(19)
(11) EP 2 103 704 B1

(12) EUROPÄISCHE PATENTSCHRIFT

(45) Hinweis auf die Patenterteilung:
11.07.2012  Patentblatt  2012/28

(21) Anmeldenummer: 08004335.9

(22) Anmeldetag:  10.03.2008
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
C22C 38/02(2006.01)
C22C 38/18(2006.01)
C22C 38/04(2006.01)

(54)

Warmgewalztes Langprodukt und Verfahren zu dessen Herstellung

Hot-rolled long product and method for its manufacture

Produit longitudinal laminé à chaud et son procédé de fabrication


(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MT NL NO PL PT RO SE SI SK TR

(43) Veröffentlichungstag der Anmeldung:
23.09.2009  Patentblatt  2009/39

(73) Patentinhaber: Swiss Steel AG
6020 Emmenbrücke (CH)

(72) Erfinder:
  • Roelofs, Hans
    6274 Eschenbach (DE)
  • Urlau, Ulrich
    6010 Kriens (DE)
  • Lembke, Mirkka
    6003 Luzern (DE)
  • Olschewski, Guido
    6275 Ballwill (DE)

(74) Vertreter: Schmauder & Partner AG Patent- & Markenanwälte VSP 
Zwängiweg 7
8038 Zürich
8038 Zürich (CH)


(56) Entgegenhaltungen: : 
EP-A- 0 903 418
US-A1- 2003 084 965
US-A1- 2006 162 825
US-A- 5 922 145
US-A1- 2006 144 483
   
       
    Anmerkung: Innerhalb von neun Monaten nach der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents kann jedermann beim Europäischen Patentamt gegen das erteilte europäischen Patent Einspruch einlegen. Der Einspruch ist schriftlich einzureichen und zu begründen. Er gilt erst als eingelegt, wenn die Einspruchsgebühr entrichtet worden ist. (Art. 99(1) Europäisches Patentübereinkommen).


    Beschreibung

    Technisches Gebiet



    [0001] Die Erfindung betrifft ein warmgewalztes Langprodukt gemäss dem Oberbegriff des Anspruchs 1 sowie ein Verfahren zu dessen Herstellung.

    Stand der Technik



    [0002] Um aus Stahl gefertigte Bauteile mit gleichzeitig hoher Festigkeit und hoher Zähigkeit herstellen zu können, kommen in der Regel Vergütungsstähle zum Einsatz. Mit Vergütungsstählen lassen sich Zugfestigkeiten von über 1'000 MPa bei gleichzeitiger Brucheinschnürung von über 45% realisieren. Die notwendige Wärmebehandlung (Erwärmen, Abschrecken, Anlassen) ist kostenintensiv und umweltbelastend. Falls sie am fertigen Bauteil durchgeführt wird, kann aufgrund von Verzug eine teure Nachbearbeitung (Richten, Schleifen) notwendig werden. Vorvergütete Stähle weisen deutliche Nachteile in der zerspanenden Bearbeitung auf (lange Späne, niedrige Werkzeugstandzeiten). Diese Bearbeitungsnachteile können durch die Zugabe von maximal 0.04 Gew.% Schwefel etwas gemindert werden. Höhere Schwefelgehalte verschlechtern die Herstellbarkeit und den mikroskopischen Reinheitsgrad dieser Al-legierten Stählen.

    [0003] Um eine Austenitkornvergröberung während der notwendigen Wärmebehandlung zu vermeiden, werden die Vergütungsstähle mit mindestens 0.015% Aluminium legiert. Während der Stahlherstellung entstehen dann harte und im Zerspanungsprozess abrasive Al2O3-haltige Oxideinschlüsse, welche sich nachteilig auf die Werkzeugstandzeiten auswirken. Um eine gute Zerspanbarkeit zu erreichen müssen diese Einschlüsse in einem aufwendigen metallurgischen Prozess durch Zugabe von Kalzium in weniger abrasive Kalziumaluminateinschlüsse umgewandelt werden.

    [0004] Alternativ zu den Vergütungsstählen wurden ferritisch-martensitische Dualphasenstähle entwickelt. Das Gefüge dieser Stähle wird über eine thermomechanische Behandlung während des Warmwalzens erreicht. Mit diesen Stählen lassen sich nur dann gute Zähigkeitseigenschaften einstellen, solange die eingelagerten Martensitinseln klein genug bleiben. Die erreichbare Zugfestigkeit wird dadurch auf unter 1'000 MPa limitiert.

