[0001] Die Erfindung bezieht sich auf eine Warmarbeitsstahl-Legierung mit hoher Zähigkeit
und gleichzeitig großer Einhärttiefe bzw. verbesserter, martensitischer Durchhärtbarkeit
bei einem thermischen Vergüten von Erzeugnissen wie beispielsweise Druckgießformen
oder Strangpressmatrizen und dgl..
[0002] Ein thermisches Vergüten eines Teiles, zB. aus Warmarbeitsstahl, zur Einstellung
einer hohen Materialhärte bei Einsatztemperaturen des Teiles bis zu 550°C und höher
beinhaltet im Wesentlichen ein Anwärmen des Werkstoffes auf eine Temperatur, bei welcher
dieser eine kubisch-flächenzentrierte Atomstruktur bzw. ein austenitisches Gefüge
hat, gefolgt von einer forcierten Abkühlung zur Erlangung eines Martensitgefüges und
einer nachfolgenden, gegebenenfalls mehrmaligen Anlassbehandlung bei Temperaturen
von zumeist über 500°C. Während des Anlassens werden einerseits die bei der Abkühlung
und Gefügeumwandlung gebildeten Spannungen im Werkstoff zumindest teilweise abgebaut
und andererseits durch Karbidausscheidungen die Materialhärte erhöht bzw. eine sog.
sekundäre Härtesteigerung erreicht.
[0003] Eine Umwandlung eines austentischen Gefüges in eine Martensitstruktur erfordert,
wie dem Fachmann bekannt ist, eine Mindestabkühlgeschwindigkeit des Werkstoffes, weil
diese Umwandlung aufgrund einer ausgeprägt hohen Unterkühlung als diffusionsloser
Umklappprozess der Atomstruktur erfolgt. Niedrigere Abkühlraten führen zur Bildung
eines Bainit- oder Perlit-Gefüges.
[0004] Die Eigenschaften eines Werkstoffes sind von dessen chemischer Zusammensetzung und
von dessen durch eine Wärmebehandlung eingestellten Gefügestruktur abhängig und ergeben
daraus ein bestimmtes Eigenschaftsprofil eines Teiles.
[0005] Mit anderen Worten: Die chemische Zusammensetzung eines Werkstoffes und die Intensität
der Abkühlung bzw. der Wärmeabfuhr von der Oberfläche beim Härten des Teiles bestimmen
die Gefügestruktur im Bereich der Oberfläche und aufgrund der Rückwärmung aus dem
Teilinneren die Gefügeausbildung in Abhängigkeit vom Abstand zur Teiloberfläche. Die
jeweilige örtliche Gefügestruktur ist für die örtlich gegebenen Materialeigenschaften
des thermisch vergüteten Werkstoffes bestimmend.
[0006] Warmarbeitswerkstoffe für Druckgussformen und dgl. unterliegen aus Gründen einer
zunehmend wirtschaftlichen Herstellung der Produkte steigenden Beanspruchungen durch
verkürzte Pressfolgezeiten und erhöhte Gießdrücke. Weiters werden in steigendem Maße
komplexe Geometrien der Formhohlräume vorgesehen, sodass summarisch wesentlich erhöhte
Gesamtbelastungen des Werkstoffes vorliegen. Diese Gesamtbelastungen können Werkzeugausfälle
durch Spannungsrisse, Brandrisse, Grobbruch, Korrosion und Erosion verursachen, sodass
Werkstoffe mit hoher Härte und Festigkeit sowie gleichzeitig hoher Zähigkeit und Duktilität
gefordert sind. Diese geforderten Eigenschaften sind jedoch von der chemischen Zusammensetzung
der Legierung und der daraus resultierenden Vergüteeigenschaften derselben abhängig.
[0007] Seit langem werden Cr-Mo-V-Stähle für Warmarbeitswerkzeuge verwendet, wobei die Stahlsorten
X38 CrMoV 51 und X38 CrMoV 53 entsprechend DIN Stahl-Eisen-Liste Werkstoff Nr. 1.2343
und Werkstoff Nr. 1.2367, wie auch listenmäßig angegeben, "hochanlassbeständig" und
für "Werkzeuge mit großen Abmessungen" geeignet sind.
[0008] Der Werkstoff Nr. 1.2343 dient für "hochbeanspruchte Werkzeuge, Gesenke und Pressen".
[0009] Obige Werkstoffe weisen eine große Einhärttiefe bzw. eine tiefreichende, thermische
Vergütbarkeit auf geforderte Härtewerte zwischen 50 und 55 HRC auf. Allerdings sind
deren Zähigkeitseigenschaften gering, was nachteilig für die Gebrauchseigenschaften
von Druckgussformen sein kann.
[0010] Bei einem Werkstoff Nr. 1.2343 kann durch ein Absenken des vorgesehenen Siliciumgehaltes
von 0.90 bis 1.20 Gew.-% auf eine Konzentration um 0.2 Gew.-% eine wesentliche Erhöhung
der Materialzähigkeit nach einer Vergütebehandlung erreicht werden, allerdings sind
dafür hohe Abkühlgeschwindigkeiten beim Härten erforderlich, die oftmals nicht erreicht
werden können.
