(19)
(11) EP 3 133 368 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
22.02.2017  Patentblatt  2017/08

(21) Anmeldenummer: 16001370.2

(22) Anmeldetag:  17.06.2016
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
F42C 19/08(2006.01)
F42C 19/095(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
MA MD

(30) Priorität: 18.08.2015 DE 102015010855

(71) Anmelder: TDW Gesellschaft für verteidigungstechnische Wirksysteme mbH
86529 Schrobenhausen (DE)

(72) Erfinder:
  • Graswald, Markus
    85276 Pfaffenhofen an der Ilm (DE)
  • Florian, Johann
    86529 Schrobenhausen (DE)
  • Gutser, Raphael
    86391 Stadtbergen (DE)

(74) Vertreter: Krebs, Jörg 
Airbus Defence and Space GmbH Patentabteilung
81663 München
81663 München (DE)

   


(54) VORRICHTUNG ZUR ÜBERWACHUNG EINER ZÜNDEINRICHTUNG


(57) Zur Vermeidung einer unerwünschten Volldetonation einer leistungsgesteuerten Wirkladung wird ein Überwachungssystem zur Kontrolle des normalen Ablaufs der Initiierung vorgeschlagen.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Überwachung der Initiierung eines Wirksystems , umfassend wenigstens einen Sensor im Bereich der Sprengladung und/oder im Bereich wenigstens einer Zündeinrichtung für die Sprengladung des Wirksystems, sowie eine Steuerungseinrichtung zur Auswertung der Sensor-Ausgangssignale welche mit wenigstens einer Zündeinrichtung nach Maßgabe der Auswertung steuernd verbunden ist
Für eine flexible Leistungssteuerung wurden bereits skalierbare Wirksystemkonzepte vorgeschlagen, deren kompaktes Zündsystem zwei Zündkreise und zwei pyrotechnische Ausgänge vereint, die mit einer Zeitsteuerung verknüpft werden können. Damit lassen sich verschiedene Wirkmodi realisieren, von der kontrollierten Deflagration als minimaler Wirkung über zeitlich versetzte, kombinierte Reaktionsmechanismen als Zwischenwirkungen bis hin zur klassischen Detonation mit der maximalen Wirkung. Durch diese räumliche Kombination von Deflagrator und Detonator in einem kompakten Zündsystem ergeben sich zahlreiche praktische und operative Vorteile.

[0002] Es sind bereits Sensoren bekannt geworden, die den Verlauf einer Deflagrationsfront in der Sprengladung eines derartigen Wirksystems erfassen und auswerten können. Die DE 10 2012 006 044 B3 beschreibt ein derartiges Verfahren und eine dazu geeignete Vorrichtung, mit deren Hilfe nach der Initiierung einer Deflagration der Sprengladung auch der Zündzeitpunkt einer weiteren Zündkette ermittelt werden kann.

[0003] Aus der Anwendung eines solchen Wirksystems ergeben sich spezifische Anforderungen an das Zündsystem, um bei Anwahl eines subdetonativen Wirkmodus mit hoher Funktionszuverlässigkeit sicherzustellen, dass es zumindest zu keiner stärkeren Umsetzung der Sprengladung als der gewählten kommt. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Deflagratorzündkreis versagt oder aus anderen Gründen die Einleitung der Deflagrationsreaktion nicht erfolgt und der zeitlich versetzte Detonatorzündkreis die detonative Umsetzung der Sprengladung einleitet. Dies würde dann zur maximalen oder wenigstens einer höheren Leistung als beabsichtigt führen. Damit wären dann eigene Truppen in der Nähe gefährdet oder unbeabsichtigte Begleitschäden an Nichtkombattanten oder Gebäuden die Folge.