    [0005] Eine weitere Entwicklung sind die direkthärtenden weichmartensitischen Stähle. Nachteilig an diesen Stählen ist, dass das erforderliche martensitische Gefüge erst über eine beschleunigte Abkühlung mit hoher Abschreckgeschwindigkeit aus der Umformwärme erreicht wird. Aus diesem Grund findet dieses Verfahren hauptsächlich bei dünnwandigen Teilen (Schmiedteile, Rohre) seine Anwendung. Bei Produkten mit mittlerer oder grosser Ausdehnung wird das eingestellte Gefüge über den Querschnitt unakzeptabel inhomogen. Für die Herstellung von warmgewalzten Langprodukten wie Walzdraht und Stabstahl in konventionellen Abmessungen eignen sich diese Stähle deshalb nicht.

    [0006] Eine andere Entwicklungsrichtung wird mit den AFP(ausscheidungshärtende ferritisch-perlitischen)-Stählen eingeschlagen. Durch eine geregelte Abkühlung aus der Umformhitze werden Karbonitride der Elemente Titan, Vanadium und Niob ausgeschieden. Diese führen dann wegen der Dispersionshärtung zu einer höheren Festigkeit des Grundwerkstoffs. Im Vergleich zu den Vergütungsstählen besitzen sie eine niedrige Streckgrenze und geringe Zähigkeiten. Für die Anwendung im Bereich hoher Belastungen sind sie daher ungeeignet. Eine kontrollierte Einstellung der Ausscheidungsprodukte verlangt enge Analysenvorgaben für den Stahl und eine genaue Steuerung der Abkühlung aus der Umformhitze.

    [0007] Neuere Entwicklungen zeigen, dass sich schon mit Luftabkühlung direkt aus der Umformhitze sehr gute Eigenschaftskombinationen mit Komplexphasenstählen erreichen lassen. Diese Stähle weisen in der Regel ein bainitisch-martensitisches Gefüge mit Restanteilen von Ferrit und Restaustenit auf.

    [0008] Erste Anwendungen von Komplexphasenstählen findet man heute bei der Herstellung von Rohren aus Flachstahl sowie bei der Herstellung von Schienen.

    [0009] Stähle für die Rohrherstellung müssen sich insbesondere durch eine gute Zähigkeit und Verschweissbarkeit auszeichnen. Damit dies erreicht werden kann, ist ein tiefer Kohlenstoffgehalt von unter 0.13 Gew.% erforderlich. Das gewünschte hochfeste, zähe Gefüge wird über eine beschleunigte Abkühlung aus der Walzhitze erreicht. Im Temperaturbereich von 800 bis 500°C (Bereich der Umwandlung) werden Kühlraten von 10 bis 40 K/s angewendet. Das Gefüge dieser Stähle besteht dann aus allotriomorphem Ferrit und Bainit (mindestens 20%). Der tiefe Kohlenstoffgehalt garantiert bei der beschleunigten Abkühlung die Vermeidung von hohen Martensitanteilen, was die guten Zähigkeitseigenschaften erst ermöglicht. Die Zugfestigkeit wird dadurch auf unter 1'000 MPa begrenzt.

    [0010] Bei der Herstellung von Schienenstahl spielen insbesondere die Verschleiss- und Ermüdungsfestigkeit eine wichtige Rolle. In WO 96/22396 wird die Herstellung einer bainitischen Schiene mit konventioneller kontinuierlicher Abkühlung aus der Walzhitze beschrieben. Damit die gewünschte Verschleissfestigkeit erreicht wird, muss die Bildung von groben Zementitteilchen unterdrückt werden ("karbid-freier Bainit"). Dies kann durch die Zugabe von Silizium geschehen. Die Kinetik der Zementitausscheidung wird dadurch verlangsamt. Für die zerspanende Bearbeitung sind diese Stähle nicht geeignet.

    [0011] US 2003 0084 965 offenbart ein bearbeitbarer Stahl mit 0.1-0.6 C, 0.01-2.0 Si und 0.005-0.20 S.

    [0012] Der in CN 1477226 beschriebene bainitisch-martensitischer Stahl (C = 0.15 bis 0.34%) erreicht eine Zugfestigkeit von über 900 MPa. Es sind Mangangehalte von über 1.8% vorgesehen. Dieser hohe Mangangehalt erleichtert zwar die Einstellung des bainitischen Gefüges bei für das Warmwalzen konventionellen Kühlraten. Er führt jedoch gleichzeitig zu schwer kontrollierbaren Seigerungproblemen, die sich in unerwünschten Martensitzeilen äussern. Die mechanisch-technologischen Eigenschaften unterliegen für konventionelle warmgewalzte Langprodukte deshalb unakzeptablen Schwankungen. Die zerspanende Bearbeitung wird durch die unregelmässig vorhandenen Martensitzeilen stark beeinträchtigt.

    [0013] In EP 0845544 (C ≤ 0.12%) wird ein mikrolegierter bainitischer Stahl beschrieben, der bei Raumtemperatur eine Zugfestigkeit von über 1'000 MPa aufweist. Um diese Eigenschaften zu erreichen, wird der Stahl nach der Walzung wieder austenitisiert und anschliessend mit einer Abkühlrate von 17 bis 150 K/s abgeschreckt. Diese Abkühlraten liegen deutlich über den an Luft abgekühlten Langprodukten in konventionellen Walzwerken.

    [0014] DE 102005052069 beschreibt einen B/Ti-legierten bainitisch-martensitischen Stahl für warmgewalzte Langprodukte. Der geforderte N-Gehalt erfordert eine zusätzliche Entgasungsbehandlung. Der beschriebene Stahl ist für dünne Drahtabmessungen mit Luftabkühlung oder für dickere Drahtabmessungen mit beschleunigter Abkühlung geeignet. Im Vergleich zu ferritisch-perlitischen Vergütungsstählen ist mit einer deutlich schlechteren Bearbeitbarkeit in der Zerspanung zu rechnen. Das Legierungskonzept limitiert (wegen der Bildung von Titankarbosulfiden) den Einsatz von zerspanungsverbessernden Zusätzen wie Schwefel. Aus diesem Grund ist der wirtschaftliche Einsatz auf die Massivumformung begrenzt.

    [0015] Ein in der Zerspanung gut bearbeitbarer bainitisch-martensitischer Komplexphasenstahl für die Herstellung von mit Luftabkühlung konventionell warmgewalzten Langprodukten in einem Abmessungsbereich von 5.0 bis 70 mm steht heute noch nicht zur Verfügung. Das Werkstoffkonzept muss dabei so ausgelegt sein, dass die abmessungsbedingten Unterschiede in der Abkühlrate von ca. 0.1 bis 8.0 K/s zu keinen gravierenden Schwankungen der mechanisch-technologischen Eigenschaften am Endprodukt führen.

    Darstellung der Erfindung



    [0016] Aufgabe der Erfindung ist es, ein verbessertes warmgewalztes Langprodukt bereitzustellen, mit dem insbesondere die obigen Nachteile vermieden werden. Eine weitere Aufgabe der Erfindung besteht darin, ein Verfahren zur Herstellung eines warmgewalzten Langprodukts anzugeben.

    [0017] Gelöst werden diese Aufgaben durch das im Anspruch 1 definierte warmgewalzte Langprodukt sowie das im Anspruch 6 definierte Herstellverfahren.

    [0018] Die nachfolgenden Gehaltsangaben in Prozent (%) bzw. in Teilen pro Million ("parts per million, ppm") beziehen sich - sofern nicht ausdrücklich anders angegeben - auf Gewichtsanteile.

    [0019] Das erfindungsgemässe warmgewalzte Langprodukt weist einen Gewichtsanteil von

    0.20 bis 0.25% Kohlenstoff,

    0.90 bis 1.35% Silizium,

    bis zu 0.20% Nickel,

    0.1 bis 0.5% Molybdän,

    0.04 bis 0.25% Schwefel,

    bis zu 0.01% Aluminium,

    bis zu 0.035% Phosphor,

    bis zu 0.0008% Bor,

    bis zu 0.02% Titan,

    bis zu 0.3% Blei,

    bis zu 0.3% Wismut,

    bis zu 1.93% Mangan

    bis zu 4.0% Chrom

    bis zu 0.02% Stickstoff und

    bis zu 0.01% in oxidischen Einschlüssen gebundener Sauerstoff mit einem Rest an Eisen sowie unvermeidbaren Verunreinigungen auf, wobei

    (Mangangehalt - 1.72 Schwefelgehalt) < 1.50% und
    Chromgehalt + (Mangangehalt - 1.72 Schwefelgehalt) > 2.6 Gew.% sein soll und folgende Gefügebestandteile vorliegen:

    50 bis 90% Bainit,

    bis 50% Martensit,

    bis zu 10% Ferrit und

    bis zu 10% Restaustenit.