[0011] Die Erfindung setzt sich nun zum Ziel, einen Warmarbeitsstahl der eingangs genannten
Art zu schaffen, welcher bei einer forcierten Abkühlung aus dem Austenitgebiet auch
bei niedrigen Abkühlraten eine weitgehend vollständige, martensitische Gefügestruktur
bildet, wonach durch eine gezielte Anlassbehandlung eine hohe Härte- und verbesserte
Zähigkeit des Werkstoffes erreicht wird.
[0012] Diese Ziel wird bei einer Warmarbeitsstahl-Legierung dadurch erreicht, dass die Legierungselemente
Gehalte in Gew.-% von
Kohlenstoff (C) |
0.35 |
bis |
0.42 |
Silicium (Si) |
0.15 |
bis |
0.29 |
Mangan (Mn) |
0.40 |
bis |
0.70 |
Chrom (Cr) |
4.70 |
bis |
5.45 |
Molybdän (Mo) |
1.55 |
bis |
1.95 |
Vanadin (V) |
0.40 |
bis |
0.75 |
Stickstoff (N) |
0.011 |
bis |
0.016 |
Eisen (Fe) und Verunreinigungselemente als Rest
aufweisen.
[0013] Der Vorteil der erfindungsgemäßen Legierungszusammensetzung ist im Wesentlichen darin
zu sehen, dass die Elemente insgesamt, insbesondere die Elemente Silicium, Molybdän,
Vanadin und Stickstoff, in engen Grenzen umwandlungskinetisch aufeinander abgestimmt
sind, sodass eine gewünschte Festigkeit und Härte bei hoher Zähigkeit des Werkstoffes
bei einer thermischen Vergütung mit verminderter Abkühlrate beim Härten erreicht werden
kann.
[0014] Dadurch ist es möglich, entweder größere Eindringtiefen eines für die mechanischen
Eigenschaften des Teiles günstigen, martensitischen Härtegefüges bei einer gegebenen
Abkühlgeschwindigkeit zu erreichen oder mit Vorteil eine niedrigere Abkühlrate bei
einer Härtung zu verwenden und dadurch die Härtespannungen im vielfach mit einer Gravur
bzw. mit einer Negativform des Gussteiles versehenen Druckgießform zu minimieren.
Dies ist von besonderer Bedeutung, weil im zunehmendem Maße ein sogenanntes Vakuumhärten
von Formteilen verwendet wird, wobei auch aus Gründen der Vermeidung von Oxidationen
und Entkohlung der bearbeiteten Oberfläche des Werkstückes bzw. der Form bei einer
Austenitisierung eine Anwärmung im Vakuum erfolgt, wonach eine forcierte Abkühlung
mit einem Stickstoff-Gasstrom durchgeführt wird. Für diese Art der Härtung eines Teiles
hat sich eine erfindungsgemäß chemisch zusammengesetzte Legierung besonders bewährt.
[0015] Eine weitere wesentliche Steigerung der Zähigkeitseigenschaften des vergüteten Werkstoffes
kann erreicht werden, wenn die Warmarbeitsstahl-Legierung maximale Konzentrationen
ein oder sämtlicher Elemente in Gew.-% von
Phosphor (P) |
0.005 |
Schwefel (S) |
0.003 |
Nickel (Ni) |
0.10 |
Wolfram (W) |
0.10 |
Kupfer (Cu) |
0.10 |
Cobalt (Co) |
0.10 |
Titan (Ti) |
0.008 |
Niob (Nb) |
0.03 |
Sauerstoff (O) |
0.003 |
Bor (B) |
0.001 |
Arsen (As) |
0.01 |
Zinn (Sn) |
0.0025 |
Antimon (Sb) |
0.01 |
Zink (Zn) |
0.001 |
Calcium (Ca) |
0.0002 |
Magnesium (Mg) |
0.0002 |
aufweist.
[0016] Obige Elemente können entweder Ausscheidungen oder Verbindungen bilden, welche insbesondere
an den Korngrenzen angereichert sind und derart die Zähigkeitseigenschaften des Werkstoffes
sprunghaft ab einer Konzentrationsgrenze erniedrigen oder sie bewirken Korngrenzenbelegungen,
die gleichartig ungünstig wirken.
