[0001] Die Erfindung betrifft ein Leichtmetallgussbauteil, insbesondere für ein Kraftfahrzeug,
das aus einer untereutektischen Aluminium-Gusslegierung hergestellt ist. Die Erfindung
betrifft ferner ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Leichtmetallgussbauteils.
[0002] Der vor allem in der Kraftfahrzeugindustrie vorliegende Trend in Richtung Leichtbau
und Insassenschutz führt zur vermehrten Entwicklung von hochfesten und höchstfesten
Bauteilen, die ein geringeres Gewicht als herkömmliche Bauteile bei zumindest gleichen
Festigkeitseigenschaften aufweisen. Es ist bekannt, dass Leichtmetallräder für Kraftfahrzeuge
mittels Gießen oder Schmieden hergestellt werden können. Die Anforderungen an die
Gussformen und die verwendende Legierung unterscheiden sich beim Schmieden und beim
Gießen.
[0003] Geschmiedete Leichtmetallräder haben eine außerordentliche Festigkeit, die eine schlankere
und leichtere Bauweise als bei vergleichbaren Stahlfelgen erlaubt. Durch die hohen
Festigkeiten lassen sich ferner verhältnismäßig dünne Wandungen und Speichen konstruieren,
was zu einem geringen Gewicht führt. Die Herstellung erfolgt üblicherweise durch Kokillenguss
aus einer Knetlegierung. Die Kokille ist in der Regel flach und entspricht lediglich
im Durchmesser in etwa dem Endprodukt. Nach dem Gießen wird der Rohling bei ca. 500°C
stufenweise mit bis zu Zweitausend Tonnen Druckkraft in eine Form gepresst. Damit
ist die eigentliche Felgenschüssel fertig. Anschließend wird das Felgenbett durch
Walzen hergestellt und es erfolgt eine spanabhebende Bearbeitung. Schmiederäder sind
verglichen mit Gussrädern viel stärker mit festigkeitssteigernden Legierungselementen
wie Magnesium, Silizium und Titan legiert.
[0004] Beim Gießen ist die Form der Kokille nah an der Endform des herzustellenden Bauteils
gestaltet. Nach einer Möglichkeit kann das Gießen im Niederdruckguss mit etwa 1 bar
von unten nach oben erfolgen. Alternativ hierzu kann auch ein Druckgussverfahren verwendet
werden, bei dem die flüssige Schmelze unter hohem Druck von etwa 10 bis 200 MPa in
eine vorgewärmte Kokille gepresst wird, wo sie dann erstarrt. Die Schmelze verdrängt
die in der Kokille vorhandene Luft und wird während des Erstarrungsvorganges unter
Druck gehalten. Nach dem Verlassen der Kokille wird das Bauteil spanend bearbeitet.
Gussräder haben verglichen mit geschmiedeten Rädern meist nur einen sehr geringen
Anteil von Fremdmetallen wie Titan.
[0005] Bei im Wege des Gießverfahrens hergestellten Bauteilen hängen die Gießeigenschaften
von Metalllegierungen und die mechanischen Eigenschaften des fertigen Bauteils wesentlich
von der Korngröße ab. Durch eine kornfeinende Schmelzebehandlung können die statischen
und dynamischen Festigkeitswerte in Gussstücken und das Speisungsvermögen der Schmelze
in der Form sowie ihr Fließvermögen verbessert werden. Die Erstarrung vieler metallischer
Legierungen beginnt mit der Bildung von Kristallen, die ausgehend von Keimstellen,
nach allen Seiten wachsen, bis sie an das Nachbarkorn oder an die Formwand anstoßen.
[0006] Für eine hohe Festigkeit des herzustellenden Bauteils ist wünschenswert, die Größe
der Körner möglichst gleichmäßig beziehungsweise möglichst fein einzustellen. Hierfür
wird häufig eine sogenannte Kornfeinung durchgeführt, wobei der erstarrenden Schmelze
möglichst viele Keimbildner (Fremdkeime) angeboten werden.
[0007] Aus der
DE 10 2006 039 684 B4 ist ein Aluminium-Sicherheitsbauteil für den Automobilbau bekannt, das aus einer
Aluminium-Silizium-Druckgusslegierung hergestellt ist. Die Druckgusslegierung weist
1,0 bis 5,0 Gewichtsprozent Silizium, 0,05 bis 1,2 Gewichtsprozent Chrom und als Rest
Aluminium und unvermeidbare Verunreinigungen auf. Durch das Chrom soll eine verbesserte
Gießbarkeit und Ausformbarkeit erreicht werden. Die Druckgusslegierung kann ferner
Titan mit einem Gehalt von 0,01 bis 0,15 Gewichtsprozent aufweisen, wobei Titan als
Kornfeiner wirkt, insbesondere wenn es zusammen mit Bor eingesetzt wird.
[0008] Aus der
EP 0 601 972 A1 ist eine untereutektische Aluminium-Silizium-Gusslegierung bekannt, die eine Vorlegierung
als Kornfeinungsmittel enthält. Die Gusslegierung beinhaltet einen Siliziumgehalt
von 5 bis 13 Gewichtsprozent und kann ferner Magnesium mit einem Anteil von 0,05 bis
0,6 Gewichtsprozent beinhalten. Die Vorlegierung enthält 1,0 bis 2,0 Gewichtsprozent
Titan und 1,0 bis 2,0 Gewichtsprozent Bor. Die Aluminium-Silizium-Gusslegierung wird
zur Herstellung von Felgen für Kraftfahrzeuge durch Niederdruckkokillenguss verwendet.
Der Zusatz der Vorlegierung erfolgt, in Bezug auf die Gesamtmenge der Schmelze, in
einer Menge von 0,05 bis 0,5 Gewichtprozent.
[0009] Aus der
DE 692 33 286 T2 ist beispielsweise ein Verfahren zur Kornfeinung von Aluminium und Aluminium-Legierungen
bekannt, bei dem eine feste Silizium-Bor-Legierung zu geschmolzenem Aluminium oder
geschmolzener Aluminium-Legierung zugesetzt wird. Die resultierende Schmelze enthält
etwa 9,6 Gewichtsprozent Silizium und wenigstens 50 ppm Bor. Das aus der Schmelze
hergestellte Bauteil hat Korngrößen im Bereich von 300 Mikrometern.
[0010] Aus der
EP 1 244 820 B1 ist ein Verfahren zur Kornfeinung von hochfesten Aluminiumgusslegierungen bekannt,
um ein Gusserzeugnis mit einer Korngröße von weniger als 125 Mikrometern zu erreichen.
Hierfür werden verschiedene Legierungen vorgeschlagen, beispielsweise eine Legierung
mit mehr als 3,8 Gewichtsprozent Kupfer, maximal 0,1 Gewichtsprozent Silizium und
0,25 bis 0,55 Gewichtsprozent Magnesium, oder eine Legierung mit mehr als 4,5 und
weniger als 6,5 Gewichtsprozent Zink, maximal 0,3 Gewichtsprozent Silizium und 0,2
bis 0,8 Gewichtsprozent Magnesium. Zur Kornfeinung wird der Schmelze gelöstes Titan
mit einer Korngröße von weniger als 125 Mikrometer in einer Menge von 0,005 bis 0,1
Gewichtsprozent sowie Boride zugefügt.
[0011] Aus der
EP 2 848 333 A1 ist ein Verfahren zur Herstellung eines metallischen Bauteils mittels eines Gieß-
und Formwerkzeugs bekannt, mit den Schritten: Gießen einer Schmelze in das Gieß- und
Formwerkzeug bei einem ersten Druck, Druckbeaufschlagen der erstarrenden Schmelze
in dem Werkzeug mit einem größeren zweiten Druck, und Verdichten des aus der Schmelze
erstarrten Bauteils in dem Werkzeug mit einem größeren dritten Druck.
[0012] Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Leichtmetallgussbauteil
mit einem feinkörnigen Gefüge vorzuschlagen, das gute Festigkeitseigenschaften hat
und einfach herstellbar ist. Die Aufgabe besteht ferner darin, ein entsprechendes
Verfahren zur Herstellung eines solchen Leichtmetallgussbauteils vorzuschlagen.
[0013] Eine Lösung besteht in einem Leichtmetallgussbauteil, das aus einer untereutektischen
Aluminium-Gusslegierung hergestellt ist, wobei das Leichtmetallgussbauteil 3,5 bis
5,0 Gewichtsprozent Silizium und 0,2 bis 0,7 Gewichtsprozent Magnesium enthält, und
wobei das Leichtmetallgussbauteil eine mittlere Korngröße von maximal 500 Mikrometern
aufweist.
[0014] Ein Vorteil des Leichtmetallgussbauteils besteht darin, dass dieses aufgrund des
verhältnismäßig geringen Silizium-Anteils im Wege des Niederdruckgießens herstellbar
ist und aufgrund des feinkörnigen Gefüges gute mechanische Eigenschaften, insbesondere
im Hinblick auf die Festigkeit, Duktilität, Bruchdehnung und Porosität aufweist.
[0015] Die Zugfestigkeit (Rm) des Leichtmetallgussbauteils beträgt vorzugsweise mindestens
270 N/mm
2 aufweist, insbesondere mindestens 300 N/mm
2, beziehungsweise mindestens 320 N/mm
2.
[0016] Durch den verhältnismäßig geringen Silizium-Anteil von weniger als 5 Gewichtsprozent
ergibt sich eine untereutektische Aluminium-Silizium-Legierung. Das hieraus hergestellte
Leichtmetallgussbauteil hat eine hohe Duktilität und Bruchdehnung. Die Bruchdehnung
(A5) des Leichtmetallgussbauteils beträgt mindestens 5 %, insbesondere mindestens
8 %. Die Bruchdehnung kann unterhalb der für ein Schmiedeteil üblichen Bruchdehnung
liegen, insbesondere unterhalb 12 %.
[0017] Das Leichtmetallgussbauteil hat vorzugsweise eine Streckgrenze (Rp0,2) von mindestens
220 N/mm
2, insbesondere von mindestens 250 N/mm
2, beziehungsweise von mindestens 280 N/mm
2.
[0018] Vorzugsweise hat das Leichtmetallgussbauteil eine maximale Porosität von weniger
als 0,5 %, insbesondere von weniger als 0,1 %. Die niedrige Porosität trägt ebenfalls
zu guten Festigkeitseigenschaften und Zähigkeit bei. Das Leichtmetallgussbauteil kann
eine Oberflächenrauhigkeit von weniger als 50 Mikrometern aufweisen, insbesondere
von weniger als 20 Mikrometern.
[0019] Die geringe Oberflächenrauigkeit von weniger als 50 Mikrometern trägt zu besonders
guten mechanischen Kennwerten der Oberflächenbeschaffenheit des Bauteils bei. Nach
einer bevorzugten Ausgestaltung hat das Leichtmetallgussbauteil in einem Rohgussoberflächenbereich
eine Streckgrenze (Rp0,2) von mindestens 280 N/mm
2, eine Bruchdehnung (A5) von mindestens 8 % sowie eine Zugfestigkeit (Rm) von mindestens
320 N/mm
2. Dabei ist mit Rohgussoberflächenbereich ein Bereich des nach dem Gießen unbearbeiteten
Rohgussbauteils mit einer Tiefe von bis zu 1,0 mm von der Bauteiloberfläche gemeint.
[0020] Hauptlegierungselemente der für die Herstellung des Leichtmetallgussbauteils verwendeten
Gusslegierung sind Aluminium und Silizium. Insofern kann die Gusslegierung auch als
Aluminium-Silizium-Gusslegierung bezeichnet werden.
[0021] Die Gusslegierung kann neben Aluminium, Silizium und Mangan noch weitere Legierungselemente
beziehungsweise nicht vermeidbare Verunreinigungen beinhalten. Der Anteil an weiteren
Legierungselementen und unvermeidbaren Verunreinigungen beträgt insbesondere weniger
als 1,5 Gewichtsprozent bezogen auf das Gesamtgewicht des Leichtmetallgussbauteils,
vorzugsweise weniger als 1,0 Gewichtsprozent. Demnach weist die Aluminium-Silizium-Gusslegierung
insbesondere mindestens 93 Gewichtsprozent, vorzugsweise mindestens 95 Gewichtsprozent
Aluminium auf.
[0022] Grundsätzlich ist es wünschenswert, dass das herzustellende Leichtmetallgussbauteil
gute mechanische Eigenschaften, insbesondere eine hohe Festigkeit aufweist. Auf der
anderen Seite können festigkeitssteigernde Legierungselemente zu einer erhöhten Korrosionsneigung
führen, welche wiederum ungewünscht ist.
[0023] Es ist daher insbesondere vorgesehen, dass der Anteil an festigkeitssteigernden Legierungselementen
möglichst niedrig ist, damit das Leichtmetallgussbauteil eine hohe Korrosionsbeständigkeit
aufweist. Die Korrosionsbeständigkeit sollte derart hoch sein, dass die einschlägigen
Korrosionstests für das jeweilige Leichtmetallgussbauteil erfüllt werden. Normierte
Korrosionstests sind beispielsweise in EN ISO 9227 oder ASTM B117 beschrieben. Je
nach Bauteil sollten auch Korrosionstests, die sich auf die Außenbeanspruchung von
Kraftfahrzeugen beziehen, wie der CASS-Test (copper accelerated salt spray test =
beschleunigter Kupfer-Salzsprühtest) beziehungsweise der Filiform-Test bei Fahrzeugrädern
erfüllt werden. Der CASS-Test wird insbesondere bei beschichteten oder lackierten
Bauteilen durchgeführt. Dabei werden die zu prüfenden Bauteile in einer truhenähnlichen
Anlage werden permanent verschiedenen, hoch korrosiven Salznebeln ausgesetzt. Die
Prüfung der Filiformkorrosion kann beispielsweise gemäß DIN EN 3665 oder einer vergleichbaren
Norm erfolgen.
[0024] Die unterkritische Menge an festigkeitssteigernden Legierungselementen hängt von
der jeweiligen Legierungszusammensetzung und dem verwendeten Korrosionstest ab, und
kann daher nicht in absoluter beziehungsweise konkreter Weise angegeben werden. Deswegen
wird hier nur beispielhaft angegeben, dass der Mengenanteil an festigkeitssteigernden
Legierungselementen wie Kupfer (Cu), Zink (Zn) und Titan (Ti) insgesamt geringer als
ein Gewichtsprozent bezogen auf das Gesamtgewicht des Bauteils sein kann.
[0025] In einer Ausgestaltung kann die Aluminium-Gusslegierung Kupfer (Cu) mit einem Maximalgehalt
von 550 ppm (Parts per Million) aufweisen. Es kann auch vorgesehen sein, dass die
Gusslegierung beziehungsweise das hieraus hergestellte Bauteil weniger als 250 ppm
oder gar kein Kupfer enthält.
[0026] In einer Ausgestaltung kann die Aluminium-Gusslegierung Zink (Zn) mit einem Maximalgehalt
von 550 ppm (Parts per Million) aufweisen. Es kann auch vorgesehen sein, dass die
Gusslegierung beziehungsweise das hieraus hergestellte Bauteil weniger als 250 ppm
oder gar kein Zink enthält.
[0027] In einer Ausgestaltung kann die Aluminium-Gusslegierung Titan (Ti) mit einem Maximalgehalt
von 0,12 Gewichtsprozent aufweisen. Insbesondere kann vorgesehen sein, dass ein Anteil
von 0,07 bis 0,12 Gewichtsprozent Titan in der Gusslegierung beziehungsweise im hieraus
hergestellten Bauteil enthalten sind.
[0028] In einer Ausgestaltung kann die Aluminium-Gusslegierung Bor (B) mit einem Maximalgehalt
von 0,12 Gewichtsprozent, insbesondere von maximal 0,06 Gewichtsprozent aufweisen.
Sofern auch Titan vorhanden ist, kann der Anteil an Bor unter dem Anteil an Titan
liegen. Das Titan und das Bor können nach einer Ausgestaltung auch in Form von Titanborid
in der Aluminium-Gusslegierung beziehungsweise im hieraus hergestellten Bauteil vorgesehen
sein. Insbesondere kann die Aluminium-Gusslegierung Titanborid (TiBor) mit einem Anteil
von weniger als 30 ppm aufweisen.
[0029] Nach einer Ausgestaltung kann die Aluminium-Gusslegierung Strontium (Sr) mit einem
Anteil von 100 ppm bis 150 ppm aufweisen.
[0030] Nach einer Ausgestaltung kann die Aluminium-Gusslegierung Zinn (Sn) mit einem Anteil
von weniger als 250 ppm aufweisen.
[0031] Nach einer Ausgestaltung kann die Aluminium-Gusslegierung Nickel (Ni) mit einem Anteil
von weniger als 550 ppm aufweisen.
[0032] Nach einer Ausgestaltung kann die Aluminium-Gusslegierung Mangan (Mn) mit einem Anteil
von weniger als 0,5 Gewichtsprozent aufweisen.
[0033] Nach einer Ausgestaltung kann die Aluminium-Gusslegierung Chrom (Cr) mit einem Anteil
von weniger als 500 ppm aufweisen, vorzugsweise weniger als 200 ppm aufweisen. Dies
beinhaltet insbesondere auch die Möglichkeit, dass kein Chrom in der Aluminium-Gusslegierung
beziehungsweise im hieraus hergestellten Bauteil enthalten ist. Dies gilt im Übrigen
auch für die übrigen oben genannten Legierungselemente.
[0034] Es versteht sich, dass alle genannten Legierungselemente sowohl einzeln oder auch
in Kombination mit einem oder mehreren anderen Elementen vorgesehen sein können. Der
Rest der Aluminium-Gusslegierung besteht aus Aluminium, Silizium, Magnesium und unvermeidbaren
Verunreinigungen.
[0035] Ein Vorteil der erfindungsgemäßen Leichtmetallgussbauteile ist, dass diese eine größere
Designfreiheit als herkömmliche Leichtmetallgussbauteile und Schmiedeleichtmetallbauteile
haben. So können kleinere Querschnitte der Bauteile realisiert werden, beziehungsweise
eine aufwendige umformtechnische Nachbearbeitung kann entfallen. Nach einer Ausgestaltung
kann das Leichtmetallgussbauteil in fertig hergestelltem Zustand Teilabschnitte aufweisen,
die nach dem Gießen mechanisch unbearbeitet, insbesondere mechanisch unverfestigt
sind. Die mechanisch unbearbeiteten Teilabschnitte können zumindest in Teilbereichen
eine Wandstärke von weniger als 3,0 Millimeter haben.
[0036] Nach einer möglichen Ausgestaltung kann das Leichtmetallgussbauteil ein Sicherheits-
oder Strukturbauteil, insbesondere ein Fahrzeugrad beziehungsweise eine Fahrzeugfelge
für ein Kraftfahrzeug oder dergleichen sein. Dabei versteht es sich, dass das Leichtmetallgussbauteil
auch in anderer Form oder für andere Anwendungen als Kraftfahrzeuge gestaltet sein
kann, beispielsweise für die Bauindustrie. Vorzugsweise hat das Sicherheits- oder
Strukturbauteil ein Gewicht von mindestens 500 Gramm, insbesondere von mindestens
3000 Gramm.
[0037] Die Lösung der oben genannten Aufgabe besteht weiter in einem Verfahren zum Herstellen
eines Leichtmetallgussbauteils mit den Schritten: Bereitstellen einer Schmelze aus
einer Aluminium-Gusslegierung, die - neben Aluminium - zumindest Silizium mit 3,5
bis 5,0 Gewichtsprozent und Magnesium mit 0,2 bis 0,7 Gewichtsprozent sowie unvermeidbare
Verunreinigungen enthält; Gießen der Schmelze in ein Gieß- und Formwerkzeug mit einem
niedrigen ersten Druck (P1); nach dem vollständigen Befüllen des Gieß- und Formwerkzeugs,
Druckbeaufschlagen der erstarrenden Schmelze in dem Gieß- und Formwerkzeug mit einem
zweiten Druck (P2), der größer ist als der erste Druck (P1); und wenn die Schmelze
zumindest größtenteils zum Bauteil erstarrt ist, Verdichten des aus der Schmelze zumindest
größtenteils erstarrten Bauteils in dem Gieß- und Formwerkzeug bei einem dritten Druck
(P3), der größer ist als der zweite Druck (P2).
[0038] Ein Vorteil des beschriebenen Gießverfahrens besteht darin, dass hiermit Bauteile
mit besonders hoher Festigkeit und einem besonders feinen Gefüge in kurzer Zeit hergestellt
werden können. Insbesondere lassen sich mit dem Verfahren Leichtmetallgussbauteile
mit einer mittleren Korngröße von weniger als 500 Mikrometern, insbesondere von 200
bis 500 Mikrometern herstellen. Insofern greifen hier die Vorteile des Verfahrens
und die Vorteile des gemäß dem Verfahren hergestellten Bauteils ineinander. In diesem
Zusammenhang versteht es sich, dass alle im Zusammenhang mit dem Erzeugnis genannten
Merkmale und Vorteile auch für das Verfahren gelten, und umgekehrt.
[0039] Ein weiterer Vorteil des Verfahrens ist, dass die hergestellten Bauteile durch das
Verdichten eine endkonturnahe Form haben, was zu einer hervorragenden Werkstoffausnutzung
führt. Weiter weisen die mit dem genannten Verfahren hergestellten Erzeugnisse eine
hohe Maßgenauigkeit und Oberflächengüte auf. Die Werkzeugkosten sind gering, da mit
einem Werkzeug verschiedene Prozessschritte durchgeführt werden. Das Verfahren eignet
sich insbesondere zur Herstellung von Radfelgen für Kraftfahrzeuge, wobei die Herstellung
anderer Bauteile selbstverständlich nicht ausgeschlossen ist.
[0040] Nach einer bevorzugten Verfahrensführung erfolgt das Gießen der Schmelze bei einer
Temperatur deutlich oberhalb der Liquidustemperatur, insbesondere bei einer mindestens
10 % oberhalb der Liquidustemperatur liegenden Gießtemperatur. Beispielsweise kann
die aus Aluminium-Gusslegierung bestehende Schmelze bei einer Temperatur von 620°C
bis 800°C, insbesondere bei einer Temperatur von 650°C bis 780°C gegossen werden.
Das Gießwerkzeug, das auch als Gießform oder Kokille bezeichnet wird, kann eine demgegenüber
niedrige Temperatur von beispielsweise unter 300°C aufweisen.
[0041] Der für das Gießen der Schmelze in das Gießwerkzeug erforderliche Druck hängt vom
Gießverfahren ab, wobei beispielsweise Schwerkraftgießen oder Niederdruckgießen in
Frage kommen. Bei Verwendung von Schwerkraftgießen kann der erste Druck beispielsweise
der Umgebungsdruck sein, das heißt etwa 0,1 MPa (1 bar). Demgegenüber ist der erste
Druck bei Verwendung von Niederdruckgießen entsprechend so hoch, dass die Schmelze
durch das Steigrohr in den Formhohlraum des Gießwerkzeugs steigen kann. Beispielsweise
kann der Druck beim Niederdruckgießen zwischen 0,3 MPa bis 0,8 MPa betragen (entsprechend
3 bis 8 bar). Der erste Druck ist maximal so groß, wie für ein Niederdruckgießen nötig
und sollte vorzugsweise unter 1 MPa liegen.
[0042] Das nach dem Füllen des Gießwerkzeugs vorgesehene Druckbeaufschlagen wird bei einem
höheren zweiten Druck durchgeführt, der beispielsweise größer als 5 MPa (50 bar),
insbesondere mehr als 9 MPa (90 bar) betragen kann. Das Druckbeaufschlagen mit dem
zweiten Druck beginnt nachdem die Gießform vollständig mit Schmelze gefüllt ist, insbesondere
während die Schmelze anfänglich zum Bauteil erstarrt beziehungsweise wenn die Schmelze
beginnend in den Semi-Solid-Zustand übergeht. Der vollständig befüllte Zustand der
Gießform kann beim Niederdruckverfahren beispielsweise durch einen Druckstoß am Füllkolben
sensiert werden.
[0043] Das Druckbeaufschlagen der erstarrenden Schmelze kann beispielswiese bei einer Bauteil-Randschalen-Temperatur
unterhalb der Liquiduslinie und/oder oberhalb der Soliduslinie der Leichtmetalllegierung
erfolgen. Es ist jedoch auch denkbar, dass der Prozess auch schon vor Erreichen der
Liquiduslinie, beispielsweise bei 3% oberhalb der Liquiduslinie, einsetzt. Unter Bauteil-Randschalen-Temperatur
wird in diesem Zusammenhang eine Temperatur verstanden, die das Bauteil in einem Randschichtbereich
aufweist, beziehungsweise einer aus der Schmelze erstarrenden oder erstarrten Randschale.
Die Erstarrung erfolgt von außen nach innen, so dass die Temperatur des erstarrenden
Bauteils im Inneren höher liegen, als in der Randsicht. Das Druckbeaufschlagen wird
bei einem zweiten Druck durchgeführt, der größer ist als der erste Druck und beispielsweise
durch das Eigengewicht des Oberteils auf die Schmelze ausgeübt werden kann.
[0044] Zum Verdichten wird ein nochmals höherer dritter Druck aufgebaut und auf das Werkstück
ausgeübt, der vorzugsweise mehr als 15 MPa (150 bar) betragen kann. Das Verdichten
erfolgt vorzugsweise bei einer Bauteil-Randschalen-Temperatur, die geringer ist als
die zweite Temperatur der bereits teilweise beziehungsweise größtenteils erstarrten
Leichtmetalllegierung. Eine untere Grenze der dritten Temperatur zur Durchführung
des Verdichtens liegt vorzugsweise bei der Hälfte der Solidustemperatur der Metalllegierung.
Teilbereiche des Bauteils können auch außerhalb der Temperatur liegen. Während des
Verdichtens kann die Temperatur des Bauteils beziehungsweise des Werkzeugunterteils
und/oder -oberteils mittels entsprechender Temperatursensoren überwacht werden. Das
Ende des Umformprozesses kann durch Erreichen einer Endposition der Relativbewegung
Oberteil zu Unterteil beziehungsweise Erreichen einer bestimmten Temperatur definiert
werden.
[0045] Nach einer möglichen Verfahrensführung kann die Schmelze hergestellt werden aus einer
Basisschmelze, die zumindest Aluminium enthält, und Kornfeinungsmitteln. Die Kornfeinungsmittel
wirken beim Kristallisieren der Leichtmetallschmelze als Keimbildner. Diese Keimbildner
haben einen höheren Schmelzpunkt als die abzugießende Leichtmetallschmelze und erstarren
daher zuerst bei der Abkühlung. An die Kornfeinungsmittel lagern sich die aus der
Schmelze gebildeten Kristalle leicht an. Es entstehen möglichst viele Kristalle, die
sich dann im Wachstum behindern, so dass insgesamt ein feines gleichmäßiges Gefüge
entsteht. Die Kornfeinungsmittel können einen Kornfeiner aus einer Aluminium-Siliziumlegierung,
die einen Anteil an Silizium von maximal 12,5 Gewichtsprozent enthält, und/oder einen
Kornfeiner aus einer Aluminium-Titanlegierung, die als Legierungselemente zumindest
Titan und Bor enthält, aufweisen. Es ist insbesondere vorgesehen, dass die beiden
Kornfeiner aus unterschiedlichen Legerungen zusammengesetzt sind. Eine besonders gute
Kornfeinungswirkung wird erreicht, wenn sowohl der erste Kornfeiner mit bis zu 12,5
Gewichtsprozent Silizium als auch der zweite Kornfeiner mit Titan und Bor verwendet
werden. Dies führt zu einer deutlichen Verbesserung der Gießbarkeit und der Festigkeit
des hieraus hergestellten Bauteils.
[0046] In Konkretisierung kann die Schmelze, bezogen auf das Gesamtgewicht der gießfertigen
Schmelze beziehungsweise des hieraus hergestellten Bauteils, zusammen genommen eine
Menge von 0,1 bis 5,0 Gewichtsprozent des Kornfeiners aus der Aluminium-Siliziumlegierung
und des Kornfeiners aus der Aluminium-Titanlegierung enthalten.
[0047] Soweit Legierungselemente wie Silizium, Titan, Bor oder andere genannt sind, soll
dies im Rahmen der vorliegenden Offenbarung so zu verstehen sein, dass nicht nur die
reinen Legierungselemente verwendet werden können, sondern auch Verbindungen mit umfasst
sind, welche die jeweils genannten Legierungselemente beinhalten. Der angegebene Anteil
an Silizium von maximal 12,5 Gewichtsprozenten bezieht sich auf das Gesamtgewicht
des ersten Kornfeiners.
[0048] Eine bevorzugte Verfahrensführung wird nachstehend anhand der Zeichnungsfiguren erläutert.
Es zeigt:
- Figur 1
- ein erfindungsgemäßes Verfahren zur Herstellung eines Leichtmetallgussbauteils mittels
eines Gieß- und Formwerkzeugs mit den Verfahrensschritten S10 bis S50;
- Figur 2
- ein Zustandsdiagramm (Phasendiagramm) für eine Metalllegierung zur Herstellung eines
Bauteils gemäß dem Verfahren nach Figur 1.
[0049] Die Figuren 1 und 2 werden nachfolgend gemeinsam beschrieben. Figur 1 zeigt ein Verfahren
zur Herstellung eines Leichtmetallgussbauteils mittels eines Gieß- und Formwerkzeugs
in mehreren Verfahrensschritten S10 bis S50.
[0050] Als Werkstoff wird eine Leichtmetallgusslegierung verwendet, die zumindest folgende
Legierungsbestandteile enthält: 3,5 bis 5,0 Gewichtsprozent Silizium, 0,2 bis 0,7
Gewichtsprozent Magnesium, mindestens 93,0 Gewichtsprozent Aluminium sowie unvermeidbare
Verunreinigungen. Die Legierung kann ferner in geringen Mengen Titan und Bor sowie
Spuren von weiteren Elementen wie Kupfer, Mangan, Nickel, Zink, Zinn, und/oder Strontium
enthalten.
[0051] Eine beispielhafte Legierung kann insbesondere 4,0 Gewichtsprozent Silizium, 0,4
Gewichtsprozent Magnesium, 0,08 Gewichtsprozent Titan, 0,06 Gewichtsprozent Bor, etwa
400 ppm Kupfer (Cu), etwa 400 ppm Zink (Zn), etwa 100 ppm Strontium (Sr), etwa 200
ppm Zinn (Sn), etwa 400 ppm Nickel (Ni), etwa 400 ppm Mangan (Mn), gegebenenfalls
etwa 20 ppm Titanborid unvermeidbare Verunreinigungen sowie als Rest Aluminium (Al)
aufweisen.
[0052] Im ersten Verfahrensschritt S10 wird die Schmelze zur Herstellung des Leichtmetallgussbauteils
hergestellt. Hierfür wird eine Basisschmelze aus einer Basislegierung hergestellt.
In die Basislegierung kann zumindest ein Kornfeiner eingebracht werden, der beim Kristallisieren
als Keimbildner wirkt. Konkret kann in einem Beispiel ein erster Kornfeiner aus einer
Aluminium-Siliziumlegierung verwendet werden, die einen Anteil an Silizium von maximal
12,5 Gewichtsprozent bezogen auf das Gesamtgewicht der ersten Kornfeinungslegierung
enthält. Zusätzlich kann ein zweiter Kornfeiner aus einer Aluminium-Titanlegierung
verwendet werden, die als Hauptbestandteil Aluminium und als zusätzliche Legierungselemente
zumindest Titan und Bor enthält. Die Kornfeiner werden in die Schmelze der Basislegierung
eingebracht, wobei die Kornfeiner aufgeschmolzen werden. Hinsichtlich der Mengenverhältnisse
ist insbesondere vorgesehen, dass eine Menge von insgesamt 0,1 bis 5,0 Gewichtsprozent
des ersten und zweiten Kornfeiners bezogen auf das Gesamtgewicht des herzustellenden
Bauteils eingebracht werden.
[0053] Im zweiten Verfahrensschritt S20 wird die Schmelze aus der Leichtmetallgusslegierung
in ein Gieß- und Formwerkzeug bei einem niedrigen ersten Druck (P1) eingegossen. Das
Gießen kann durch Schwerkraftgießen oder Niederdruckgießen erfolgen, wobei der erste
Druck (P1) vorzugsweise unter 1,0 MPa liegt. Die Schmelze wird mit einer Temperatur
(T1) oberhalb der Liquidustemperatur gegossen, insbesondere bei einer Temperatur von
650°C bis 780°C. Das Gießwerkzeug, das auch als Gießform oder Kokille bezeichnet wird,
kann eine demgegenüber niedrige Temperatur von beispielsweise unter 300°C aufweisen.
[0054] Im nachfolgenden Verfahrensschritt S30 erfolgt ein Druckbeaufschlagen der im Formhohlraum
befindlichen Leichtmetalllegierung. Hierfür wird zwischen einem Unterteil und einem
Oberteil des Gießwerkzeugs ein Druck P2 aufgebaut, der größer ist als 5 MPa (50 bar).
Dieser Druck kann beispielsweise durch das Eigengewicht des Oberteils erzeugt werden.
Vor dem Druckbeaufschlagen sind alle Öffnungen des Gieß- und Formwerkzeugs zu schließen,
damit kein Material ungewünscht aus der Form gepresst wird. Das Druckbeaufschlagen
der Schmelze kann in einem Bauteil-Randschalen-Temperaturbereich T2 von um die Liquiduslinie
TL bis oberhalb der Soliduslinie TS der Metalllegierung erfolgen, das heißt TS < T2
< TL. Vor der Druckbeaufschlagung ist das Material noch flüssig. Bei Beendigung der
Druckbeaufschlagung ist das Material zumindest teilweise erstarrt, das heißt es befindet
sich in einem Semi-Solid-Zustand.
[0055] Nach dem Druckbeaufschlagen (S30) erfolgt im anschließenden Verfahrensschritt S40
ein Verdichten des aus der Schmelze zumindest größtenteils erstarrten Werkstücks.
Das Verdichten wird durch relatives Bewegen des Unterteils zum Oberteil bei einem
dritten Druck P3 durchgeführt, der größer als der zweite Druck P2 im Verfahrensschritt
S30 ist. Das Verdichten kann durch Pressen des Unterteils in Richtung Oberteil mit
hohen Kräften erfolgen. Das Verdichten beginnt vorzugsweise erst, wenn das die Metalllegierung
zumindest größtenteils erstarrt ist beziehungsweise im Semi-Solid-Zustand ist. Das
Verdichten kann bei einer Bauteil-Randschalen-Temperatur T3 erfolgen, die geringer
ist als die Temperatur T2 der Metalllegierung beim Verfahrensschritt Druckbeaufschlagen
S30. Als untere Grenze der Temperatur T3 wird die Hälfte der Solidustemperatur TS
der Metalllegierung angegeben, das heißt T2 > T3 > 0,5TS. Das Ende des Umformprozesses
wird durch das Erreichen einer Endposition der Relativbewegung Oberteil zu Unterteil
und das Erreichen einer bestimmten Temperatur definiert. Beim Verdichten erfährt das
Bauteil nur einen vergleichsweise geringen Umformgrad von weniger als 15 %, insbesondere
von weniger als 10 %, respektive 5 %. Beim Verdichten werden Poren im Bauteil geschlossen,
so dass die Gefügestruktur verbessert wird.
[0056] Nachdem das Bauteil vollständig erstarrt ist, wird es aus dem Gießwerkzeug entnommen.
Anschließend wird das in diesem Zustand auch als Rohgussbauteil bezeichnete Werkstück
im Verfahrensschritt S50 mechanisch nachbearbeitet. Das mechanische Nachbearbeiten
kann beispielsweise eine spanende Bearbeitung, wie eine Dreh- oder Fräsbearbeitung,
oder eine umformende Bearbeitung, wie Abstrecken sein.
[0057] Es können weitere übliche Verfahrensschritte wie Qualitätskontrolle, beispielsweise
mittels Röntgen, sowie Lackieren folgen.
[0058] Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren lassen sich Gussrohlinge in mehreren Stufen in
derselben Unterform herstellen, durch Gießen (S20), nachfolgendes Druckbeaufschlagen
(S30) und nachfolgendes Verdichten/Umformen (S40). Das Druckbeaufschlagen findet oberhalb
der Solidustemperatur (flüssig bis Semi-Solid-Zustand) der jeweils verwendeten Legierung
statt.
[0059] Figur 2 zeigt ein Zustandsdiagramm (Phasendiagramm) für eine Leichtmetalllegierung
zur Herstellung eines Bauteils gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren. Auf der X-Achse
ist das Anteilsverhältnis einer Metalllegierung (W
L) angegeben, die X
A % eines Metalls A und X
B % eines Metalls B beinhaltet. Vorliegend ist das Metall A Aluminium und das Metall
B Silizium. Durch die genannten Anteile an Aluminium und Silizium ist die heraus gebildete
Leichtmetalllegierung untereutektisch, das heißt der Anteil an Silizium (Metall B)
ist im Verhältnis zu Aluminium (Metall A) in der Leichtmetalllegierung (W
L) so gering, dass ein Gefüge links des Eutektikums (W
Eu) entsteht.
[0060] Auf der Y-Achse ist die Temperatur (T) angegeben. Das Gießen erfolgt mit einer Temperatur
T1 deutlich oberhalb der Liquidustemperatur TL beziehungsweise der Liquiduslinie LL.
Der Temperaturbereich T1 ist strichpunktiert dargestellt. Der Temperaturbereich T2
zum Druckbeaufschlagen, welcher vorzugsweise unterhalb der Liquidustemperatur (TL)
und oberhalb der Solidustemperatur TS liegt (TL > T2 > TS), ist in Figur 2 mit Schraffur
von links unten nach rechts oben dargestellt. In Abhängigkeit der Prozesszeit beim
Druckbeaufschlagen (S20) bleibt ein restlicher Umformgrad von weniger als 15% für
ein anschließendes Verdichten. Das Verdichten (S30) findet insbesondere in einem Temperaturbereich
T3 zwischen der Temperatur T2 und der halben Solidustemperatur 0,5TS statt (T2 > T3
> 0,5 TS). Dieser Bereich ist in Figur 2 von links oben nach rechts unten schraffiert.
Optional erfolgt ein mechanisches Nachbearbeiten (S40) bei einer Temperatur T4 unterhalb
der Solidustemperatur (T4 < TS).
[0061] Das mit dem genannten Verfahren hergestellte Leichtmetallgussbauteil hat ein besonders
feinkörniges Gefügte mit einer geringen Porosität sowie gute mechanische Eigenschaften,
insbesondere im Hinblick auf die Festigkeit, Duktilität und Bruchdehnung. Das Leichtmetallgussbauteil
hat eine maximale Porosität von weniger als 0,5 %, insbesondere von weniger als 0,1
%, und eine Oberflächenrauigkeit von weniger als 50 Mikrometern, insbesondere von
weniger als 20 Mikrometern. Die Zugfestigkeit (Rm) des Leichtmetallgussbauteils beträgt
mindestens 270 N/mm
2, insbesondere mindestens 320 N/mm
2. Die Bruchdehnung (A5) beträgt mindestens 5 %, insbesondere mindestens 8 %. Die Streckgrenze
(Rp0,2) beträgt mindestens 220 N/mm
2, insbesondere mindestens 280 N/mm
2.
[0062] Das Leichtmetallgussbauteil kann in Form eines Sicherheits- oder Strukturbauteils
für ein Kraftfahrzeug gestaltet werden, insbesondere als Fahrzeugrad beziehungsweise
eine Fahrzeugfelge. Besonders eignet sich das Verfahren zur Herstellung von Sicherheits-
oder Strukturbauteilen mit einem Gewicht von mindestens 500 Gramm, insbesondere von
mindestens 3000 Gramm, ohne hierauf eingeschränkt zu sein.
[0063] Ein Vorteil des beschriebenen Verfahrens ist, dass ein mit diesem hergestelltes Bauteil
ein besonders feinkörniges, lunkerarmes Gefüge hat. Dies führt insgesamt zu einer
erhöhten Festigkeit des Bauteils. So haben Versuche gezeigt, dass die Zugfestigkeit
(Rm) eines erfindungsgemäß hergestellten Bauteils gegenüber auf herkömmliche Weise
hergestellten Bauteilen, um mehr als 20 % gesteigert werden konnte. Die Dehngrenze
(Rp0,2) konnte sogar um über 40 % gesteigert werden. Insgesamt kann somit bei gleichem
Materialeinsatz ein Bauteil mit wesentlich höherer Festigkeit erzeugt werden, oder
es kann mit geringerem Materialeinsatz ein leichteres Bauteil hergestellt werden.
1. Leichtmetallgussbauteil, insbesondere für ein Kraftfahrzeug,
das aus einer untereutektischen Aluminium-Gusslegierung hergestellt ist, wobei das
Leichtmetallgussbauteil 3,5 bis 5,0 Gewichtsprozent Silizium und 0,2 bis 0,7 Gewichtsprozent
Magnesium enthält, und
wobei das Leichtmetallgussbauteil eine mittlere Korngröße von maximal 500 Mikrometern
aufweist.
2. Leichtmetallgussbauteil nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Leichtmetallgussbauteil eine maximale Porosität von weniger als 0,5 % aufweist,
insbesondere von weniger als 0,1 %.
3. Leichtmetallgussbauteil nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Leichtmetallgussbauteil eine Bruchdehnung (A5) von mindestens 5 % aufweist, insbesondere mindestens 8 %.
4. Leichtmetallgussbauteil nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Leichtmetallgussbauteil eine Streckgrenze (Rp0,2) von mindestens 220 N/mm2 aufweist, vorzugsweise von mindestens 250 N/mm2, insbesondere von mindestens 280 N/mm2.
5. Leichtmetallgussbauteil nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Leichtmetallgussbauteil eine Zugfestigkeit (Rm) von mindestens 270 N/mm2 aufweist, vorzugsweise von mindestens 300 N/mm2 insbesondere von mindestens 320 N/mm2.
6. Leichtmetallgussbauteil nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Leichtmetallgussbauteil eine Oberflächenrauigkeit von weniger als 50 Mikrometern
aufweist, insbesondere von weniger als 20 Mikrometern.
7. Leichtmetallgussbauteil nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Leichtmetallgussbauteil im Bereich einer Rohgussoberfläche eine Streckgrenze
(Rp0,2) von mindestens 280 N/mm2, eine Bruchdehnung (A5) von mindestens 8 % sowie eine Zugfestigkeit (Rm) von mindestens 320 N/mm2 aufweist.
8. Leichtmetallgussbauteil nach einem der Ansprüche 1 bis 7,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Leichtmetallgussbauteil in fertig hergestelltem Zustand Teilabschnitte aufweist,
die nach dem Gießen mechanisch unbearbeitet, insbesondere mechanisch unverfestigt
sind, wobei die mechanisch unbearbeiteten Teilabschnitte eine Wandstärke von weniger
als 3,0 Millimeter aufweisen.
9. Leichtmetallgussbauteil nach einem der Ansprüche 1 bis 8,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Aluminium-Gusslegierung festigkeitssteigernde Legierungselemente in einer gemäß
einem normierten Korrosionstest, beispielsweise nach EN ISO 9227, unterkritischen
Menge enthält.
10. Leichtmetallgussbauteil nach einem der Ansprüche 1 bis 9,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Aluminium-Gusslegierung zumindest eines der Legierungselemente Strontium (Sr)
mit 100 bis 150 ppm,
Titan (Ti) mit 0,07 bis 0,12 Gewichtsprozent,
Zinn (Sn) mit weniger als 250 ppm,
Kupfer (Cu) mit weniger als 550 ppm,
Nickel (Ni) mit weniger als 550 ppm,
Titanborid (TiBor) mit weniger als 30 ppm,
Zink (Zn) mit weniger als 550 ppm,
Chrom (Cr) mit weniger als 500 ppm,
aufweist.
11. Leichtmetallgussbauteil nach einem der Ansprüche 1 bis 10,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Leichtmetallgussbauteil ein Sicherheits- oder Strukturbauteil, insbesondere ein
Fahrzeugrad eines Kraftfahrzeugs ist.
12. Leichtmetallgussbauteil nach einem der Ansprüche 1 bis 11,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Sicherheits- oder Strukturbauteil ein Gewicht von mindestens 500 Gramm, insbesondere
von mindestens 3000 Gramm aufweist.
13. Verfahren zum Herstellen eines Leichtmetallgussbauteils mit den Schritten:
- Bereitstellen einer Schmelze aus einer Aluminium-Gusslegierung, die- neben Aluminium
- zumindest Silizium mit 3,5 bis 5,0 Gewichtsprozent und Magnesium mit 0,2 bis 0,7
Gewichtsprozent sowie unvermeidbare Verunreinigungen enthält,
- Gießen der Schmelze in ein Gieß- und Formwerkzeug im Niederdruck-Verfahren bei einem
niedrigen ersten Druck (P1), insbesondere mittels Schwerkraftgießen oder Niederdruckgießen,
- nach dem vollständigen Befüllen des Gieß- und Formwerkzeugs, Druckbeaufschlagen
der erstarrenden Schmelze in dem Gieß- und Formwerkzeug mit einem zweiten Druck (P2),
der größer ist als der erste Druck (P1), und
- wenn die Schmelze zumindest größtenteils zum Bauteil erstarrt ist, Verdichten des
aus der Schmelze zumindest größtenteils erstarrten Bauteils in dem Gieß- und Formwerkzeug
bei einem dritten Druck (P3), der größer ist als der zweite Druck (P2).
14. Verfahren nach Anspruch 13,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Gießen bei einer ersten Temperatur (T1) von 620°C bis 800°C, insbesondere bei
einer ersten Temperatur von 650°C bis 780°C erfolgt.
15. Verfahren nach Anspruch 13 oder 14,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Druckbeaufschlagen mit dem zweiten Druck (P2) bei einer zweiten Temperatur (T2)
durchgeführt wird, die geringer ist als die erste Temperatur und unterhalb der Liquiduslinie
liegt,
wobei das Verdichten mit dem dritten Druck (P3) bei einer dritten Temperatur (T3)
durchgeführt wird, die geringer ist als die zweite Temperatur (T2) und die mindestens
die Hälfte der Solidustemperatur der Aluminium-Gusslegierung beträgt.
16. Verfahren nach einem der Ansprüche 13 bis 15,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Schmelze hergestellt wird aus einer Basisschmelze, die Aluminium enthält, und
zumindest einem aus der Gruppe von einem Kornfeiner aus einer Aluminium-Siliziumlegierung,
die einen Anteil an Silizium von maximal 12,5 Gewichtsprozent enthält, und
einem Kornfeiner aus einer Aluminium-Titanlegierung, die als Legierungselemente zumindest
Titan und Bor enthält,
wobei die Schmelze, bezogen auf das Gesamtgewicht, in Summe insbesondere eine Menge
von 0,1 bis 5,0 Gewichtsprozent des Kornfeiners aus der Aluminium-Siliziumlegierung
und des Kornfeiners aus der Aluminium-Titanlegierung enthält.