    [0020] Bei dem erfindungsgemäss hergestellten Produkt sind die Legierungskomponenten so gewählt, dass bei üblichen Abkühlraten aus der Walzhitze von 0.1 bis 8.0 K/s immer ein bainitisch-martensitisches Gefüge mit Zugfestigkeitsniveau von 1'000 bis 1'400 MPa resultiert, ohne dass kostspielige Legierungselemente und/oder spezielle Einrichtungen zur beschleunigten Abkühlung aus der Walzhitze verwendet werden müssen.

    [0021] Durch die untere Begrenzung des Kohlenstoffgehalts auf 0.20% wird in Kombination mit Mangan und Chrom sichergestellt, dass nur noch geringe Ferritanteile im Gefüge vorliegen. Ferritanteile über 10% beeinträchtigen sowohl das Festigkeitsniveau wie auch die Kerbschlagzähigkeit des Produkts.

    [0022] Durch die obere Begrenzung des Kohlenstoffs auf 0.25% wird gewährleistet, dass die Zugfestigkeit nicht über 1'400 MPa ansteigt. Höhere Festigkeitswerte verschlechtern die Bearbeitbarkeit im nachgelagerten Ziehprozess oder Zerspanungsprozess. Höhere Kohlenstoffgehalte fördern ausserdem die Bildung von Karbiden, was die Duktilität nachteilig beeinflusst.

    [0023] Silizium beeinflusst die Kohlenstoffaktivität und verlangsamt die Ausscheidung von Karbiden. Die gewählte Siliziumkonzentration erlaubt eine einstündige Anlassbehandlung bei 400°C, ohne dass sich die Duktilität wegen Karbidausscheidungen verschlechtert (in Anlehnung an die Beschreibung des karbid-freien Bainits in WO 96/22396). Da Silizium ein effizienter Mischkristallverfestiger im Bainit ist, muss sein Gehalt auf 1.35% begrenzt werden, um die maximal gewünschte Zugfestigkeit von 1'400 MPa nicht zu überschreiten.

    [0024] Bei einem zu hohen Mangangehalt werden die Manganseigerungen ausgeprägt und das Gefüge wird sehr inhomogen. Aus diesem Grund muss der "freie", d.h. nicht in Mangansulfiden gebundene, Mangangehalt (≈ total Mangangehalt - 1.72 Schwefelgehalt) auf 1.50% begrenzt werden.

    [0025] Der so festgelegte Mangangehalt reicht nicht aus, um ein bainitisch-martensitisches Gefüge nach Luftabkühlung aus der Walzhitze zu erreichen. Das Produkt muss zusätzlich soviel Chrom enthalten, dass Chromgehalt + (Mangangehalt - 1.72 Schwefelgehalt) > 2.6 Gew.% gilt. Zusammen mit einem Kohlenstoffgehalt von mindestens 0.20% wird so ein bainitisch-martensitisches Gefüge mit < 10% Ferrit sichergestellt.

    [0026] Molybdän soll die Ausscheidung von Eisenkarbiden an den Primärkorngrenzen und einen damit verbundenen Zähigkeitsverlust verhindern. Aus Kostengründen ist der Molybdängehalt so niedrig wie notwendig zu wählen: 0.1 bis 0.5% Molybdän.

    [0027] Um eine deutliche Verbesserung der Zerspanbarkeit zu erreichen, soll der Stahl mindestens 0.04%, vorzugsweise 0.12 bis 0.17 % Schwefel enthalten. Der Schwefel verbindet sich mit Mangan zu Mangansulfidausscheidungen, so sowohl den Spanbruch als auch die Werkzeugstandzeit verbessern. Da diese Ausscheidungen gleichzeitig auch die Querzähigkeit des warmgewalzten Langprodukts vermindern, ist die Schwefelzugabe auf 0.25% zu begrenzen.

    [0028] Dem erfindungsgemäss hergestellten Produkt wurde kein Aluminium zugegeben. Um die Bildung von harten, abrasiven Oxideinschlüssen vom Typ Korund zu vermeiden, soll der Aluminiumgehalt auf 0.01% begrenzt sein. In Kombination mit dem hohen Siliziumgehalt und einer geringen Kalziumzugabe am Ende der metallurgischen Behandlung sollen gemäss Anspruch 2 Oxideinschlüsse mit einem Al2O3-Gehalt von < 50% eingestellt werden. Vorzugsweise wird die metallurgische Behandlung so vorgenommen, dass weiche, glasartige Silikateinschlüsse mit folgenden relativen Gewichtsanteilen entstehen: 20 bis 50% CaO, 35 bis 65% SiO2 und weniger als 25% Al2O3. Die Werkzeugstandzeit der in der Zerspanung eingesetzten Werkzeuge wird dann deutlich verlängert.

