Technisches Gebiet
[0001] Die Erfindung bezieht sich auf das Gebiet der Radialverdichter von Abgasturboladern.
Sie betrifft eine Vorrichtung zum Einblasen von Luft in den Strömungskanal eines Radialverdichters
gemäss dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.
Um die Kennfeldbreite von Radialverdichterstufen zu erhöhen, kommen in einer Vielzahl
von Radialverdichterstufen der neusten Generationen Stabilisatoren im Ansaugbereich
des Verdichterrades zum Einsatz.
Die Nachfrage vom Markt für stetig höhere Druckverhältnisse bei Verdichtern von Abgasturboladern
ist ungebrochen. Der Erhöhung des Druckverhältnisses über eine Erhöhung der Drehzahl
sind jedoch Grenzen seitens des Verdichterradmaterials gesetzt, da die das nutzbare
Kennfeld begrenzende Pump- und Schluckgrenze mit zunehmender Drehzahl zusammenlaufen.
Die nutzbare Kennfeldbreite nimmt somit in Richtung höherer Druckverhältnisse kontinuierlich
ab. Um dem entgegenzuwirken und das nutzbare Kennfeld auch bei hohen Druckverhältnissen
möglichst breit zu halten, kann bei gleichbleibender Verdichterradgrösse ein Diffusor
mit kleinerem Strömungsquerschnitt eingesetzt werden. Die Pumpgrenze verschiebt sich
dadurch zu kleineren Volumenströmen und es resultiert bei gleichbleibender Radschluckgrenze
eine grössere nutzbare Kennfeldbreite. Nachteilig ist dabei, dass sich der Wirkungsgrad
verringert, insbesondere bei Teillast. Dieser Nachteil kann vermieden werden, indem
durch geeignete Massnahmen die Stabilität der gegebenen Verdichterstufen bei Maximallast
erhöht wird. Dies kann durch gehäuseseitiges Einblasen von Luft in den Strömungskanal
im unbeschaufelten Zwischenraum zwischen den Laufschaufeln des Verdichterrades und
den Leitschaufeln des Diffusors geschehen. Die dynamische Stabilität im Bereich hoher
Druckverhältnisse kann durch das Einblasen von Luft erhöht werden.
Stand der Technik
[0002] Aus "
Centrifugal Compressor Flow Range Extension Using Diffuser Flow Control", (Gary J.
Skoch; Army Research Laboratory, Vehicle Technology Directorate, Cleveland, Ohio;
5. Dezember , 2000) ist ein Radialverdichter mit nachgeschaltetem Diffusor bekannt, bei welchem unter
Nutzung des Coanda-Effektes Düsen Druckluft in Strömungsrichtung in den Strömungskanal
zwischen dem Verdichterrad und dem Diffusor eingeblasen wird.
Beim Coanda-Effekt (beschrieben in
US 2,052,869) handelt es sich um einen Strömungseffekt, gemäss dem ein schnell strömendes Fluid
(Gas oder Flüssigkeit), welches an einer Oberfläche eines Festkörpers entlang strömt,
an dessen Oberfläche anhaftet und sich nicht von der Oberfläche ablöst.
Die Druckluftdüsen sind in der den Strömungskanal begrenzenden Gehäusewand angeordnet
und am Verdichtergehäuse festgeschraubt. Sie lassen sich in den Öffnungen bewegen,
so dass die Einblasrichtung verändert werden kann. Die Düsen sind über eine Rohrleitung
mit einer externen Druckluftversorgung verbunden.
Kurze Darstellung der Erfindung
[0003] Aufgabe der Erfindung ist es, eine vereinfachte, kostengünstige Vorrichtung zum Einblasen
von Luft in den Strömungskanal eines Radialverdichters zu schaffen, welche insbesondere
mit geringem Aufwand montiert werden kann und die eine hohe Zuverlässigkeit im Betrieb
aufweist.
Diese Aufgabe löst eine Vorrichtung zum Einblasen von Luft in den Strömungskanal eines
Radialverdichters mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1.
Bei der erfindungsgemässen Vorrichtung sind die Düsen als Einblasöffnungen in der
den Strömungskanal begrenzenden Gehäusewand geformt. Die Einblasöffnungen sind direkt
mittels stromab des Diffusors dem Strömungskanal entnommener Luft gespiesen. Diese
Luft weist gegenüber der Strömung im Strömungskanal vor dem Diffusor einen erhöhten
Druck auf.
Dadurch ergibt sich ein passives, dynamisches Stabilisierungssystem einer Verdichterstufe
im Bereich hoher Druckverhältnisse, welches ohne zusätzliche Regel- oder Stellglieder
auskommt.
Eine vorteilhafte Ausführungsform der erfindungsgemässen Vorrichtung zum Einblasen
von Luft in den Strömungskanal lässt sich einfach realisieren, indem die gegossenen
Verdichtergehäuseteile direkt mit den entsprechenden Öffnungen versehen werden. Es
sind keine zusätzlichen Düsenelemente oder Druckluftanschlüsse notwendig.
Die Verteilung der Druckluft auf allenfalls mehrere Einblasöffnungen erfolgt über
einen zumindest teilweise ringförmig ausgebildeten, als Hohlraum in das Verdichtergehäuse
integrierten Luftkanal.
Kurze Beschreibung der Zeichnungen
[0004] Nachfolgend wird anhand der Zeichnungen die erfindungsgemässe Vorrichtung zum Einblasen
von Luft in den Strömungskanal eines Radialverdichters genauer erläutert. Hierbei
zeigt
- Fig. 1
- einen Schnitt durch einen Radialverdichter mit einer erfindungsgemässen Vorrichtung
zum Einblasen von Luft in den Strömungskanal,
- Fig. 2
- einen vergrössert dargestellten Ausschnitt der erfindungsgemässen Vorrichtung nach
Fig. 1 mit einem aufgesetzten Düsenelement, und
- Fig. 3
- einen vergrössert dargestellten Ausschnitt der erfindungsgemässen Vorrichtung nach
Fig. 1 mit einem materialschlüssig integrierten Düsenelement.
Weg zur Ausführung der Erfindung
[0005] Fig. 1 zeigt einen Schnitt durch einen Radialverdichter mit einem auf einer rotierbar
gelagerten Welle angeordneten Verdichterrad. Das Verdichterrad weist eine zentrale
Nabe 10 auf und darauf angeordnete Laufschaufeln 11. Das Verdichterrad ist im Verdichtergehäuse
angeordnet. Das Verdichtergehäuse umfasst mehrere, den Strömungskanal für das zu verdichtende
Medium begrenzende Teile. Im Bereich der Laufschaufeln des Verdichterrades begrenzt
eine innere Verdichtergehäusewand, die sogenannte Einsatzwand 31 den Strömungskanal
41 nach radial aussen. Radial innen ist der Strömungskanal in diesem Bereich durch
die Nabe des Verdichterrades begrenzt. Weiter stromab des Bereichs der Laufschaufeln
des Verdichterrades, wird der Strömungskanal 42 auf Seite gegenüber der Einsatzwand
33 von einer Diffusorwand 20 begrenzt. Der Diffusor umfasst Diffusorieitschaufein
21, welche im Strömungskanal angeordnet sind. Weiter stromab der Diffusorleitschaufeln
mündet der Strömungskanal 42 in den Sammelhohlraum 43 des spiralförmigen Schneckengehäuses
32, von wo aus eine nicht dargestellte Leitung zu den Brennkammern der mit dem Abgasturbolader
verbundenen Brennkraftmaschine führt. Die Luftströmung ist in den Figuren jeweils
mit den dicken, weissen Pfeilen angedeutet.
Die erfindungsgemässe Vorrichtung zum Einblasen von Luft in den Strömungskanal umfasst
einen Rückführungs-Luftkanal 44, welcher vom Sammelhohlraum 43 stromab der Diffusorleitschaufeln
21 in den Strömungskanal 42 zwischen den Laufschaufeln 11 des Verdichterrades und
den Leitschaufeln 21 des Diffusors führt.
Wie in Fig. 1 dargestellt kann der Luftkanal 44 als ein Hohlraum ausgebildet sein,
welcher durch Einsatzwand 31, Schneckengehäuse 32 und eine Trennwand 33 des Verdichtergehäuses
begrenzt ist. Der Luftkanal 44 führt von einer Einlassöffnung 52 in der Verdichtergehäusewand
im Bereich des Sammelhohlraums 43 zu einer Einblasöffnung 51 in der Verdichtergehäusewand
im Bereich zwischen den Laufschaufeln 11 des Verdichterrades und den Leitschaufeln
21 des Diffusors. Die Einblasöffnung 51, welche in den Strömungskanal 42 im Bereich
zwischen den Laufschaufeln 11 des Verdichterrades und den Leitschaufeln 21 des Diffusors
mündet, ist nicht zylinderförmig ausgebildet, sondern weist eine innere Coanda-Oberflächenstruktur
auf. Dies bedeutet, wie in Fig. 3 vergrössert dargestellt, dass die Verdichtergehäusewand
eine in die Einblasöffnung hineinragende Rundung aufweist, entlang derer gemäss dem
Coanda-Effekt die Luft strömen kann.
Die Strömung im Strömungskanal weist beim Austritt aus dem Bereich der Laufschaufeln
des Verdichterrades eine starke tangentiale Komponente auf. Der Coanda-Effekt sorgt
dafür, dass beim Einblasen der Luft in den Strömungskanal keine starken Verwirbelungen
und Querströmungen entstehen. Stattdessen bleibt die ebenfalls in tangentialer Richtung
in den Strömungskanal eingeblasene Luft an der Rundung der Einblasöffnung 51 haften
und wird im Randbereich des Strömungskanals in Strömungsrichtung in die Strömung eingeführt,
wie dies in Fig. 2 und Fig. 3 mit den dünnen Pfeilen angedeutet ist.
Die Einblasung in den Strömungskanal erfolgt passiv, das heisst ohne Regel- oder Stellglieder.
Aufgrund des höheren Drucks im Sammelhohlraum 43 gegenüber dem Strömungskanal 42 im
Bereich zwischen den Laufschaufeln 11 des Verdichterrades und den Leitschaufeln 21
des Diffusors ergibt sich eine Ausgleichsströmung.
Entlang dem Umfang des Strömungskanals, also auf gleicher radialer Höhe bezüglich
der Welle des Turboladers, können mehrere Einblasöffnungen 51 vorgesehen sein. Diese
können alle mit einem einzigen, ringförmig oder zumindest teilweise ringförmig ausgebildeten
Luftkanal 44 verbunden sein. Ebenso können in Umfangsrichtung entlang dem Sammelhohlraum
43 mehrere Einlassöffnung 52 angeordnet sein.
Anstelle von einem, ringförmigen Luftkanal 44 können mehrere, durch radial verlaufende
Trennwände unterteilte Teilluftkanäle vorhanden sein, welche jeweils eine oder mehrere
Einblasöffnungen 51 mit Luft zum Einblasen versorgen.
Die Öffnungen der erfindungsgemässen Vorrichtung können bereits bei der Herstellung
der Verdichtergehäuseteile in diese eingelassen werden. Dies kann direkt beim Giessen
der Verdichtergehäuseteile erfolgen, indem entweder vorfabrizierte Düsenelemente 62
in die Gehäusewand eingegossen und materialschlüssig mit der Gehäusewand verbunden
werden, oder indem die spezielle Kontur der Einblasöffnungen bereits in der Gussform
integriert ist. Bei den vorfabrizierten Düsenelementen 62 wird ein Material verwendet,
welches sich beim Giessen mit dem Stahl der Gehäusewand verbindet, ohne selber zu
verschmelzen. Alternativ können die Einlass- und die Einblasöffnungen auch zu einem
späteren Zeitpunkt in die Verdichtergehäusewände eingebracht werden.
Es können auch Düsenelemente 61 vorgesehen sein, welche form- oder kraftschlüssig
mit den Verdichtergehäusewand 31 verbunden werden. Dies ermöglicht beispielsweise
das Nachrüsten bereits bestehender Turbolader mit der erfindungsgemässen Vorrichtung
zum Einblasen von Luft in den Strömungskanal.
Zur Schubentlastung im Bereich der Verdichterradrückwand oder als Sperrluft zur Ölabdichtung
der Lager mittels Überdruck kann dem Verdichter im Bereich stromab der Laufschaufeln
des Verdichterrades Luft entnommen werden. Diese sogenannte Leckageströmung 53 kann
wiederum eine destabilisierende Wirkung auf die Verdichterströmung haben, wodurch
sich die Pumpgrenze zu höheren Volumenströmen verschiebt, was zu einer unterwünschten
Verminderung der nutzbaren Kennfeldbreite führt. Mittels dem erfindungsgemässen Einblasen
kann der Verlauf der Pumpgrenze wieder auf den Verlauf ohne Leckageströmung 53 zurückversetzt
werden.
Bezugszeichenliste
[0006]
- 10
- Verdichterrad-Nabe
- 11
- Verdichterrad-Schaufeln
- 20
- Diffusor-Wand
- 21
- Diffusor-Leitschaufel
- 31
- Innere Verdichtergehäusewand, Einsatzwand
- 32
- Äussere Verdichtergehäusewand, Schneckengehäuse
- 33
- Trennwand
- 41
- Strömungskanal, Ansaugbereich
- 42
- Strömungskanal, Diffusorbereich
- 43
- Sammelhohlraum, Schneckengehäuse
- 44
- Luftkanal, Hohlraum
- 51
- Einblasöffnung
- 52
- Einlassöffnung
- 53
- Leckströmungsöffnung
- 61
- Düsenelement, aufgesetzt
- 62
- Düsenelement, in Gehäusewand integriert
1. Vorrichtung zum Einblasen von Luft in den Strömungskanal (42) eines Radialverdichters,
umfassend mindestens eine düsenförmige, mit einer Coandastruktur versehene Einblasöffnung
(51), durch welche Luft in tangentialer Richtung in den Strömungskanal (42) zwischen
Laufschaufeln (11) des Verdichterrades und Leitschaufeln (21) eines Diffusors eingeblasen
werden kann,
dadurch gekennzeichnet, dass
in der Verdichtergehäusewand (32) mindestens eine zweite Öffnung (52) vorgesehen ist,
dass
die mindestens eine zweite Öffnung (52) stromab der mindestens einen Einblasöffnung
(51) angeordnet ist, und dass
die mindestens eine Einblasöffnung (51) über einen Kanal (44) mit der mindestens einen
zweiten Öffnung (52) verbunden ist.
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die mindestens eine zweite Öffnung (52) stromab der Leitschaufeln (21) des Diffusors
angeordnet ist.
3. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass mehrere Einblasöffnungen (51) in Umfangsrichtung entlang dem Strömungskanal verteilt
angeordnet sind.
4. Vorrichtung nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Kanal zwischen der mindestens einen Einblasöffnung (51) und der mindestens einen
zweiten Öffnung (52) als ein zumindest teilweise ringförmig ausgebildeter, in Umfangsrichtung
verlaufender Hohlraum (44) ausgebildet ist.
5. Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Hohlraum (44) durch Verdichtergehäusewände (31, 32, 33) begrenzt ist.
6. Vorrichtung nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die mindestens eine Einblasöffnung (51) in die den Strömungskanal begrenzende Verdichtergehäusewand
(31) eingelassen und durch die den Strömungskanal begrenzende Verdichtergehäusewand
(31) geformt ist.
7. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die mindestens eine Einblasöffnung (51) durch ein ein- oder mehrteiliges Düsenelement
geformt (61) ist, welches in einer Öffnung der Verdichtergehäusewand (31) angeordnet
und mit der Verdichtergehäusewand verbunden ist.
8. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die mindestens eine Einblasöffnung (51) durch ein ein- oder mehrteiliges Düsenelement
(62) geformt ist, welches materialschlüssig in der Verdichtergehäusewand (31) integriert
ist.
9. Abgasturbolader, umfassend einen Radialverdichter mit einer Vorrichtung zum Einblasen
von Luft in den Strömungskanal (42) des Radialverdichters nach einem der vorangehenden
Ansprüche.