[0017] Durch eine in sehr engen Grenzen eingestellte, chemische Zusammensetzung des erfindungsgemäßen
Werkstoffes nach einer bevorzugten Ausführungsform desselben enthält die Warmarbeitsstahl-Legierung
ein oder mehrere der Legierungselemente in Gew.-%
Kohlenstoff (C) |
0.37 |
bis |
0.40 |
|
|
|
|
Silicium (Si) |
0.16 |
bis |
0.28, |
vorzugsweise |
0.18 |
bis |
0.25 |
Mangan (Mn) |
0.45 |
bis |
0.60, |
vorzugsweise |
0.50 |
bis |
0.58 |
Chrom (Cr) |
4.80 |
bis |
5.20, |
vorzugsweise |
4.90 |
bis |
5.10 |
Molybdän (Mo) |
1.50 |
bis |
1.90, |
vorzugsweise |
1.65 |
bis |
1.80 |
Vanadin (V) |
0.45 |
bis |
0.70, |
vorzugsweise |
0.52 |
bis |
0.60 |
Stickstoff (N) |
0.012 |
bis |
0.015 |
|
|
|
|
Eisen (Fe) und Verunreinigungselemente als Rest.
[0018] Mittels dieser durch besonders enge Grenzen in der chemischen Zusammensetzung gekennzeichneten,
erfindungsgemäßen Legierung, welche besondere Anforderungen an eine Erschmelzungstechnologie
stellt, ist es möglich, hohe Zähigkeitswerte des Werkstoffes auch bei niedrigen Abkühlungsraten
im thermischen Vergütungsverfahren bei hohen Materialhärten zu erreichen.
[0019] Im Folgenden soll die Erfindung anhand von Untersuchungsergebnissen näher erläutert
werden.
[0020] Hilfsweise sind die Untersuchungsergebnisse in Fig. 1 zusammengefasst.
[0021] Fig. 1 zeigt: Kerbschlagzähigkeitswerte des Werkstoffes nach einer thermischen Vergütung
in Abhängigkeit von den Abkühlparametern bei der Härtebehandlung.
[0022] Legierungen mit einer chemischen Zusammensetzung gemäß der Erfindung und nach DIN
Werkstoff Nr. 1.2343 mit normgerechten und mit abgesenkten Si-Gehalten sowie nach
DIN Werkstoff Nr. 1.2367, wie in Tab. 1 angegeben, wurden nach einer thermischen Vergütebehandlung
auf eine Materialhärt von 44 HRC mit unterschiedlichen Abkühlparametern λ beim Härten
untersucht. Dabei wird der Wert, der den Parameter λ kennzeichnet, wie folgt berechnet:
Abkühlparameter [λ] entspricht der Zeit [in sec.] für eine Abkühlung von 800°C auf
500°C gebrochen durch 100.
Nachfolgend sind die in Tab. 1 aufgelisteten Legierungselemente der Werkstoffe genannt,
wobei der Rest den Gehalt an Eisen und Begleit- sowie Verunreinigungselementen darstellt.
Legierungszusammensetzung in Gew.-%
[0023]
Werkstoff Nr. |
C |
Si |
Mn |
P |
S |
N |
Cr |
Mo |
Ni |
V |
1.2343 |
0.39 |
1.11 |
0.41 |
0.021 |
0.023 |
- |
5.28 |
1.26 |
0.21 |
0.38 |
1.2343 So |
0.38 |
0.21 |
0.39 |
0.022 |
0.019 |
- |
5.34 |
1.30 |
0.16 |
0.40 |
1.2367 |
0.38 |
0.40 |
0.47 |
0.029 |
0.021 |
- |
5.00 |
2.98 |
0.20 |
0.61 |
W 350 |
0.39 |
0.19 |
0.51 |
0.004 |
0.001 |
0.013 |
4.91 |
1.69 |
0.06 |
0.53 |
[0024] Fig. 1 zeigt, dass mit einem Abkühlparameter bis ca. λ = 12 der Werkstoff Nr. 1.2343
mit Si-Gehalten abgesenkt auf ca. 0.20 Gew.-% im auf eine Materialhärte von 44 HRC
thermisch vergüteten Zustand die höchste Zähigkeit gemessen nach Charpy-V hat. Allerdings
fallen in der Folge mit steigendem Abkühlparameter λ die Zähigkeitswerte sprunghaft
auf niedriges Niveau ab.
[0025] Die Werkstoffe Nr. 1.2343 mit normgerechten Si-Gehalten und Nr. 1.2367 weisen bei
einer Vergütungshärte von 44 HRC eine geringere Zähigkeit auf, haben jedoch eine beachtliche
Durchhärtbarkeit, was sich durch nur geringfügig sinkende Zähigkeitswerte in Abhängigkeit
vom Abkühlparameter dokumentiert.
[0026] Eine erfindungsgemäße Versuchslegierung W 350 zeigt zwar bei hohen Abkühlraten bzw.
im Bereich des Abkühlparameters λ bis 13 im Vergleich mit den So-Werkstoff Nr. 1.2343
(Si ≈ 0.2 Gew.-%) etwas geringere Zähigkeitswerte bei Raumtemperatur im auf 44 HRC
vergüteten Zustand; die Zähigkeit des Werkstoffes bleibt jedoch auch bei sinkenden
Abkühlraten bzw. höheren Abkühlparametern im Wesentlichen unverändert auf überlegen
hohen Werten.