Technisches Gebiet
[0001] Die Erfindung betrifft ein warmgewalztes Langprodukt gemäss dem Oberbegriff des Anspruchs
1 sowie ein Verfahren zu dessen Herstellung.
Stand der Technik
[0002] Um aus Stahl gefertigte Bauteile mit gleichzeitig hoher Festigkeit und hoher Zähigkeit
herstellen zu können, kommen in der Regel Vergütungsstähle zum Einsatz. Mit Vergütungsstählen
lassen sich Zugfestigkeiten von über 1'000 MPa bei gleichzeitiger Brucheinschnürung
von über 45% realisieren. Die notwendige Wärmebehandlung (Erwärmen, Abschrecken, Anlassen)
ist kostenintensiv und umweltbelastend. Falls sie am fertigen Bauteil durchgeführt
wird, kann aufgrund von Verzug eine teure Nachbearbeitung (Richten, Schleifen) notwendig
werden. Vorvergütete Stähle weisen deutliche Nachteile in der zerspanenden Bearbeitung
auf (lange Späne, niedrige Werkzeugstandzeiten). Diese Bearbeitungsnachteile können
durch die Zugabe von maximal 0.04 Gew.% Schwefel etwas gemindert werden. Höhere Schwefelgehalte
verschlechtern die Herstellbarkeit und den mikroskopischen Reinheitsgrad dieser Al-legierten
Stählen.
[0003] Um eine Austenitkornvergröberung während der notwendigen Wärmebehandlung zu vermeiden,
werden die Vergütungsstähle mit mindestens 0.015% Aluminium legiert. Während der Stahlherstellung
entstehen dann harte und im Zerspanungsprozess abrasive Al
2O
3-haltige Oxideinschlüsse, welche sich nachteilig auf die Werkzeugstandzeiten auswirken.
Um eine gute Zerspanbarkeit zu erreichen müssen diese Einschlüsse in einem aufwendigen
metallurgischen Prozess durch Zugabe von Kalzium in weniger abrasive Kalziumaluminateinschlüsse
umgewandelt werden.
[0004] Alternativ zu den Vergütungsstählen wurden ferritisch-martensitische Dualphasenstähle
entwickelt. Das Gefüge dieser Stähle wird über eine thermomechanische Behandlung während
des Warmwalzens erreicht. Mit diesen Stählen lassen sich nur dann gute Zähigkeitseigenschaften
einstellen, solange die eingelagerten Martensitinseln klein genug bleiben. Die erreichbare
Zugfestigkeit wird dadurch auf unter 1'000 MPa limitiert.
[0005] Eine weitere Entwicklung sind die direkthärtenden weichmartensitischen Stähle. Nachteilig
an diesen Stählen ist, dass das erforderliche martensitische Gefüge erst über eine
beschleunigte Abkühlung mit hoher Abschreckgeschwindigkeit aus der Umformwärme erreicht
wird. Aus diesem Grund findet dieses Verfahren hauptsächlich bei dünnwandigen Teilen
(Schmiedteile, Rohre) seine Anwendung. Bei Produkten mit mittlerer oder grosser Ausdehnung
wird das eingestellte Gefüge über den Querschnitt unakzeptabel inhomogen. Für die
Herstellung von warmgewalzten Langprodukten wie Walzdraht und Stabstahl in konventionellen
Abmessungen eignen sich diese Stähle deshalb nicht.
[0006] Eine andere Entwicklungsrichtung wird mit den AFP(ausscheidungshärtende ferritisch-perlitischen)-Stählen
eingeschlagen. Durch eine geregelte Abkühlung aus der Umformhitze werden Karbonitride
der Elemente Titan, Vanadium und Niob ausgeschieden. Diese führen dann wegen der Dispersionshärtung
zu einer höheren Festigkeit des Grundwerkstoffs. Im Vergleich zu den Vergütungsstählen
besitzen sie eine niedrige Streckgrenze und geringe Zähigkeiten. Für die Anwendung
im Bereich hoher Belastungen sind sie daher ungeeignet. Eine kontrollierte Einstellung
der Ausscheidungsprodukte verlangt enge Analysenvorgaben für den Stahl und eine genaue
Steuerung der Abkühlung aus der Umformhitze.