    [0029] Die gute Zerspanbarkeit des erfindungsgemäss hergestellten warmgewalzten Langprodukts kann gemäss Anspruch 3 bzw. 4 weiter durch die Zugabe von 0.05 bis 0.3% Blei bzw. 0.05 bis 0.3% Wismut verbessert werden.

    [0030] Zur erfindungsgemässen Herstellung des warmgewalzten Langprodukts sind die Austenitkorngrösse vor der Gefügeumwandlung, sowie die Abkühlrate während der Gefügeumwandlung in einem Temperaturreich zwischen 800 und 500°C von entscheidender Bedeutung. Ein feines Austenitkorn führt zu einem feineren Endgefüge mit besseren Zähigkeitswerten. Aus diesem Grund soll das Austenitkorn nach dem letzten Umformschritt gemäss Anspruch 7 nicht grösser sein als 50µm. Die Abkühlraten sollen zwischen 0.1 und 8.0 K/s liegen. Der obere Wert ist durch die Möglichkeiten der konventionellen Abkühlung an beschleunigter Luft gegeben. Durch die untere Begrenzung von 0.1 K/s soll sichergestellt werden, dass keine Ferritanteile > 10% vorkommen. Grosse Stabstahlabmessungen, die im Stabinnern deutlich langsamer (als 0.1 K/s) abkühlen, können mit dieser Technologie nicht gefertigt werden.

    [0031] Vor der weiteren Bearbeitung des warmgewalzten Langprodukts kann eine Wärmebehandlung für 0.5 bis 2 Stunden bei 300 bis 500 °C gemäss Anspruch 8 sinnvoll sein. Der hohe Siliziumgehalt des Produkts verzögert die Umlagerung von Kohlenstoffatomen im Gefüge. Dies ist wünschenswert, um das Entstehen von groben Karbidausscheidungen zu unterdrücken. Andererseits werden auch in Verbindung mit Kohlenstoff bekannte Alterungsprozesse, die unmittelbar nach der Warmwalzung einsetzen, verlangsamt. Insbesondere stellt sich die maximale Duktilität des Gefüges erst nach einigen Wochen ein. In Fällen, bei denen das gewalzte Langprodukt unmittelbar weiterverarbeitet werden soll, ist deshalb eine Wärmebehandlung empfehlenswert.

    Wege zur Ausführung der Erfindung



    [0032] Ausführungsbeispiele der Erfindung werden nachfolgend anhand der Zeichnungen näher beschrieben, dabei zeigen:
    Fig. 1
    Gefügebilder nach 200-facher Vergrösserung (Ätzmittel: HNO3 2%-ig), für (a) 22 mm Stabstahl, (b) 52 mm Stabstahl;
    Fig. 2
    eine schematische Darstellung der Entnahme der B8x40 mm- Zugproben;
    Fig. 3
    dem Verlauf der Vickers Härte über den Querschnitt eines 22 mm und eines 52 mm Stabs (von der Oberfläche bis zum Kern).


    [0033] Im Rahmen eines Ausführungsbeispiels wurde eine Stahlschmelze vergossen und anschliessend zu Stabstahl in verschiedenen Abmessungen verwalzt. Die Herstellung der Stahlschmelze erfolgte nach dem Elektrostahl-Verfahren mit einer sekundärmetallurgischen Behandlung an einem Pfannenstand und anschliessendem Vergiessen zu 150x150 mm2-Knüppeln in einer kontinuierlichen Stranggussanlage. Die Knüppel wurden danach in einem Hubbalkenofen auf 1'150 bis 1'200°C wieder erwärmt und anschliessend zu Stabstahl in den Abmessungen 22 (Kühlrate ist ca. 1.5 K/s) und 52 mm (Kühlrate ist ca. 0.4 K/s) gewalzt. Die Abkühlung der Stäbe nach der Walzung erfolgte an Luft.

