[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Entfernung von Ablagerungen
und/oder Biofilmen in einer Rohrleitung durch modulierende Druckimpulse.
[0002] Verfahren und Vorrichtungen zum Spülen und Reinigen von Rohrleitungen, insbesondere
Trinkwasserleitungen durch Beaufschlagung der Rohrleitung mit Druckimpulsen oder Gemischen
von Wasser und Gasblasen sind seit längerem bekannt. Bereits die deutsche
PS 67368 beschreibt ein Verfahren zur Entfernung von festen Schlammniederschlägen aus Rohrleitungen
durch Einführen eines Stromes nicht kondensierender Gase. Bei dem Verfahren wird eine
beschleunigte Reinigung von Rohrleitungen erzielt, indem man unter Druck stehende,
nicht kondensierende Gase wie Luft, Kohlensäure o.ä. durch die Leitung treibt. Dabei
wird eine starke Verwirbelung des Gemisches von Wasser und Gasblasen angestrebt, um
eine kräftig reibende Wirkung zu erzielen.
[0003] In der
DE 10 204 737 A1 werden ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Reinigen einer Rohrleitung beschrieben,
bei denen eine Einspeisung eines Stickstoffgases in die Rohrleitung intervallartig
erfolgt, indem der Wasserstrom in Fließrichtung durch Stickstoffgasblasen unterteilt
wird. Dadurch entstehen in der Rohrleitung fortschreitende Wasser- und Stickstoffblasen,
die aufgrund sich stark ähnelnder Fließgeschwindigkeiten zu einer starken Wirbelbildung
führen, was eine Ablösung von Ablagerungen in der Rohrleitung zur Folge hat. Bei dem
Verfahren bauen sich die Stickstoffblasen nach der Öffnung des Intervallventils in
ca. 2 bis 5 Sekunden auf, so dass das Intervallventil nach dieser Öffnungszeit wieder
geschlossen werden kann. Dabei ist eine Sperrzeit notwendig, damit sich der für die
Beaufschlagung der Leitung erforderliche Druck von 4 bis 8 bar weiter aufbauen kann.
Erst nach Ablauf dieser Sperrzeit keine eine neue Stickstoffblase in die Leitung beaufschlagt
werden.
[0004] Bei der
DE 372 25 49 A1 erfolgt die Reinigung über eine pulsierende Druckluftzuführung in die Spülflüssigkeit,
wobei die Druckstöße der Spülflüssigkeit entweder gleichzeitig oder abwechselnd mit
den Druckstößen der Druckluft erfolgen.
[0005] In der
DE 350 29 69 A1 wird ein Verfahren zur Reinigung von Rohrleitungen mit Hilfe von gleichzeitig eingeleiteten
Impulsen einer Flüssigkeit und eines Gases beschrieben, wobei sich diese Impulse zu
Gesamtimpulsen mischen, welche die Rohrleitung intermittierend durchsetzen. Bei dem
Verfahren wird der Impuls der Flüssigkeit bzw. der Impuls des Gases in mehrere Einzelimpulse
zerlegt, wodurch die Wirkung der Reinigung erhöht werden soll. Zum Lockern, Lösen
und Fortspülen der in der Rohrleitung fest sitzenden Feststoffe geschieht das Einleiten
des Wassers und der Luft in Form von rechteckigen, nacheinander folgenden Impulsen,
wobei sich das Wasser und die Luft miteinander vermischen und als Gesamtimpulse die
Rohrleitung bis zu deren offenen Ende durchsetzen. Die Impulse der Luft bestehen aus
mehreren Einzelimpulsen gleicher Abstände, gleicher Amplitude und gleicher Länge.
[0006] In der
DE 44 389 39 C2 wird ein Verfahren zur Reinigung von Trinkwasserleitungen und zum Spülen von Trinkwasserleitungsnetzen
vorgeschlagen, bei dem die Reinigungswirkung des Spülverfahrens dadurch bewerkstelligt
wird, dass in einem Wasserstrom eine Luftblase in die Rohrleitung beaufschlagt wird,
die an ihren Rändern bestrebt ist, sich mit dem Spülwasser zu mischen. Die Vermischung
erfolgt unter turbulenten Verhältnissen und unter Ausbildung von Wirbeln, durch welche
Kavitationserscheinungen hervorgerufen werden, was zu einer Ablösung von losen Ablagerungen
in der Rohrleitung führt. Die Leitung wird in mehreren Intervallen mit Luftblasen
beaufschlagt. Die Wirkung des Spülverfahrens beruht hauptsächlich auf der Einleitung
von größeren komprimierten Luftblasen in fließendes Wasser sowie auf Kavitation. In
einigen verwandten Verfahren wird zur Innenreinigung von Rohren zusätzlich ein abrasives
Mittel verwendet, bei dem dieses mit wenigstens einem flüssigen und einem gasförmigen
Fluid durch ein zu reinigendes Rohr geschickt wird (vgl.