[0007] Neuere Entwicklungen zeigen, dass sich schon mit Luftabkühlung direkt aus der Umformhitze
sehr gute Eigenschaftskombinationen mit Komplexphasenstählen erreichen lassen. Diese
Stähle weisen in der Regel ein bainitisch-martensitisches Gefüge mit Restanteilen
von Ferrit und Restaustenit auf.
[0008] Erste Anwendungen von Komplexphasenstählen findet man heute bei der Herstellung von
Rohren aus Flachstahl sowie bei der Herstellung von Schienen.
[0009] Stähle für die Rohrherstellung müssen sich insbesondere durch eine gute Zähigkeit
und Verschweissbarkeit auszeichnen. Damit dies erreicht werden kann, ist ein tiefer
Kohlenstoffgehalt von unter 0.13 Gew.% erforderlich. Das gewünschte hochfeste, zähe
Gefüge wird über eine beschleunigte Abkühlung aus der Walzhitze erreicht. Im Temperaturbereich
von 800 bis 500°C (Bereich der Umwandlung) werden Kühlraten von 10 bis 40 K/s angewendet.
Das Gefüge dieser Stähle besteht dann aus allotriomorphem Ferrit und Bainit (mindestens
20%). Der tiefe Kohlenstoffgehalt garantiert bei der beschleunigten Abkühlung die
Vermeidung von hohen Martensitanteilen, was die guten Zähigkeitseigenschaften erst
ermöglicht. Die Zugfestigkeit wird dadurch auf unter 1'000 MPa begrenzt.
[0010] Bei der Herstellung von Schienenstahl spielen insbesondere die Verschleiss- und Ermüdungsfestigkeit
eine wichtige Rolle. In
WO 96/22396 wird die Herstellung einer bainitischen Schiene mit konventioneller kontinuierlicher
Abkühlung aus der Walzhitze beschrieben. Damit die gewünschte Verschleissfestigkeit
erreicht wird, muss die Bildung von groben Zementitteilchen unterdrückt werden ("karbid-freier
Bainit"). Dies kann durch die Zugabe von Silizium geschehen. Die Kinetik der Zementitausscheidung
wird dadurch verlangsamt. Für die zerspanende Bearbeitung sind diese Stähle nicht
geeignet.
[0011] US 2003 0084 965 offenbart ein bearbeitbarer Stahl mit 0.1-0.6 C, 0.01-2.0 Si und 0.005-0.20 S.
[0012] Der in
CN 1477226 beschriebene bainitisch-martensitischer Stahl (C = 0.15 bis 0.34%) erreicht eine
Zugfestigkeit von über 900 MPa. Es sind Mangangehalte von über 1.8% vorgesehen. Dieser
hohe Mangangehalt erleichtert zwar die Einstellung des bainitischen Gefüges bei für
das Warmwalzen konventionellen Kühlraten. Er führt jedoch gleichzeitig zu schwer kontrollierbaren
Seigerungproblemen, die sich in unerwünschten Martensitzeilen äussern. Die mechanisch-technologischen
Eigenschaften unterliegen für konventionelle warmgewalzte Langprodukte deshalb unakzeptablen
Schwankungen. Die zerspanende Bearbeitung wird durch die unregelmässig vorhandenen
Martensitzeilen stark beeinträchtigt.
[0013] In
EP 0845544 (C ≤ 0.12%) wird ein mikrolegierter bainitischer Stahl beschrieben, der bei Raumtemperatur
eine Zugfestigkeit von über 1'000 MPa aufweist. Um diese Eigenschaften zu erreichen,
wird der Stahl nach der Walzung wieder austenitisiert und anschliessend mit einer
Abkühlrate von 17 bis 150 K/s abgeschreckt. Diese Abkühlraten liegen deutlich über
den an Luft abgekühlten Langprodukten in konventionellen Walzwerken.
[0014] DE 102005052069 beschreibt einen B/Ti-legierten bainitisch-martensitischen Stahl für warmgewalzte
Langprodukte. Der geforderte N-Gehalt erfordert eine zusätzliche Entgasungsbehandlung.
