[0001] Die Erfindung betrifft eine Anlage zum Warmumformen von Platinen, sowie ein entsprechendes
Verfahren zum Warmumformen von Platinen.
Stand der Technik
[0002] Die Warmumformung von Blechen ist ein relativ neuer Entwicklungstrend bei der Bauteilfertigung,
insbesondere für Fahrzeugkarosserien. Hierbei verwendete Bleche werden im Rahmen dieser
Anmeldung, dem gängigen Sprachgebrauch auf dem Gebiet der Formungstechnik entsprechend,
auch als "Platinen" bezeichnet. Eine Platine ist in der Regel ein entsprechend zugeschnittenes,
ausgestanztes, gefügtes und/oder vorgeformtes Blech. Die erfindungsgemäßen Maßnahmen
können jedoch nicht nur bei ent-sprechend vorbereiteten Blechen zum Einsatz kommen
sondern auch bei den jeweils verwendeten Ausgangsmaterialien. Die Erfindung erstreckt
sich daher auf sämtliche Werkstücke bzw. Halbzeuge, die in einem entsprechenden Umformungsverfahren,
beispielsweise durch Pressen und/oder Tiefziehen, geformt werden können.
[0003] Die Warmumformung ermöglicht es, Bauteile mit hoher Festigkeit und komplexer Geometrie
rückfederungsfrei zu produzieren und erlaubt eine signifikante Gewichtsredu-zierung
bei den hiermit z.B. gefertigten Karosserien sowie eine Erhöhung der Sicherheit, beispielsweise
von Insassen eines entsprechenden Fahrzeugs.
[0004] Durch die steigenden Anforderungen an Festigkeit und Steifigkeit von Strukturbauteilen,
insbesondere im Fahrzeug, werden zunehmend hoch- und höchstfeste Stähle eingesetzt.
Eine Erhöhung der Festigkeit ermöglicht eine Reduktion des Fahrzeuggewichts, was insbesondere
einen reduzierten Schadstoffausstoß und Kraftstoffverbrauch ermöglicht. Bei aktuellen
Fahrzeugmodellen können durch die Verwendung warmumgeformter Bauteile mehr als 30
kg Gewicht eingespart werden. Bei Warmumformungsverfahren handelt es sich dem Wesen
nach um kombinierte Formgebungs- und Vergütungstechniken. Durch den Einsatz entsprechender
Stähle, wie beispielsweise von Mangan-Bor-Stählen, können damit Festigkeiten von bis
zu 1.500 MPa erzielt werden. Presshärteverfahren umfassen beispielsweise, Platinen
auf eine Temperatur zu erwärmen, die oberhalb der vollständigen Austenitisierungstemperatur,
z.B. oberhalb von 850°C, liegt, und die Platine anschließend im Werkzeug schnell abzukühlen.
Hierdurch bildet sich die gewünschte Martensitstruktur mit der angestrebten Festigkeit.
Die Kombination der Umformung mit dem Abschrecken in einem Werkzeug wird bisweilen
auch als Press- oder Formhärten bezeichnet.
[0005] Bei der Warmumformung höchstfester Werkstoffe für Automobilkarosserien werden z.
B. sogenannte Rollenherdöfen für die Vorwärmung der Platinen verwendet. Die Erwärmung
derartiger Öfen erfolgt üblicherweise mittels Strahlrohren, die elektrisch oder durch
Gasbrenner erwärmt werden. Um möglichst kurze Prozesszykluszeiten zu erzielen, ist
ein gewisser "Vorrat" an vorgewärmten Bauteilen in der Anlage vorteilhaft. Die Wärmebehandlungsdauer
für die Temperierung des Stahls stellt einen wesentlichen Parameter dar, der die Taktzeit
einer entsprechenden Presse definiert. Rollenherdöfen weisen eine Länge von bis zu
40 Metern auf und benötigen daher entsprechende bauliche Voraussetzungen, inklusive
einer effizienten Abfuhr überschüssiger Wärme. Auch Drehtrommelöfen, die alternativ
zu Rollenherdöfen zur Vorwärmung von Bauteilen eingesetzt werden, weisen entsprechende
Nachteile auf. Auch sie werden mittels Strahlrohren beheizt und sind hinsichtlich
ihres Wirkungsgrads eher unbefriedigend.
[0006] Pressgehärtete Bauteile zeichnen sich durch ihre hohe Festigkeit und Steifigkeit
aus. Wie erwähnt, können hierdurch Blechstärken reduziert und damit Gewicht eingespart
werden. Problematisch ist jedoch die geringe Bruchdehnung pressgehärteter Bauteile,
die bei nachgeschalteten Fertigungsoperationen, wie z.B. Anschweißen weiterer Teile,
zu Rissbildung führen kann. Aus diesem Grund ist es wünschenswert, bestimmte Bereiche
z. B. einer Karosseriekomponente pressgehärtet auszubilden, und andere Bereiche der
gleichen Komponente so auszubilden, dass diese eine höhere Duktilität aufweisen und
somit mehr Energie durch plastische Verformung absorbieren können. Bisherige Ansätze,
die zur Erzeugung derartiger lokal unterschiedlicher Eigenschaften, sogenannter "Tailored
Properties", verwendet werden, umfassen die gezielte Beeinflussung von Legierungsbestandteilen
entsprechender Halbzeuge, die Herstellung sogenannter "Tailored Welded Blanks", also
Platinen, die aus unterschiedlichen Werkstoffen gefügt sind, das partielle (örtliche)
Erwärmen mittels induktiver oder konduktiver Erwärmungstechnologien, die partielle
Temperierung bestimmter Bereiche der Press-härtewerkzeuge durch lokales Beheizen und
das Maskieren bestimmter Bauteilbereiche, um die Erwärmung (und damit die Austenitisierung)
in einem entsprechenden Rollenherdofen zu unterdrücken. Derartige Verfahren sind jedoch
aufwendig, im Ergebnis häufig nicht zufriedenstellend und verursachen übermäßige Kosten.
[0007] Somit besteht Bedarf nach verbesserten Möglichkeiten zur Bereitstellung von Platinen
mit lokal unterschiedlichen Eigenschaften.
Offenbarung der Erfindung
[0008] Vor diesem Hintergrund schlägt die vorliegende Erfindung eine Anlage zum Warmumformen
von Platinen, sowie ein entsprechendes Verfahren zum Warmumformen von Platinen mit
den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche vor. Bevorzugte Ausgestaltungen sind
Gegenstand der Unteransprüche sowie der nachfolgenden Beschreibung.
[0009] Durch die erfindungsgemäß vorgesehene wenigstens partielle Nacherwärmung, welche
erst nach dem Umformen bzw. Presshärten der Platinen in der Presseinrichtung durchgeführt
wird, lassen sich in besonders effektiver Weise Platinen bzw. Bauteile mit lokal unterschiedlichen
Eigenschaften bereitstellen. Insbesondere können erfindungsgemäß sehr komplexe Formgebungen
an beliebigen Stellen mit den gewünschten Materialeigenschaften, z. B. erhöhter Duktilität,
bereitgestellt werden.
Vorteile der Erfindung
[0010] Wie bereits zuvor erwähnt, sei der Begriff "Platinen" im Rahmen dieser Anmeldung
umfassend verstanden. Der Begriff beinhaltet Bleche, Halbzeuge, gefügte und/oder vorgeformte
Komponenten, die in einer entsprechenden Anlage warmumgeformt, insbesondere pressgehärtet,
werden.
[0011] Ein besonders vorteilhafter Aspekt der Erfindung betrifft die Verwendung eines vormischenden
Wasserstoff-Sauerstoff-Brenners oder Brenngas-Sauerstoff-Brenners. Derartige Brennertypen
sind grundsätzlich, beispielsweise aus der
DE 103 45 411 A1, bekannt. Beispiels-weise werden vormischende Brenngas-Sauerstoff-Brenner zum sogenannten
Feuerpolieren von Glasteilen, insbesondere Teilen aus Bleikristall oder Kalknatronglas,
eingesetzt. Hierbei wird zumindest ein Teil der Oberfläche des Glasteils mit der Brenner-flamme
erhitzt und aufgeschmolzen. Entsprechende Brenner sind auch als sogenannte Hydropox-Brenner
bekannt und werden unter dieser Markenbezeichnung durch die Anmelderin vertrieben.
[0012] Vormischende Brenngas-Sauerstoff-Brenner, insbesondere Wasserstoff-Sauerstoff-Brenner,
zeichnen sich durch eine besonders hohe Wärmeübertragungseffizienz aus. Im Gegensatz
zu sogenannten außenmischenden Brennern wird einem Brennerkopf eines vormischenden
Brenngas-Sauerstoff-Brenners bereits ein Gasgemisch aus Brenngas und Sauerstoff zugeführt
und nicht erst in einem entsprechenden Brennerkopf erzeugt. Vormischende Brenner erzeugen
besonders harte Flammen, die sich dazu eignen, größere Oberflächenbereiche, die auch
Vertiefungen oder andere Unregelmäßigkeiten aufweisen können, aufzuschmelzen. Dies
stellt, wie erfindungsgemäß herausgefunden, einen entscheidenden Vorteil gegenüber
außenmischenden Brennern dar. In außenmischenden Brennern kann nur eine weiche Flamme
erzeugt werden, die insbesondere in Ecken, Löcher oder Vertiefungen einer Oberfläche
nicht eindringen kann. Der Einsatz eines vormischenden Brenners ermöglicht damit insbesondere
eine lokale Erwärmung von Bereichen, insbesondere von unterschiedlich geformten Bereichen,
entsprechender Platinen. Durch längere Erwärmung mittels eines außenmischenden Brenners
wäre zwar ebenfalls eine Erzielung hoher Temperaturen möglich, jedoch besteht dabei
die Gefahr, dass sich die Platine insgesamt erwärmt, nicht nur in den gewünschten
Bereichen.
[0013] Gemäß einer besonders bevorzugten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Anlage ist
die wenigstens eine Nacherwärmungseinrichtung räumlich orientierbar und/oder räumlich
verschiebbar ausgebildet. Beispielsweise kann die erfindungsgemäß verwendete Nacherwärmungseinrichtung
an einen Industrieroboter montiert sein. Dies erlaubt die exakte Führung und Orientierung
der Nacherwärmungseinrichtung entlang bzw. über der Oberfläche der umgeformten Platine,
welche hierdurch in den gewünschten Bereichen (partiell) gleichmäßig auf einen gewünschten
Temperaturbereich, z. B. zwischen 650 und 850°C, insbesondere 700°C - 800°C, insbesondere
etwa 750°C erwärmt werden kann.
[0014] Bevorzugt ist die Erwärmungseinrichtung (zur insbesondere vollständigen Erwärmung
der Platine vor dem Umformen in der Presseinrichtung) als Austenitisierungseinrichtung
ausgebildet. Bevorzugt ist hierbei eine vollständige Austenitisierung. Eine Austenitisierung
liefert die gewünschten Werkstoffeigenschaften, mit denen ein anschließendes Pressen
unter gleichzeitigem Kühlen bzw. Abschrecken und hieran anschließend eine weitere
wenigstens partielle Erwärmung (Nacherwärmung) durchführbar sind. Eine entsprechende
Austenitisierungseinrichtung ist zum, insbesondere lokalen, Erwärmen der Platinen
auf eine Temperatur von 750 - 1.050°C insbesondere von 800-1.000°C, beispielsweise
von 850-950°C, eingerichtet. Eine entsprechende Temperatur richtet sich nach den jeweiligen
Werkstoffen und liegt oberhalb einer Austenitisierungstemperatur. Diese liegt beispielsweise
bei den erwähnten Mangan-Bor-Stählen bei ca. 850°C. Wird eine entsprechende Platine
auf eine Temperatur knapp unterhalb der Austenitisierungstemperatur vorgewärmt, kann
die Austenitisierungstemperatur durch einen entsprechenden Brenner insbesondere in
vorbestimmbaren Bereichen der Platine schnell erreicht bzw. überschritten werden.
Bei einem derartigen Kühlen während des Pressens bzw. Umformens werden die Platinen
bevorzugt auf Temperaturen von 100°C - 200°C abgekühlt, wobei auch eine Kühlung auf
irgendeine Temperatur zwischen Raumtemperatur und 250°C möglich ist.
[0015] Eine entsprechende Anlage weist vorteilhafterweise ferner wenigstens eine Beladeeinrichtung
zum Beladen der Anlage mit den Platinen und/oder wenigstens eine Transfer-einrichtung
zum Transferieren der Platinen in die wenigstens eine Presseinrichtung der Anlage
und/oder wenigstens eine Transfereinrichtung zum Transferieren der Platinen zu der
Nacherwärmungseinrichtung auf.
[0016] Vorteilhafterweise umfasst die wenigstens eine Erwärmungseinrichtung wenigstens einen
Paternosterofen. Als Paternosteröfen, die grundsätzlich bekannt sind, können beispielsweise
vertikale Paternosteröfen zum Einsatz kommen, die eine verbesserte Energieeffizienz
aufweisen und insbesondere den Vorteil bieten, herkömmliche Rollenherdöfen, die, wie
erwähnt groß bauen und daher entsprechende bauliche Gegeben-heiten voraussetzen, ersetzen
zu können. Paternosteröfen sind beispielsweise elektrisch oder mit Brennstoff beheizbar
und in entsprechenden Temperaturbereichen betreibbar, so dass eine effiziente und
zuverlässige Erwärmung gewährleistet ist.
[0017] Die jeweils einzustellenden Temperaturen richten sich nach dem jeweiligen Material
der Platinen. Beispielsweise liegt, wie erwähnt, die vollständige Austenitisierungstemperatur
von Mangan-Bor-Stählen bei ca. 850°C. Der Fachmann kann entsprechende Temperaturen
einfach aus zur Verfügung stehenden Materialkennzahlen ableiten.
[0018] Es erweist sich als vorteilhaft, auch die Erwärmungseinrichtung mit wenigstens einem
vormischenden Wasserstoff-Sauerstoff-Brenner oder Brenngas-Sauerstoff-Brenner auszubilden.
Hiermit ist auch eine sehr effektive, insbesondere auch bereichsweise Erwärmung von
Platinen möglich.
[0019] Obwohl eine derartige Erwärmungseinrichtung, insbesondere Austenitisierungseinrichtung,
Erwärmungseinrichtung im Rahmen der vorliegenden Erfindung bevorzugt für eine vollständige
Austenitisierung einer Platine eingesetzt wird, ist es auch möglich, sie zum partiellen
Erwärmen, insbesondere Austenitisieren, also zum Erwärmen oder Austenitisieren bestimmter
Regionen bzw. lokaler Bereiche von Platinen ausgebildet sein. Wenigstens eine Brennerflamme
eines vormischenden Wasserstoff-Sauerstoff-Brenners kann dabei auf die zum partiellen
Erwärmen, insbesondere Austenitisieren vorgesehene(n) Region(en) gerichtet werden.
Eine entsprechende Brenneranordnung ermöglicht damit insbesondere eine definierte,
lokale Austenitisierung von Regionen, in denen, beispielsweise durch Presshärten,
anschließend eine hohe lokale Festigkeit erzielt werden kann. In den nicht austenitisierten
Bereichen ist hingegen eine ausreichende Duktilität des Werkstoffs nach dem Presshärten
gewährleistet. So wäre es z.B. denkbar, eine gewünschte Duktilität in ersten Bereichen
der Platine mittels einer derartigen teilweisen Erwärmung durch die Erwärmungseinrichtung,
also vor dem Umformen, und in zweiten Bereichen der Platine mittels Erwärmung durch
die Nacherwärmungseinrichtung, also nach dem Umformen, bereitzustellen.
[0020] Vorteilhafterweise ist eine Erwärmungseinrichtung, insbesondere eine Austenitisierungseinrichtung,
in einer entsprechenden Anlage mit einer Vorwärmeinrichtung in Form einer baulichen
Einheit vorgesehen. Dies ermöglicht kompakte, klein bauende und energieeffizient betreibbare
Anlagen, die beispielsweise nur noch eine Wärme- bzw. Temperaturisolierung benötigen.
[0021] Ein erfindungsgemäßes Verfahren umfasst, Platinen in eine erfindungsgemäße Anlage,
zu laden, die Platinen in einer Erwärmungseinrichtung, insbesondere einer Austenitisierungseinrichtung
zumindest lokal zu erwärmen bzw. zu austenitisieren, in einer Presseinrichtung durch
Pressen umzuformen und anschließend wenigstens partiell in einer Nacherwärmungseinrichtung
zu erwärmen. Wie erläutert kann es sich bei dem Pressverfahren um ein Presshärteverfahren
handeln.
[0022] Die erfindungsgemäße Anlage zum Warmumformen von Platinen, und das erfindungsgemäße
Verfahren profitieren gleichermaßen von den zuvor erläuterten Vorteilen.
[0023] Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden
Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen
Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden
Erfindung zu verlassen.
[0024] Die Erfindung ist anhand eines Ausführungsbeispiels in der Zeichnung schematisch
dargestellt und wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnung ausführlich beschrieben.
Figurenbeschreibung
[0025]
- Figur 1
- zeigt eine Anlage zum Warmumformen von Platinen gemäß einer bevorzugten Ausführungsform
der Erfindung in schematischer Darstellung.
- Figur 2
- zeigt einen Brennkopf zum Einsatz in einer Ausführungsform der Erfindung in schematischer
Darstellung.
- Figur 3
- zeigt ein Verfahren zum Warmumformen von Platinen gemäß einer Ausführungsform der
Erfindung in Form eines Ablaufschemas.
[0026] In den Figuren tragen gleiche oder gleichwirkende Elemente ggf. identische Bezugszeichen
und werden der Übersichtlichkeit halber nicht wiederholt erläutert.
[0027] Figur 1 zeigt eine Anlage zum Warmumformen von Platinen gemäß einer bevorzugten Ausführungsform
der Erfindung. Die Anlage ist insgesamt mit 10 bezeichnet. Sie verfügt über eine Beladungseinrichtung
3, in der entsprechende Platinen P, beispielsweise ausgestanzte Blechstücke, in Pfeilrichtung
(unterer horizontaler Pfeil) in eine entspre-chende Anlage geladen werden können.
Eine Erwärmungseinrichtung 4 ist vorgesehen, die einen schematisch dargestellten Paternosterofen
4a aufweist. Die Platinen P werden in Pfeilrichtung in einen unteren Bereich der Errwärmungseinrichtung
4 eingebracht, nach oben angehoben (mittels vertikalem Pfeil veranschaulicht) und
während des Anhebens kontinuierlich erwärmt. Es ist möglich, die Platinen in dem Paternosterofen
4a derart zu erwärmen, dass sie austenitisieren. In der Figur 1 dargestellt ist jedoch
eine Ausführungsform, bei der die Erwärmungseinrichtung 4 eine stromabwärtig des Paternosterofens
4a vorgesehene Austenitisierungseinrichtung 4b aufweist. In diesem Fall dient der
Paternosterofen zur Vorerwärmung der Platinen.
[0028] In einem oberen Bereich des Paternosterofens 4a verlassen die Platinen P diesen erneut
in Pfeilrichtung (oberer horizontaler Pfeil). Sie durchlaufen anschließend die Aus-tenitisierungseinrichtung
4b, die einen Brenner 14 aufweist, der vorliegend als dreiflam-miger Brenner symbolisiert
ist. Der Brenner 14 kann eine beliebige Anzahl von Bren-nerflammen aufweisen. Der
Brenner 14 kann auch mobil ausgebildet sein und unter-schiedliche Bereiche einer Platine
P nacheinander beaufschlagen. Hierzu können ent-sprechende Bewegungseinrichtungen
vorgesehen sein, die beispielsweise auch unter Verwendung einer entsprechenden Steuerung
vollautomatisch angesteuert werden können. Die Platinen P durchlaufen die Austenitisierungseinrichtung
4b in Pfeilrichtung und werden dort auf eine Temperatur (z. B. 900°C) erwärmt, die
oberhalb einer Austenitisierungstemperatur des entsprechenden Werkstoffs liegt.
[0029] Die Platinen P gelangen anschließend in eine Transfereinrichtung 5 und werden durch
diese zu einem Presswerkzeug 8 transferiert. Das Presswerkzeug 8 formt die Platinen
in der gewünschten Weise um, wobei gleichzeitig mit der Umformung eine Abkühlung der
Platinen auf etwa 200°C oder weniger erfolgt.
[0030] Durch diese Abkühlung bzw. Abschreckung, welche vorzugsweise mit einer Rate von größer
30 K/sec erfolgt, entsteht in den austenisierten Bereichen der Platine ein Martinsit-
bzw. Härtegefüge.
[0031] Wie erwähnt, weisen die umgeformten Platinen in diesem Zustand eine Temperatur von
etwa 200°C auf. In diesem Zustand werden die umgeformten Platinen nun mittels einer
Nacherwärmungseinrichtung 16, welche wenigstens einen vormischenden Wasserstoff-Sauerstoff-Brenner
18 oder Brenngas-Sauerstoff-Brenner aufweist, partiell wärmebeaufschlagt. Hierdurch
wird an den wärmebeaufschlagten Stellen der umgeformten Platine das Härtegefüge zu
einem Mischgefüge umgewandelt, welches verbesserte Eigenschaften beispielsweise bzgl.
Dehnbarkeit besitzt.
[0032] Die Nacherwärmungseinrichtung 16 kann beispielsweise an einen (nicht dargestellten)
Industrieroboter montiert sein, womit eine dreidimensionale Verfahrbarkeit und Orientierbarkeit
der Brenner 18 bereitstellbar ist. Dies erlaubt die exakte Führung der Brenner 18
entlang der Bauteiloberfläche, welche hierdurch in den gewünschten Bereichen gleichmäßig
auf Temperaturen zwischen etwa 650 und 850°C erwärmt werden kann. Die hierdurch bereitgestellte
Gefügeveränderung führt z.B. zu einer Verringerung der Härte sowie Zunahme der Dehnung
bzw. Dehnbarkeit. In durchgeführten Versuchen konnten z. B. Verbesserungen der Dehnwerte
um bis zu 18 Prozent realisiert werden.
[0033] Die Brenner 18 können in beliebigen Geometrien (auch mit kleinen Durchmessern beispielsweise
für Schweißpunktbereiche) gefertigt werden, und sind somit in der Lage, unterschiedlichste
Bereiche an einem Bauteil bzw. einer umgeformten Platine P zu erwärmen. Der Energieübergang
ist hierbei sehr effizient, und die Behandlungsdauer kann auf wenige Sekunden beschränkt
werden.
[0034] Es bestehen deutliche Vorteile gegenüber anderen Erwärmungstechnologien, wie beispielsweise
der Induktionserwärmung, die bei dreidimensionaler Geometrien bzw. Platinenformen
nicht angewendet werden kann, da beispielsweise Innenradien nicht zielgerecht erwärmt
werden können.
[0035] Auch gegenüber herkömmlichen lasergestützten Verfahren weist das erfindungsgemäße
Verfahren Vorteile auf. Lasergestützte Verfahren sind zwar generell in der Lage, ähnliche
Aufgaben zu verrichten, müssen jedoch aufgrund der hohen Energiedichte und der relativ
kleinen Brennfläche mit deutlichen höherem Verfahrensaufwand betrieben werden, um
beispielsweise größere zusammenhängende Bereiche zu erwärmen, was derartige Verfahren
in der Praxis relativ ineffektiv macht.
[0036] Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren lassen sich partielle Bereiche einer Platine,
insbesondere einer dreidimensional umgeformten Platine, beispielsweise gehärteter
Platinen aus UHS-Stahl, nachträglich in sehr variantenreicher und effektiver Weise
erwärmen, wobei die Dehnung des Werkstoffes auf einen für eine gezielte Deformation
ausreichenden Wert erhöht werden kann.
[0037] Mittels der erfindungsgemäß eingesetzten Brenner können Brennflecke beispielsweise
einer Fläche von bis zu 10 bis 20 cm
2 zur Verfügung gestellt werden. Als besonders bevorzugt erweisen sich Brenner, mittels
der Brennflächen einer Größe von 2 cm x 2 cm oder 4 cm x 2 cm zur Verfügung gestellt
werden können.
[0038] In Figur 2 ist eine bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäß einsetzbaren
Brennerkopfes dargestellt.
[0039] Ein erfindungsgemäß einsetzbarer vormischender Brennerkopf ist in Figur 2 mit 22
bezeichnet.
[0040] Mit einem erfindungsgemäß verwendeten vormischenden Wasserstoff-Sauerstoff-Brenner,
der über einen Kanal 221 verfügt, über den eine Wasserstoff-Sauerstoff-Mischung dem
Brennerkopf 22 zugeführt wird, kann eine sehr harte Brennerflamme erzeugt werden,
die eine sehr gute Energieübertragung gewährleistet. Insbesondere sind z. B. mit Ausnehmungen
oder komplexeren Konturen ausgebildete Bereiche zuverlässiger mit der nötigen Wärme
beaufschlagbar. Die entsprechende Gasmischung strömt hier also bereits als Gemisch
aus Brenndüsen 223 aus und wird dort entzündet.
[0041] Figur 3 zeigt einen Ablaufplan eines Verfahrens 100 gemäß einer besonders bevorzugten
Ausführungsform der Erfindung in schematischer Darstellung. In einem ersten Verfahrensschritt
101 werden entsprechende Platinen P aus einem Blech ausgestanzt. Diese werden in einem
Verfahrensschritt 102, beispielsweise mittels einer Beladungseinrichtung, in eine
erfindungsgemäße Warmumformanlage geladen. Dies kann kontinuierlich erfolgen. In einem
Schritt 103 werden die Platinen P in der Anlage vorgewärmt, wozu die zuvor erläuterten
Mittel zum Einsatz kommen können. In einem Schritt 104 erfolgt eine Austenitisierung,
wie ebenfalls zuvor erläutert. Nach der Austenitisierung werden die Platinen P in
einem Schritt 105 durch eine Transfereinrichtung in ein Presswerkzeug transferiert
und dort in einem Schritt 106 umgeformt bzw. gepresst und gleichzeitig abgeschreckt.
Nach Abschrecken im Presswerkzeug werden die pressgehärteten Platinen, welche in diesem
Zustand komplexe dreidimensionale Formen aufweisen können, mittels einer Nacherwärmungseinrichtung,
insbesondere einem vormischenden Wasserstoff-Sauerstoff- oder Brenngas-Sauerstoff-Mischer,
in der gewünschten Weise partiell erwärmt (Schritt 107), wodurch in den erwärmten
Bereichen ein Mischgefüge mit gewünschten Eigenschaften (z.B. verbesserter Dehnungsfähigkeit)
bereitgestellt werden kann.
1. Anlage zum Warmumformen von Platinen (P) mit wenigstens einer Erwärmungseinrichtung
(4) und wenigstens einer stromabwärtig der wenigstens einen Erwärmungseinrichtung
(4) angeordneten Presseinrichtung (2) zur Umformung der Platinen, dadurch gekennzeichnet, dass stromabwärtig der Presseinrichtung (2) wenigstens eine Nacherwärmungseinrichtung
(16) zur wenigstens partiellen Wärmebeaufschlagung der in der Presseinrichtung umgeformten
Platinen (P) vorgesehen ist.
2. Anlage nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Nacherwärmungseinrichtung (16) wenigstens einen vormischenden Wasserstoff-Sauerstoff-Brenner
oder einen vormischenden Brenngas-Sauerstoff-Brenner (18) aufweist.
3. Anlage nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Nacherwärmungseinrichtung (16) räumlich verschiebbar und/oder orientierbar ausgebildet
ist.
4. Anlage nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei der die Erwärmungseinrichtung (4)
als Austenitisierungseinrichtung ausgebildet ist.
5. Anlage nach einem der vorstehenden Ansprüche, die ferner wenigstens eine Beladeeinrichtung
(3) zum Beladen der Anlage mit Platinen und/oder wenigstens eine Transfereinrichtung
zum Transferieren der Platinen in die wenigstens eine Presseinrichtung und/oder wenigstens
eine Transfereinrichtung zum Transferieren der umgeformten Platinen zu der wenigstens
einen Nacherwärmungseinrichtung (16) aufweist.
6. Anlage nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Erwärmungseinrichtung (4) wenigstens einen Paternosterofen umfasst.
7. Anlage nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Erwärmungseinrichtung wenigstens einen vormischenden Wasser-Sauerstoff-Brenner
oder einen vormischenden Brenngas-Sauerstoff-Brenner aufweist.
8. Anlage nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Presseinrichtung (8) derart ausgebildet ist, dass die Platinen während ihrer
Umformung auf eine Temperatur zwischen Raumtemperatur und 300°C, insbesondere 150
bis 250°C oder weniger als 200°C abgekühlt werden.
9. Anlage nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass in der Nacherwärmungseinrichtung (16) erwärmte Bereiche der umgeformten Platine auf
Temperaturen von etwa 650 bis 850°C, insbesondere 700 bis 800°C, insbesondere um 750°C
erwärmt werden.
10. Verfahren zum Warmumformen von Platinen, bei denen die Platinen in einer Anlage nach
einem der vorstehenden Ansprüche geladen, in einer Erwärmungseinrichtung der Anlage
auf eine Austenitisierungstemperatur erwärmt werden, in einer Presseinrichtung umgeformt
und hierbei abgekühlt werden, und anschließend in einer Nacherwärmungseinrichtung
wenigstens partiell auf eine Temperatur von 650 bis 850°C, insbesondere 700 bis 800°C,
insbesondere 750°C, erwärmt werden.
11. Verfahren nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass beschichtete Platinen warm umgeformt werden, insbesondere dass mit Aluminiumsilizium
oder Zink beschichtete Platinen warm umgeformt werden.