[0004] Weniger kritisch sind dabei Fälle, bei denen der Detonatorzündkreis versagt, was zur minimalen Wirkung führt, oder wenn beide Zündkreise versagen. Während der erste Fall aus operativer Sicht akzeptabel sein dürfte, resultiert letzter Punkt in einem Versager mit einer nicht umgesetzten Sprengladung. Um die Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses gering zu halten, ist wie bisher durch das Zündsystemdesign und entsprechende Bauteilauswahl Rechnung zu tragen. Zudem wird dies in der Praxis gegenüber einer höheren Leistung als beabsichtigt grundsätzlich zu bevorzugen sein.

[0005] Der vorliegenden Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, die Funktionssicherheit des Zündsystems gegenüber bisher Bekanntem mit Hilfe geeigneter Maßnahmen nach einer ausbleibenden subdetonativen Reaktion wie beispielsweise einer Deflagration zu erhöhen.

[0006] Diese Aufgabe wird gemäß der Erfindung dadurch gelöst, dass wenigstens ein Sensor am Ausgang einer ersten Zündeinrichtung für die subdetonative Initiierung der Sprengladung angeordnet ist, dass die Steuerungseinrichtung mit einer weiteren Zündeinrichtung verbunden ist und diese nach Maßgabe des vom Sensor gelieferten und in der Steuerungseinrichtung bewerteten Signals frei gibt oder sperrt, und dass wenigstens ein Sensor für die Erfassung von Druck, Temperatur, Licht, elektrischer Strom oder Änderung mechanischer Zustände ausgelegt ist.

[0007] Weitere Ausführungsformen der erfindungsgemäßen Vorrichtung sind in den weiteren abhängigen Ansprüchen beschrieben.

[0008] Die Vorteile des Vorschlags bestehen darin, dass die Funktionszuverlässigkeit des Zündsystems sowohl schaltungstechnisch als auch durch geeignete Auswahl der elektrischen Bauteile und der One-Shot-Devices wie Detonatoren und EFIs (Exploding Foil Initiator) beeinflusst werden kann. Im Fall eines kompakten Zündsystems mit zwei Zündkreisen ergeben sich hieraus weitere Maßnahmen, um eine Auslösung des Detonators bei Versagen des Deflagrators und somit dem Ausbleiben der Deflagrationsinitiierung zu unterdrücken. Neben dem Ausbleiben der Deflagration der Wirkladung könnte auch eine vorzeitige Detonation zu einer stärkeren Ausgangsleistung führen. Die nachfolgend beschriebenen Maßnahmen konzentrieren sich allerdings in erster Linie auf den ersten Fall.

[0009] Hierzu können Maßnahmen wie die Verschaltung des Minimummodus als Standardeinstellung nach Schärfung des Zündsystems, eine redundante Auslegung des Deflagrators mit Hochspannungszündkreisen und pyrotechnischen Ausgängen oder auch eine räumliche Separierung der Hochspannungszündkreise von Deflagrator und Detonator beitragen.

[0010] Vorausgesetzt wird auch, dass geeignete Maßnahmen getroffen werden, um eine sympathetische Initiierung und / oder elektrische Triggerung zwischen Deflagrator und Detonator zu verhindern. Dies kann durch das Zündsystemdesign und geeignete Materialauswahl für entsprechende Barrieren zur Schockdämpfung erfolgen. Das Risiko des elektrischen Übersprechens kann schaltungstechnisch durch die Trennung der elektrischen Energieversorgung und durch Masseverbindungen sowie Isolatoren wie Optokopplern zwischen Niedrig- und Hochspannungsteil des Zündsystems verringert werden.

[0011] Demgegenüber kann ein Sensor, der das pyrotechnische Ereignis der deflagrativen Umsetzung der Sprengladung anhand geeigneter physikalischer Größen detektiert, zu einer weiteren Verbesserung der Zuverlässigkeit von Zündsystem und Wirkteil führen. Durch Verknüpfung des Sensors mit der Kontrolleinheit des Zündsystems, in der sich auf die Zeitsteuerungslogik für die Wirkmodi befindet, wird erst nach positiver Detektion des Deflagrationsereignisses der Detonator freigegeben und ausgelöst.