Der beschriebene Stahl ist für dünne Drahtabmessungen mit Luftabkühlung oder für dickere
Drahtabmessungen mit beschleunigter Abkühlung geeignet. Im Vergleich zu ferritisch-perlitischen
Vergütungsstählen ist mit einer deutlich schlechteren Bearbeitbarkeit in der Zerspanung
zu rechnen. Das Legierungskonzept limitiert (wegen der Bildung von Titankarbosulfiden)
den Einsatz von zerspanungsverbessernden Zusätzen wie Schwefel. Aus diesem Grund ist
der wirtschaftliche Einsatz auf die Massivumformung begrenzt.
[0015] Ein in der Zerspanung gut bearbeitbarer bainitisch-martensitischer Komplexphasenstahl
für die Herstellung von mit Luftabkühlung konventionell warmgewalzten Langprodukten
in einem Abmessungsbereich von 5.0 bis 70 mm steht heute noch nicht zur Verfügung.
Das Werkstoffkonzept muss dabei so ausgelegt sein, dass die abmessungsbedingten Unterschiede
in der Abkühlrate von ca. 0.1 bis 8.0 K/s zu keinen gravierenden Schwankungen der
mechanisch-technologischen Eigenschaften am Endprodukt führen.
Darstellung der Erfindung
[0016] Aufgabe der Erfindung ist es, ein verbessertes warmgewalztes Langprodukt bereitzustellen,
mit dem insbesondere die obigen Nachteile vermieden werden. Eine weitere Aufgabe der
Erfindung besteht darin, ein Verfahren zur Herstellung eines warmgewalzten Langprodukts
anzugeben.
[0017] Gelöst werden diese Aufgaben durch das im Anspruch 1 definierte warmgewalzte Langprodukt
sowie das im Anspruch 6 definierte Herstellverfahren.
[0018] Die nachfolgenden Gehaltsangaben in Prozent (%) bzw. in Teilen pro Million ("parts
per million, ppm") beziehen sich - sofern nicht ausdrücklich anders angegeben - auf
Gewichtsanteile.
[0019] Das erfindungsgemässe warmgewalzte Langprodukt weist einen Gewichtsanteil von
0.20 bis 0.25% Kohlenstoff,
0.90 bis 1.35% Silizium,
bis zu 0.20% Nickel,
0.1 bis 0.5% Molybdän,
0.04 bis 0.25% Schwefel,
bis zu 0.01% Aluminium,
bis zu 0.035% Phosphor,
bis zu 0.0008% Bor,
bis zu 0.02% Titan,
bis zu 0.3% Blei,
bis zu 0.3% Wismut,
bis zu 1.93% Mangan
bis zu 4.0% Chrom
bis zu 0.02% Stickstoff und
bis zu 0.01% in oxidischen Einschlüssen gebundener Sauerstoff mit einem Rest an Eisen
sowie unvermeidbaren Verunreinigungen auf, wobei
(Mangangehalt - 1.72 Schwefelgehalt) < 1.50% und
Chromgehalt + (Mangangehalt - 1.72 Schwefelgehalt) > 2.6 Gew.% sein soll und folgende
Gefügebestandteile vorliegen:
50 bis 90% Bainit,
bis 50% Martensit,
bis zu 10% Ferrit und
bis zu 10% Restaustenit.
[0020] Bei dem erfindungsgemäss hergestellten Produkt sind die Legierungskomponenten so
gewählt, dass bei üblichen Abkühlraten aus der Walzhitze von 0.1 bis 8.0 K/s immer
ein bainitisch-martensitisches Gefüge mit Zugfestigkeitsniveau von 1'000 bis 1'400
MPa resultiert, ohne dass kostspielige Legierungselemente und/oder spezielle Einrichtungen
zur beschleunigten Abkühlung aus der Walzhitze verwendet werden müssen.
[0021] Durch die untere Begrenzung des Kohlenstoffgehalts auf 0.20% wird in Kombination
mit Mangan und Chrom sichergestellt, dass nur noch geringe Ferritanteile im Gefüge
vorliegen. Ferritanteile über 10% beeinträchtigen sowohl das Festigkeitsniveau wie
auch die Kerbschlagzähigkeit des Produkts.
[0022] Durch die obere Begrenzung des Kohlenstoffs auf 0.25% wird gewährleistet, dass die
Zugfestigkeit nicht über 1'400 MPa ansteigt. Höhere Festigkeitswerte verschlechtern
die Bearbeitbarkeit im nachgelagerten Ziehprozess oder Zerspanungsprozess. Höhere
Kohlenstoffgehalte fördern ausserdem die Bildung von Karbiden, was die Duktilität
nachteilig beeinflusst.
[0023] Silizium beeinflusst die Kohlenstoffaktivität und verlangsamt die Ausscheidung von
Karbiden. Die gewählte Siliziumkonzentration erlaubt eine einstündige Anlassbehandlung
bei 400°C, ohne dass sich die Duktilität wegen Karbidausscheidungen verschlechtert
(in Anlehnung an die Beschreibung des karbid-freien Bainits in
WO 96/22396). Da Silizium ein effizienter Mischkristallverfestiger im Bainit ist, muss sein Gehalt
auf 1.35% begrenzt werden, um die maximal gewünschte Zugfestigkeit von 1'400 MPa nicht
zu überschreiten.
[0024] Bei einem zu hohen Mangangehalt werden die Manganseigerungen ausgeprägt und das Gefüge
wird sehr inhomogen. Aus diesem Grund muss der "freie", d.h. nicht in Mangansulfiden
gebundene, Mangangehalt (≈ total Mangangehalt - 1.72 Schwefelgehalt) auf 1.50% begrenzt
werden.
[0025] Der so festgelegte Mangangehalt reicht nicht aus, um ein bainitisch-martensitisches
Gefüge nach Luftabkühlung aus der Walzhitze zu erreichen. Das Produkt muss zusätzlich
soviel Chrom enthalten, dass Chromgehalt + (Mangangehalt - 1.72 Schwefelgehalt) >
2.6 Gew.% gilt. Zusammen mit einem Kohlenstoffgehalt von mindestens 0.20% wird so
ein bainitisch-martensitisches Gefüge mit < 10% Ferrit sichergestellt.
[0026] Molybdän soll die Ausscheidung von Eisenkarbiden an den Primärkorngrenzen und einen
damit verbundenen Zähigkeitsverlust verhindern. Aus Kostengründen ist der Molybdängehalt
so niedrig wie notwendig zu wählen: 0.1 bis 0.5% Molybdän.
[0027] Um eine deutliche Verbesserung der Zerspanbarkeit zu erreichen, soll der Stahl mindestens
0.04%, vorzugsweise 0.12 bis 0.17 % Schwefel enthalten. Der Schwefel verbindet sich
mit Mangan zu Mangansulfidausscheidungen, so sowohl den Spanbruch als auch die Werkzeugstandzeit
verbessern. Da diese Ausscheidungen gleichzeitig auch die Querzähigkeit des warmgewalzten
Langprodukts vermindern, ist die Schwefelzugabe auf 0.25% zu begrenzen.
[0028] Dem erfindungsgemäss hergestellten Produkt wurde kein Aluminium zugegeben. Um die
Bildung von harten, abrasiven Oxideinschlüssen vom Typ Korund zu vermeiden, soll der
Aluminiumgehalt auf 0.01% begrenzt sein. In Kombination mit dem hohen Siliziumgehalt
und einer geringen Kalziumzugabe am Ende der metallurgischen Behandlung sollen gemäss
Anspruch 2 Oxideinschlüsse mit einem Al
2O
3-Gehalt von < 50% eingestellt werden. Vorzugsweise wird die metallurgische Behandlung
so vorgenommen, dass weiche, glasartige Silikateinschlüsse mit folgenden relativen
Gewichtsanteilen entstehen: 20 bis 50% CaO, 35 bis 65% SiO
2 und weniger als 25% Al
2O
3. Die Werkzeugstandzeit der in der Zerspanung eingesetzten Werkzeuge wird dann deutlich
verlängert.
[0029] Die gute Zerspanbarkeit des erfindungsgemäss hergestellten warmgewalzten Langprodukts
kann gemäss Anspruch 3 bzw. 4 weiter durch die Zugabe von 0.05 bis 0.3% Blei bzw.
0.05 bis 0.3% Wismut verbessert werden.