    [0034] Der Stahl bestand aus
    0.22% Kohlenstoff
    0.94% Silizium
    0.07% Nickel
    0.14% Molybdän
    0.15% Schwefel
    0.003% Aluminium
    0.012% Phosphor
    <0.001% Bor
    0.011 % Titan
    <0.003% Blei
    <0.003% Wismut
    0.013% Stickstoff
    1.60% Mangan
    1.34% Mangan - 1.72 Schwefel
    1.54% Chrom
    2.88% Chrom + (Mangan - 1.72 Schwefel)
    sowie weiterer erschmelzungsbedingter Verunreinigungen.


    [0035] Der hohe Schwefelgehalt von 0.15% gewährleistet den guten Spanbruch und verbessert die Werkzeugstandzeit. Der tiefe Aluminiumgehalt unterdrückt die Bildung harter, abrasiver tonerdehaltige Oxideinschlüsse.

    [0036] Die metallographische Gefügebilder bei 200-facher Vergrösserung sind in der Fig. 1 gezeigt. Bei dem Gefüge handelt es sich um ein sehr feines Mischgefüge. Die Bainit- und Martensitanteile konnten bisher nicht sicher quantifiziert werden. Die Bilder sowie das erhaltene Festigkeitsniveau zeigen jedoch, dass das Gefüge primär (>>50%) aus Bainit besteht. Das Gefüge des 52 mm Stabs ist aufgrund der geringen Abkühlrate aus der Walzhitze etwas gröber als das Gefüge beim 22 mm Stab. In der Umgebung von Mangansulfiden (die als Keimstellen für die Ferritbildung dienen können) sind vereinzelt Ferritkörner zu erkennen. Der Ferritanteil ist äusserst gering (<<10%). Die Bestimmung der Restaustenitmenge im Röntgendiffraktometer ergab 5.1 ± 0.45% für den 22 mm Stab und 4.4 ± 1.34% für den 52 mm Stab.

    [0037] Da die Proben für die Zugversuche unmittelbar nach der Warmumformung genommen wurden, wurden sie zur Beschleunigung der natürlichen Alterung vor dem Zugversuch eine Stunde bei 300°C unter Schutzgas gelagert. Trotz der unterschiedlichen Abkühlbedingungen aus der Walzhitze bei 22 und 53 mm Stabstahl liegen die Festigkeitswerte für den erfindungsgemäss hergestellten Stahl innerhalb einer Spanne von 100 MPa (Tabelle 1).
    Tabelle 1: Festigkeitswerte
      22 mm 52 mm
    Rp0.2 886 MPa 842 MPa
    Rm 1168 MPa 1'064 MPa
    A5 14.2 % 11.8%


    [0038] Beim 52 mm Stabstahl wurden an verschiedenen Stellen Zugproben (siehe Fig. 2) entnommen, um die Gleichmässigkeit der Eigenschaften nachweisen zu können. Die Ergebnisse sind aus der nachfolgenden Tabelle 2 zu entnehmen.
    Tabelle 2: Ergebnisse der Zugproben
    Abstand von Kern 5 mm 13 mm 20 mm
    Rp0.2 777 MPa 842 MPa 862 MPa
    Rm 1029 MPa 1064 MPa 1071 MPa
    A5 10.4% 11.8% 12.9%


    [0039] Die hohe Gleichmässigkeit der Härte über den Stabquerschnitt wurde für einen 22 mm und einen 52 mm Stabstahl an nicht-ausgelagerten Proben mittels HV1-Messungen bestätigt (Fig. 3). Aufgrund der schnelleren Abkühlrate ist die Härte bzw. die Festigkeit beim 22 mm etwas höher als beim 52 mm Stabstahl.

    [0040] Eine einstündige Auslagerung der 52 mm Stabstahlproben bei 300, 400 und 500°C ergab keine wesentliche Veränderung der mechanischen Eigenschaften (hier an einer bei R/2 entnommene B8x40 mm- Probe ermittelt):
    Tabelle 3: Mechanische Eigenschaften nach Auslagerung
    Auslagerung 1 Stunde bei 300°C 400°C 500°C
    Rp0.2 842 MPa 878 MPa 815 MPa
    Rm 1064 MPa 1068 MPa 1124 MPa
    A5 11.8% 13.4% 12.0%


    [0041] Die vorstehenden Daten zeigen, dass die mechanischen Eigenschaften des erfindungsgemäss hergestellten Produkts über einen grossen Abmessungsbereich nahezu konstant sind. Es wird eine für Vergütungsstähle typische Zugfestigkeit von >1'000 MPa bei einer gleichzeitig guten Bruchdehnung von >11% ohne notwendige Vergütungsbehandlung erreicht. Der reduzierte Aluminiumgehalt sowie der erhöhte Schwefelgehalt im Vergleich zu den Vergütungsstählen gewährleistet eine deutlich bessere Zerspanbarkeit.