EP 06 34 229 A1). Ein ähnliches Verfahren ist auch in der
US 2005/0137104 A1 beschrieben.
[0007] In der
EP 10 271 75 B1 wird ein Verfahren zum Entfernen von Biofilmen in Rohrleitungen beschrieben, bei
dem eine Kombination eines unter Druck stehenden Gases und einer geeigneten wässrigen
Reinigungslösung dazu verwendet wird, eine turbulente Umgebung auf oder in einem Rohr/Schlauch
mit einem Biofilm oder Debris auf den inneren oder äußeren Oberflächen zu erzeugen,
welche den Biofilm und die Debris vollständig entfernt. Auch das darin beschriebene
Verfahren ähnelt den bereits zuvor erwähnten, da auch hier zur Erhöhung der Scheuerwirkung
die unter Druck stehende Luft gepulst wird.
[0008] Verfahren, bei denen eine Leitung über abwechselnde Folgen von Gas- und Wasserblöcken
beaufschlagt werden sind ferner Bestandteil der
DE 10 2010 013167 A1,
DE 10 2008 056523 A1,
DE 10 2008 056522 A1 und
DE 10 2008 048710 A1. Bei diesen Verfahren werden abwechselnd Gas- und Wasserblöcke erzeugt, die hintereinander
durch die Leitung wandern und über Verwirbelungen an der Innenoberfläche der Leitung
die Ablagerungen oder Biofilme lösen.
[0009] Obgleich die oben beschriebenen Verfahren, die eine Kombination eines Wasser- und
Gaszufuhr entweder als Gemisch oder als Impulse beschreiben, einen gegenüber einer
herkömmlichen Wasserspülung gesteigerten Reinigungserfolg aufweisen, so ist es insbesondere
bei hartnäckigen Ablagerungen, wie Biofilmen, noch immer erforderlich, dass die Spülstrecke
über längere Zeit oder mehrmals behandelt wird. Die mit diesen Verfahren erzielten
Fließgeschwindigkeiten sind nicht ausreichend, dass die Leitung mit wenig Impulsen
gereinigt wird. Eine Beaufschlagung der Leitung mit sehr hohen Drücken oder einer
großen Anzahl von Impulsen beansprucht jedoch zum einen die Leitung, erfordert zum
anderen auch einen erheblich höheren Energiebedarf und zusätzlichen Aufwand bei der
Durchführung. Insbesondere bei der Entfernung von Biofilmen ist man daher auf die
zusätzliche Gabe von chemischen Reinigungsmitteln angewiesen, was unbefriedigend ist.
[0010] Die impulsartige Beaufschlagung einer Leitung mit einzelnen Druckimpulsen führt entweder
zu einer Vermischung mit dem in der Leitung befindlichen Wasser oder zu einer Folge
von Wasserblöcken und Gasblöcken, die die Leitung intermittierend durchsetzen. Dabei
ist die Höhe des zu beaufschlagenden Druckes begrenzt auf die jeweilige Nennweite
und Länge der Spülstrecke in der Leitung. Insbesondere bei sehr hartnäckigen Ablagerungen
führen diese Verfahren nicht zu einem zufriedenstellenden Reinigungsergebnis.
[0011] Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein gegenüber dem
bekannten Stand der Technik verbessertes, auf Gaszufuhr basierendes Verfahren zur
Entfernung von Ablagerungen und/oder Biofilmen in einer Rohrleitung anzugeben, bei
dem eine gesteigerte Reinigungswirkung bei zugleich überschaubarem Energie- und Zeitaufwand
bewerkstelligt werden kann.
[0012] Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1.
Bevorzugte Ausführungsformen finden sich in den Unteransprüchen wieder.
[0013] Das erfindungsgemäße Verfahren besteht aus einer Vorbereitungsphase und einer sich
anschließenden Reinigungsphase und basiert im Wesentlichen darauf, dass die zu reinigende
Leitung mit einem im Wesentlichen dominierenden, leitungsausfüllenden Gasvolumen bei
geringer Flüssigkeitsmenge unter hohem moduliertem Druck sowie sich wiederholenden
Druckimpulsen behandelt wird. Die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren erreichten Fließgeschwindigkeiten
der über Druckimpulse erzeugten Wasserblöcke sind so hoch, dass Wandschubspannungen
von mehr als 7000 N/m
2 erreicht werden können. Dadurch werden selbst hartnäckige Ablagerungen, wie zum Beispiel
Biofilme, bei gleichzeitig schonender Behandlung der Leitung entfernt. Auch sind lange
Spülstrecken von mehreren hundert Metern bis Kilometern und/oder Leitungen mit größer
Nennweite möglich zu reinigen. Diese Reinigungswirkung übertrifft bei den genannten
Spülstrecken die Wirkung bekannter Verfahren.
[0014] Das erfindungsgemäße Verfahren kann in mehrere Phasen eingeteilt werden:
[0015] In einer ersten Vorbereitungsphase, die zugleich auch den ersten Verfahrensschritt
kennzeichnet, wird die Leitung zuerst über eine große Gasmenge (üblicherweise Luft)
bei gleichzeitig reduziertem Flüssigkeitszufluss bis auf eine Flüssigkeitsrestmenge
teilentleert, ohne dabei wesentliche Druckausschläge zu erzeugen. Üblicherweise handelt
es sich bei der Flüssigkeit um Wasser. Durch den unter Druck eingebrachten großen,
leitungsausfüllenden Gasanteil entsteht in der Leitung entlang der Spülstrecke eine
Gasblase, die das in der Leitung fließende Wasser zum größten Teil verdrängt. Vorzugsweise
sind mehr als 67%, bevorzugter mehr als 75%, bevorzugter mehr als 90% der Leitung
mit Gas gefüllt. Lediglich am Leitungsboden sammelt sich in dieser ersten Phase, teilweise
bedingt durch Rückfluss von Flüssigkeit im Sohlebereich, das durch die Druckblase
verdrängt worden ist, eine kleinere Menge Flüssigkeit. Der Großteil der Flüssigkeit
in der Leitung wird jedoch durch die leitungsausfüllende Druckblase verdrängt. Durch
die Zufuhr einer großen Gasmenge entsteht ein unter sehr geringem Druck stehender
Expansionsraum, der für die Druckgasmodulation in der nachfolgenden zweiten Reinigungsphase
erforderlich ist und für die erwünschten hohen Fließgeschwindigkeiten der in dieser
Phase erzeugten Wasserblöcke sorgt.
[0016] In einer sich anschließenden Reinigungsphase erfolgt eine modulierende Druckgaszufuhr,
was neben dem soeben beschriebenen ersten Verfahrensschritt zur Schaffung eines Expansionsraums
ein weiteres neues, erfindungswesentliches Merkmal darstellt. Bei der modulierenden
Druckgaszufuhr wird die Leitung mit einem Druckimpuls beaufschlagt, wodurch in der
Leitung aus der Flüssigkeitsrestmenge kleine "Miniwasserblöcke" entstehen, die mit
hoher Geschwindigkeit durch die Leitung getrieben werden. In 10 Sekunden kann damit
beispielsweise eine Strecke von 200 Meter zurück gelegt werden. Der beaufschlagende
Druck wirkt dabei dem sehr geringen Druck des in der Vorbereitungsphase geschaffenen
Expansionsraums entgegen. Unmittelbar nach Beaufschlagung der Leitung mit Gas und
der damit verbundenen Beschleunigung der in der Leitung erzeugten "Miniwasserblöcke",
wird der Druck unter Berücksichtigung der Rohrleitungsparameter nachgeregelt, indem
die Leitung mit wenigstens mit dem gleichen, vorzugsweise einem höheren Druck beaufschlagt
wird. Dieses Nachregeln generiert im Inneren der Leitung einen weiteren Beschleunigungseffekt
auf die Miniwasserblöcke, die in Form von Paketen bestehend aus zwei oder mehreren
Miniwasserblöcken und dazwischen eingeschlossenen Gasblöcken bestehen. Im Verlauf
der Reinigungsstrecke lässt die Fließgeschwindigkeit der Miniblöcke nach. Durch das
Nachregeln der Druckgaszufuhr prallen nachfolgende Miniwasserblöcke mit hoher Geschwindigkeit
auf die eingeschlossenen Gasblöcke und schließlich auf das expandierte Gasvolumen
in der Leitung. Die eingeschlossenen Gasblöcke entspannen und beschleunigen dadurch
die vorauseilenden Miniwasserblöcke erneut auf hohe Geschwindigkeiten. Die modulierende
Druckgaszufuhr kann weitere Wasserblöcke generieren, die den zuvor erzeugten Miniblöcken
mit hoher Geschwindigkeit folgen und für weiteren Vortrieb sorgen. Der im ersten Verfahrensschritt
durch die Gasbefüllung der Leitung erzeugte Expansionsraum, bei dem die Flüssigkeit
in der Leitung verdrängt wird, schafft somit die Voraussetzung für die anschließende
hohe Wasserbewegung in der Leitung während der Reinigungsphase.
[0017] Im weiteren Verlauf entleert sich die Rohrleitung an dem Ausspeisungspunkt, der Druck
kann sich in der Leitung abbauen (Entspannungsphase) und die Leitung wird erneut mit
Flüssigkeit gefüllt.
[0018] Dieser Zyklus bestehend aus Reinigungsphase und Entspannungsphase wiederholt sich
mehrmals, bis die Leitung frei von Ablagerungen ist. Je nach Rohrleitungsparameter
genügen hierfür häufig 5 bis 7 Zyklen.
[0019] Die modulierende Druckgaszufuhr erfolgt vorzugsweise über ein sich schnell öffnendes
und schließendes Regelventil, beispielsweise aus einem Druckbehälter (z.B. mit einem
Druck von 10 - 20 bar). Die Druckeinstellung berücksichtigt die Rohrleitungsparameter.
Der Druck für den ersten Druckimpuls beträgt bei den üblichen Nennweiten und Reinigungsstrecken
vorzugsweise 3 bar bis 7 bar. Die Nachregelung erfolgt mindestens mit demselben Druck,
ist jedoch vorzugsweise höher als der erste Druckimpuls, um dem expandierenden Gasvolumen
in der Leitung und damit dem Gegendruck entgegen zu wirken.
[0020] Dabei ist es wesentlich, dass sich der durch den ersten Druckimpuls erzeugte Druck
nicht vollständig abbauen darf, d.h. der zweite Druckimpuls erfolgt vorzugsweise unmittelbar
nach dem ersten Druckimpuls, bevorzugt nachdem der Druck gegenüber der ersten Druckspitze
vorzugsweise zwischen 10 und 20 %, jedoch nicht mehr als 50 % abgesunken ist.
[0021] In der nachfolgenden Entspannungsphase wird der Druck im Rohrleitungsabschnitt abgebaut,
indem Gas und Flüssigkeit an der Ausspeisungsstelle austreten. Der Rohrleitungsabschnitt
enthält am Ende der Reinigungsphase nur noch wenig Wasser. Infolge der Entspannung
der Leitung lässt der durch die modulierende Druckgaszufuhr erzeugte Vortrieb der
Miniwasserblöcke nach.
[0022] Bei den bekannten Verfahren muss der Druckluftimpuls einen bereits in der Rohrleitung
befindlichen großen Wasserblock verdrängen. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren jedoch
bilden sich erst dann Wasserblöcke, wenn der erste Druckluftstoß über die Wasseroberfläche
der teilgefüllten Rohrleitung gelangt; die Druckluft zieht und drückt das Wasser aus
der teilgefüllten Leitung in einer Welle heraus. Durch die Druckgasmodulation wird
somit eine dynamische Reihe von Luft- und Wasserblöcken innerhalb der Reinigungsphase
erzeugt. Dabei wird eine Dynamik erzeugt, die dadurch zustande kommt, dass durch den
zweiten (oder weiteren) Druckstoß innerhalb der Reinigungsphase die Wasserblöcke mit
variierenden Geschwindigkeiten durch die Rohrleitung wandern. Infolge der Modulation
beschleunigt der zweite bzw. jeder weitere Druckstoß den ersten vorauswandernden kleineren
Miniwasserblock innerhalb der sich bildenden Reihe aus Wasser- und Gasblöcken. Dieser
Miniwasserblock stößt auf den folgenden Luftblock, der nach Kompression und Dekompression
dann den Impuls an den nächsten Wasserblock weiter gibt. Das Nachregeln ist daher
wie ein "Nachbrenner" zu verstehen, der für zusätzlichen und für den Reinigungserfolg
erforderlichen Vortrieb der Wasserblöcke sorgt.
[0023] Vorzugsweise wird bei der modulierenden Druckgaszufuhr in dem teilgefüllten Rohrleitungsabschnitt
in Abhängigkeit vom Leitungsdurchmesser und -länge ein Druckimpuls von vorzugsweise
3 bis 7 bar gegeben. Nach kurzzeitigem Absinken des Druckes wird erneut auf mindestens
denselben Druck, vorzugsweise einem höheren Druck nachgeregelt. Dieses Absinken und
Nachregeln im Rahmen der modulierenden Druckgaszufuhr lässt sich entsprechend den
örtlichen Verhältnissen mehrmals in unterschiedlicher Intensität durchführen und ist
verantwortlich für die erzeugten hohen Fließgeschwindigkeiten. Die modulierende Druckgaszufuhr
und die Schaffung des Expansionsraumes in der Vorbereitungsphase ermöglicht Fließgeschwindigkeiten
in der Leitung von mehr als 15 m/Sek. Die Amplitude und die Länge der beiden Druckimpulse
in der Reinigungsphase sind vorzugsweise so gewählt, dass die Fließgeschwindigkeit
der generierten Wasserblöcke in der Leitung wenigstens 15m/Sek., vorzugsweise wenigstens
20 m/Sek. beträgt.
[0024] Durch die Druckgasmodulation ist es möglich zu Beginn der Reinigung gering haftende
Ablagerungen zu entfernen und anschließend fester haftende Ablagerungen zu mobilisieren
und auszutragen.
[0025] Die Laufzeit des Druckimpulses ist abhängig von der Länge der Spülstrecke, sie gibt
jedoch einen Hinweis auf die Fließgeschwindigkeit der Flüssigkeit, die mit dem erfindungsgemäßen
Verfahren erreicht werden kann. Ausgehend von der maximalen Fließgeschwindigkeit sowie
der erforderlichen Mindestfließgeschwindigkeit und der Zeit zur Änderung kann die
Schleppspannung (Tau) berechnet werden. Die Schleppspannung ist eine in experimentellen
Untersuchungen ermittelte Größe, welche die Kraft des Wassers pro Flächeneinheit des
untersuchten Leitungsabschnittes angibt, um Sedimente zu mobilisieren, nach vorne
zu bringen und aus der Rohrleitung auszutragen. Wie in dem nachfolgenden Experiment
erläutert, wird eine Schleppspannung Tau bezogen auf eine Rohrleitung mit DN80 bei
einer Fließgeschwindigkeit von > 10 m/Sek. und wenigstens 200 N/m
2 betragen.
[0026] In der sich anschließenden Entspannungsphase wird der Rohrleitungsabschnitt mit frischem
Wasser über die Einspeisungsstelle wieder teilgefüllt, bis ein weiterer Druckluftimpuls
folgt und einen neuen Zyklus einleitet. Das erfindungsgemäße Verfahren kombiniert
somit eine erhöhte Reinigungsleistung mit verringertem Wasserbedarf bei gleichzeitig
verringertem Spülwasseranfall. Bei Bedarf kann zusätzlich eine Injektion mit einer
Feststoffkomponente, vorzugsweise einem Salz oder Trockeneis, in der Leitung erfolgen,
was zu einer verstärkten Abrasion der Ablagerungen führt.
[0027] Wesentlich bei dem erfindungsgemäßen Verfahren ist somit, dass die Druckblase in
der Vorbereitungsphase die Leitung überwiegend ausfüllt und die Spülstrecke bis auf
eine Flüssigkeitsrestmenge teilentleert, um den Expansionsraum für die nachfolgend
erzeugten Wasserblöcke zu schaffen. Damit überwiegt das Gasvolumen deutlich über der
Flüssigkeitsmenge in der Leitung; das Verfahren arbeitet mit einem geringen Flüssigkeitsvolumen.
[0028] Die Erfindung wird in den nachfolgenden Zeichnungen und den hier vorgestellten Untersuchungen
und Experimenten näher erläutert.
[0029] Zur Untersuchung der Wirksamkeit des erfindungsgemäßen Verfahrens und zur Ermittlung
der für die Reinigungswirkung verantwortlichen physikalischen Größen wurde eine Rohrleitung
mit einer Länge von 50 m aufgebaut. In einem Abschnitt wurden künstliche Ablagerungen
in die Leitung eingebracht. Dabei handelt es sich um Stahlpartikel, die sowohl unterschiedlich
geometrisch ausgeformt als auch verschieden groß sind, beispielsweise Stahlkies. Zur
Simulation der Haftung dienen unterschiedlich starke Magnete, die außerhalb der Rohre
angeordnet sind. Die Stahlpartikel haften in dem Bereich des Rohrabschnittes, in dem
sich die Magnete befinden. Stahlkies erzeugt an der Innenwand der Rohrleitung an Flechten
erinnernde Gebilde. Die Haftkraft lässt sich anhand der bekannten Magnete somit genau
feststellen. In einem weiteren Experiment wurden Rohre mit "echten" Ablagerungen für
die Durchführbarkeit des erfindungsgemäßen Verfahrens eingesetzt.
[0030] Zur Ermittlung des Druckverlaufes wurden an der 50 m langen Rohrleitung in Abständen
von jeweils 5 m Drucksensoren eingebaut. Mit den verwendeten Drucksensoren konnten
in 0,1 Sekundenabschnitten Messungen durchgeführt und der Druckverlauf während der
Reinigung verfolgt werden. Ein Durchflussmesser sorgt vor einem Rückflussverhinderer
dafür, dass der Wasserbedarf gemessen und der zeitliche Verlauf ermittelt werden kann.
Die Durchflussmessung kann ebenfalls in 0,1 Sekundenabständen registriert werden.
[0031] In Abb. 1 ist der Druckverlauf während der Reinigungsphase beim ersten Drucksensor
(01) unmittelbar an der Einspeisungsstelle sowie am letzten Sensor (11) unmittelbar
vor dem Ausspeisungspunkt dargestellt. Der Druckverlauf während der Vorbereitungsphase
ist nicht dargestellt; in dieser Phase wurde die Leitung teilentlernt und mit einem
großen Gasvolumen zur Schaffung eines Expansionsraums ausgefüllt. In der Abb. 1 erkennt
man sieben Zyklen mit Druckimpulsen, welche die Leitung in Reihe durchwandern. Die
Dauer eines Zyklus beträgt bei diesem Beispiel 15,4 Sekunden. Dies ist auch die Frequenz,
bei der die Zyklen aufeinander folgen. Jeder Druckimpuls kann über den an den Drucksensoren
gemessenen Druckverlauf wiederum in drei Phasenabschnitte I bis III unterteilt werden.
[0032] In dem ersten Phasenabschnitt I, welcher der Reinigungsphase entspricht, erfolgt
eine Beaufschlagung der in der Vorbereitungsphase teilentleerten Leitung mit einem
Druckimpuls mit hohem Druck vor der Einspeisungsstelle. Dies führt zur Bildung von
Miniwasserblöcken, die mit hoher Fließgeschwindigkeit durch die Leitung getrieben
werden, ohne dass der Ruhedruck der Rohrleitung überschritten wird. Unmittelbar nach
Beaufschlagung des Druckimpulses wird die Druckgaszufuhr mit gleichem oder höherem
Druck nachgeregelt. Der letzte Miniwasserblock komprimiert die Luftblase zum vorauseilenden
Miniwasserblock und gibt weiteren Vortrieb. Je nach Einstellung können sich auch weitere
neue Miniwasserblöcke bilden, die mit hoher Geschwindigkeit die Luft zum vorauseilenden
Miniwasserblock komprimieren und ihn danach beschleunigen. Dadurch sind Reinigungsstrecken
von mehreren hundert Metern ohne Weiteres möglich. Bedarfsweise werden mehrere Druckimpulse
in die Leitung während der Reinigungsphase beaufschlagt. Nach dem Entspannen der Leitung
fließt Wasser über die Einspeisungsstelle nach und der Zyklus beginnt erneut.
[0033] Am Ende der Reinigungsphase kommt es zum Nachfließen von Flüssigkeit unter vermindertem
Druck, die den Rohrleitungsabschnitt bis etwa zu einem Drittel seines Volumens füllt,
wobei vorzugsweise mehr als 67%, bevorzugter mehr als 75%, bevorzugter mehr als 90%
der Leitung mit Luft gefüllt bleiben. Wegen der Teilfüllung der Leitung herrscht bis
zum nächsten Druckluftimpuls praktisch kein Druck im Rohrleitungsabschnitt.
[0034] Die Korrelation des Druckverlaufes am ersten Drucksensor mit dem Verlauf des Volumenstroms
am Durchflussmesser belegt, dass in dem ersten Phasenabschnitt I kein Wasser in den
Rohrleitungsabschnitt einströmen kann (vgl. Abb. 3). Im Verlauf des zweiten Phasenabschnittes
II baut sich der Druck im Rohrleitungsabschnitt ab und frisches Wasser beginnt einzuströmen.
Im dritten Phasenabschnitt III ist der festgelegte Volumenstrom des einströmenden
Wassers erreicht. Es bildet sich ein sehr geringer Druck durch Füllen des Rohrleitungsvolumens
aus.
[0035] Der Druckverlauf während der Entspannungsphase, d.h. der zweiten und dritten Phasenabschnitte
II-III, ist bei sämtlichen Drucksensoren nahezu gleich. Dies ist beim ersten Phasenabschnitt
I deutlich anders. Hier verläuft die Druckspitze des maximalen Druckes am letzten
Sensor zeitversetzt zum ersten Sensor. In der Versuchsanlage beträgt der Abstand vom
ersten zum letzten Sensor 50 m. Die Laufzeit der Impulse entspricht der Zeitdifferenz
des Maximaldrucks zwischen dem letzten und dem ersten Sensor. Der Abstand der Sensoren
dividiert durch die Laufzeit ergibt die Geschwindigkeit des Impulses und damit Aufschluss
über die Fließgeschwindigkeit. Die Fließgeschwindigkeit der Impulse ist eine wichtige
Größe zur Beurteilung der Wirksamkeit beim Reinigen von Rohrleitungen. Durch diesen
Parameter und vor allem durch die Änderung der Fließgeschwindigkeit mit der Zeit errechnet
sich die Schleppspannung Tau.
[0036] Normalerweise ist die Fließgeschwindigkeit des einströmenden Wassers beim Reinigen
bestehender Rohrleitungsabschnitt nicht messbar. Drucksensoren an der Einspeisungsstelle
und am Ausspeisungspunkt ermöglichen jedoch die Messung basierend auf dem Druckverlauf.
Dies lässt sich auf reale Rohrleitungen oder Abschnitte in Rohrnetzen übertragen.
Somit kann bei bekannter Länge des Rohrleitungsabschnittes über eine Druckmessung
die Fließgeschwindigkeit und schließlich die Schleppspannung ermittelt werden.
[0037] Die Steuerung der Druckluftzufuhr beeinflusst den Druckverlauf in der Rohrleitung.
Die modulierende Druckluftzufuhr treibt mehrere, kurz hintereinander folgende Luft-/Wasserblöcke
mit Fließgeschwindigkeiten von mehr als 15 m/Sek. während der Reinigungsphase durch
den Rohrleitungsabschnitt. Dies ist beispielhaft in der Abb. 1 dargestellt. Hierbei
wurde in einem praktisch drucklosen, teilgefüllten Rohrleitungsabschnitt in dem gezeigten
Beispiel ein Druckimpuls von 3 bar gegeben. Nach kurzzeitigem Absinken des Druckes
wurde erneut auf 3 bar nachgeregelt. Die Laufzeit des Druckimpulses in Abb. 1 dauert
2,9 Sek. Daraus ergibt sich eine Fließgeschwindigkeit von 17,2 m/Sek. Anhand der Fließgeschwindigkeit
kann die Schleppspannung Tau berechnet werden. Bei der herkömmlichen Wasserspülung
können Fließgeschwindigkeiten von etwa 3,7 m/Sek. realisiert werden. Eine Extrapolation
der Fließgeschwindigkeit anhand des Kurvenverlaufes zeigt, dass beispielsweise bei
einer Fließgeschwindigkeit von 8 m/Sek. eine Schleppspannung von etwa 200 N/m
2 erreicht wird (vgl. Abb. 4). Die Fließgeschwindigkeit des Wassers in der teilgefüllten
Rohrleitung vor der Reinigungsphase ist nahezu Null. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren
übertrifft die Schleppspannung diejenige einer herkömmlichen Wasserspülung um mehr
als das 10-fache (vgl. Abb. 4).
[0038] In der Abb. 4 ist die Schleppspannung der Wasserblöcke während der Reinigung mit
dem erfindungsgemäßen Verfahren im Vergleich zur Schleppspannung bei der Wasserspülung
gezeigt. Ein Faktor für die wesentlich höhere Schleppspannung ist die Beschleunigungskomponente,
bei der die Flüssigkeit von 0 m/Sek. bis auf die maximale Fließgeschwindigkeit v in
m/Sek. innerhalb von 0,1 Sekunden beschleunigt wird. Bei den im erfindungsgemäßen
Verfahren erzeugten Fließgeschwindigkeiten von > 18 m/Sek. sind somit Schleppspannungen
von mehr als 7000 N/m
2 möglich, was eine hervorragende Reinigungsleistung bescheinigt.
1. Verfahren zur Entfernung von Ablagerungen und/oder Biofilmen in einer Rohrleitung,
bei dem vor der Spülstrecke an einer Einspeisungsstelle eine mittels Druckimpulsen
zu erfolgende Beaufschlagung der zumindest teilweise mit Flüssigkeit gefüllten Leitung
mit einem Gas oder Gasgemisch durchgeführt wird, dadurch gekennzeichnet, dass in einer ersten Vorbereitungsphase die Leitung mit einem leitungsausfüllenden Gas
oder Gasgemisch bis auf eine Flüssigkeitsrestmenge zur Schaffung eines Expansionsraums
teilentleert wird, wobei die in die Leitung beaufschlagte Druckgasblase in der Vorbereitungsphase
das Volumen der Spülstrecke nahezu vollständig einnimmt, und in einer sich anschließenden
zweiten Reinigungsphase eine modulierende Druckgaszufuhr erfolgt, bei der das Gas
oder Gasgemisch über wenigstens einen Druckimpuls mit hohem Druck in die Leitung beaufschlagt
wird, wodurch sich Miniwasserblöcke in der Leitung bilden, die mit hoher Geschwindigkeit
durch die Leitung getrieben werden und bei der die Druckgaszufuhr nach kurzeitigem
Absinken des durch den Druckimpuls aufgebauten Druckes in der teilentleerten Leitung
unmittelbar darauf mit dem selben oder einem höheren Druck nachgeregelt wird, wodurch
sich erneut Wasserblöcke bilden können, die mit hoher Geschwindigkeit auf die vorauseilenden
Miniwasserblöcke prallen, welche dadurch einen zusätzlichen Vortrieb erhalten.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass sich die Leitung in einer sich anschließenden Phase entspannt und der Rohrleitungsabschnitt
während dieser Entspannungsphase mit neu gespeister Flüssigkeit über die Einspeisungsstelle
wieder befüllt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Nachregelung bei der modulierenden Druckgaszufuhr in der Reinigungsphase mit
einem höheren Druck erfolgt, als der Druck des ersten Druckimpulses.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Druckgaszufuhr und deren Nachregelung in der Reinigungsphase so gewählt sind,
dass die Fließgeschwindigkeit der erzeugten Wasserblöcke in der Leitung wenigstens
15 m/Sek., vorzugsweise wenigstens 20 m/Sek. beträgt.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Reinigungsstrecke zur Bildung des Expansionsraums in der teilentleerten Leitung
vor der Reinigungsphase mit mehr als 67%, bevorzugter 75%, bevorzugter 90% mit dem
Gas oder Gasgemisch gefüllt ist.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Beaufschlagungsdruck und dessen Nachregelung in der Reinigungsphase zwischen
3 und 7 bar beträgt.
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Nachregelung des Druckes während der Reinigungsphase dann erfolgt, wenn der Druck
des ersten Druckimpulses zwischen 10 und 50 %, vorzugsweise zwischen 10 und 20 % abgesunken
ist.
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Laufzeit des Druckimpulses in der Reinigungsphase bei einer Spülstrecke von 50
m zwischen 2 und 4 Sek. beträgt.
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Schleppspannung Tau bezogen auf eine Rohrleitung mit DN80 bei einer Fließgeschwindigkeit
von > 10 m/Sek. wenigstens 4000 N/m2 beträgt.
10. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass neben der Druckgasbehandlung zusätzlich eine Injektion mit einer Feststoffkomponente,
vorzugsweise einem Salz oder Trockeneis in die Leitung erfolgt.
11. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass zusätzlich die Fließgeschwindigkeit und Schleppspannung ermittelt wird, indem bei
bekannter Länge des Reinigungsabschnittes eine synchrone Druckmessung an der Einspeisungs-
und Ausspeisungsstelle erfolgt.