[0030] Zur erfindungsgemässen Herstellung des warmgewalzten Langprodukts sind die Austenitkorngrösse
vor der Gefügeumwandlung, sowie die Abkühlrate während der Gefügeumwandlung in einem
Temperaturreich zwischen 800 und 500°C von entscheidender Bedeutung. Ein feines Austenitkorn
führt zu einem feineren Endgefüge mit besseren Zähigkeitswerten. Aus diesem Grund
soll das Austenitkorn nach dem letzten Umformschritt gemäss Anspruch 7 nicht grösser
sein als 50µm. Die Abkühlraten sollen zwischen 0.1 und 8.0 K/s liegen. Der obere Wert
ist durch die Möglichkeiten der konventionellen Abkühlung an beschleunigter Luft gegeben.
Durch die untere Begrenzung von 0.1 K/s soll sichergestellt werden, dass keine Ferritanteile
> 10% vorkommen. Grosse Stabstahlabmessungen, die im Stabinnern deutlich langsamer
(als 0.1 K/s) abkühlen, können mit dieser Technologie nicht gefertigt werden.
[0031] Vor der weiteren Bearbeitung des warmgewalzten Langprodukts kann eine Wärmebehandlung
für 0.5 bis 2 Stunden bei 300 bis 500 °C gemäss Anspruch 8 sinnvoll sein. Der hohe
Siliziumgehalt des Produkts verzögert die Umlagerung von Kohlenstoffatomen im Gefüge.
Dies ist wünschenswert, um das Entstehen von groben Karbidausscheidungen zu unterdrücken.
Andererseits werden auch in Verbindung mit Kohlenstoff bekannte Alterungsprozesse,
die unmittelbar nach der Warmwalzung einsetzen, verlangsamt. Insbesondere stellt sich
die maximale Duktilität des Gefüges erst nach einigen Wochen ein. In Fällen, bei denen
das gewalzte Langprodukt unmittelbar weiterverarbeitet werden soll, ist deshalb eine
Wärmebehandlung empfehlenswert.
Wege zur Ausführung der Erfindung
[0032] Ausführungsbeispiele der Erfindung werden nachfolgend anhand der Zeichnungen näher
beschrieben, dabei zeigen:
- Fig. 1
- Gefügebilder nach 200-facher Vergrösserung (Ätzmittel: HNO3 2%-ig), für (a) 22 mm Stabstahl, (b) 52 mm Stabstahl;
- Fig. 2
- eine schematische Darstellung der Entnahme der B8x40 mm- Zugproben;
- Fig. 3
- dem Verlauf der Vickers Härte über den Querschnitt eines 22 mm und eines 52 mm Stabs
(von der Oberfläche bis zum Kern).
[0033] Im Rahmen eines Ausführungsbeispiels wurde eine Stahlschmelze vergossen und anschliessend
zu Stabstahl in verschiedenen Abmessungen verwalzt. Die Herstellung der Stahlschmelze
erfolgte nach dem Elektrostahl-Verfahren mit einer sekundärmetallurgischen Behandlung
an einem Pfannenstand und anschliessendem Vergiessen zu 150x150 mm
2-Knüppeln in einer kontinuierlichen Stranggussanlage. Die Knüppel wurden danach in
einem Hubbalkenofen auf 1'150 bis 1'200°C wieder erwärmt und anschliessend zu Stabstahl
in den Abmessungen 22 (Kühlrate ist ca. 1.5 K/s) und 52 mm (Kühlrate ist ca. 0.4 K/s)
gewalzt. Die Abkühlung der Stäbe nach der Walzung erfolgte an Luft.
[0034] Der Stahl bestand aus
0.22% |
Kohlenstoff |
0.94% |
Silizium |
0.07% |
Nickel |
0.14% |
Molybdän |
0.15% |
Schwefel |
0.003% |
Aluminium |
0.012% |
Phosphor |
<0.001% |
Bor |
0.011 % |
Titan |
<0.003% |
Blei |
<0.003% |
Wismut |
0.013% |
Stickstoff |
1.60% |
Mangan |
1.34% |
Mangan - 1.72 Schwefel |
1.54% |
Chrom |
2.88% |
Chrom + (Mangan - 1.72 Schwefel) |
sowie weiterer erschmelzungsbedingter Verunreinigungen. |
[0035] Der hohe Schwefelgehalt von 0.15% gewährleistet den guten Spanbruch und verbessert
die Werkzeugstandzeit. Der tiefe Aluminiumgehalt unterdrückt die Bildung harter, abrasiver
tonerdehaltige Oxideinschlüsse.
[0036] Die metallographische Gefügebilder bei 200-facher Vergrösserung sind in der Fig.
1 gezeigt. Bei dem Gefüge handelt es sich um ein sehr feines Mischgefüge. Die Bainit-
und Martensitanteile konnten bisher nicht sicher quantifiziert werden. Die Bilder
sowie das erhaltene Festigkeitsniveau zeigen jedoch, dass das Gefüge primär (>>50%)
aus Bainit besteht. Das Gefüge des 52 mm Stabs ist aufgrund der geringen Abkühlrate
aus der Walzhitze etwas gröber als das Gefüge beim 22 mm Stab. In der Umgebung von
Mangansulfiden (die als Keimstellen für die Ferritbildung dienen können) sind vereinzelt
Ferritkörner zu erkennen. Der Ferritanteil ist äusserst gering (<<10%). Die Bestimmung
der Restaustenitmenge im Röntgendiffraktometer ergab 5.1 ± 0.45% für den 22 mm Stab
und 4.4 ± 1.34% für den 52 mm Stab.
[0037] Da die Proben für die Zugversuche unmittelbar nach der Warmumformung genommen wurden,
wurden sie zur Beschleunigung der natürlichen Alterung vor dem Zugversuch eine Stunde
bei 300°C unter Schutzgas gelagert. Trotz der unterschiedlichen Abkühlbedingungen
aus der Walzhitze bei 22 und 53 mm Stabstahl liegen die Festigkeitswerte für den erfindungsgemäss
hergestellten Stahl innerhalb einer Spanne von 100 MPa (Tabelle 1).
Tabelle 1: Festigkeitswerte
|
22 mm |
52 mm |
Rp0.2 |
886 MPa |
842 MPa |
Rm |
1168 MPa |
1'064 MPa |
A5 |
14.2 % |
11.8% |
[0038] Beim 52 mm Stabstahl wurden an verschiedenen Stellen Zugproben (siehe Fig. 2) entnommen,
um die Gleichmässigkeit der Eigenschaften nachweisen zu können. Die Ergebnisse sind
aus der nachfolgenden Tabelle 2 zu entnehmen.
Tabelle 2: Ergebnisse der Zugproben
Abstand von Kern |
5 mm |
13 mm |
20 mm |
Rp0.2 |
777 MPa |
842 MPa |
862 MPa |
Rm |
1029 MPa |
1064 MPa |
1071 MPa |
A5 |
10.4% |
11.8% |
12.9% |
[0039] Die hohe Gleichmässigkeit der Härte über den Stabquerschnitt wurde für einen 22 mm
und einen 52 mm Stabstahl an nicht-ausgelagerten Proben mittels HV1-Messungen bestätigt
(Fig. 3). Aufgrund der schnelleren Abkühlrate ist die Härte bzw. die Festigkeit beim
22 mm etwas höher als beim 52 mm Stabstahl.
[0040] Eine einstündige Auslagerung der 52 mm Stabstahlproben bei 300, 400 und 500°C ergab
keine wesentliche Veränderung der mechanischen Eigenschaften (hier an einer bei R/2
entnommene B8x40 mm- Probe ermittelt):
Tabelle 3: Mechanische Eigenschaften nach Auslagerung
Auslagerung 1 Stunde bei |
300°C |
400°C |
500°C |
Rp0.2 |
842 MPa |
878 MPa |
815 MPa |
Rm |
1064 MPa |
1068 MPa |
1124 MPa |
A5 |
11.8% |
13.4% |
12.0% |
[0041] Die vorstehenden Daten zeigen, dass die mechanischen Eigenschaften des erfindungsgemäss
hergestellten Produkts über einen grossen Abmessungsbereich nahezu konstant sind.
Es wird eine für Vergütungsstähle typische Zugfestigkeit von >1'000 MPa bei einer
gleichzeitig guten Bruchdehnung von >11% ohne notwendige Vergütungsbehandlung erreicht.
Der reduzierte Aluminiumgehalt sowie der erhöhte Schwefelgehalt im Vergleich zu den
Vergütungsstählen gewährleistet eine deutlich bessere Zerspanbarkeit.
1. Warmgewalztes Langprodukt mit einem Gewichtsanteil von
0.20 bis 0.25% Kohlenstoff,
0.90 bis 1.35% Silizium,
bis zu 0.20% Nickel,
bis 0.5% Molybdän,
0.04 bis 0.25% Schwefel,
bis zu 0.01 % Aluminium,
bis zu 0.035% Phosphor,
bis zu 0.0008% Bor,
bis zu 0.02% Titan,
bis zu 0.3% Blei,
bis zu 0.3% Wismut,
bis zu 1.93% Mangan
bis zu 4.0% Chrom
bis zu 0.02% Stickstoff und
bis zu 0.01 % in oxidischen Einschlüssen gebundener Sauerstoff mit einem Rest an Eisen
sowie unvermeidbaren Verunreinigungen, wobei
(Mangangehalt - 1.72 Schwefelgehalt) < 1.50 % und
Chromgehalt + (Mangangehalt - 1.72 Schwefelgehalt) > 2.6 Gew.-% ist,
mit folgenden Gefügebestandteilen:
50 bis 90% Bainit,
bis 50%Martensit,
bis zu 10% Ferrit und
bis zu 10% Restaustenit.
2. Warmgewalztes Langprodukt nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass es oxidische Einschlüsse enthält mit weniger als 50 Gew.% Al2O3, vorzugsweise liegen oxidische Einschlüsse mit folgenden relativen Gewichtsanteilen
vor: 20 bis 50% CaO, 35 bis 65% SiO2 und weniger als 25% Al2O3.
3. Warmgewalztes Langprodukt nach Anspruch 1 oder 2, mit einem Bleigehalt von 0.05 bis
0.3 Gew.-%.
4. Warmgewalztes Langprodukt nach einem der Ansprüche 1 bis 3, mit einem Wismutgehalt
von 0.05 bis 0.3 Gew.%.
5. Warmgewalztes Langprodukt nach einem der Ansprüche 1 bis 4, mit einer Zugfestigkeit
Rm von 1'000 bis 1'400 MPa.
6. Verwendung eines Langprodukts nach einem der Ansprüche 1 bis 5 für die spanabhebende
Bearbeitung.
7. Verfahren zur Herstellung eines warmgewalzten Langprodukts nach einem der Ansprüche
1 bis 5, wobei:
- die mittlere Austenitkorngrösse nach dem letzten Warmumformungschritt kleiner ist
wie 50 µm;
- die Abkühlung aus der Umformhitze an ruhender oder bewegter Luft so geschieht, dass
der Temperaturbereich zwischen 800 und 500°C mit einer Kühlrate von 0.1 bis 8.0 K/s
durchlaufen wird.
8. Verfahren zur Herstellung eines warmgewalzten Langprodukts nach Anspruch 7, wobei
die Alterung des Stahlgefüges nach dem Warmwalzen über eine anschliessende, zusätzliche
Wärmebehandlung für 0.5 bis 2 Stunden bei 300 bis 500°C beschleunigt wird.
1. A hot-rolled long product with weight fractions of
0.20 to 0.25% carbon,
0.90 to 1.35% silicon,
up to 0.20% nickel,
up to 0.5% molybdenum,
0.04 to 0.25% sulfur,
up to 0.01% aluminum,
up to 0.035% phosphorus,
up to 0.0008% boron,
up to 0.02% titanium,
up to 0.3% lead,
up to 0.3% bismuth,
up to 1.93% manganese
up to 4.0% chromium
up to 0.02% nitrogen and
up to 0.01% oxygen bound in oxidic inclusions, with a residue of iron as well as further
admixtures usually contained in steel, wherein:
(manganese content - 1.72 sulfur content) is < 1.50 % and
chromium content + (manganese content - 1.72 sulfur content) is > 2.6 wt.-%.
with the following structural constituents:
50 to 90% bainite,
to 50% martensite,
up to 10% ferrite and
up to 10% residual austenite.
2. The hot-rolled long product according to claim 1, characterized in that it contains oxidic inclusions with less than 50 wt.-% Al2O3, preferably with oxidic inclusions having the following relative weight fractions:
20 to 50% CaO, 35 to 65% SiO2 and less than 25% Al2O3.
3. The hot-rolled long product according to claim 1 or 2, with a lead content of 0.05
to 0.3 wt.-%.
4. The hot-rolled long product according to any one of claims 1 to 3, with a bismuth
content of 0.05 to 0.3 wt.%.
5. The hot-rolled long product according to any one of claims 1 to 4, with a drawing
strength Rm of 1'000 to 1'400 MPa.
6. Use of a long product according to any one of claims 1 to 5 for a chip removing machining
process.
7. A method for manufacturing of a hot-rolled long product according to any one of claims
1 to 5, wherein:
- the average austenite particle size after the last hot forming step is less than
50 µm;
- the cooling down from the forming heat under static or circulating air occurs in
such a way that the temperature range between 800 and 500°C is passed with a cooling
rate of 0.1 to 8.0 K/s.
8. The method for manufacturing of a hot-rolled long product according to claim 7, wherein
the aging of the steel structure after hot-rolling is accelerated by a subsequent
additional heat treatment for 0.5 to 2 hours at 300 to 500°C.
1. Produit longitudinal laminé à chaud comportant en proportion pondérale :
0,20 à 0,25 % de carbone
0,90 à 1,35 % de silicium
jusqu'à 0,20 % de nickel
jusqu'à 0,5 % de molybdine
0,04 à 0,25 % de soufre
jusqu'à 0,01 % d'aluminium
jusqu'à 0,035 % de phosphore
jusqu'à 0,0008 % de bore
jusqu'à 0,02 % de titane
jusqu'à 0,3 % de plomb
jusqu'à 0,3 % de bismuth
jusqu'à 1,93 % de manganèse
jusqu'à 4,0 % de chrome
jusqu'à 0,02 % d'azote, et
jusqu'à 0,01 % d'azote lié dans des inclusions oxydées,
le reste étant constitué par du fer et par des impuretés inévitables, étant précisé
que
(teneur en manganèse - 0,72 teneur en soufre) < à 1,50 % et
teneur en chrome + (teneur en manganèse - 1,72 teneur en soufre) > à 2,6 % en poids,
avec les composants de structure suivants :
50 à 90 % de bainite
jusqu'à 50 % de martensite
jusqu'à 10 % de ferrite, et
jusqu'à 10 % d'austenite résiduelle.
2. Produit longitudinal laminé à chaud conforme à la revendication 1,
caractérisé en ce qu'
il renferme des inclusions oxydées avec moins de 50 % en poids d'Al2O3, ces inclusions oxydées étant de préférence situées dans les plages de proportions
relatives suivantes : 20 à 50 % de CaO, 35 à 65 % de SiO2 et moins de 25 % d Al2O3.
3. Produit longitudinal laminé à chaud conforme à la revendication 1 ou 2, ayant une
teneur en plomb de 0,05 à 0,3 % en poids.
4. Produit longitudinal laminé à chaud conforme à l'une des revendications 1 à 3, ayant
une teneur en bismuth de 0,05 à 0,3 % en poids
5. Produit longitudinal laminé à chaud conforme à l'une des revendications 1 à 4, ayant
une résistance à la rupture par traction si Rm de 1000 à 1400 MPa.
6. Utilisation d'un produit longitudinal conforme à l'une des revendications 1 à 5 pour
l'usinage par enlèvement de copeaux.
7. Procédé d'obtention d'un produit longitudinal laminé à chaud conforme à l'une des
revendications 1 à 5, selon lequel
- la granulométrie moyenne de l'austénite après la dernière étape de formage à chaud
est inférieure à 50 µm,
- le refroidissement de la chaleur de déformation s'effectue dans de l'air au repos
ou en mouvement de sorte que la plage de température comprise entre 800 et 500°C est
traversée avec un taux de refroidissement de 0,1 à 8,0 K/s.
8. Procédé d'obtention d'un produit longitudinal laminé à chaud conforme à la revendication
7, selon lequel la maturation de la structure de l'acier après le laminage à chaud
est accéléré par un traitement thermique complémentaire ultérieur pendant 0,5 à 2
heures à 300 à 500°C.