[0012] Als Messeinrichtung können Druck-, Temperatur-, optische oder elektrische Sensoren oder Sensoren, die die Änderung mechanischer Zustände detektieren, zum Einsatz kommen. Diese Sensoren können auch mit einem Entlüftungskanal zur Druckentlastung nach Initiierung der subdetonativen Reaktion kombiniert werden.

[0013] Die Messeinrichtung lässt sich vorteilhaft damit kombinieren, dass der Hochspannungskreis für den Detonator erst scharf geschaltet und mit Spannung versorgt wird, sobald das Deflagrationsereignis positiv sensiert wurde. Auch können die Hochspannungszündkreise für Deflagrator und Detonator mit dem Hochspannungskonverter in einer Master-Slave-Anordnung verschaltet sein.

[0014] Durch derartige Maßnahmen lässt sich schließlich die Funktionszuverlässigkeit erhöhen, um eine höhere Leistung des Wirksystems als ursprünglich angewählt oder beabsichtigt zu verhindern. Sie bieten zudem den Vorteil, dass sie sich entweder direkt im oder in räumlicher Nähe des Zündsystems ausführen lassen.

[0015] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in den Figuren der Zeichnung dargestellt und wird im Folgenden näher beschrieben. Es zeigen:
Fig. 1:
ein Blockschaltbild einer erfindungsgemäßen Vorrichtung,
Fig. 2:
eine mögliche Anordnung der Baugruppen im Bereich der Zündeinrichtungen.


[0016] In der Figur 1 ist schematisch vereinfacht ein Blockschaltbild der Vorrichtung gemäß der Erfindung dargestellt. Ein Hochspannungsnetzteil HS-NT versorgt nicht nur die Steuerungseinrichtung ZS-ST für das Zündsystem, sondern auch beide Zündsysteme ZS-A und ZS-B, die EFI's EFI und die Zündketten ZK-A und ZK-B.

[0017] Die Steuerungseinrichtung ZS-ST führt diverse Aufgaben im Rahmen der sicheren Zündauslösung oder der Reduzierung von Gefahren im Fall einer Fehlfunktion bei der subdetonativen Initiierung der Sprengladung aus.

[0018] Hier wird zum einen die zeitlich gesteuerte Verteilung von elektrischer Energie in Form von Niederspannung und Hochspannung zur Versorgung der Baugruppen durchgeführt. Von hier werden zum anderen Steuersignale an alle beteiligten Baugruppen gesendet und die von dort empfangenen Antworten ausgewertet.

[0019] In der Steuerungseinrichtung ZS-ST wird das Ausgangssignal des Sensors ZK-A-Ü ausgewertet, welcher die Funktion der ersten Zündkette ZK-A überwacht. Erst wenn die einwandfreie Funktion dieser Zündkette bestätigt wird erzeugt die Steuerungseinrichtung ein Freigabesignal für das weitere Zündsystem ZS-B und die weitere Zündkette ZK-B. Fällt eine der Baugruppen mit Fehlfunktion aus wird die detonative Initiierung der Sprengladung konsequent verhindert.

[0020] Die Skizze in Figur 2 stellt stark vereinfacht die örtliche Lage der Baugruppen in einer möglichen Ausführungsform eines Zündsystems gemäß der Erfindung dar. Im zentralen Bereich der etwa zylindrischen Gesamtanordnung befinden sich die bereits genannten Baugruppen der Zündeinrichtungen. Rechts ist die Stromversorgung HS-NT erkennbar, daneben die Steuerungseinrichtung ZS-ST. Weiter nach Links folgen nacheinander die verschiedenen Intensitätsstufen der beiden Zündketten. Ganz links wäre die nicht dargestellte Sprengladung platziert.

[0021] Zur Druckentlastung bei der Initiierung sind um die zentral angeordneten Baugruppen Entlüftungskanäle angeordnet, die auf der rechten Seite in die freie Umgebung münden. Beispielhaft wurde dort der Sensor ZS-A-Ü platziert, der die ordnungsgemäße Funktion der Zündkette ZK-A detektiert und dies an Steuereinheit ZS-ST meldet. Erst dann wird das zweite Zündsystem ZS-B und die dazugehörige Zündkette ZK-B freigegeben.

Vorrichtung zur Überwachung einer Zündeinrichtung



[0022] 
Bezugszeichenliste:
Bezugszeichen Beschreibung
ZK-A-U Überwachung der ersten Zündkette (Watchdog)
ZS-ST Steuerunqseinrichtung Zündsystem
HS-NT Hochspannunqsnetzteil
ZS-A Erstes Zündsystem (Master)
ZS-B Weiteres Zündsystem (Slave)
ZK-A Erste Zündkette (Master)
ZK-B Weitere Zündkette (Slave)
EFI Exploding Foil Initiator



Ansprüche

1. Vorrichtung zur Überwachung der Initiierung eines Wirksystems , umfassend wenigstens einen Sensor im Bereich der Sprengladung und/oder im Bereich wenigstens einer Zündeinrichtung für die Sprengladung des Wirksystems, sowie eine Steuerungseinrichtung zur Auswertung der Sensor-Ausgangssignale, welche mit wenigstens einer Zündeinrichtung nach Maßgabe der Auswertung steuernd verbunden ist,
dadurch gekennzeichnet,
dass wenigstens ein Sensor am Ausgang einer ersten Zündeinrichtung () für die subdetonative Initiierung () der Sprengladung () angeordnet ist,
dass die Steuerungseinrichtung () mit einer weiteren Zündeinrichtung () verbunden ist und diese nach Maßgabe des vom Sensor gelieferten und in der Steuerungseinrichtung bewerteten Signals frei gibt oder sperrt,
dass wenigstens ein Sensor für die Erfassung von Druck, Temperatur, Licht, elektrischer Strom oder Änderung mechanischer Zustände ausgelegt ist.
 
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuerungseinrichtung auf die Zündkreise für die subdetonative Initiierung und/oder die detonative Initiierung einwirkt.
 
3. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuerungseinrichtung mit wenigstens einem Detektor für Umweltbedingungen verbunden ist und das Sperr- oder Freigabesignal dahingehend korrigiert werden kann
 
4. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass wenigstens einer der Sensoren physikalische Effekte einer subdetonativen Initiierung detektiert.
 
5. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass wenigstens einer der Sensoren in oder in der Nähe eines Entlüftungskanals angeordnet ist, der von der Zündeinrichtung für die subdetonative Initiierung zur Druckentlastung in die freie Umgebung führt.
 
6. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass der Hochspannungskreis für die weitere Zündeinrichtung erst nach Sensierung der anlaufenden subdetonativen Reaktion scharf geschaltet und mit Spannung versorgt und/oder für die Zündung freigegeben wird.
 
7. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass für die Steuerungseinrichtung die Detektion einer subdetonativen Reaktion als Grundeinstellung wählbar ist oder dass der Zündkreis für diese Reaktion unabhängig vom gewählten Wirkmodus des Wirksystems immer zuerst anwählbar ist.
 
8. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuerungseinrichtung mit mindestens zwei Hochspannungszündkreisen verbunden ist und/oder mindestens zwei Zündeinrichtungen vorhanden sind.
 
9. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuerungseinrichtung mit dem Hochspannungszündkreis für die erste Zündeinrichtung für die Initiierung der subdetonativen Reaktion verbunden ist und dann in Master-Slave-Funktion der Hochspannungszündkreis für die weitere Zündeinrichtung für die detonative Initiierung nachgeschaltet ist.
 
10. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass eine Schock dämpfende Barriere zwischen der ersten und der weiteren Zündeinrichtung angeordnet ist.
 
11. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass ein Sensor einen Temperaturfühler enthaltend Manganin aufweist.
 




Zeichnung










Recherchenbericht












Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente