[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Metallisieren einer Bauteiloberfläche.
[0002] Verfahren zum Metallisieren von Bauteiloberflächen werden umfangreich eingesetzt.
Ein Beispiel, auf das sich die vorliegende Erfindung auch vorzugsweise richtet, ist
die Metallisierung von Kunststoff-Bauteilen, insbesondere Fahrzeug-innenbauteilen.
Dabei kann es sich z. B. um Verblendungen oder Tasten in einem PKW handeln. Oft wird
hier aus ästhetischen Gründen oder auch zur Verbesserung der Reinigungseigenschaften
oder aus anderen Gründen eine Metalloberfläche gewünscht.
[0003] Der Erfindung liegt dabei die Aufgabe zugrunde, bei einem solchen Metallisierungsverfahren
eine einfache Möglichkeit anzugeben, einen bestimmten Teil der Oberfläche von der
Metallisierung auszunehmen.
[0004] Die Lösung besteht in einem Verfahren mit den folgenden Schritten:
- 1) Sulfonieren der Oberfläche zur Vorbereitung einer Bekeimung,
- 2) Abscheiden einer auf einen Teil der Oberfläche begrenzten nicht metallischen und
nicht leitfähigen Schutzschicht,
- 3) Bekeimung der sulfonierten Oberfläche mit einem Metall, insbesondere Palladium,
wobei die Bekeimung wegen der Abdeckung durch die Schutzschicht nicht auf dem von
der Schutzschicht eingenommenen Teil der Oberfläche erfolgt,
- 4) chemische Abscheidung einer Metallschicht auf der bekeimten Oberfläche, wobei auch
die chemische Abscheidung nicht auf dem von der Schutzschicht eingenommenen Teil der
Oberfläche erfolgt.
[0005] Bei der erfindungsgemäßen Metallisierung wird die (üblicherweise gereinigte) Oberfläche
durch eine Sulfonierung (optional gefolgt von einem Spülschritt) für eine Bekeimung
vorbereitet, z.B. für eine an sich bekannte Bekeimung mit Palladium. Der freizuhaltende
Bereich wird daraufhin mit einer Schutzschicht abgedeckt, die nicht metallisch und
nicht leitfähig ist. Dabei bezeichnet "nicht leitfähig" das Nichtvorhandensein einer
metallischen Leitfähigkeit; es geht um die Verhinderung einer späteren Metallisierung
bei einem bevorzugt nachfolgenden galvanischen Prozess.
[0006] In Folge der Schutzschicht ist ein Teil der Oberfläche für die Bekeimung nicht zugänglich.
Zudem wird es in vielen Fällen auch auf der Schutzschicht nicht zu einer Bekeimung,
jedenfalls nicht zu einer mit dem Rest der Oberfläche vergleichbaren Bekeimung, kommen,
weil die Sulfonierungs-Vorbehandlung fehlt.
[0007] Nach der Bekeimung wird dann mit einem chemischen, also außenstromlosen, Prozess
eine Metallschicht abgeschieden. Diese Metallschicht scheidet sich möglicherweise
selektiv ab, also nicht auf der Schutzschicht, weil dort, wie gesagt, keine oder keine
gleichwertige Bekeimung vorliegt. Selbst wenn sie sich auf der Schutzschicht abscheidet,
so kann sie später mit der Schutzschicht entfernt werden. Typische Schichtdicken betragen
0,1 bis 1 µm.
[0008] In vielen Fällen wird man die chemisch abgeschiedene Schicht verstärken, vorzugsweise
durch eine galvanische Metallisierung von einigen bis einigen Zig µm. Bevorzugte Beispiele
sind eine chemische Nickelschicht und darauf z.B. eine galvanische Nickelschicht und
möglicherweise eine abschließende Chromschicht.
[0009] Für die Bekeimung ist eine Behandlung mit Palladium-Ionen bevorzugt, also insbesondere
keine Bekeimung mit kolloidalem Palladium.
[0010] In vielen Fällen lösen sich praktisch geeignete Schutzschichtmaterialien bei dem
chemischen Metallisierungsschritt oder spätestens bei dem galvanischen Metallisierungsschritt.
Es können aber auch geeignete Reinigungsschritte aufgenommen werden. Bewährt hat sich
eine Abscheidung der Schutzschicht mit einem Druck-verfahren. Konkret kann z.B. ein
Tintenstrahldrucker eingesetzt werden. Die Druckertinte bildet bereits eine geeignete
Schutzschicht. Besonders gut funktioniert der erfindungsgemäße Prozess auf Kunststoffbauteilen,
und zwar vorzugsweise auf solchen, deren Kunststoff Doppelbindungen aufweist. Diese
Doppelbindungen sind gute Anlagerungsplätze für die Sulfonierung. Zur Sulfonierung
wird in gasförmigem Schwefeltrioxid behandelt, beispielsweise mit Oleum (rauchender
Schwefelsäure). Eine bevorzugte Materialgruppe sind die Polyaryl-Kunststoffe.
[0011] Bevorzugtes Anwendungsgebiet der Erfindung ist die Berücksichtigung von Fenstern
in dem Bauteil, insbesondere für sichtbares Licht, in besonderen Fällen aber auch
für Infrarot-Strahlung. Dann kann z.B. ein Leuchtsignal oder eine Lichtquelle zur
Beleuchtung oder auch ein mit entsprechender Strahlung funktionierender Sensor das
entsprechend transluzente Fenster nutzen.
[0012] Hierfür kann der Kunststoff einen Glasfaseranteil zur mechanischen Verstärkung und
zur Verbesserung der Transluzenz aufweisen (wobei Transluzenz grundsätzlich die Transparenz
beinhaltet). Bevorzugt liegt der Glasfaseranteil bei mindestens 50 Gewichtsprozenten.
In dieser Form sind unterschiedliche Materialstärken denkbar, von recht dünnen von
der Metallisierung abgedeckten und durch das Fenster freigehaltenen Wandabschnitten
mit einer Stärke im Zehntelmillimeterbereich bis zu einigen Millimetern. Ein besonderer
Vorteil liegt darin, dass vor allem bei einer Glasfaserverstärkung auch dicke (und
damit stabile) Materialien mit Stärken von über 2 oder sogar über 3 mm möglich sind.
[0013] Das erfindungsgemäß beschichtete Kunststoffbauteil kann insbesondere auch ein Zweikomponenten-Spritzgussbauteil
sein, bei dem mit einem der Spritzgussvorgänge ein transparentes oder allgemeiner
transluzentes Kunststofffenster in einem im Übrigen nach anderen Kriterien als der
Transluzenz gestalteten Bauteil erzeugt worden ist. In dem transluzenten Bereich kann
dann ein erfindungsgemäßes Fenster angeordnet werden.
[0014] Auch unabhängig von der Transluzenz kann der von der Schutzschicht abgedeckte Teil
der Oberfläche eine Öffnung in einer flächigen Metallisierung bilden, also eine Öffnung
in einer rundum geschlossenen und im Vergleich zu den Abmessungen der Öffnung deutlich
flächengrößeren Metallschicht. Eine solche Öffnung kann auch zur ästhetischen Gestaltung
dienen oder ein unter der Metallschicht liegendes Material aus anderen Gründen frei
lassen.
[0015] Bei dem Herstellungsprozess ist das Aufbringen der Schutzschicht vor der Bekeimung
auch deswegen vorteilhaft, weil der Prozess damit besonders einfach ausgeführt werden
kann. Insbesondere können die Teile an einem üblichen Galvanikgestell aufgehängt werden
und bleiben, also die verschiedenen Prozessstufen (etwa die in den Ansprüchen so bezifferten
Schritte 3 bis 5 und bei Bedarf weitere) ohne weiteres Umhängen oder Ummontieren durchlaufen.
Für die Sulfonierung ist aber ohnehin ein weiteres Gestell von Vorteil, weswegen hier
ein nachfolgendes Umhängen kaum vermieden werden kann. Insoweit erzeugt die erfindungsgemäße
Aufbringung der Schutzschicht keinen wesentlichen Mehraufwand.
[0016] Die Erfindung bezieht sich, wie vorstehend erläutert, auf ein Herstellungsverfahren,
aber auch auf ein fertiges Fahrzeuginnenbauteil oder ein anderes hergestelltes Erzeugnis,
bei dessen Herstellung unter anderem das erfindungsgemäße Verfahren angewendet wurde,
wobei eine weitere Verarbeitung nicht ausgeschlossen ist. Die Erfindung bezieht sich
auch auf die Verwendung eines sulfonierten und mit der Schutzschicht gemäß Anspruch
1 teilweise bedeckten Bauteils zum Metallisieren gemäß Anspruch 1, das heißt durch
Bekeimung und nachfolgende chemische Abscheidung. Die verschiedenen Merkmale und Rückzugspositionen
sollen auch hierfür offenbart sein.
[0017] Im Folgenden wird die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert.
[0018] In an sich bekannter Weise wird in einem Zweikomponenten-Spritzgussverfahren ein
Schalter oder Taster für einen KFZ-Innenraum hergestellt. Dieses Bauteil besteht aus
glasfaserverstärktem Polyaryl-Kunststoff mit einem Glasfaseranteil von 60 Gewichtsprozent
und einem transluzenten Teil.
[0019] Dieses zu beschichtende Bauteil wird zunächst gereinigt und dann in gasförmigem Schwefeltrioxid
für eine Minute sulfoniert. Grundsätzlich sind für die Sulfonierung Behandlungszeiten
zwischen 10 Sekunden (vorzugsweise 20, 30, 40 oder 50 Sekunden) und 10 Minuten (vorzugsweise
9, 8, 7, 6 bzw. 5 Minuten) sinnvoll.
[0020] Die sulfonierte Oberfläche wird zunächst mit Wasser gespült, und dann in dem transluzenten
Teil mit einem Tintenstrahldrucker bedruckt, wobei der Tintenstrahldrucker durch einen
Computer gesteuert ein bestimmtes Symbol druckt, das der durch den Taster zu betätigenden
Funktion in dem KFZ entspricht, z.B. einem Sitzheizungssymbol. Die Druckertinte wird
nicht weiter behandelt und schützt die darunter liegende Teiloberfläche vor den nächsten
Schritten.
[0021] Danach erfolgt eine Bekeimung in einer ionogenen Palladiumlösung. Dabei lagern sich
an der Oberfläche Palladiumionen an und können in einer nachfolgenden reduzierenden
Lösung zu metallischen Palladiumkeimen reduziert werden.
[0022] An die Palladiumkeime kann sich dann in einem üblichen chemischen Nickelabscheidungsschritt
eine Nickelschicht anlagern. Diese wird in einem zweiten galvanischen Schritt wiederum
mit Nickel verstärkt. Anschließend kann eine sogenannte saure Kupferschicht galvanisch
abgeschieden und das Bauteil schließlich mit einer Chromschicht galvanisch abgedeckt
werden.
[0023] Erfahrungsgemäß löst sich die Druckertinte bereits während des chemischen Nickelschritts
und spätestens beim galvanischen Nickelschritt. Da in dem von der Tinte abgedeckten
Oberflächenteil keine metallische Grundlage vorliegt und keine Leitfähigkeit gegeben
ist, scheiden sich die übrigen Metallschichten dort nicht ab sondern bleibt ein sauber
definiertes Fenster bestehen. Durch dieses Fenster kann z.B. das Licht einer LED den
Betätigungszustand des Schalters anzeigen, also z.B. bei eingeschalteter Sitzheizung
leuchten.
[0024] Im Prinzip wäre in gleicher Form aber auch ein im sichtbaren oder Infrarot-Bereich
arbeitender Sensor hinter dem Fenster denkbar oder sogar die Durchsicht auf eine komplexere
Anzeige als ein einfaches Leuchtsymbol.
[0025] Während des Sulfonierungsschritts hängt das Bauteil mit anderen typgleichen Bauteilen
in einem Edelstahlgestell und wird nach dem Bedrucken dann in ein PVC-beschichtetes
Galvanikgestell umgehängt. In diesem verbleibt es für den restlichen Prozess bis einschließlich
zur Chrombeschichtung, sodass der Druckschritt den Metallisierungsprozess unwesentlich
verkompliziert.
1. Verfahren zum Metallisieren einer Oberfläche eines Bauteils mit den folgenden Schritten
in der folgenden Reihenfolge:
1) Sulfonieren der Oberfläche zur Vorbereitung einer Bekeimung,
2) Abscheiden einer auf einen Teil der Oberfläche begrenzten nicht metallischen und
nicht leitfähigen Schutzschicht,
3) Bekeimung der sulfonierten Oberfläche mit einem Metall, insbesondere Palladium
(Pd), wobei die Bekeimung wegen der Abdeckung durch die Schutzschicht nicht auf dem
von der Schutzschicht eingenommenen Teil der Oberfläche erfolgt,
4) chemische Abscheidung einer Metallschicht auf der bekeimten Oberfläche, wobei auch
die chemische Abscheidung nicht auf dem von der Schutzschicht eingenommenen Teil der
Oberfläche erfolgt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem auf den Schritt 4) folgt:
5) Galvanische Abscheidung einer Metallschicht auf der chemisch abgeschiedenen Metallschicht.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, bei dem die Pd-Bekeimung mit ionischem Pd erfolgt
und die angelagerten Pd-lonen nachfolgend und vor der chemischen Abscheidung der Metallschicht
im Schritt 4) chemisch reduziert werden.
4. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem im Schritt 4) eine Nickelschicht
abgeschieden wird.
5. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem die Schutzschicht im Schritt
2) mit einem Druckverfahren abgeschieden wird.
6. Verfahren nach Anspruch 5, bei der die Schutzschicht aus Druckertinte besteht.
7. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem sich die Schutzschicht bei
dem chemischen Abscheiden in Schritt 4) und/oder bei dem galvanischen Abscheiden im
Schritt 5) auflöst.
8. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem das Bauteil aus einem Kunststoff
besteht, insbesondere einem Kunststoff mit einer Polymerstruktur, die Doppelbindungen
aufweist, vorzugsweise einem Polyaryl-Kunststoff.
9. Verfahren nach Anspruch 8, bei dem der Kunststoff glasfaserverstärkt ist, insbesondere
mit einem Glasfaseranteil von mindestens 50 Gewichtsprozent.
10. Verfahren nach Anspruch 8 oder 9, bei dem das Bauteil in dem von der Schutzschicht
abgedeckten Teil seiner Oberfläche eine Dicke senkrecht zu der Oberfläche zwischen
0,1mm und 10mm aufweist.
11. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem der von der Schutzschicht
abgedeckte Teil der Oberfläche nach Entfernen der Schutzschicht und nach Schritt 4)
ein transluzenter Teil des Bauteils ist oder zu diesem gehört.
12. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem der von der Schutzschicht
abgedeckte Teil der Oberfläche und nach Schritt 4) eine Öffnung in einer flächigen
Metallisierung auf der Oberfläche ist.
13. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem nach der Sulfonierung im
Schritt 1 alle weiteren Schritte bei Anbringung des Bauteils an ein und demselben
Galvanikgestell durchgeführt werden.
14. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem ein Fahrzeuginnenbauteil
hergestellt wird.
15. Fahrzeuginnenbauteil mit einer Metallschicht, hergestellt unter Einschluss eines Verfahrens
nach einem der vorstehenden Ansprüche.