpressdruck
gegen die Antriebsräder aufgebaut haben. Das heisst, dass die Zusatzräder bei normaler
Fahrt nur ca. 2 cm Bodenfreiheit aufweisen und der Abstand zwischen den Antriebsrädern
und den Zwischenrädern, nur ca. 5 mm betragen soll. Aus Sicherheitsgründen, muss am
Grundchassis ein Anschlag für die Doppelarmschwinge angebracht werden, damit diese
bei einem allfälligen Reifenschaden der Zusatz- und Antriebsräder nicht zu weit einfedern
kann.
Weil am Grundchassis die Aufnahmen für die Rosta-Elemente, wie sie beim bisherigen
Heckradbügel verwendet werden, auch für die Doppelarm-Schwinge als Aufnahme und Drehpunkt
dienen soll, sind aufgrund der Geometrie die Positionierung der Zusatz- und Zwischenräder
mit wenig Spielraum vorgegeben.
[0027] So kann vermieden werden, dass Änderungen am Grundchassis notwendig werden und der
Reibradantrieb auf einfachste Weise montiert und demontiert werden kann.
[0028] Beim Positionieren der Zusatzräder ergibt sich zusätzlich folgendes Problem:
[0029] Der "Turbo-Twist" wird in seinem heutigen Originalzustand vom Heckradbügel und einer
140 mm Schwenkrolle gegen das Abkippen nach hinten gestützt. Der Rollstuhl weist so
einen sehr kleinen Wendekreis auf.
[0030] Der Heckradbügel und die Schwenkrolle werden beim Reibradantrieb nicht benötigt.
[0031] Durch die Montage des Reibradkonzeptes wird die vorgegebene Gesamtlänge des Rollstuhls
nicht überschritten, trotzdem ergibt sich ein grösserer Wendekreis.
Diese Situation wird mit Fig. 3 und Fig. 4 dargestellt.
[0032] Um diesem Umstand zu begegnen, müssen die beiden Zusatzräder gegen die Mitte verschoben
montiert werden. Dies hat zur Folge, dass die Zwischenräder breiter ausgelegt werden
müssen. Diese Situation wird mit Fig. 5 dargestellt.
[0033] Es muss ein Kompromiss bezüglich Wendekreis vorgesehen werden. Es muss beachtet werden,
dass die Zusatzräder nicht zu weit zur Mitte verschoben werden dürfen, da sonst die
seitliche Kippsicherheit beim Befahren von Hindernissen beeinträchtigt wird.
[0034] Zusammenfassend kann nun gesagt werden, dass sich das Reibradkonzept für den "Turbo-Twist"
am besten eignet.
[0035] Der grösste Vorteil ist, dass dieses Konzept problemlos am "Turbo-Twist" montiert-
und demontiert werden kann.
[0036] In Fig. 6-11 ist genau ersichtlich, wie dieses Antriebskonzept beim "Turbo-Twist"
realisiert werden kann. Der Sitz, der auf dem Chassis angeordnet ist, ist in diesen
Zeichnungen nicht dargestellt.
[0037] Anstatt der beschriebenen Zwischenräder können zum Beispiel Keilriemen oder sogar
separate Elektromotore die Zusatzräder antreiben.
1. Motorisch angetriebener Rollstuhl mit einem Chassis, das mit einem Sitz versehen ist,
mit einem Paar motorisierten Triebräder, mit mindestens einem Vorderrad, das sich
im Vordergrund der Triebräder befindet, und mit mindestens einem hinteren Stützrad,
das sich im Hintergrund der Triebräder befindet und höhenmässig beweglich auf dem
Chassis angebracht ist.
dadurch gekennzeichnet, dass er zusätzliche Antriebsmittel aufweist, die das oder jedes hintere Stützrad in Drehbewegung
antreiben wenn dieses Stützrad relativ zum Chassis verschoben wird, wegen einer rückwärtigen
Kippbewegung des Chassis, und dieses Stützrad nicht antreiben wenn der Rollstuhl sich
mit seinen Triebrädern und seinem Vorderrad oder seinen Vorderrädern auf einem ebenen
Boden bewegt.
2. Rollstuhl nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die zusätzlichen Antriebsmittel mechanische Übertragungsmittel zwischen den Antriebsrädern
und dem hinteren Stützrad bzw. den hinteren Stützrädern aufweisen.
3. Rollstuhl nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die hinteren Stützräder von zwei Zusatzrädern gebildet sind, die jeweils einem der
Triebräder entsprechen, wobei jedes Zusatzrad einem Zwischenrad entspricht, das gegen
dieses rollt und sich gegen das Triebrad anlehnen und rollen kann, wenn das Zusatzrad
gehoben wird.
4. Rollstuhl nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Zusatzräder und die Zwischenräder durch eine gefederte Schwinge getragen sind,
die um eine Horizontalachse schwenkbar am Chassis angeordnet ist.