    Ansprüche

    1. Warmgewalztes Langprodukt mit einem Gewichtsanteil von
    0.20 bis 0.25% Kohlenstoff,
    0.90 bis 1.35% Silizium,
    bis zu 0.20% Nickel,
    bis 0.5% Molybdän,
    0.04 bis 0.25% Schwefel,
    bis zu 0.01 % Aluminium,
    bis zu 0.035% Phosphor,
    bis zu 0.0008% Bor,
    bis zu 0.02% Titan,
    bis zu 0.3% Blei,
    bis zu 0.3% Wismut,
    bis zu 1.93% Mangan
    bis zu 4.0% Chrom
    bis zu 0.02% Stickstoff und
    bis zu 0.01 % in oxidischen Einschlüssen gebundener Sauerstoff mit einem Rest an Eisen sowie unvermeidbaren Verunreinigungen, wobei
    (Mangangehalt - 1.72 Schwefelgehalt) < 1.50 % und
    Chromgehalt + (Mangangehalt - 1.72 Schwefelgehalt) > 2.6 Gew.-% ist,
    mit folgenden Gefügebestandteilen:

    50 bis 90% Bainit,

    bis 50%Martensit,

    bis zu 10% Ferrit und

    bis zu 10% Restaustenit.


     
    2. Warmgewalztes Langprodukt nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass es oxidische Einschlüsse enthält mit weniger als 50 Gew.% Al2O3, vorzugsweise liegen oxidische Einschlüsse mit folgenden relativen Gewichtsanteilen vor: 20 bis 50% CaO, 35 bis 65% SiO2 und weniger als 25% Al2O3.
     
    3. Warmgewalztes Langprodukt nach Anspruch 1 oder 2, mit einem Bleigehalt von 0.05 bis 0.3 Gew.-%.
     
    4. Warmgewalztes Langprodukt nach einem der Ansprüche 1 bis 3, mit einem Wismutgehalt von 0.05 bis 0.3 Gew.%.
     
    5. Warmgewalztes Langprodukt nach einem der Ansprüche 1 bis 4, mit einer Zugfestigkeit Rm von 1'000 bis 1'400 MPa.
     
    6. Verwendung eines Langprodukts nach einem der Ansprüche 1 bis 5 für die spanabhebende Bearbeitung.
     
    7. Verfahren zur Herstellung eines warmgewalzten Langprodukts nach einem der Ansprüche 1 bis 5, wobei:

    - die mittlere Austenitkorngrösse nach dem letzten Warmumformungschritt kleiner ist wie 50 µm;

    - die Abkühlung aus der Umformhitze an ruhender oder bewegter Luft so geschieht, dass der Temperaturbereich zwischen 800 und 500°C mit einer Kühlrate von 0.1 bis 8.0 K/s durchlaufen wird.


     
    8. Verfahren zur Herstellung eines warmgewalzten Langprodukts nach Anspruch 7, wobei die Alterung des Stahlgefüges nach dem Warmwalzen über eine anschliessende, zusätzliche Wärmebehandlung für 0.5 bis 2 Stunden bei 300 bis 500°C beschleunigt wird.
     


    Claims

    1. A hot-rolled long product with weight fractions of
    0.20 to 0.25% carbon,
    0.90 to 1.35% silicon,
    up to 0.20% nickel,
    up to 0.5% molybdenum,
    0.04 to 0.25% sulfur,
    up to 0.01% aluminum,
    up to 0.035% phosphorus,
    up to 0.0008% boron,
    up to 0.02% titanium,
    up to 0.3% lead,
    up to 0.3% bismuth,
    up to 1.93% manganese
    up to 4.0% chromium
    up to 0.02% nitrogen and
    up to 0.01% oxygen bound in oxidic inclusions, with a residue of iron as well as further admixtures usually contained in steel, wherein:

    (manganese content - 1.72 sulfur content) is < 1.50 % and

    chromium content + (manganese content - 1.72 sulfur content) is > 2.6 wt.-%.

    with the following structural constituents:

    50 to 90% bainite,

    to 50% martensite,

    up to 10% ferrite and

    up to 10% residual austenite.


     
    2. The hot-rolled long product according to claim 1, characterized in that it contains oxidic inclusions with less than 50 wt.-% Al2O3, preferably with oxidic inclusions having the following relative weight fractions: 20 to 50% CaO, 35 to 65% SiO2 and less than 25% Al2O3.
     
    3. The hot-rolled long product according to claim 1 or 2, with a lead content of 0.05 to 0.3 wt.-%.
     
    4. The hot-rolled long product according to any one of claims 1 to 3, with a bismuth content of 0.05 to 0.3 wt.%.
     
    5. The hot-rolled long product according to any one of claims 1 to 4, with a drawing strength Rm of 1'000 to 1'400 MPa.
     
    6. Use of a long product according to any one of claims 1 to 5 for a chip removing machining process.
     
    7. A method for manufacturing of a hot-rolled long product according to any one of claims 1 to 5, wherein:

    - the average austenite particle size after the last hot forming step is less than 50 µm;

    - the cooling down from the forming heat under static or circulating air occurs in such a way that the temperature range between 800 and 500°C is passed with a cooling rate of 0.1 to 8.0 K/s.


     
    8. The method for manufacturing of a hot-rolled long product according to claim 7, wherein the aging of the steel structure after hot-rolling is accelerated by a subsequent additional heat treatment for 0.5 to 2 hours at 300 to 500°C.
     


    Revendications

    1. Produit longitudinal laminé à chaud comportant en proportion pondérale :

    0,20 à 0,25 % de carbone

    0,90 à 1,35 % de silicium

    jusqu'à 0,20 % de nickel

    jusqu'à 0,5 % de molybdine

    0,04 à 0,25 % de soufre

    jusqu'à 0,01 % d'aluminium

    jusqu'à 0,035 % de phosphore

    jusqu'à 0,0008 % de bore

    jusqu'à 0,02 % de titane

    jusqu'à 0,3 % de plomb

    jusqu'à 0,3 % de bismuth

    jusqu'à 1,93 % de manganèse

    jusqu'à 4,0 % de chrome

    jusqu'à 0,02 % d'azote, et

    jusqu'à 0,01 % d'azote lié dans des inclusions oxydées,

    le reste étant constitué par du fer et par des impuretés inévitables, étant précisé que

    (teneur en manganèse - 0,72 teneur en soufre) < à 1,50 % et

    teneur en chrome + (teneur en manganèse - 1,72 teneur en soufre) > à 2,6 % en poids,

    avec les composants de structure suivants :

    50 à 90 % de bainite

    jusqu'à 50 % de martensite

    jusqu'à 10 % de ferrite, et

    jusqu'à 10 % d'austenite résiduelle.


     
    2. Produit longitudinal laminé à chaud conforme à la revendication 1,
    caractérisé en ce qu'
    il renferme des inclusions oxydées avec moins de 50 % en poids d'Al2O3, ces inclusions oxydées étant de préférence situées dans les plages de proportions relatives suivantes : 20 à 50 % de CaO, 35 à 65 % de SiO2 et moins de 25 % d Al2O3.
     
    3. Produit longitudinal laminé à chaud conforme à la revendication 1 ou 2, ayant une teneur en plomb de 0,05 à 0,3 % en poids.
     
    4. Produit longitudinal laminé à chaud conforme à l'une des revendications 1 à 3, ayant une teneur en bismuth de 0,05 à 0,3 % en poids
     
    5. Produit longitudinal laminé à chaud conforme à l'une des revendications 1 à 4, ayant une résistance à la rupture par traction si Rm de 1000 à 1400 MPa.
     
    6. Utilisation d'un produit longitudinal conforme à l'une des revendications 1 à 5 pour l'usinage par enlèvement de copeaux.
     
    7. Procédé d'obtention d'un produit longitudinal laminé à chaud conforme à l'une des revendications 1 à 5, selon lequel

    - la granulométrie moyenne de l'austénite après la dernière étape de formage à chaud est inférieure à 50 µm,

    - le refroidissement de la chaleur de déformation s'effectue dans de l'air au repos ou en mouvement de sorte que la plage de température comprise entre 800 et 500°C est traversée avec un taux de refroidissement de 0,1 à 8,0 K/s.


     
    8. Procédé d'obtention d'un produit longitudinal laminé à chaud conforme à la revendication 7, selon lequel la maturation de la structure de l'acier après le laminage à chaud est accéléré par un traitement thermique complémentaire ultérieur pendant 0,5 à 2 heures à 300 à 500°C.
     




    Zeichnung











    Angeführte Verweise

    IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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    In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente